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Landgericht Baden-Baden Urteil vom 08.05.2014 - 3 S 50/13 - Verwertung eines Privatgutachtens zum merkantilen Minderwert
LG Baden-Baden v. 08.05.2014: Verwertung eines Privatgutachtens zum merkantilen Minderwert
Das Landgericht Baden-Baden (Urteil vom 08.05.2014 - 3 S 50/13) hat entschieden:
Ein Privatgutachten kann den prozessualen Sachverständigenbeweis nur entbehrlich machen, wenn das Gericht das Gutachten für ausreichend erachtet, um die Beweisfrage zuverlässig zu beantworten und gemäß § 139 ZPO auf die Absicht zur Verwertung des Gutachtens hinweist.
Siehe auch Der Sachverständigenbeweis im Zivilverfahren und Wertminderung / merkantiler Minderwert
Gründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.
Hinsichtlich der durch das Amtsgericht teilweise nicht zugesprochenen Mietwagenkosten wird das Urteil des Amtsgerichts Achern nicht angefochten.
Die Klägerin begehrt mit der Berufung volle Zahlung der merkantilen Wertminderung und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht hat die begehrte restliche Wertminderung in Höhe von 1.275 € (1.300 € waren bereits gezahlt) nicht und die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 310,20 € nur in Höhe von 60,10 € zugesprochen. Richtigerweise ist die Beklagte jedoch zur Zahlung einer restlichen Wertminderung in Höhe von 700 € und von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 28,10 € zu verurteilen.
I. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer merkantilen Wertminderung in Höhe von 2.000 €, wobei 1.300 € bereits gezahlt sind, somit nunmehr noch auf Zahlung in Höhe von 700 €.
Die Klägerin hat erstinstanzlich einen merkantilen Minderwert von 2.575 € behauptet Sie hat diese Behauptung unter Beweis gestellt durch Sachverständigengutachten. Ein solches Gutachten hat das Amtsgericht jedoch nicht eingeholt.
Vielmehr hat das Amtsgericht bei der Ermittlung des merkantilen Minderwertes ein von der Klägerin vorgelegtes Privatgutachten (Anlage K 1) herangezogen, in dem ein Minderwert in Höhe von 1.300 € ausgewiesen ist. Ein Privatgutachten kann den Sachverständigenbeweis aber nur entbehrlich machen, wenn das Gericht es für ausreichend erachtet, um die Beweisfrage zuverlässig zu beantworten. Vorliegendes Privatgutachten befürwortet zwar eine merkantile Wertminderung in Höhe von 1.300 €, erklärt aber in keiner Weise, wie der Gutachter auf diese Höhe kommt. Es wird lediglich ausgeführt, dass "sämtliche bekannt gewordenen wertbildenden Faktoren beachtet" wurden. Die Beweisfrage kann daher durch dieses Gutachten nicht zuverlässig beantwortet werden.
Zudem kann ein Privatgutachten nur dann verwendet werden, wenn das Gericht zuvor gemäß § 139 ZPO darauf hinweist (OLG Karlsruhe NJW 1990, 192). Dies ist hier offensichtlich nicht geschehen. Der Klägerin, die eine wesentlich höhere Wertminderung behauptet hat, hätte die Möglichkeit gegeben werden müssen, der Verwertung des privaten Gutachtens zu widersprechen.
Die Kammer hat daher ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Frage der merkantilen Wertminderung eingeholt. Nach den ausführlichen und sorgfältig begründeten Ausführungen des Sachverständigen in dessen Gutachten vom 16.01.2014 liegt der merkantile Minderwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt bei 2.000,00 €. Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen vollumfänglich an.
II. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 28,10 €. Da es sich um eine Tätigkeit handelte, die nicht überdurchschnittlich umfangreich und schwierig war, war eine 1,3 Gebühr in Ansatz zu bringen. Die noch zu zahlenden Rechtsanwaltskosten ergeben sich aus der Differenz der Rechtsanwaltskosten bezogen auf einen berechtigten Anspruch in Höhe von 7.495,04 € in Höhe von 535,60 € und den tatsächlich gezahlten Rechtsanwaltskosten bezogen auf einen Streitwert von 6.795,04 € in Höhe von 507,50 € (487,50 € zuzüglich 20 € Unkostenpauschale).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.