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OLG Saarbrücken Urteil vom 28.10.2015 - 5 U 20/15 - Kostenerstattung für Einholung der Rechtsschutzdeckung

OLG Saarbrücken v. 28.10.2015: Zur Kostenerstattung für Einholung der Rechtsschutzdeckung


Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 28.10.2015 - 5 U 20/15) hat entschieden:
Es ist umstritten, ob die Einholung der Deckungszusage überhaupt gesonderte Gebühren nach § 15 RVG auslosen kann oder es sich vielmehr um eine bloße Nebentätigkeit handelt (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 21.Aufl., § 15 Rdn. 71). Soweit die Deckungszusage routinemäßig erteilt wird und es wie hier lediglich um einen Abstimmungsstreit zwischen Prozessbevollmächtigten und Rechtsschutzversicherer im Gebühreninteresse des Prozessbevollmächtigten geht, entstehen jedenfalls für diesen keine zusätzlichen außergerichtlichen Gebühren.


Siehe auch Anwaltskostenersatz für den Schriftverkehr mit der Rechtsschutzversicherung? und Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltshonorar - Rechtsanwaltskosten


Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr eine Deckungszusage für eine Arzthaftungsklage zu erteilen.

Der Ehemann der Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung, der die A. ARB/98 (Bl. 77 d.A.) zugrunde liegen.

Nach einer Operation am 19.06.2013 konnte die Klägerin ihre Beine nicht mehr bewegen. Außerdem trat eine Blasen- und Mastdarmlähmung ein. Erst am 31.10.2013 wurde die Klägerin aus einer Klinik entlassen, in die sie nach Auftreten der Lähmungserscheinungen verlegt worden war. In den ersten drei Monaten nach der Operation war die Klägerin komplett vom Bauchnabel abwärts gelähmt. Bei Klageerhebung konnte sie stehen und ein paar Schritte mit einem Rollator laufen. Die Blasen- und Mastdarmlähmung und die Bewegungseinschränkungen werden dauerhaft verbleiben. Ihren Beruf als Disponentin kann sie nicht mehr ausüben, ihren Haushalt nicht mehr versorgen. Die Einschränkungen der Klägerin haben zu einer depressiven Symptomatik geführt.

Am 21.03.2014 bat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte um eine Deckungszusage für ihre außergerichtliche Tätigkeit gegenüber den betroffenen Kliniken (Bl. 15 d.A.). Mit Schreiben vom 26.03.2014 erklärte die Beklagte Deckungsschutz für die außergerichtliche Tätigkeit dem Grund nach und bat um weitere Abstimmung.

Mit Schreiben vom 11.07.2014 (Bl. 22 d.A.) übersandte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Entwurf einer Klageschrift und jeweils Kostennoten für das beabsichtigte Klageverfahren und die außergerichtliche Tätigkeit unter Ansatz eines Streitwertes von 460.160,00 EUR. Mit der Klage beabsichtigte die Klägerin die Feststellung des Ersatzes allen materiellen und immateriellen Schadens wegen der fehlerhaften ärztlichen Behandlung und Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten. Der Streitwert war in der Klageschrift mit vorläufig 460.160,00 EUR angegeben, berechnet aus einem Schmerzensgeldanspruch von 400.000,00 EUR - Nr. 2658 der SGT Hacks/Ring/Böhm, 31.Aufl. - einem materiellen Schaden von 150.000,00 EUR und einem Haushaltsführungsschaden von 25.200,00 EUR, jeweils vermindert um 20%. Die Geschäftsgebühr war mit 2,0 angegeben.

Mit Schreiben vom 31.07.2014 bat die Beklagte um Darlegung des geschätzten materiellen Schadens und um Übersendung der zitierten Nummer aus der Schmerzensgeldtabelle. Mit Schreiben vom 01.08.2014 antwortete die Prozessbevollmächtigte der Klägerin.

Mit Schreiben vom 18.08.2014 (Bl. 47 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass sie Deckungsschutz für die beabsichtigte Klage gewähre, allerdings nur betreffend eines Schmerzensgeldes in Höhe von 230.000,00 EUR. Außerdem teilte die Beklagte ausdrücklich mit, dass sie die Reduzierung des Schmerzensgeldes nicht als Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussichten ansehe, sondern als Abstimmung. Lediglich vorsorglich wies sie auf die Möglichkeit eines Stichentscheides hin.

