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Landgericht Memmingen Urteil vom 14.01.2016 - 22 O 1983/13 - Dashcams in PKW ist unzulässig

LG Memmingen v. 14.01.2016: Der Betrieb von Dashcams in PKW ist unzulässig


Das Landgericht Memmingen (Urteil vom 14.01.2016 - 22 O 1983/13) hat entschieden:
Es ist unzulässig, einen Pkw so zu parken, dass die eingebaute Dashcam durch Bewegungen in den Aufnahmezustand versetzt wird und dies zur laufenden Beobachtung des öffentlichen Straßenraums und des Zugangs betroffener Personen zu ihrem Privatgrundstück führt.


Siehe auch Dashboard-Kamera - On-Board-Kamera und Ungenehmigte Video-und Foto-Personenaufnahmen und deren Verwertung


Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Unterlassung von Videoaufnahmen mittels einer im Fahrzeug des Beklagten zu 1 montierten und von der Beklagten zu 2 benutzten Bordkamera bzw. sog. Dash-Cam, sowie um Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Die Klägerin zu 1) wohnt zusammen mit ihrem Sohn, dem Kläger zu 2), im Anwesen L.-weg 1 in ... Neu-Ulm gegenüber des dortigen Kindergartens in dem die Beklagte als Erzieherin beschäftigt ist. Die Beklagte hat regelmäßig den Pkw ihres Ehemannes, des Beklagten zu 2), Marke Kia Sorento, a.K. NU-..., gegenüber der Einmündung des L.-wegs in den M.-weg oder aber direkt im L.-weg schräg gegenüber des Anwesens der Kläger geparkt und dabei eine aufnahmebereite Bordkamera (sog. Dash-Cam) an der Windschutzscheibe befestigt. Diese schaltet sich automatisch per Bewegungsmelder ein und zeichnet dann die Vorgänge in Blickrichtung der Kamera jeweils über einige Minuten auf. Ist der Speicher voll, werden die Daten überschrieben. Auf das Vorhandensein einer Bordkamera weist ein kleines Schild an einem Fahrzeugfenster hin (vgl. Anl. B3 d. A.).

Der Beklagte zu 2) erstattete gegen die Klägerin Strafanzeige bei der PI Neu-Ulm mit der Behauptung, dass die Klägerin am 4.9.2013 beim Vorbeifahren mit ihrem Pkw am im L.-weg geparkten Fahrzeug des Beklagten mutwillig dessen Fahrzeug zerkratzt habe. Zum Beweis übergab er der Polizei eine mittels der Dash-Cam gefertigte Videoaufzeichnung die zeigt wie eine Frau in das Fahrzeug der Klägerin steigt, am Fahrzeug des Beklagten vorbeifährt und dabei den Arm durch das geöffnete Fenster in Richtung des Pkw des Beklagten streckt. Das gegen die Klägerin geführte Strafverfahren wegen Sachbeschädigung ist derzeit auf ihre Berufung hin beim Landgericht Memmingen anhängig ( 332 Js 15983/13). Das von den Beklagten gegen die Klägerin angestrengte Zivilverfahren ist beim AG Neu-Ulm anhängig unter dem Az 23 0 439/14. Die Klägerin erstattete gegen die Beklagten Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Memmingen (Az. 332 Js 19830/13) im Hinblick auf die Videoaufnahmen.

Die Kläger sehen in der Nutzung der Bordkamera mit der Möglichkeit insbesondere den Eingang zu ihrem Wohnanwesen zu überwachen eine Verletzung ihres informationellen Selbstbestimmungsrechts. Die Klägerin bestreitet eine Sachbeschädigung des Fahrzeugs des Beklagten durch sie. Die von den Beklagten gefertigten Aufnahmen zeigten nicht die Klägerin. Im Übrigen unterliege die zum Beweis vorgelegte Aufnahme einem Verwertungsverbot, weil sie rechtswidrig gefertigt worden sei und rechtfertige jedenfalls nicht die weitere Überwachung des L.-wegs mittels Videokamera.

