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Amtsgericht Fulda Urteil vom 05.05.2015 - 33 C 3/15 (C) - Kostenerstattungsanspruch des Geschädigten für die Reparaturbestätigung eines Sachverständigen
AG Fulda v. 05.05.2015: Kostenerstattungsanspruch des Geschädigten für die Reparaturbestätigung eines Sachverständigen
Das Amtsgericht Fulda (Urteil vom 05.05.2015 - 33 C 3/15 (C)) hat entschieden:
Repariert der Verkehrsunfallgeschädigte sein Fahrzeug in Eigenregie, so hat er gegen den Schädiger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Ausstellung einer Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen, da er mit Hilfe einer derartigen Bescheinigung bei einem weiteren Schadensfall die ordnungsgemäße und fachgerechte Durchführung der Reparatur beweisen kann.
Siehe auch Reparaturdurchführung in Eigenregie und Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.
Am 31.07.2014 ereignete sich in Fulda zwischen dem Kläger und Herrn ... B, dessen Fahrzeug bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, ein Verkehrsunfall. Dabei wurde der Pkw des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen ... an der Front stark beschädigt. Sowohl der Unfallhergang als auch die Haftung der Beklagten sind dabei unstreitig. In der Folge reparierte der Kläger sein Fahrzeug in Eigenregie. Anschließend ließ er die Reparatur durch einen Sachverständigen überprüfen, der die fach- und sachgerechte Instandsetzung begutachtete und eine Reparaturbestätigung ausstellte. Dabei fielen Sachverständigenkosten in Höhe von 1.019,18 PLZ an, welche nach dem Umtauschkurs vom Unfalltag 173,40 EUR entsprechen. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 20.11.2014 unter Fristsetzung bis zum 01.12.2014 zur Zahlung der Sachverständigenkosten auf. Die Beklagte lehnte die Zahlung mit dem Hinweis ab, dass sie eine Reparaturbestätigung nicht verlangt habe und diese zur Wiederherstellung des Fahrzeuges nicht erforderlich sei.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse die Kosten für die Reparaturbestätigung bezahlen, da diese Folgekosten des Verkehrsunfalls darstellen würden. Insbesondere habe der Kläger auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, da der Reparaturbestätigung eine Beweisfunktion für die Zukunft zukomme, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß instandgesetzt worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 173,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2014 als Schadensersatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kosten für eine Reparaturbestätigung nicht als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand geltend gemacht werden können. Der Kläger habe die Reparaturbestätigung lediglich im Eigeninteresse anfertigen lassen und somit keinen Anspruch auf die Dokumentation, dass der von ihm gewählte Reparaturweg auch zu einer ordnungsgemäßen Reparatur geführt habe. Weiterhin habe die Beklagte eine Reparaturbestätigung auch nicht angefordert.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der angefallenen Sachverständigenkosten für die Reparaturbestätigung gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, Abs. 1, 823 Abs. 1, 115 Nr. 1 VVG iVm §§ 249 ff. BGB.
Die Kosten für die Reparaturbestätigung sind als zur Herstellung erforderlicher Geldbetrag ersatzfähig.
Die Beklagte ist nach § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, wirtschaftlich den Zustand vor dem Verkehrsunfall herzustellen bzw. den entsprechenden Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 BGB zu zahlen. Ob und wie der zu zahlende Geldbetrag für die Reparatur des Fahrzeugs verwendet wird, liegt im Rahmen der Dispositionsfreiheit des Klägers. Dass der Kläger die Reparatur des Fahrzeugs hier in Eigenregie durchführte, spielt damit für die Abrechnung der fiktiven Herstellungskosten keine Rolle. Der zu zahlende Geldbetrag muss daher lediglich zur Herstellung erforderlich sein.
Nur mithilfe einer Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen kann der Halter eines Fahrzeugs bei einem weiteren Schadensfall beweisen, dass die Reparatur fachgerecht und ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Vor dem Hintergrund, dass unfallbezogene Daten in der HIS-Datei von den Versicherern heutzutage gespeichert werden, erscheint solch ein Vorgehen für den Halter eines Fahrzeugs auch notwendig und zweckmäßig. Die Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen hat gegenüber den Daten der HIS-Datei schon deshalb höhere Beweiskraft als eine reine Reparaturrechnung, da sie darüber hinaus Auskunft über die fach- und sachgerechte Reparatur gibt. Eine Reparaturbestätigung besitzt damit nicht nur bei der Reparatur in Eigenregie, sondern auch bei der Reparatur durch eine Werkstatt für die Herstellung des Fahrzeuges Aussagekraft. Auch wenn die Reparaturbestätigung hier nicht von der Beklagten gefordert wurde, hat der Halter Interesse daran, dass der Zustand vor dem Verkehrsunfall wiederhergestellt wird. Dieser Zustand war durch eine Nichteintragung in der HIS-Datei gekennzeichnet. Durch den Verkehrsunfall ist ein Eintrag über sein Fahrzeug vorhanden, dessen Aussage er nur durch eine Reparaturbestätigung widerlegen kann. Jeder verständige, wirtschaftlich denkende Halter eines Fahrzeugs würde die Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen demnach für notwendig halten, um den Eintrag in der HIS-Datei widerlegen zu können und so einen Zustand herbeiführen zu können, der dem vor dem Verkehrsunfall gleicht - nämlich, dass das Fahrzeug keinen Schaden hat.
Die Aussagekraft der Reparaturbestätigung beschränkt sich somit nicht auf einen Anspruch auf Nutzungsausfallersatz, der hier unstreitig nicht verlangt wurde. Sie trifft zusätzlich Aussagen über die Schadensfreiheit des Fahrzeuges, welche eine Eintragung in der HIS-Datei widerlegen könnten. Damit ist die Reparaturbestätigung zur Schadensbehebung - also zur Herstellung des Zustands vor dem Verkehrsunfall - erforderlich.
Der Kläger verstößt durch die beauftragte Reparaturbestätigung weiter nicht gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB. Die Reparaturbestätigung stellt keinen weiteren Kosten auslösenden Auftrag dar, denn sie ist gerade erforderlich, um den Schaden durch den Verkehrsunfall vollständig zu beheben, indem sie die Schadensfreiheit des Fahrzeugs nach Reparatur belegt.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3 BGB.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.