Nach weiterem Schriftverkehr erklärte die Beklagte im Schreiben vom 16.09.2014 (Bl. 52 d.A.) ihr Einverständnis mit der Erhöhung des Schmerzensgeldbetrages auf 280.000,00 EUR. Nach weiterem Schriftwechsel vertrat die Beklagte zum ersten Mal im Schreiben vom 01.10.2014 (Bl. 57 d.A.) die Ansicht, dass die Erfolgsaussichten für einen Feststellungsantrag fehlten, weil eine Feststellungsklage unzulässig sei.

Die Beklagte leistete in der Folgezeit lediglich einen Kostenvorschuss in Höhe von 17.358,31 EUR, der aus einem Streitwert von 280.000,00 EUR berechnet war und forderte eine weitere Konkretisierung des materiellen Schadens.

Die Klägerin erhob im Anschluss daran die beabsichtigte Klage gegen die Ärzte und Kliniken unter Angabe eines vorläufigen Streitwertes von 460.160,00 EUR.

Sie verlangte in erster Instanz die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr eine Deckungszusage für eine Arzthaftungsklage zu erteilen, mit der sie den Ersatz von materiellem und immateriellem Schaden verfolgen will unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwertes von 460.160,00 EUR und Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR, berechnet aus einem Streitwert von 16.061,82 EUR

Das Landgericht Saarbrücken hat durch Urteil vom 24.03.2015 - Az. 14 O 220/14 - festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin als mitversicherter Person aus dem Rechtsschutz-​Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer (VN: H. Z.) Schadennummer:, über die erteilten Deckungszusagen vom 26.03.2014 und 18.08.2014 i.V.m. der Deckungszusage vom 16.09.2014 hinaus zur Durchsetzung von Ansprüchen wegen Arzthaftung gegen die S. S. H. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer, die Herren A. V. und Dr. K. W., R. 5-​9, V., gegen Herrn A. G., R. 5-​9, V., gegen Herrn Prof. Dr. H. H., R. 5-​9, V., gegen Herrn S. S., R. 5-​9, V. und gegen Herrn A. Z. M., R. 5-​9, V. tarifgemäße Deckung für die außergerichtliche Tätigkeit sowie tarifgemäße Deckung für das Klageverfahren erster Instanz mit den Anträgen, festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und immateriellen Schaden resultierend aus einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung während des Aufenthalts der Klägerin im Hause der Beklagten zu 1) am 19. und 20.06.2013 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind oder übergehen werden, und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin eine Nebenforderung in Höhe von 6.813,94 EUR für außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen, unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwerts von 404.160,00 EUR zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat dagegen Berufung eingelegt und beantragt,
  1. unter Abänderung des am 24.03.2014 (gemeint ist offenkundig 24.03.2015) verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken, Az, 14 0 220/14, über die dort unter Ziffer I getroffenen Feststellungen hinaus festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin als mitversicherter Person aus dem Rechtsschutz-​Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer (VN: H. Z.), Schadennummer: 10, über die erteilten Deckungszusagen vom 26.03.2014 und 18.08.2014 i. V. m. der Deckungszusage vom 16.09.2014 hinaus zur Durchsetzung von Ansprüchen wegen Arzthaftung gegen

    1. die S. S. H. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer, die Herren A. V. und Dr. K. W., R. 5-​9, V.
    2. Herrn A. G., R. 5-​9, V.
    3. Herrn Prof. Dr. H. H., R. 5-​9, V.
    4. Herrn S. S., R. 5-​9, V. und
    5. Herrn A. Z. M., R. 5-​9, V.

    tarifgemäße Deckung für die außergerichtliche Tätigkeit sowie tarifgemäße Deckung für das Klageverfahren erster Instanz mit den Anträgen,

    1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und immateriellen Schaden resultierend aus einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung während des Aufenthalts der Klägerin im Hause der Beklagten zu 1) am 19. und 20.06.2013 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2014 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind oder übergehen werden,

    2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine Nebenforderung in Höhe von 7.385,14 € für außergerichtliche Anwaltskosten zu zahlen,

    3. die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits,

    4. das Urteil ist - hilfsweise gegen Sicherheitsleistung - vorläufig vollstreckbar,

    unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwerts von 460.160,00 EUR zu gewähren.