Die in der Vergangenheit widerrechtlich erfolgte Videoüberwachung rechtfertige ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von je 500 €. Zudem schuldeten die Beklagten materiellen Schadensersatz für zwei Gutachten der Klägervertreterin (300 € und 160 €) und zwei Sachverständigengutachten (438,84 € und 511,05 €), die erforderlich geworden seien zur Verteidigung der Klägerin gegenüber der willkürlichen Strafanzeige der Klägerin wegen Sachbeschädigung durch die Beklagte.

Die Kläger haben zuletzt beantragt:
Die Beklagten werden verurteilt,
  1. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen Videoaufnahmen von den Klägern mittels der an einem Pkw angebrachten Bordkamera „HD-Digital Video Rekorder mit 2,5“ TFT LCD Bildschirm“ anzufertigen,

  2. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen Videoaufnahmen von dem Straßenraum des Neu-Ulmer Stadtteils Ludwigsfeld, insbesondere des Eingangs- und Zufahrtsbereiches L.-weg 1 zu fertigen, sowie dort überhaupt eine Bordkamera in aufnahmefähiger Position bereit zu halten,

  3. Auskunft zu erteilen darüber, an welchen Tagen und Uhrzeiten und für welche Dauer Videoaufnahmen des L.-wegs in Neu-Ulm gemacht wurden und welche Videos noch gespeichert sind,

  4. sämtliches Videomaterial und daraus gewonnene Standbilder, auf dem die Kläger abgebildet sind, an diese herauszugeben.

  5. sämtliches weiteres Videomaterial und daraus gewonnene Standbilder, das die Beklagten von dem L.-weg, Neu-Ulm aus tätigten, vollständig zu löschen,

  6. eidesstattlich zu versichern, dass keine weiteren Videoaufnahmen des L.-wegs, Neu-Ulm, bei den Beklagten vorhanden sind,

  7. den Klägern ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe durch das Gericht festzusetzen ist,

  8. den Klägern Schadensersatz i. H. v.1.349,86 € zu zahlen zzgl. Zinsen i. H. v.5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.3.2015.

  9. an die Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 492,54 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 23.01.2014 zu bezahlen,

    hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge Ziffer 1) und 2):

  10. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen Videoaufnahmen von den Klägern anzufertigen und diese an Dritte weiterzugeben, insbesondere mittels einer an einem Pkw angebrachten Bordkamera, soweit nicht das schutzwürdige Interesse der Beklagten im Einzelfall überwiegt und erforderlich ist,

  11. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges es zu unterlassen Videoaufnahmen in der Öffentlichkeit von den Klägern zu fertigen,

  12. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen Videoaufnahmen von dem Straßenraum L.-weg 1 in ... Neu-Ulm zu fertigen, sowie dort eine Bordkamera in aufnahmefähiger Position bereit zu halten,

  13. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen Videoaufnahmen von dem Straßenraum des Eingangs- und Zufahrtsbereiches des Wohngrundstücks L.-weg in ... Neu-Ulm sowie der Einmündung des L.-wegs in den M.-weg und D.-weg, in ... Neu-Ulm zu fertigen, sowie dort eine Bordkamera in aufnahmefähiger Position bereit zu halten,

  14. es bei einem Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, pro Verstoß unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen Videoaufnahmen von den Klägern im Straßenraum des Eingangs- und Zufahrtsbereiches des Wohngrundstücks L.-weg in ... Neu-Ulm sowie der Einmündung des L.-wegs in den M.-weg und D.-weg, in ... Neu-Ulm zu fertigen, sowie dort eine Bordkamera in aufnahmefähiger Position bereit zu halten,
Die Beklagten haben beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagten bringen vor, dass die Anträge Ziffer 1 und 2 zu unbestimmt und zu weit gefasst seien. Ein Anspruch auf Beseitigung der Kamera bestehe nicht. Es seien nie gezielt Aufnahmen der Kläger gemacht worden und insbesondere der Kläger zu 2) sei nie aufgenommen worden. Lediglich die Klägerin sei einmal anlässlich der Sachbeschädigung von der Kamera aufgezeichnet worden, ansonsten sei nur der öffentliche Straßenraum erfasst worden. Da derartige Dash-Cams als zulässig beworben werden, treffe die Beklagte keine Schuld. Auch hätten die Beklagten ein rechtliches Interesse gehabt, da sie in der Vergangenheit mehrfach Probleme bei der Regulierung von Fahrzeugschäden gehabt hätten, was durch entsprechende Videoaufnahmen vermieden werden könne. Die gewünschte Auskunft sei bereits erteilt und eine Herausgabe nicht mehr möglich, da alles Videomaterial, das die Klägerin zeige, der Polizei übergeben sei. Gutachterkosten seien nicht notwendig gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Ortsaugenscheins und Verwertung der vorgelegten Anlagen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und teilweise im ausgesprochenen Umfang begründet.

