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OLG Celle Urteil vom 15.03.2016 - 14 U 127/15 - Arithmetisches Mittel der nach Schwacke- und Frauenhofer-Liste - Fracke
OLG Celle v. 15.03.2016: Arithmetisches Mittel der nach Schwacke- und Frauenhofer-Liste - Fracke
Das OLG Celle (Urteil vom 15.03.2016 - 14 U 127/15) hat entschieden:
- Es erscheint weiterhin sachgerecht, die nach einem Verkehrsunfall als Normaltarif zu erstattenden Mietwagenkosten nach dem arithmetischen Mittelwert aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle zu schätzen.
- Sowohl dem Mietwagenunternehmen als auch dem in Anspruch genommenen Versicherer bleibt es unbenommen, bezogen auf den konkreten Einzelfall durch Vorlage im Hinblick auf Zeitraum und Anmietsituation etc. vergleichbare Angebote darzutun und ggf. nachzuweisen, dass dem Geschädigten ein vergleichbares Fahrzeug zu schlechteren oder besseren Konditionen zur Verfügung gestanden hätte oder die generelle Vorzugswürdigkeit einer der beiden Erhebungsmethoden darzutun.
- Die Kosten für eine Haftungsreduzierung auf unter 500,00 € sind im Regelfall in voller Höhe erstattungsfähig (Abweichung von 14 U 49/11).
Siehe auch Der Unfallersatztarif und Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung
Gründe:
I.
Die Klägerin ist ein gewerbliches Autovermietungsunternehmen. Im vorliegenden Rechtsstreit macht sie aus abgetretenem Recht der jeweiligen Geschädigten nicht regulierte „Rest-“Ansprüche geltend, die nach Inanspruchnahme von Mietwagen von der Beklagten als Haftpflichtversicherer der jeweiligen Unfallgegner nicht erstattet worden sind.
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, wie der erstattungsfähige Normaltarif zu ermitteln ist. Das Landgericht hat dies entsprechend der Rechtsprechung des erkennenden Senates auf der Grundlage des arithmetischen Mittelwertes aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle getan.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Landgerichts (Bl. 191 ff. d. A.) Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die nach wie vor die Auffassung vertritt, es sei allein sachgerecht, auf die Werte nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel abzustellen. Im Übrigen beanstandet sie die Berechnung seitens des Landgerichtes hinsichtlich einer Reduzierung der Vollkaskobeteiligung unter 500 € sowie eine Nichtberücksichtigung des von der Klägerin in erster Instanz erklärten Teilverzichts.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich im Ergebnis als weit überwiegend erfolglos. Lediglich in Höhe von 131,47 € ist das Urteil des Landgerichtes geringfügig zu korrigieren.
1. Erfolg hat das Rechtsmittel der Beklagten, soweit die Klägerin im Fall 20 Erstattung von Zusatzkosten für die Ausstattung des Mietfahrzeuges mit einem Navigationsgerät in Höhe von 68,95 € verlangt. Die Klägerin konnte nämlich nicht beweisen, dass das Unfallfahrzeug des Geschädigten tatsächlich mit diesem Zubehör ausgestattet war.
In seiner schriftlichen Mitteilung vom 12. Januar 2016 hat der von der Klägerin als Zeuge benannte M. M. mitgeteilt, er habe kein Fahrzeug der Klägerin angemietet (Bl. 265 d. A.). Daraufhin hat die Klägerin auf den Zeugen verzichtet.
2. Im Übrigen erweist sich das angefochtene Urteil weitgehend als zutreffend, insbesondere hat das Landgericht die erstattungsfähigen Mietwagenkosten beanstandungsfrei auf der Grundlage des arithmetischen Mittels aus der Schwacke-Liste einerseits und der Fraunhofer-Tabelle andererseits geschätzt.