  2. Unter Abänderung des am 24.03.2014 (gemeint ist offenkundig 24.03.2015) verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken, Az: 14 0 220/14, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € als Nebenforderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.


II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen im Ergebnis keine andere Entscheidung. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Deckungsschutz für die begehrte Feststellungsklage unter Zugrundelegung des von ihr für angemessen gehaltenen Streitwertes von 460.160,00 EUR.

(1.) Der Feststellungsantrag der Klägerin ist bereits unzulässig.

Nach der umfangreichen außergerichtlichen Korrespondenz muss das Feststellungsbegehren der Klägerin, die eine Deckungszusage "über die Deckungszusagen vom 26.03.2014, 18.08.2014 und 16.09.2014" hinaus unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwertes von 460.160,00 EUR verlangt, ausgelegt werden.

Für die Auslegung von Prozesserklärungen ist - ebenso wie bei materiell-​rechtlichen Willenserklärungen - nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Für die Auslegung eines Klageantrags ist daher auch die Klagebegründung heranzuziehen. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 21/99 - NJW 2001, 3789).

Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass sie von der Beklagten eine Deckungszusage hinsichtlich einer angestrebten Feststellungsklage gegen die behandelnden Ärzte und Krankenhäuser für die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit erster Instanz begehrt hat. Da es bei dieser beabsichtigten Rechtsverfolgung nur um die Ersatzpflicht dem Grunde nach geht, spielt für das kostenrelevante Obsiegen und Unterliegen die Höhe eines Schmerzensgeldanspruchs, eines materiellen Schadensersatzanspruches einschließlich eines Haushaltsführungsschadens keine Rolle. Lediglich für die Höhe der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten kommt es auf die Streitwertfestsetzung durch das Gericht an, die durch die vorläufige Streitwertangabe im Sinne von § 61 GKG beeinflusst werden kann. Die beabsichtigte Geltendmachung außergerichtlicher Kosten im Arzthaftungsprozess gegen die behandelnden Ärzte und Krankenhäuser, die unter Zugrundelegung des hohen Streitwertes beziffert war, ist nach § 4 ZPO dabei streitwertneutral.

Daraus folgt, dass der Streit zwischen den Parteien lediglich eine Abstimmungsfrage hinsichtlich der Obliegenheit der Klägerin betroffen hat, durch ihr Verhalten die Kosten der beabsichtigten Klage nicht grundlos zu erhöhen. Um die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage und die Frage der Mutwilligkeit dem Grunde nach im Sinne von § 18 Abs. 1 A. ARB/98 ging es nicht.

Die Abgrenzung zwischen der Frage der Mutwilligkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 A. ARB/98 und der Schadensminderungsobliegenheit im Sinne von § 17 Abs. 5 c) cc) A. ARB/98 bzw. § 82 VVG muss wie folgt erfolgen: Lehnt der Versicherer den Deckungsschutz ab, weil er die Klageanträge (teilweise) für ohne Aussicht auf Erfolg oder für mutwillig hält, dann geht es um die (teilweise) Deckungszusage dem Grunde nach mit der Folge, dass der Anwendungsbereich von § 18 A. ARB/98 betroffen ist und eine Feststellungsklage zur Klärung der Eintrittspflicht des Versicherers zulässig ist. Geht es dagegen nicht um die Leistungsablehnung dem Grunde nach, sondern um die Frage, ob der Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung der Klageanträge, deren Deckung der Rechtsschutzversicherer nicht rechtzeitig nach § 18 A. ARB/98 abgelehnt hat oder denen er sogar dem Grunde nach zugestimmt hat, von zwei möglichen Wegen nicht den kostengünstigeren Weg eingeschlagen hat, dann ist die Frage der Schadensminderungsobliegenheit und einer Kürzung der Einstandspflicht betroffen (allgemein hierzu: Obarowski in: MünchKomm(VVG), Anh, zu § 125 Rdn. 293).