1. a) Die Kläger haben aufgrund der §§ BGB § 1004BGB § 1004 Absatz I, BGB § 823BGB § 823 Absatz I, BGB § 823 Absatz II BGB 6 b I BD5G im ausgesprochenen Umfang einen Anspruch auf Unterlassung der Fertigung von Videoaufnahmen von Ihnen und des Straßenraums zu ihrem Wohngrundstück, wie auch der Vorhaltung einer aufnahmebereiten Bordkamera im dortigen Bereich. Auf ein Verschulden der Beklagten kommt es beim Unterlassungsanspruch nicht an.

Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus der unstreitigen Erstbegehung. Die Beklagte hat unstreitig ihr Fahrzeug wiederholt mit betriebsbereiter Dash-Cam im L.-weg bzw. so im M.-weg geparkt, dass im Falle eines durch Bewegung ausgelösten Einschaltens der Kamera der L.-weg und sich dort bewegende Personen aufgezeichnet wurden, nach Angabe der Beklagten jedenfalls auch am 4.9.2013 die Klägerin selbst.

Der Ortsaugenschein hat insoweit ergeben, dass dabei auch der Einfahrtbereich zum Anwesen der Kläger erfasst wird, je nachdem wo das Fahrzeug der Beklagten konkret im L.-weg geparkt wurde. Parkt das Fahrzeug der Beklagten im M.-weg, so ist in der Videoaufzeichnung aufgrund der Entfernung von ca. 75m zwar nicht mehr erkennbar, welche Person konkret das Grundstück der Klägerin betritt, wenn sich diese vom D.-weg her nähert. Anders ist dies allerdings, wenn sich die Person über den M.-weg in den L.-weg begibt und von daher zunächst in geringerer Entfernung die Kamera passiert.

Eine derartige Beobachtung des öffentlichen Straßenraums und des Zugangs zum Privatgrundstück der Kläger verstößt gegen das Recht der Kläger auf informationelle Selbstbestimmung, denn sie ist nicht gem. § 6b I BDSG gerechtfertigt.

b) Soweit die Beklagten der Ansicht sind, dass aus § 6b II BDSG zu folgern sei, dass die Vorschrift nur auf stationäre Kameras anzuwenden sei, so ist dem nicht zu folgen. Diese Auslegung ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen (vgl. VG Ansbach, DAR 2014, 663 ff). Zudem wird die Kamera im konkreten Fall tatsächlich auch stationär verwendet, da aus dem über längere Zeit am gleichen Ort parkenden Fahrzeug heraus gefilmt wird.

