Das Verkehrslexikon

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OVG Saarlouis Beschluss vom 23.12.2015 - 1 B 232/15 - Entziehung der Fahrerlaubnis nach Amphetaminkonsum

OVG Saarlouis v. 23.12.2015: Entziehung der Fahrerlaubnis nach Amphetaminkonsum


Das OVG Saarlouis (Beschluss vom 23.12.2015 - 1 B 232/15) hat entschieden:
Gibt ein Fahrerlaubnisinhaber anlässlich einer polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung an, das dort vorgefundene Amphetamin zum Eigenkonsum zu besitzen, so rechtfertigt dies ein Einschreiten der Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 7 FeV - Entzug ohne MPU


Siehe auch Amphetamine - Speed - Crystal - Meth - im Fahrerlaubnisrecht und Drogen im Fahrerlaubnisrecht


Gründe:

Die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Bescheid des Antragsgegners vom 25.9.2015 zurückgewiesen worden ist, ist zulässig, aber unbegründet.

Das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 16.12.2015, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der vom Senat vorzunehmenden Prüfung begrenzt, gibt keine Veranlassung die erstinstanzliche überzeugend begründete Entscheidung abzuändern.

Nach dem Ergebnis der am 10.9.2015 im Rahmen polizeilicher Ermittlungen wegen des Verdachts des unerlaubten Handelns mit Amphetamin erfolgten Durchsuchung ihrer Wohnung war die Antragstellerin u.a. im Besitz von etwa 3 g Amphetamin. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV rechtfertigt der widerrechtliche Besitz von Betäubungsmitteln im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes, zu denen Amphetamin gehört, die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage der Kraftfahreignung des Betäubungmittelbesitzers.1 Dass der Antragsgegner eine solche Anordnung zur Vorbereitung seiner Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht für erforderlich hielt und hält und sich zu einem sofortigen Einschreiten entschlossen hat, geht darauf zurück, dass es in der ihm am 24.9.2015 zugegangenen Mitteilung der für die Wohnungsdurchsuchung verantwortlichen Kriminalinspektion heißt, die Antragstellerin habe gegenüber den Polizeibeamten geäußert, die aufgefundenen Drogen gehörten ihr, wobei sie lediglich Amphetamin und Marihuana konsumiere. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Antragstellerin sich anlässlich der Wohnungsdurchsuchung so - wie in vorbezeichneter Mitteilung wiedergegeben - geäußert hat.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Antragsgegner unter dieser Prämisse - ohne dass es einer vorherigen Anhörung bzw. vorheriger Ermittlungen, etwa der Einholung eines ärztlichen Gutachtens, bedurft hätte - von der Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen durfte. Denn auf der Grundlage der einschlägigen, vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung erfüllte der dem Antragsgegner bekannt gewordene Sachverhalt die Voraussetzungen des § 11 Abs. 7 FeV, der vorgibt, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. So liegt der Fall hier.

Die Einlassung der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren und deren Bekräftigung im Beschwerdeverfahren geben keine Veranlassung, ein Einschreiten nach Maßgabe des § 11 Abs. 7 FeV als rechtswidrig zu erachten. Ihre Gegendarstellung, sie habe nicht angegeben, selbst Marihuana und Amphetamin zu konsumieren, ist insoweit in sich widersprüchlich, als sie zunächst behauptete, anlässlich der Wohnungsdurchsuchung lediglich eingeräumt zu haben, dass das Amphetamin und das Marihuana ihr gehörten (Schriftsatz vom 5.10.2015), während sie später vortrug, die Betäubungsmittel nur für eine andere - namentlich benannte - Person aufbewahrt zu haben (Schriftsatz vom 26.10.2015). In ihrer Beschwerdebegründung bekräftigt die Antragstellerin ihre Darstellung, die vorbezeichneten Drogen lediglich für einen Dritten aufbewahrt zu haben, und bestreitet, gegenüber den Polizeibeamten geäußert zu haben, dass sie Amphetamin und Marihuana konsumiere. Am 30.11.2015 und am 16.12.2015 habe sie jeweils eine Untersuchung ihres Urins auf diese Stoffe veranlasst und werde die Ergebnisse, sobald sie vorliegen, nachreichen. Damit ist die aufgezeigte Widersprüchlichkeit ihres Vorbringens allerdings nach wie vor nicht aufgeklärt. Zudem vermag die bloße Ankündigung der Vorlage der Ergebnisse von zum Teil schon vor inzwischen mehr als drei Wochen veranlassten Urinuntersuchungen nicht zu belegen, dass sie kein Amphetamin zu sich nimmt. Mithin ist insoweit festzuhalten, dass sich die überzeugende Argumentation des Verwaltungsgerichts mit einer widersprüchlichen Sachdarstellung und bloßen Ankündigungen schwerlich entkräften lässt. Im Übrigen kann ein verlässlicher Nachweis, dass die Antragstellerin kein Amphetamin konsumiert, nicht mit einem ihr günstigen Ergebnis selbst in Auftrag gegebener Urinuntersuchungen geführt werden, da dadurch nicht sichergestellt wäre, dass der untersuchte Urin tatsächlich von der Antragstellerin stammt.

Andererseits kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die nunmehr bestrittene Behauptung des Eigenkonsums gegenüber den Polizeibeamten der Abwendung eines Strafverfahrens wegen unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln diente. Voraussichtlich wird daher im Hauptsacheverfahrens die jetzige Darstellung, selbst keine harten Drogen zu konsumieren, zu verifizieren sein. Aber selbst wenn man es vor diesem Hintergrund für vertretbar hielte, zugunsten der Antragstellerin von einer offenen Sach- und Rechtslage auszugehen, wozu der Senat nicht neigt, könnte dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Die unter dieser Prämisse maßgebliche Abwägung des persönlichen Interesses der Antragstellerin, während des laufenden Verfahrens von der sofortigen Vollziehung des Entzugs der Fahrerlaubnis verschont zu bleiben, mit dem öffentlichen Interesse der Gewährleistung der Sicherheit des Kraftfahrzeugverkehrs, müsste zugunsten des Antragsgegners ausgehen. Dem Interesse der Allgemeinheit, ungeeignete Kraftfahrer vom motorisierten Verkehr auszuschließen, ist ein sehr hohes Gewicht beizumessen. Es überwiegt das Interesse der Antragstellerin, bis zur endgültigen Klärung der Eignungsfrage vorläufig weiterhin am Kraftfahrzeugverkehr teilnehmen zu dürfen, bei weitem. Dies gilt auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens, aus beruflichen Gründen auf die Fahrerlaubnis angewiesen zu sein.2 Diesem Argument kann angesichts des Umstands, dass sie selbst am 10.9.2015 angegeben hat, harte Drogen zu konsumieren, kein durchschlagendes Gewicht zukommen. Der Konsum harter Drogen steht ebenso wie der gelegentliche mit einem Auffälligwerden im Straßenverkehr zusammentreffende Cannabiskonsum eine Interessenabwägung zugunsten des Betroffenen entgegen.

Sollte es sich bei der Behauptung des Eigenkonsums tatsächlich um eine bloße Schutzbehauptung gehandelt haben, ist es der Antragstellerin unbenommen, sich im laufenden Widerspruchsverfahren mit dem Antragsgegner in Verbindung zu setzen, um im Einvernehmen mit der Behörde die notwendigen Untersuchungen zur eventuellen Ermöglichung einer ihr günstigen Abhilfe- oder Widerspruchsentscheidung zu veranlassen.

Nach alldem unterliegt die Beschwerde der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 46.3 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.