Nach den Schreiben der Beklagten vom 26.03.2014, 18.08.2014 und 16.09.2014 war der Klägerin deutlich geworden, dass die Beklagte Deckungsschutz für die beabsichtigte Feststellungsklage erteilt hatte, lediglich mit der vorläufigen Streitwertangabe der Klägerin von insgesamt 460.160,00 EUR nicht einverstanden war. Im Schreiben vom 18.08.2014 hatte sie die Höhe des von der Klägerin bei der Streitwertangabe zugrunde gelegten Schmerzensgeldes von 400.000,00 EUR als zu hoch bezeichnet. Auch wenn die Formulierung dieses Schreibens in der Tat Zweifel aufkommen ließ, ob die Deckungszusage nicht sogar über die beabsichtigte Feststellungsklage hinausging und sogar eine Leistungsklage zugelassen hätte, war aufgrund von § 18 Abs. 1 A. ARB/98 beiden Parteien klar, dass die Beklagte später nicht mehr die fehlende Erfolgsaussicht bzw. die grundsätzliche Mutwilligkeit der angekündigten Klageanträge der Feststellungsklage einwenden konnte (siehe zu der Folge der nicht unverzüglichen Leistungsablehnung: BGH, Urt. v. 19.03.2003 - IV ZR 139/01 - VersR 2003, 638).

Es kommt hinzu, dass die Beklagte selbst auf Seite zwei dieses Schreibens formuliert hatte, dass sie keine Ablehnung wegen fehlender Erfolgsaussicht erkläre, sondern es ihr um eine "Abstimmung" mit der Klägerin um die Höhe des zu berücksichtigenden Schmerzensgeldes ginge.

Auch im Schreiben vom 16.09.2014, in dem die Beklagte den aus ihrer Sicht anzunehmenden Höchstbetrag des Schmerzensgeldes von 230.000,00 EUR auf 280.000,00 EUR erhöht hatte, wandte sie sich in keiner Weise dem Grunde nach gegen die angekündigte Feststellungsklage. Dass dies im Schriftsatz vom 01.10.2014 (Bl. 57 d.A.) geschah, ohne dass die Beklagte darauf aber später zurückkam, ändert daran nichts. Die Beklagte hat nämlich trotzdem am 17.10.2014 einen Kostenvorschuss für die außergerichtliche Tätigkeit und die beabsichtigte Klage an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Berücksichtigung des von ihr angenommenen niedrigeren Streitwertes in Höhe von lediglich 280.000,00 EUR, also in Höhe von 17.358,31 EUR überwiesen.

Dass die Klägerin die Deckungszusage entsprechend verstanden hat und ihr Feststellungsbegehren sich lediglich auf den Meinungsunterschied der Parteien hinsichtlich der Angabe des vorläufigen Streitwertes bei der beabsichtigten Feststellungsklage bezog, zeigt auch die Klageschrift vom 18.11.2014, in der die Klägerin die Feststellung verlangte, dass die Deckungszusage "unter Zugrundelegung eines vorläufig angenommenen Streitwertes von 460.160,00 EUR" gewährt wird, zusammen mit der Streitwertberechnung. Die Klägerin errechnet den Streitwert von 16.061,82 EUR dadurch, dass sie sämtliche Gebühren für ihr beabsichtigtes Vorgehen gegen die Ärzte und Krankenhäuser bei Zugrundelegung eines Streitwertes von 460.160,00 EUR mit insgesamt 37.435,59 EUR angibt und davon den gezahlten Kostenvorschuss in Höhe von 17.358,31 EUR abzieht und den 20%igen Feststellungsabschlag berücksichtigt. Das zeigt, dass die Klägerin selbst ihr Feststellungsinteresse nicht an einer Unsicherheit über die Deckungszusage dem Grunde nach ausgerichtet hat, sondern lediglich an der unterschiedlichen Gebührenberechnung aufgrund des unterschiedlichen Streitwertes, den die Klägerin und die Beklagte in unterschiedlicher Höhe für angemessen hielten.