c) Da die Beobachtung weder zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen oder zur Wahrnehmung des Hausrechts der Beklagten diente, wäre sie nur zulässig zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Beklagten überwiegen. Letzteres war vorliegend nicht der Fall. Zwar mag für die Beklagten die Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke sprechen, weil sie glaubhaft versichert haben durch den Betrieb der Kamera die Aufklärung von Unfällen oder Sachbeschädigungen an ihrem Fahrzeug verbessern zu wollen. Allerdings überwiegen die schutzwürdigen Interessen der Kläger am Schutz ihrer Privatsphäre. Den Klägern ist es nicht zumutbar sich oder ihre Besucher ständig der Gefahr einer Beobachtung mittels Videokamera ausgesetzt zu sehen (vgl. BGH NJW 1995, 1955ff). Die bloß theoretische Möglichkeit des Notwendigwerdens einer Beweisführung aufgrund der generellen Gefährlichkeit des Straßenverkehrs oder der Möglichkeit von Vandalismus, genügt nicht für ein überwiegendes Interesse der Beklagten zu diesem Zwecke zu beliebige Zeitpunkten den Zugang zum Anwesen der Kläger zu überwachen (vgl. AG München, ZfSch 2014, 692 LG Heilbronn, NJW-RR 2015, 1019). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine gerichtliche Beweisführung in naher Zukunft unmittelbar erforderlich würde, bestanden für die Beklagte in der Vergangenheit nicht.

d) Darüber hinaus wurde die Beobachtung entgegen § 6 b II BDSG auch nicht in geeigneter Weise deutlich gemacht. Das kleine Warnschild im Pkw-Fenster genügt insoweit nicht, da es nicht ins Auge sticht und erst aus großer Nähe ersichtlich ist, wenn die Kamera die jeweilige Person bereits in größerer Entfernung erfasst hat.

e) Zudem hat die Beklagtenseite hat auch nicht dargelegt, dass die Aufzeichnung nur auf die erforderliche Dauer beschränkt gewesen wäre; vielmehr ist die Speicherdauer und das automatische Überschreiben der Aufzeichnung abhängig von der jeweiligen Speicher-große und daher dem Zufall überlassen.

f) Selbst wenn die Videoaufnahme vom 4.9.2013 eine Sachbeschädigung seitens der Klägerin am Fahrzeug der Beklagten zeigen würde, so stünde dies dem Unterlassungsanspruch beider Kläger nicht entgegen. Es besteht nämlich insoweit ein Beweiserhebungsverbot in Bezug auf die fragliche Videoaufnahme, so dass der Nachweis der Sachbeschädigung seitens der Klägerin und eine entsprechende Wiederholungsgefahr durch die Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht geführt ist. Die Videoaufnahme ist unter Verstoß gegen § 6b I BDSG erlangt, wie bereits oben ausgeführt wurde. Verbotswidrig erlangte Beweismittel sind nur ausnahmsweise verwertbar, wenn der geschützten Eigensphäre überwiegende Interessen gegenüberstehen (vgl. AG München, a. a. O.). Solche überwiegenden Interessen der Beklagten liegen nicht vor. Die Zulassung einer derart rechtswidrig erlangten Videoaufnahme würde zu einer weiteren Verbreitung von Dash-Cams und daher einer dauerhaften und flächendeckenden Überwachung im öffentlichen Verkehr führen, so dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung völlig ausgehöhlt würde. Dem muss durch ein Beweiserhebungsverbot Einhalt geboten werden, sofern es nicht um wesentlich bedeutendere Rechtsgüter als den bloßen Eigentumsschutz geht.

Dem gegen das Persönlichkeitsrecht der Kläger verstoßenden permanenten Überwachungsdruck, kann schließlich nur dadurch ausreichend begegnet werden, dass auch das Bereithalten einer aufnahmebereiten Bordkamera untersagt wird, denn die betroffenen Kläger können nicht unterscheiden, ob gerade eine Aufnahme erfolgt oder nicht. Von daher geht der rechtswidrige Überwachungsdruck auch bereits von einer aufnahmebereiten Kamera aus, weshalb deren Bereithalten zum Zwecke eines effektiven Rechtsschutzes zu untersagen ist.

g) Stattgegeben werden konnte allerdings nur den Hilfsanträgen Ziffer 10 und 11, denn das einschränkungslose Verbot entsprechend dem Antrag Ziffer 1 stünde im Widerspruch zu § 6b I BDSG, der eine Überwachung dann erlaubt, wenn schutzwürdige Interessen überwiegen.