Entgegen dem vorläufigen Hinweis durch Verfügung der Vorsitzenden vom 2. Dezember 2015 (Bl. 249 d. A.) gibt der vorliegende Fall keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung des Senates (vgl. hierzu grundlegend NJW-RR 2012, 802 ff. = sogenannte Fracke-Methode) aufzugeben.
Die Ermittlung der Schadenshöhe und damit des angemessenen „Normaltarifs“ ist Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten (vgl. nur BGH, MDR 2011, 722 - juris Rdnr. 17).
In geeigneten Fällen können Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Marktpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass beide Markterhebungen zum einen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen und zum anderen zum Teil grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich ihrer Datenerhebung begegnen, reicht nicht aus, um durchgreifende Zweifel an ihrer Eignung als Schätzgrundlage zu begründen (vgl. BGH, a. a. O., Rdnr. 18). Nur wenn eine Partei konkrete Tatsachen aufzeigt, die sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken, kann eine der beiden Methoden als vorzugswürdig angesehen werden (BGH, a. a. O., Rdnr. 19).
Auf dieser Grundlage hat der Senat in seiner zuvor genannten Entscheidung vom 29. Februar 2012 den erstattungsfähigen Normaltarif nach dem arithmetischen Mittel aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle geschätzt.
Der vorliegende Fall gibt entgegen der vorläufigen Verfügung des Senats vom 2. Dezember 2015 keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Das hat der Senat den Parteien vor der mündlichen Verhandlung durch weitere Verfügung vom 8. März 2016 (Bl. 321 d. A.) auch mitgeteilt.
Weder hat die Beklagte durch Vorlage hinreichend vergleichbarer Angebote anderer Autovermieter aufgezeigt, dass diese Schätzmethode im konkreten Anmietzeitraum im Postleitzahlenbereich 520 zu signifikant falschen Ergebnissen führt noch hat sie Umstände dargelegt, die den von ihr favorisierten Fraunhofer-Marktpreisspiegel als grundsätzlich vorzugswürdig erscheinen lassen.
a) Die von der Beklagten konkret vorgelegten Angebote von Mitbewerbern der Klägerin sind im vorliegenden Fall zur Erschütterung der vom Senat angewendeten Schätzgrundlage nicht geeignet. Sie sind nämlich nicht hinreichend mit der jeweiligen tatsächlichen Anmietsituation vergleichbar.
Die Beklagte hat zwar auf online-Anfragen bei großen Anbietern verwiesen und zugleich vorgetragen, zu einem entsprechenden Durchschnittspreis hätte auch im streitgegenständlichen Unfallzeitpunkt ein Fahrzeug angemietet werden können. Damit hat sie jedoch nicht im Sinne der Anforderungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, NJW 2013, 1539 ff. - juris Rdnr. 12) hinreichend dargelegt, dass der zur Schadensbehebung erforderliche maßgebende Normaltarif zum Zeitpunkt der Anmietung tatsächlich deutlich günstiger gewesen sein könnte als der aus dem arithmetischen Mittel der Schwacke-Liste und der Fraunhofer-Tabelle ermittelte Normaltarif.
Das gilt für sämtliche vorgelegten Angebote bereits für die zeitliche Vergleichbarkeit. Sie stammen nämlich alle aus einem Zeitraum von rd. 5 Jahren nach den Unfällen, die der Anmietung von Fahrzeugen der Geschädigten bei der Klägerin zugrunde liegen. Deshalb ist nicht erkennbar, dass in der konkreten Anmietsituation seinerzeit tatsächlich ein entsprechendes Fahrzeug zu den angebotenen Konditionen verfügbar gewesen wäre. Dies auch deshalb, weil die Beklagte nichts zur Preisentwicklung der Mietwagenkosten im maßgeblichen Zeitraum vorträgt. Insoweit kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Kosten für die Anmietung eines Mietfahrzeuges kontinuierlich gestiegen oder zumindest gleich geblieben wären.
b) Die von der Beklagten vorgelegten Angebote von Mitbewerbern lassen aber auch im Übrigen keinen hinreichend sicheren Schluss dahin zu, dass die Anwendung des Fraunhofer-Marktpreisspiegels anderen Schätzmethoden gegenüber vorzugswürdig wäre.