Das bedeutet, dass es der Klägerin in der Sache mit ihrer Feststellungsklage nicht darum ging und geht, eine Deckungszusage dem Grunde nach für ihr Vorgehen zu erhalten, sondern dass es ihr um eine bloße Abstimmungsfrage geht, also darum, ob ihr die Beklagte bei der Angabe eines vorläufigen Streitwertes von 460.160,00 EUR im Arzthaftungsprozess später die Verletzung einer Schadensminderungsobliegenheit vorwerfen könne. Die Klägerin verlangt damit die Feststellung, ob ein bestimmtes, von ihr angestrebtes Verhalten rechtmäßig ist und später zu keinem Rechtsnachteil für sie führen kann.

Ein solches Begehren fällt nicht unter § 256 ZPO.

Nach § 256 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage grundsätzlich die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen. Kein Rechtsverhältnis sind einzelne Elemente beziehungsweise Vorfragen eines Rechtsverhältnisses oder Auslegungsfragen (BGH, Urt. v. 05.05.2011 - VII ZR 179/10 - MDR 2011, 782; OLG Köln, Urt. v. 22.07.2003 - 9 U 141/02). Ein Feststellungsantrag, der auf die Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage gerichtet ist, also darauf, ob ein bestimmtes Verhalten rechtmäßig ist, ist deshalb unzulässig (BGH, Urt. v. 07.06.2001 - I ZR 21/99 - NJW2001, 3789).

Es ist folglich abzugrenzen, ob es um sich aus einem Rechtsverhältnis ergebende Rechte und Pflichten geht, oder lediglich um einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urt. v. 20.02.2008 - VIII ZR 139/07 - MDR 2008, 556).

Bei der Frage, ob die Klägerin mit der Angabe eines überhöhten Streitwertes bei Erhebung ihrer Feststellungsklage im Arzthaftungsprozess eine Obliegenheitsverletzung begeht, auf die die Beklagte später eine Leistungskürzung stützen kann (nach § 17 Abs. 5 c) cc) A. ARB/98 oder nach § 82 VVG), handelt es sich nicht um die Feststellung von Rechten und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis, sondern um die von konkreten Rechten und Pflichten losgelöste Frage der Rechtmäßigkeit des eigenen Verhaltens, welches später bei Hinzutritt weiterer Ereignisse zu wirtschaftlichen Nachteilen führen kann.

Bevor eine gerichtliche Streitwertfestsetzung im Arzthaftungsprozess nicht erfolgt ist, ist es darüber hinaus ungewiss, ob sich die Meinungsdifferenzen der Parteien über die Höhe des anzunehmenden Streitwertes überhaupt auswirken werden. Auch wenn das Gericht durch die Streitwertangabe nach § 61 GKG beeinflusst werden kann, ist es an diese nicht gebunden. Es steht dem Gericht im Arzthaftungsprozess frei, den Streitwert sogar geringer festzusetzen, als es die Beklagte für angemessen hält. Da sich dann sämtliche Gebühren nach diesem geringeren Streitwert richten, würde die Frage einer Obliegenheitsverletzung durch die Klägerin keine Rolle spielen und nicht einmal in der Zukunft Rechte der Beklagten auslösen.

Weil es nur um eine Vorfrage hinsichtlich späterer Rechte der Beklagten geht, die durch eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin zukünftig entstehen können, könnte auch der Streit der Parteien um die Frage der Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit durch die vorliegende Feststellungsklage nicht mit der Folge entschieden werden, dass ein späterer Rechtsstreit sicher verhindert würde. Denn die Feststellung einer Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit durch die Klägerin würde zu einer Klageabweisung führen. Das aber hinderte die Klägerin nicht daran, wenn sich die Beklagte später nach hoher Streitwertfestsetzung durch das Gericht auf eine Leistungskürzung berufen würde, z.B. den Kausalitätsgegenbeweis nach § 82 Abs. 4 S. 1 VVG geltend zu machen, so dass ein weiterer Prozess durch vorliegende Feststellungsklage nicht sicher verhindert werden könnte.

Folglich fehlt es am Feststellungsinteresse der Klägerin.