Auch hinsichtlich des Hilfsantrags 11 war dementsprechend insoweit lediglich ein „Minus“ zuzusprechen und daher gegenüber dem Antrag eine weitere Einschränkung zu machen. Eine Videoaufnahme wäre beispielsweise sicher zulässig, wenn jemand auf frischer Tat gerade bei einer Sachbeschädigung betroffen wird.

h) Ein Anspruch darauf den Straßenraum im gesamten Stadtteil Ludwigsfeld nicht zu filmen, besteht ebenfalls nicht. Insoweit ist ein konkretes schutzwürdiges Interesse und eine direkte Betroffenheit der Kläger nicht ersichtlich. Insoweit genügt es, dass Videoaufnahmen der Kläger generell zu unterlassen sind, egal wo diese sich gerade befinden.

3. Die Kläger haben schließlich Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren, da diese wegen Verstoßes gegen § 6b I BDSG aus unerlaubter Handlung herrühren. Der Anspruch besteht jedoch nur in Höhe von 413,64 € (1,3 fache Gebühr aus einem Gegenstandswert von 3.300 €, weil die Kläger nur insoweit obsiegt haben). Der Zinsanspruch besteht in gesetzlicher Höhe wie beantragt ab Rechtshängigkeit.

4. Der geltend gemachte Auskunfts- und Herausgabeanspruch steht den Klägern nicht zu. Eine Anspruchsgrundlage und ein rechtliches Interesse ist diesbezüglich nicht erkennbar. Es ist nicht nachvollziehbar warum der Auskunftsanspruch erforderlich sein sollte zur Durchsetzung des Löschungsanspruchs. § 6 b V BDSG gibt nur einen Anspruch auf Löschung, nicht auf Herausgabe.

5. Der Löschungsanspruch steht den Klägern zu aufgrund § 6 b V BDSG.

6. Ein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung, dass keine weiteren Videoaufnahmen bei den Klägern vorhanden sind, besteht derzeit nicht. Ein solcher Anspruch setzt voraus, das Grund zur Annahme besteht, dass eine Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde (§ 260 II BGB). Der Anspruch besteht daher erst, wenn konkrete Anhaltspunkte bewiesen werden, dass nach rechtskräftiger Verurteilung der Beklagten zur Löschung und durch diese erklärter Versicherung der Löschung aller Aufnahmen doch noch solche vorhanden sind bzw. berechtigte Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der Erklärung der Beklagten bestehen. Insoweit ist der bereits jetzt unbedingt gestellte Antrag verfrüht.

7. Ein Schmerzensgeld an Spruch der Kläger besteht nicht.

Nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechtes löst einen Anspruch auf Geldentschädigung zum Ersatz des immateriellen Schadens aus. Erforderlich ist vielmehr ein schwerwiegender Eingriff und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Dabei kommt es auf Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden und Grad des Verschuldens an (vgl. BGHZ 160,298ff).

Eine wertende Betrachtung ergibt vorliegend, dass die Rechtsverletzungen die den Klägern zugefügt wurde, nach ihrer Intensität, dem Beweggrund und dem Grad des Verschuldens als nicht so gewichtig zu werten sind, als dass sie die Zubilligung eines Anspruchs auf Geldentschädigung gebieten. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich nur um Aufnahmen des Straßenraums und des Zugangs zum Anwesen der Kläger nicht aber um solche handelt, die weitergehend deren Privatgrundstück erfassen. Zudem wurden sie privat gefertigt und nicht veröffentlicht, was auch nie beabsichtigt war, wie die Beklagten völlig glaubhaft erklärten. Auch zielte die Überwachung nicht speziell auf die Kläger ab, sondern diente allgemein um im Falle von Vandalismus oder Unfallflucht den Verursacher zu überführen, wie die Beklagten ebenfalls glaubhaft versicherten, zumal kein Grund ersichtlich ist, warum sie gezielt die Kläger hätten überwachen sollen. Wie der Ortsaugenschein ergab, wurde im Wesentlichen nur der Einfahrtsbereich des Grundstücks der Kläger erfasst und auch dies nur dann wenn die Beklagte dort gelegentlich in unmittelbarer Nähe parkte, kaum aber, wenn sie im M.-weg stand. Die Beobachtung richtete sich nicht gezielt gegen das Persönlichkeitsrecht gerade der Kläger. Auch das Verschulden der Beklagten erscheint gering, da sie aufgrund der freien Verkäuflichkeit und weiten Verbreitung der Bordkameras glaubhaft auch von der Zulässigkeit ihres Einsatzes ausgingen. Das Interesse der Kläger erscheint daher durch den Unterlassungsanspruch bereits hinreichend befriedigt, ohne dass es zum Ausgleich einer Geldentschädigung bedarf.

