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Amtsgericht Limburg Urteil vom 05.08.2015 - 4 C 85/14 (11) - Komplettaustausch der Frontscheinwerfer bei Vorhandensein eines offiziellen Reparatursatzes
AG Limburg v. 05.08.2015: Komplettaustausch der Frontscheinwerfer trotz Vorhandensein eines offiziellen Reparatursatzes
Das Amtsgericht Limburg (Urteil vom 05.08.2015 - 4 C 85/14 (11)) hat entschieden:
Nach einem Verkehrsunfallschaden hat der Geschädigte einen uneingeschränkten Anspruch auf Wiederherstellung des früheren – unbeschädigten – Zustandes seines Kraftfahrzeugs. Kann dies hinsichtlich der beiden Frontscheinwerfer nur im Rahmen eines vollständigen Austausches erfolgen, selbst, wenn dieser mit erheblichen Mehrkosten im Vergleich zu einem vom Hersteller angebotenen Reparatursatz verbunden ist, sind auch diese Mehrkosten von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung zu erstatten.
Siehe auch Reparaturkosten und Fiktive Schadensabrechnung
Tatbestand:
Die Parteien streiten über restlichen materiellen Schadenersatz aus einem ansonsten zwischen ihnen unstreitigen Verkehrsunfallereignis vom 06.05.2013.
Die Klägerin behauptet, dass zu einer ordnungsgemäßen Reparatur ein Austausch der unfallbedingt beschädigten beiden Frontscheinwerfer erforderlich sei.
Sie beantragt daher,
die Klagepartei von den Reparaturkosten der Autohaus ... GmbH in Höhe von 1.723,07 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet eine Austauschnotwendigkeit und verweist auf die Möglichkeit einer erheblich preisgünstigeren Verwendung eines Reparatursatzes.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Dipl. Ing. A S vom 28.01.2015 (Bl. 103 ff d. A.) sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 20.05.2015 (Bl. 154 ff d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die Klägerin hat aufgrund des unstreitigen Verkehrsunfallereignisses vom 06.05.2013 einen Anspruch gegen die Beklagte in ausgeurteilter Höhe gemäß §§ 7, 17 StVG, 115 VVG.
Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass die unstreitig durch das oben genannte Unfallereignis beschädigten beiden Frontscheinwerfer des Fahrzeugs der Klägerin auszutauschen sind. Das Gericht schließt sich insoweit den sachverständigen Beurteilungen des Sachverständigen Scheiber uneingeschränkt an. Dieser hat nämlich von beiden Parteien unangegriffen festgestellt, dass zwar grundsätzlich der Einsatz eines Reparatursatzes als Reparaturmaßnahme – technisch – möglich sei. Hierdurch werde auch die Gebrauchstüchtigkeit der Scheinwerfer wieder hergestellt und was aus Sicht der Beklagten – nachvollziehbar – wichtig ist, die Kosten der entsprechenden Reparatur deutlich gesenkt werde. Unabhängig von der vom Sachverständigen erfolgten Verweisung auf den Sinn und Zweck und den Umfang der Schadenersatzvorschrift der §§ 249 ff. BGB und den Ausführungen zu einer jedenfalls bestehenden merkantilen Wertminderung, stellt diese Maßnahme keine vollwertige Reparatur i. S. einer – vollständigen – Wiederherstellung des ursprünglichen – unbeschädigten – Zustandes dar.
Die Möglichkeiten einer kostensenkenden Reparatur mittels eines Reparatursatzes mag im Rahmen der Kaskoversicherung (Vertragsverhältnis zwischen Versicherungsunternehmen und Geschädigtem) entscheidungserheblich sein, im hier vorliegenden Falle eines Kfz-Haftpflichtschadens (deliktisches Verhältnis zwischen Versicherungsunternehmen und Geschädigtem) hat es jedoch keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Vielmehr hat die geschädigte Klägerin einen uneingeschränkten Anspruch auf Wiederherstellung des früheren – ungeschädigten – Zustandes der beiden Scheinwerfer, der auch nach der Auffassung des technischen Sachverständigen nur im Rahmen eines vollständigen Austausches erfolgen kann, selbst wenn dieser wie im vorliegenden Fall mit erheblichen Mehrkosten verbunden ist.
Dies gilt nach Auffassung des Gerichts insbesondere im vorliegenden Fall, indem die Klägerin diese konkrete Reparatur auch tatsächlich beauftragt hat. Ob dies auch für den Fall einer hypothetisch/fiktiven Abrechnung gelten würde, ist zwar zweifelhaft, bedarf aber hier keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.