(2.)Sähe man dies anders, käme es nach dem oben Gesagten darauf an, ob die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zu einer Streitwertangabe in Höhe von 460.160,00 EUR verlangen könnte, also die Klägerin einen solchen Streitwert ohne Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit hätte angeben dürfen. Davon kann - gegenwärtig - nicht ausgegangen werden, ohne dass damit die Frage, welche Höhe ein der Klägerin gegebenenfalls zustehender Anspruch auf Ersatz ihres immateriellen Schadens haben kann, entschieden wird.

Dass es nicht um einen Fall der grundsätzlichen Deckungsverpflichtung nach § 18 A. ARB/98 geht, ist bereits ausgeführt, so dass die Frage, ob die Beklagte durch verzögerte Sachprüfung ein Ablehnungsrecht nach dieser Regelung verloren hat oder nicht, ohne Bedeutung ist.

Die Klägerin hat zwar Recht damit, dass § 17 Abs. 5 c) cc) A. ARB/ unabhängig von grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken (siehe dazu: OLG Köln, VersR 2012, 1385) bereits deshalb nicht anwendbar ist, weil die Beklagte nicht dargelegt und bewiesen hat, dass sie ihre Bedingungen an § 28 VVG n.F. angepasst hat (allgemein dazu: BGH, Urt. v. 02.04.2014 - IV ZR 58/13 - r+s 201, 347; BGH, Urt. v. 12.10.2011 - IV ZR 199/10 - VersR 2011, 1550).

§ 82 VVG bleibt jedoch anwendbar (allgemein dazu: BGH, Urt. v. 12.10.2011 - IV ZR 199/10 - VersR 2011, 1550). Danach hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Minderung des Schadens zu sorgen. Das Gebühreninteresse des Anwalts spielt dabei keine Rolle (Obarowski in: Beckmann/Matusche-​Beckmann, Versicherungsrechts-​Handbuch, 3.Aufl., § 37 Rdn. 507 mit zutreffendem Hinweis auf BGH, Urt. v. 08.05.2014 - IX ZR 219/13). Der Versicherungsnehmer darf folglich durch eine zu hohe Streitwertangabe das Gericht nicht zu einer erhöhten Streitwertfestsetzung bewegen, sondern muss angemessene Streitwertvorstellungen Vorbringen.

Die vom Landgericht in seinem Urteil vom 24.03.2015 begründete Einschätzung, dass eine höhere Streitwertangabe als 404.160,00 EUR unangemessen hoch ist, ist - nach der in diesem Rechtsstreit nach zulässigen vorläufigen Einschätzung - nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat ausführlich begründet, warum die Berechnung - soweit es den Rechtsschutzanspruch betrifft - gegenwärtig lediglich ein Schmerzensgeld von 330.000,00 EUR berücksichtigen darf. Das gilt vor allem, weil ein bis an den äußersten Rand des Vorstellbaren angesetztes Schmerzensgeld im Verfahrensstadium der Feststellungsklage bei noch ungeklärtem Haftungsgrund lediglich das Prozessrisiko erhöht, dem Versicherungsnehmer hingegen keinen Vorteil verschafft.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung lediglich erneut auf die Entscheidung des LG Kassel (3 O 1409/97) abstellt, berücksichtigt sie nicht, dass dort - im Gegensatz zur Klägerin - auch die Folgen der Lähmung der Arme berücksichtigt wurden. Außerdem kann die Klägerin im vorliegenden Fall wieder - wenn auch in stark eingeschränktem Maße - laufen.

(3.) Soweit das Landgericht die Feststellungsklage der Klägerin als zulässig behandelt und ein Feststellungsinteresse angenommen hat, bleibt das Urteil bestehen. Nach § 528 ZPO ist der Senat an die Berufungsanträge gebunden und darf das Urteil nicht zum Nachteil der Klägerin abändern, nachdem nur diese Berufung eingelegt hat. Soweit dies bei Verstoßes gegen zwingende Verfahrensvorschriften streitig ist (siehe allgemein Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 35.Aufl., § 528 ZPO; Heßler in Zöller, ZPO, 30.Aufl., § 528 Rdn. 33), ist in der Rechtsprechung entschieden, dass das Verschlechterungsverbot sogar eine Korrektur eines unzulässigen Teilurteils wegen der Gefahr widersprechender Entscheidungen verbietet (BGH, Urt. v. 30.11.2012 - V ZR 245/11 - NJW 2013, 1009). Das muss bei fehlendem Feststellungsinteresse erst recht gelten. Das Rechtsschutzbedürfnis in seiner besonderen Ausprägung in § 256 ZPO in Form des "rechtlichen Interesses an alsbaldiger Feststellung" ist keine Prozessvoraussetzung, ohne deren Vorliegen einem Gericht eine Sachprüfung und ein Sachurteil überhaupt verwehrt sind (BGH, Urt. v. 09.12.2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2005, 525).