8. An materiellem Schadensersatz steht aufgrund § 823 II BGB i. V. m. § 6 b I BDSG lediglich der Klägerin zu 1) ein Betrag i. H. v. 300 € zu. Ein jedenfalls fahrlässiger Verstoß der Beklagten gegen die Schutzvorschrift des § 6 b I BDSG ist zu bejahen. Abweichend vom Strafrecht gilt im BGB kein individueller, sondern ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiv-abstrakter Sorgfaltsmaßstab (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, Rn. 15 zu § 276 BGB; Rn. 61 zu § 823 BGB). Danach haben die Beklagten beim Einsatz der Bordkamera nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet. Jedenfalls seit dem Urteil des BGH vom 25.4.1995 (NJW 1995, 1955) war nämlich erkennbar, dass der Einsatz einer Dash-Cam im öffentlichen Bereich einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften darstellen kann. Darauf, dass derartige Kameras frei verkäuflich sind und kein Warnhinweis des Verkäufers hinsichtlich der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit ihres Einsatzes erfolgte, können sich die Beklagten nicht berufen. Eingerissene Verkehrsunsitten oder Nachlässigkeit entschuldigen nicht und auch nicht das Bestehen eines verbreiteten Brauchs (vgl. Palandt, Rn. 16 zu § 276 BGB). Geschäftliche Ungewandtheit, niedriger Bildungsgrad und sonstige Umstände sind kein genügender Entschuldigungsgrund für Unkenntnis gesetzlicher Bestimmungen (vgl. Palandt, Rn. 61 zu § 823 BGB). Einen Verbotsirrtum haben die Beklagten insoweit nicht hinreichend dargetan.

Ein materieller Schaden des Klägers zu 2) ist dagegen nicht bewiesen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich schließlich nur eine Rechnung der Klägervertreterin an die Klägerin zu 1) über 300 € für ein Gutachten für die Klägerin, nicht aber für ein solches für den Kläger zu 2.

Die Erforderlichkeit eines zweiten Gutachtens über 160 € ist daneben nicht schlüssig dargetan und nachvollziehbar. Soweit ein solches erforderlich gewesen sein sollte zur Erstattung einer Strafanzeige gegen die Beklagte, fehlt es zudem am Schutzweck der Norm (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, Rn. 91 vor § 249 BGB; BGH NJW 1980, 119ff). Hinsichtlich der erholten Sachverständigengutachten fehlt es ebenfalls an einer Anspruchsgrundlage. Deren Erholung beruht bei wertender Betrachtung ebenfalls nicht auf der rechtswidrig gefertigten Videoaufzeichnung, sondern auf der Verteidigung der Klägerin im Rahmen des gegen sie geführten Ermittlungsverfahrens wegen Sachbeschädigung. Auch insoweit fehlt es am Schutzzweck der Norm (vgl. Palandt, Rn. 90 zuvor § 249 BGB; BGH NJW 1958. 1041).

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO. Dabei geht das Gericht aus von einem Streitwert von 6.949.86 € (Antrag 1) 1.500 € + Antrag 2) 1.500 € + Antrag 3) 300 € + Antrag 4) 500 € + Antrag 5) 500 € + Antrag 6) 300 € + Antrag )1.000 € +Antrag 8) 1.349,86 €) und einem Obsiegen der Kläger hinsichtlich Antrag bzw. Hilfsantrag 1) i. H. v. 1.400 €, Antrag 2) i. H. v. 1. 000 €, Antrag 5 ) i. H. v. 500 € und Antrag 8) i. H. v. 300 €.

10. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.