Anders als das Oberlandesgericht Düsseldorf (MDR 2015, 454 ff.) vermochte der Senat sich nicht die Überzeugung zu bilden, dass die vom Fraunhofer Institut ermittelten durchschnittlichen „Normaltarife“ dem tatsächlichen Angebotsspektrum näherkommen als der aus dem arithmetischen Mittel der beiden vorgenannten Tabellen ermittelte Wert. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat neben den in der Rechtsprechung intensiv diskutierten und vom erkennenden Senat in seiner Entscheidung vom 29. Februar 2012 aufgelisteten Vor- und Nachteilen der beiden Erhebungsmethoden Schwacke und Fraunhofer u. a. darauf abgestellt, dass im Wesentlichen vergleichbare Mietfahrzeuge zu deutlich niedrigeren Preisen - nicht selten für etwa den halben Preis - als dem in der Schwacke-Liste genannten Durchschnittspreis hätten angemietet werden können. Diese Tendenz schien sich zwar auch in mehreren Verfahren vor dem erkennenden Senat anzudeuten, jedoch nur unter Berücksichtigung der jeweils vom Versicherer vorgelegten, ausgewählten Angebote anderer Mietwagenunternehmen.
Der Senat ist in diesem Zusammenhang zunächst der Frage nachgegangen, ob und inwieweit die von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit vorgelegten „Vergleichs-“Angebote von Mitbewerbern der Klägerin bezogen auf die zum Zeitpunkt der Abgabe der Angebote gültigen und anzuwendenden Listen von Schwacke und Fraunhofer einer der beiden Listen entsprechen. In diesem Fall wäre zunächst in einem ersten Schritt aufgezeigt, dass eine der beiden Erhebungsmethoden den tatsächlich auf dem Markt erhältlichen Mietpreis realistischer abbildet als die andere (wie es das OLG Düsseldorf für seinen Gerichtsbezirk annimmt). In einem zweiten Schritt wäre sodann gegebenenfalls festzustellen, ob dies (mutmaßlich) auch für den konkreten Mietzeitraum angenommen werden kann.
Bezogen auf das Jahr 2015, aus dem die von der Beklagten vorgelegten Angebote von Mitbewerbern der Klägerin stammen, können derartige Feststellungen für den vorliegenden Fall indes nicht mit ausreichender Aussagekraft getroffen werden.
Ein Vergleich dieser Daten ergibt Zahlen wie im Schriftsatz der Beklagten vom 10. März 2016 (Bl. 332 f. d. A.) aufgeführt, d. h. bezogen auf den jeweiligen Mittelwert der vorgelegten Angebote und der Werte nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel ergeben sich - außer in den Gruppen 8 und 9 - Abweichungen von etwa 10 bis zu knapp 25 % (Gruppe 7, Mietdauer 7 Tage) zwischen dem Durchschnittspreis der von der Beklagten vorgelegten Angebote und dem Mittelwert nach Fraunhofer. In den Gruppen 8 und 9 decken sich die Werte hingegen mit dem Mittelwert nach Fraunhofer. Damit liegen diese Angebote in der Tat überwiegend näher an den vom Fraunhofer Institut ermittelten Durchschnittswerten als an denen nach der Schwacke-Liste.
Insoweit ist jedoch einschränkend festzustellen, dass der Mittelwert der von der Beklagten jeweils vorgelegten drei Mitbewerberangebote schon allein deshalb eine größere Nähe zu den Werten nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel aufweisen (müssen), weil sie auf einer vergleichbaren ´Erhebungsmethode` (Einholung von Internetangeboten von ausschließlich großen, überregionalen Anbietern) beruhen und zudem nicht auszuschließen, sondern sogar naheliegend ist, dass die Beklagte von den vom Fraunhofer Institut befragten Anbietern die drei günstigsten ausgewählt hat. Insoweit bestehen erhebliche Bedenken gegen die Aussagekraft dieser „Vergleichs“-Angebote zu der Frage, ob und inwieweit die Fraunhofer-Tabelle den realen Markt wirklichkeitsgetreuer abbildet als andere Schätzmethoden. Dies wird unterstützt durch die von der Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 22. Januar 2016 (Bl. 267 ff., 290 f. d. A.) vorgelegten weiteren Angebote, auch wenn sie nicht vollständig vergleichbar sein sollten mit den Mittelwerten aus der Schwacke-Liste oder der Fraunhofer-Tabelle. Insoweit ist z. B. nicht bekannt, welche Stationen die Beklagte bei ihren Abfragen zugrunde gelegt hat. Die von ihr vorgelegten Angebote enthalten ebenfalls wie die der Klägerin eine unbegrenzte Kilometerzahl.
Soweit die Beklagte darauf verweist, die Abweichung zwischen dem Mittelwert der von ihr vorgelegten Angebote und dem nach Fraunhofer ermittelten Durchschnittspreis bewege sich innerhalb der Spanne einer Standardabweichung einer statistischen Erhebung, ist dies für die Ermittlung einer geeigneten Schätzgrundlage nach den oben dargestellten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs allenfalls von untergeordneter Bedeutung (so im Übrigen auch die Beklagte selbst in ihrem Schriftsatz vom 18. Februar 2016, Bl. 311 d. A.). Die Standardabweichung ist in der Tat ein Begriff aus der Statistik bzw. Wahrscheinlichkeitsrechnung oder Stochastik. Sie ist im Übrigen kein fester Prozentsatz, sondern ist für jeden Einzelfall einer Statistik zu berechnen. Mit ihr kann man ermitteln, wie stark die Streuung der Werte um einen Mittelwert ist. Um die Standardabweichung zu berechnen, muss der Durchschnitt (arithmetisches Mittel) aller Werte und im Anschluss noch die sog. Varianz berechnet werden. Die Varianz gibt dabei die mittlere quadratische Abweichung der Ergebnisse um ihren Mittelwert ab. Um sodann die Standardabweichung zu ermitteln, wird aus der Varianz die (quadratische) Wurzel gezogen (vgl. www.wikipedia.org/wiki/Standardabweichung).
Es ist aber zunächst überhaupt nicht erkennbar, dass eine der beiden Markterhebungen (Schwacke oder Fraunhofer) den Anforderungen einer statistischen Erhebung entspricht. Das gilt zumindest für den Fraunhofer-Marktpreisspiegel. Für die Einordnung als Statistik fehlt die Zufälligkeit der erhobenen Daten insoweit, als das gezielt nur ein - wenn auch größerer - ausgewählter Kreis der am Markt vertretenen überregionalen Anbieter befragt wird. Alle Personen einer zu untersuchenden Grundgesamtheit müssen aber die gleiche bzw. eine berechenbare Chance haben, in eine Statistik einzugehen. Das ist aufgrund der Art der Erhebung indes nicht gewährleistet.
Es bestehen auch Zweifel, dass es sich wenigstens um eine hinreichend repräsentative Umfrage handelt. Dabei müssen nämlich die Befragten so ausgewählt werden, dass sie die gesamte zu befragende Gruppe repräsentieren. Um das zu erreichen, müssten die Befragten ausgewogen ausgewählt, d. h. nicht nur große Internetanbieter, sondern z. B. auch kleinere örtliche einbezogen werden. Die - zulässige - Auswahl einer Teilgesamtheit ist so vorzunehmen, dass aus dem Ergebnis der Teilerhebung möglichst exakt und sicher auf die Verhältnisse der Gesamtmasse geschlossen werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Teilerhebung in der Verteilung aller interessierenden Merkmale der Gesamtmasse entspricht, d. h. ein zwar verkleinertes, aber sonst wirklichkeitsgetreues Abbild der Gesamtheit darstellt (vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, www.wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/2214/repräsentativerhebung-v13.html). Ob dies der Fall ist, ist für den Senat mangels entsprechenden Vorbringens nicht erkennbar, erscheint aufgrund der Auswahlkriterien aber auch als zweifelhaft.
Unabhängig davon ergibt ein Vergleich der Tagespauschalen im vorliegenden Fall, dass selbst die Abweichung der Werte nach Schwacke und Fraunhofer in insgesamt 24 von 42 Fällen, d. h. knapp 60 %, lediglich in einem Bereich von bis maximal 55 % liegen (Fälle 1, 2, 4 bis 9, 12 bis 16, 25 bis 29, 31 bis 36). Wollte man mithin der Argumentation der Beklagten folgen und beide Erhebungsmethoden unter dem Gesichtspunkt einer möglichen statistischen Standardabweichung von bis zu 25 % mehr oder weniger betrachten, so ergäbe sich nahezu exakt das vom Senat als Schätzmethode angewendete arithmetische Mittel aus den Tagespauschalen nach Schwacke und Fraunhofer.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass damit gleichwohl auf der Grundlage der von der Beklagten vorgelegten „Vergleichs“-Angebote auf den ersten Blick eine größere Nähe zu den Werten nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel bleibt. Dies allein rechtfertigt aber nicht, den Mittelwert aus dieser Erhebung als alleinige Schätzgrundlage heranzuziehen. Anderenfalls würde dem Umstand nicht hinreichend Rechnung getragen, dass die in Prozessen der vorliegenden Art von den Haftpflichtversicherern vorgelegten Angebote ergebnisorientiert die günstigsten Anbieter berücksichtigen werden und zudem zwei wesentliche Besonderheiten der Erhebungsmethode nach Fraunhofer unberücksichtigt bleiben, nämlich die Vorbuchungsfrist sowie die unbestimmte Mietdauer. Ob in den konkreten Fällen des vorliegenden Verfahrens eine kurzfristige Anmietung erfolgt ist, ist für die Frage der generellen Vorzugswürdigkeit einer der beiden Listen ohne Bedeutung.
Insoweit handelt es sich nicht, wie die Beklagte meint, um rein unfallspezifische Merkmale, die bei der Ermittlung des sog. Normaltarifs außer Betracht zu bleiben haben. Nach Auffassung des Senates ist der zu ermittelnde Normaltarif derjenige, den ein Kunde unter im Übrigen gleichen Bedingungen wie ein Unfallgeschädigter bei der - auch kurzfristigen - Anmietung eines Fahrzeuges zu zahlen hat ohne Berücksichtigung z. B. einer besonderen Eilbedürftigkeit wegen der Unbrauchbarkeit des eigenen Fahrzeuges infolge des Unfallereignisses pp. Dabei stellt die kurzfristige Anmietung eines Fahrzeuges z. B. wegen anderweitiger Reparaturnotwendigkeit keineswegs einen Sonderfall dar.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf spricht nicht allgemein gegen die Berechnung des Normaltarifs aufgrund des arithmetischen Mittels beider Erhebungen, dass damit letztlich Abstand von dem Ansatz genommen würde, als Grundlage für den Schadensersatzanspruch den tatsächlichen Marktpreis anhand einer empirischen Schätzgrundlage zu ermitteln (DAR 2015, 311 ff. - juris Rdnr. 51). Nach Überzeugung des Senates können gerade durch das Bilden des arithmetischen Mittels die Schwächen beider Schätzgrundlagen angemessen ausgeglichen werden.
Wegen dieser Vor- und Nachteile beider Erhebungsmethoden nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen einerseits Bezug auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe (BB 2011, 2114 - juris Rdnr. 39 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind - wie oben bereits dargelegt - trotz teilweiser nicht unerheblicher Schwächen beide Methoden grundsätzlich zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet. Da beide Listen lediglich als Grundlage für eine Schätzung dienen, kann der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens nach § 287 ZPO von den sich aus beiden Tabellen ergebenden Tarifen z. B. durch Zu- und Abschläge abweichen, mithin auch durch Bildung des rechnerischen Mittelwerts. Dabei wird im Rahmen des § 287 ZPO in Kauf genommen, dass die richterliche Schätzung unter Umständen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt (BGH, NJW 1964, 589).
Gegen die Berechnung des Normaltarifs auf diesem Wege können auch nicht entscheidend praktische Erwägungen angeführt werden (so OLG Düsseldorf a. a. O. - juris Rdnr. 52). Zwar setzt die vom erkennenden Senat angewendete Methode voraus, dass die Anwender (Versicherungen, Rechtsanwälte und Gerichte) über beide Listen verfügen. Das sollte jedoch ohnehin selbstverständlich sein. Zudem benötigen alle Beteiligten auch dann beide Listen, wenn ein Gericht im Regelfall nur eine der beiden Tabellen bevorzugt, um nämlich die Einwendungen der Gegenseite sowie die Aussagekraft eventueller vorgelegter Vergleichsangebote prüfen zu können. Die Berechnung des arithmetischen Mittels ist ohne Zweifel für die Beteiligten mit einem gewissen Mehraufwand verbunden, der allerdings dem Sinn und Zweck des Gesetzes keineswegs entgegensteht. § 287 ZPO will zwar allgemein die Feststellung des Schadensumfangs erleichtern. Diesem Ziel wird aber gerade dadurch angemessen entsprochen, dass eine einheitliche Schätzmethode angewendet werden kann und es dadurch dem Geschädigten erspart bleibt, den vollen Beweis zu führen.
Der Senat sieht nach alledem im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Es bleibt mithin dabei, dass die nach einem Verkehrsunfall als Normaltarif zu erstattenden Mietwagenkosten im Regelfall nach dem arithmetischen Mittel aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle zu schätzen sind.
Sowohl dem Mietwagenunternehmen als auch dem in Anspruch genommenen Versicherer bleibt es unbenommen, bezogen auf den konkreten Einzelfall durch Vorlage im Hinblick auf Zeitraum und Anmietsituation etc. vergleichbare Angebote darzutun und ggf. nachzuweisen, dass dem Geschädigten ein vergleichbares Fahrzeug zu schlechteren oder besseren Konditionen zur Verfügung gestanden hätte oder die generelle Vorzugswürdigkeit einer der beiden Erhebungsmethoden darzutun.
c) Die Beklagte hat über die vorstehend diskutierten Punkte hinaus jedoch keine neuen Argumente vorgebracht, die es allgemein rechtfertigen, von der bisherigen Schätzmethode des Senats abzuweichen und den durchschnittlichen Normalpreis im Regelfall ausschließlich anhand des Fraunhofer-Marktpreisspiegels zu bemessen.
3. Soweit die Beklagte sich gegen die Berechnung der Kosten für eine Haftungsreduzierung von unter 500 € wendet, hat sie keinen Erfolg. Der von der Klägerin und dem Landgericht beschrittene Weg der Berücksichtigung der Haftungsreduzierung entspricht zwar in der Tat nicht den Grundsätzen der Entscheidung des Senates vom 29. Februar 2012 (a. a. O. - juris Rdnr. 59 und 86).
Der Senat hält jedoch an seiner seinerzeit vertretenen Auffassung, mangels konkreter Anhaltspunkte für die Angemessenheit der hierfür in Ansatz zu bringenden Kosten seien 50 % der den jeweiligen Geschädigten tatsächlich in Rechnung gestellten Beträge anzusetzen, nicht fest. Grundsätzlich erhält ein Geschädigter hinsichtlich in Anspruch genommener Zusatzleistungen die konkret berechneten Kosten erstattet.
Es ist weder erkennbar noch von der Beklagten geltend gemacht, dass die in den streitgegenständlichen 42 Fällen von der Klägerin für eine weitergehende Haftungsreduzierung geltend gemachten Tagespauschalen von 16 € überhöht wären. Ebenso wie bei weiteren Zusatzkosten für einen zweiten Fahrer, Winterreifen etc., die in voller Höhe berücksichtigungsfähig sind, hält der Senat auch die Zusatzkosten für eine weitere Reduzierung der Haftungsbegrenzung in voller angemessener Höhe für erstattungsfähig (vgl. u. a. LG Braunschweig, Urteil vom 30. Dezember 2015 - 7 S 328/14 - juris Rdnr. 137; LG Stuttgart, Urteil vom 7. August 2015 - 24 O 421/14 - juris Rdnr. 42; KG, Urteil vom 8. Mai 2014 - 22 U 119/13 - zitiert nach juris).
4. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Beklagten, das Landgericht habe den von der Klägerin erklärten Teilverzicht bei der Berechnung der Klageforderung nicht hinreichend berücksichtigt.
Lediglich in den Fällen 23, 27 und 28 ergibt sich ein geringfügiger Korrekturbedarf der der Klägerin zustehenden Einzelbeträge auf 207,25 € im Fall 23, 177,80 € im Fall 27 und 0 € im Fall 28.
a) Im Fall 23 ergibt sich nach Wegfall der von der Klägerin in Rechnung gestellten Anhängerkupplung und bei vollständiger Berücksichtigung der Reduzierung der Vollkaskoselbstbeteiligung unter 500 € ein Nebenkostengesamtbetrag von 178,93 €.
Hinzu tritt der Mittelwert nach Fraunhofer und Schwacke in Höhe von 423,90 € (vgl. hierzu die Berechnung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 2. April 2014, S. 27, Bl. 78 d. A.).
Die Summe aus dem Mittelwert und den Zuschlägen ergibt insgesamt 602,83 € brutto, mithin netto 506,58 €. Abzüglich 5 % ersparte Aufwendungen von 25,33 € verbleiben 481,25 €, auf die die Beklagte 274 € gezahlt hat, sodass ein offener Restbetrag von 207,25 € verbleibt.
Da dieser Betrag unterhalb des von der Klägerin im Verfahren geltend gemachten Betrages bleibt, kommt es auf ihren Teilverzicht insoweit nicht an.
b) Im Fall 27 ergibt sich bei Berücksichtigung von 4 Tagen ein Betrag von 171,12 € für die Reduzierung der Selbstbeteiligung auf unter 500 €, die Zustellung und Abholung sowie Winterreifen. Hinzu tritt das Mittel aus Schwacke und Fraunhofer in Höhe von 354,25 €, insgesamt mithin 525,37 €. Abzüglich 5 % Ersparnis, d. h. 26,27 €, verbleiben 499,10 € als erstattungsfähiger Normaltarif, worauf die Beklagte 321,30 € gezahlt hat, sodass ein Restbetrag von 177,80 € verbleibt.
Wegen des Teilverzichts gilt das vorstehend zu 4 a) Ausgeführte.
c) Im Fall 28 ergibt sich bei einer Mietdauer von 3 Tagen ein Nebenkostengesamtbetrag von 108,28 € für die Reduzierung der Selbstbeteiligung der Vollkaskoversicherung auf unter 500 € sowie die Zustellung und Abholung. Hinzu tritt das Mittel aus Schwacke und Fraunhofer in Höhe von 265,69 €, insgesamt somit 373,97 €, wovon 5 % ersparte Eigenleistungen (18,70 €) abzuziehen sind, sodass 355,27 € erstattungsfähiger Normaltarif verbleiben. Hierauf hat die Beklagte bereits 405,79 € bezahlt, sodass kein offener Restbetrag verbleibt.
d) In allen anderen Fällen erweist sich die Berechnung des Landgerichts als zutreffend.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig gering und hat keine gesonderten Kosten verursacht.
Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 543 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.