(4.) Zutreffend hat das Landgericht der Klägerin auch keinen Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zugesprochen, die diese ihrer Prozessbevollmächtigten wegen der Einholung der Deckungszusage bei der Beklagten schuldete. Es ist umstritten, ob die Einholung der Deckungszusage überhaupt gesonderte Gebühren nach § 15 RVG auslosen kann oder es sich vielmehr um eine bloße Nebentätigkeit handelt (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 21.Aufl., § 15 Rdn. 71). Soweit die Deckungszusage routinemäßig erteilt wird und es wie hier lediglich um einen Abstimmungsstreit zwischen Prozessbevollmächtigten und Rechtsschutzversicherer im Gebühreninteresse des Prozessbevollmächtigten geht, entstehen jedenfalls für diesen keine zusätzlichen außergerichtlichen Gebühren.

(5.) Die Kostenentscheidung des Landgerichts Saarbrücken ist aber auf die Berufung der Klägerin dahingehend zu ändern, dass die Klägerin 30% und die Beklagte 70% der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen. Die Kostenentscheidung des Landgerichts steht im Widerspruch zur Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache und war deshalb abzuändern.

Der Streitwert erster Instanz beträgt richtigerweise 8.220,21.

Aus einem Streitwert in Höhe von 460.160,00 EUR im Arzthaftungsprozess hätten sich insgesamt Kosten von 37.435,59 EUR errechnet. Bei einem Streitwert von 280.000,00 EUR - wie ihn die Beklagte ihrer Vorschussabrechnung zugrunde gelegt hat - errechnen sich insgesamt 27.160,33 EUR. Dass die Beklagte an die Klägervertreterin lediglich 17.358,31 EUR bezahlt hat, beruht darauf, dass sie die Anwaltskosten der Beklagten im Arzthaftungsprozess - zu Recht - bei der Vorschusszahlung nicht berücksichtigt hat. Deshalb kann der Streitwert erster Instanz nicht aus der Differenz von 37.435,59 EUR und 17.358,31 EUR abzüglich des Feststellungsabschlags errechnet werden.

Die Differenz zwischen den im Streit befindlichen Gesamtkosten bei Zugrundelegung der jeweiligen Streitwerte beträgt lediglich 10.275,26 EUR. Abzüglich des Feststellungsabschlags von 20% errechnen sich folglich 8.220,21 EUR.

Da das Landgericht einen Streitwert von 404.160,00 EUR für angemessen gehalten hat und insofern eine zugunsten der Klägerin nicht mehr abzuändernde Entscheidung getroffen hat, hat die Klägerin in erster Instanz im Verhältnis zu 70% gewonnen.

(6.) Die Kostenentscheidung beruht auf den § 97 ZPO. Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 2.459,14 EUR.

Nach dem Urteil des Landgerichts war zugunsten der Klägerin festgestellt, dass die Beklagte Deckungsschutz unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 404.160,00 EUR gewähren muss. Aus diesem Streitwert errechnen sich insgesamt Gebühren in Höhe von 34.361,67 EUR (6.813,94 EUR außergerichtliche Anwaltskosten der Klägerin, 5.965,17 EUR Anwaltskosten der Klägerin, 12.585,56 EUR Anwaltskosten der Beklagten und 8.997,00 EUR Gerichtskosten erster Instanz). Die Klägerin erstrebte eine Gebührenberechnung aus einem Streitwert in Höhe von 460.160,00 EUR, so dass sich 37.435,59 EUR errechnet hätten. Die Differenz von 3.073,92 EUR lag im Streit. Da die Klägerin lediglich Feststellung verlangte, war ein Abschlag von 20% vorzunehmen, so dass der Streitwert 2.459,14 EUR beträgt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen.