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Landgericht Bielefeld Urteil vom 02.05.2016 - 3 O 318/15 - Täuschunganfechtung bei sog. Schummelsoftware gegenüber einem Vertragshändler

LG Bielefeld v. 02.05.2016: Neuwagengarantie und Täuschunganfechtung bei sog. Schummelsoftware gegenüber einem Vertragshändler


Das Landgericht Bielefeld (Urteil vom 02.05.2016 - 3 O 318/15) hat entschieden:
  1. Dem Käufer eines von der Abgasproblematik betroffenen Kfz steht kein Recht auf Täuschungsanfechtung zu, wenn dem Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses niciht bekannt war und er es auch nicht für möglich hielt, dass der Hersteller des Fahrzeugs Manipulationen der Einspritzelektronik (-​Software) vorgenommen hatte.

  2. Der Verläufer eines Fahrzeugs muss sich ein Fehlverhalten seines Lieferanten gemäß §123 Abs. 2 BGB nur bei Kenntnis von der Täuschung zurechnen lassen. Der Hersteller des Fahrzeugs ist nicht Erfüllungsgehilfin des Verkäufers.

Siehe auch Rechtsprechung zum Themenkomplex „Schummelsoftware“ und Stichwörter zum Thema Autokaufrecht


Tatbestand:

Der Kläger, ein Verbraucher, erwarb von der Beklagten, einer VW-​Vertragshändlerin, mit Vertrag vom 27.05.2013, dem das Angebot der Beklagten vom selben Tag (Anlage K 3 zum Schriftsatz der Klägervertreter vom 15.01.2016) zugrundelag, einen neuen PKW VW Tiguan Trend & Fun "Blue Motion Technologie" Diesel mit der Fahrgestellnummer: ... zum Preis von 24.722,00 EUR.

Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 10.10.2013 ausgehändigt.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2015 (Anlage K 2 zur Klageschrift) erklärte der Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages, hilfsweise den Rücktritt und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises, Erstattung der Ummeldegebühr und der Kosten für die KFZ-​Schilder. Er verwies darauf, dass in den (VW) Werbeprospekten und bei den Vertragsverhandlungen auf sein entsprechendes Nachfragen des Klägers zugesichert worden sei, dass es sich um einen energiegünstigen und schadstoffarmen PKW handele. Tatsächlich seien diese Zusicherungen jedoch falsch: Durch Manipulation der Einspritzelektronik (-​Software) würden die versprochenen Leistungen nicht erreicht, es gäbe vielmehr höheren Verbrauch und höhere Abgaswerte. Hätte er gewusst, dass das Fahrzeug diese Mängel habe, hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens Anlage K 2 Blatt 13, 14 der Akten Bezug genommen. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 04.11.2015 die Forderung zurück.

Mit der am 17.11.2015 beim Landgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am 24.11.2015 zugestellt worden ist, trägt der Kläger vor:

Sowohl in den Werbeprospekten als auch bei den Vertragsverhandlungen habe die Beklagte auf Nachfragen des Klägers zugesichert, dass es sich bei dem streitgegenständlichen PKW um einen energiegünstigen schadstoffarmen leistungsfähigen PKW handele. Darauf habe er sich verlassen. Nunmehr habe er jedoch feststellen müssen, dass die Zusicherungen der Beklagten und die des Herstellers falsch seien: Durch Manipulation der Einspritzelektronik (-​Software) würden die versprochenen Leistungen nicht erreicht, es gebe vielmehr höheren Verbrauch und höhere Abgaswerte (Beweis: Sachverständigengutachten) Hätte er gewusst, dass der PKW diese Mängel habe, hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Er sehe sich arglistig getäuscht und habe deshalb die Anfechtung erklärt.

Weiter führt der Kläger aus: Der Mangel, mit dem er seine Rechte geltend mache, sei ein um mindestens 13 % höherer Dieselverbrauch gegenüber dem "Drittelmix" Verbrauch von 5,3 Liter, den die Beklagte in ihrem Angebot vom 27.05.2013 (Anlage K 3 zum Schriftsatz vom 15.01.2016) konkret zugesichert habe. Auch der Wert der CO2-​Abgase oder die Leistung würde unter die zugesicherten 81 KW fallen. Da er vor Kaufvertragsabschluss dezidiert nach der Verifikation der Angaben gefragt habe und die falsche Antwort, nämlich die Zusicherung für den Kaufvertragsentschluss die entscheidende Ursache und Motivation gewesen sei (Beweis: Zeugnis der L. A.) habe die Beklagte zu haften, auch wenn sie vielleicht nur ins Blaue hinein die Äußerungen abgegeben habe. Die Haftung folge schon nach der Sphärentheorie, da die falschen Zusicherungen aus der Ebene der Beklagten und des Herstellers herrühren würden (§ 278 BGB). Die VW-​AG sei Erfüllungsgehilfin der Beklagten.

Ein weiterer Mangel sei, dass die Typenzulassung vom Kraftfahrtbundesamt angezweifelt werde und im Übrigen auch nicht unerhebliche Steuernachforderungen zu befürchten seien.

Der von ihm ausgeliterte erhöhte Kraftstoffverbrauch sowie der Abgasausstoß würden erhebliche Mängel darstellen. Eine technisch zumutbare Nachbesserung gebe es nicht und damit auch keine Nacherfüllungsalternative. Er habe die Beklagte nicht zunächst zur Nachbesserung auffordern müssen, da ein Fall des § 440 BGB vorliege. Bis heute habe VW kein technisch taugliches Konzept vorgestellt, das die zugesicherten Werte auch tatsächlich hervorbringe. Dass ein Softwareupdate und teilweise ein Gitternetz in der Lage sei, die Mängel zu beheben, werde mit Nichtwissen bestritten (Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Protest gegen die Beweislast).

Sein Anspruch sei auch nicht etwa verjährt. Bei Arglist und Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft gelte ohnehin nicht die kurze Verjährung des § 438 Abs. 3 BGB, sondern die längere Regelfrist des § 195 BGB.

Im Übrigen sei der Lauf der Verjährung seit einem Tag in der 40. Kalenderwoche des Jahres 2015 gehemmt worden.

Während der Kläger in der Klageschrift noch ausgeführt hat, er habe unmittelbar nach Bekanntwerden des Mangels im Sommer des Jahres 2015 bei der Beklagten in persönlichen Gesprächen diese Mängel an seinem PKW gerügt, die Beklagte habe zunächst versucht, durch Leugnen der Betroffenheit seines Fahrzeugs "sich aus der Affäre zu ziehen" und nach Aufforderung seines Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2015 die Forderung zurückgewiesen. Nachdem die Beklagte sich in der Klageerwiderung die Verjährungseinrede erhoben hat, hat der Kläger in der Replik vorgetragen, an einem Tag in der 40. Kalenderwoche des Jahres 2015, einem Montag, Mittwoch oder Freitag, also am 28., 30. September oder am 2. Oktober habe er von den Manipulationen aus den Medien erfahren und Kontakt mit der Beklagten aufgenommen. Er habe die Beklagte und da speziell den Verkäufer E. auf dessen Durchwahlnummer im Betrieb der Beklagten angerufen. Die Telefonleitung sei belegt gewesen, und es sei eine Rufumleitung mit sinngemäß aufgesprochenem Text, dass Herr E. wegen Kundenkontakts nicht direkt erreichbar sei und man zurückrufen werde, erfolgt.

Er sei sodann gegen Mittag zur Arbeit gefahren, seine Ehefrau habe den Anruf unter derselben Direktwahl wiederholt und den sich meldenden Mitarbeiter der Beklagten - wegen der Durchwahl sicher Herrn E. gefragt, ob auch ihr dort gekaufter PKW Tiguan von den Manipulationen betroffen sei und entsprechende Reaktion verlangt: Nachbesserung, Nachlieferung oder "Geld zurück. Als Antwort sei gekommen: "Ich glaube nicht, aber wir kümmern uns drum und melden uns wieder." (Beweis: Zeugnis L. A.).

Das "Kümmern" habe die Beklagte bzw. deren zuvor angewählter Mitarbeiter E. augenscheinlich noch am selben Tage versucht, denn nachdem die Zeugin am frühen Abend nach eigener Arbeit nach Hause gekommen sei, habe auf dem Telefondisplay die Nummer der Beklagten aufgeblinkt, diese habe also versucht, ihn zu erreichen. Als die Zeugin kurz darauf gegen ca. 18 Uhr von sich aus erneut versucht habe, jemanden bei der Beklagten zu erreichen, habe keiner mehr abgenommen (Beweis: Zeugnis der Frau A.).

Nachdem er in einer der nächsten Tage/Wochen - im Termin hat der Kläger dazu erklärt, am 05.10.2015 anlässlich anstehender Regelinspektion bei der VW-​Vertragswerkstatt B. M. in Erfahrung gebracht habe, dass sein PKW doch betroffen sei, habe er seinen Prozessbevollmächtigten eingeschaltet, der sodann das Schreiben vom 21.10.2015 an die Beklagte gerichtet habe.

Bei seiner Anhörung im Termin vom 06.04.2016 hat der Kläger zum Inhalt des ihm bekannten Telefonats zwischen der Zeugin A., seiner Ehefrau, und dem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn E., folgendes erklärt: Seine Frau habe Herrn E. gefragt, ob das von ihnen erworbene Auto auch von den Manipulationen betroffen sei. Dieser habe gesagt, er glaube nicht. Dies sei dann auch schon der Inhalt des Gesprächs gewesen.

Sein Prozessbevollmächtigter hat im Termin erklärt, dass es zum Inhalt des Schriftsatzes vom 15.01.2016 aufgrund eines persönlichen Gesprächs zwischen ihm, dem Kläger und der Zeugin A. gekommen sei. Frau A. habe das Telefongespräch mit dem Herrn E. wie folgt geschildert: Als Herr E. sie angerufen habe, habe sie ihn gefragt, ob auch ihr Auto von der Manipulation betroffen sei und was sie jetzt tun sollten. Seine Antwort sei gewesen: Ich glaube, ihr Auto gehört nicht dazu, aber wir kümmern uns drum und melden uns wieder.

Der Kläger ist der Ansicht, dass Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB vorgelegen hätten, die zur Hemmung der Verjährung geführt hätten, sodass die Klageerhebung in unverjährter Zeit erfolgt sei. Die von ihm gefahrenen Kilometer hat der Kläger mit 4700 angegeben. Neben der Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 24.722,00 EUR macht er eine pauschale Um-​/Abmeldegebühr in Höhe von 200,00 EUR und Kosten für KFZ-​Schilder in Höhe von 100,00 EUR geltend sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt,
  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.022,00 EUR und weitere 693,71 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 04.11.2015, hilfsweise seit Klagezustellung zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW VW Tiguan Trend & Fun Diesel, Fahrgestellnummer: xxx abzüglich in das Ermessen des Gerichts gestellter Gebrauchsvorteile, hilfsweise diese in Höhe von 395,00 EUR.

  2. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs seit dem 04.11.2015, hilfsweise seit Klagezustellung in Verzug ist.

    Hilfsweise,

    die Beklagte zu verurteilen, auf ihre Kosten ihm einen PKW VW Tiguan mit der Ausstattung wie im Angebot vom 27.05.2013, das in der Anlage zu seinem Schriftsatz vom 08.01.2016 als Anlage K 3 bezeichnet ist, in Euro 6 Technik Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW des Klägers VW Tiguan Trend & Fun Diesel, Fahrgestellnummer xxx abzüglich in das Ermessen des Gerichts gestellter Gebrauchsvorteile, hilfsweise diese in Höhe von 395,00 EUR zu liefern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Eine arglistige Täuschung liege nicht vor. Voraussetzung für ein vorsätzliches Verschweigen eines Mangels sei, dass der Verkäufer den konkreten Mangel kenne oder zumindest für möglich halte. Dies behauptet hinsichtlich der Manipulationen nicht einmal der Kläger selbst. Dies treffe im Übrigen auch nicht zu. Wenn der Kläger die Auffassung vertreten sollte, dass ein Dritter, namentlich der Hersteller, die Täuschung verübt habe, sei darauf hinzuweisen, dass die Erklärung eines Dritten nur bei Kenntnis der Täuschung zuzurechnen sei. Daran fehle es.

Eine Anfechtung des Kaufvertrages scheide mithin aus. Soweit der Kläger Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend macht, seien diese verjährt. Der vom Kläger unter dem 21.10.2015 erklärte Rücktritt sei gemäß § 438 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Der Rücktritt - als Gestaltungsrecht - sei nach § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt sei und der Schuldner sich, wie hier, darauf berufe. Etwaige Gewährleistungsansprüche des Klägers seien bei Erklärung des Rücktritts am 21.10.2015 verjährt gewesen. Sie habe von Anfang an jegliche Ansprüche zurückgewiesen. Verhandlungen seien nicht erfolgt. Der Vortrag des Klägers sei widersprüchlich. Der vom Kläger zu den verschiedentlichen angeblichen Telefonaten dargelegte Vortrag werde bestritten. Sie habe nicht zugesagt, sich um die Ansprüche des Klägers zu kümmern, vielmehr von Anfang an alle Ansprüche als unbegründet zurückgewiesen. Der Umstand, dass der Kläger sich danach erkundige, ob sein Fahrzeug von den "Manipulationen" betroffen sei, reiche auch nach einer weiten Auslegung des Verhandlungsbegriffs zur Hemmung der Verjährung nicht aus.

Im Übrigen sei das Fahrzeug weder mangelhaft noch fehle es an einer zugesicherten Eigenschaft.

Über die Themen Schadstoffausstoß oder Emissionsklasse sei zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt gesprochen worden. Der Kläger habe vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages weder zum Ausdruck gebracht, dass er ein Interesse an diesen Themen habe, noch sei zwischen den Parteien darüber gesprochen worden, dass sich das Fahrzeug im Hinblick auf den Schadstoffausstoß oder die Emissionsklasse für eine über die übliche Verwendung hinaus gehend Verwendung eignen solle. Der Kläger habe nicht zum Ausdruck gebracht, dass er ein Fahrzeug mit einem bestimmten Schadstoffausstoß oder einer bestimmten Emissionsklasse habe erwerben wollen (Beweis: Zeugnis des Herrn E.).

Das Fahrzeug sei im Übrigen auch nicht mängelbehaftet. Es eigne sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Dass das Fahrzeug im tatsächlichen Straßenbetrieb einen um 13 % höheren Spritverbrauch habe und die zulässigen Stickoxyd-​Werte nicht einhalte, werde bestritten. Ein erheblicher Mangel liege nicht vor. Zudem sei das Softwareupdate geeignet, den angeblichen Mangel vollständig zu beseitigen. Im Übrigen habe der Kläger nicht in ordnungsgemäßer Weise zur Nachbesserung aufgefordert. Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung sei nicht etwa entbehrlich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Ein wegen der Regelung in § 438 III ZPO noch nicht verjährter Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß § 812 BGB scheitert daran, dass die vom Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2015 erklärte Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung nicht greift.

Die Voraussetzungen des §123 BGB sind nicht dargetan. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 2013 bekannt war oder sie es zumindest für möglich hielt, dass der Hersteller des Fahrzeugs Manipulationen der Einspritzelektronik (-​Software) vorgenommen hatte und die im Prospekt angegebenen Leistungen nicht erreicht wurden und daraus gegebenenfalls sowohl ein höherer Verbrauch als auch höhere Abgaswerte folgen.

Da die Beklagte sich ein Fehlverhalten ihrer Lieferantin gemäß §123 Abs. 2 BGB nur bei Kenntnis von der Täuschung zurechnen lassen müsste und dafür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind, hat die Anfechtung keinen Erfolg. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf eine Zurechnung nach § 278 BGB verweist, ist zum einen klarzustellen, dass die Herstellerin des Fahrzeugs nicht Erfüllungsgehilfin der Verkäuferin, also der Beklagten ist und zum anderen die vertragliche Zurechnungsnorm im Zusammenhang mit der Anfechtung wegen einer arglistiger Täuschung keine Bedeutung hat.

Der Beklagten kann auch nicht etwa vorgeworfen werden, ins Blaue hinein Angaben zum Verbrauch des Fahrzeugs und zum Schadstoffausstoß gemacht zu haben. Auf die entsprechenden Angaben der Herstellerin durfte die Beklagte als Händlerin vielmehr vertrauen.

Auch aus einer Garantie im Sinne des § 443 Abs. 1 BGB, der die Verjährungseinrede des Beklagten gegebenenfalls nicht entgegenstünde (zum Meinungsstand vgl. Palandt/Weidenkaff, 75. Auflage, § 443 BGB Rn 15) steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Dass die Beklagte für die Verbrauchs- und Abgaswerte des Fahrzeugs eine Garantie übernommen hat, ist nicht ersichtlich.

Die Übernahme einer Garantie setzt - wie früher vor der Zivilrechtsreform die Zusicherung einer Eigenschaft - voraus, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen (vgl. für alle BGHZ 170, 86 f.).

Die vom Kläger behaupteten Erklärungen des Verkäufers der Beklagten, es handele sich bei dem PKW um einen energiegünstigen schadstoffarmen leistungsfähigen Wagen, sind ersichtlich nicht geeignet, eine Garantiehaftung zu begründen. Sie haben lediglich werbenden Charakter. Soweit die Beklagte in ihrem Angebot an den Kläger vom 17.05.2013 im Einzelnen ohne Hinweis auf die Art der Messung Angaben zu Verbrauchs- und Schadstoffausstoß macht, spricht ebenfalls nichts dafür, dass insoweit eine Garantieübernahme erfolgen sollte. Eine bloße Beschreibung der Beschaffenheit des Kaufgegenstandes reicht dazu nicht aus. Der Kläger hatte keinen Anlass anzunehmen, dass die Beklagte über die im Prospekt der Herstellerin angegebenen Zahlen hinaus eigene Erkenntnisse hatte, für deren Richtigkeit sie mit einer Garantiehaftung einstehen wollte. Letztlich liegt lediglich eine vereinbarte Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB hinsichtlich dieser Angaben vor.

Ein Anspruch auf Rückabwicklung aufgrund des vom Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.10.2015 hilfsweise erklärten Rücktritts scheitert an der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede.

Der Rücktritt ist gemäß § 438 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich darauf beruft.

Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger behaupteten Mängel vorliegen, ob die Grenze der Unerheblichkeit überschritten ist und ob die fehlende Fristsetzung zur Nachbesserung tatsächlich wegen Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung entbehrlich war.

Auf jeden Fall war die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in Verbindung mit § 438 Abs. 4, 218 Abs. 1 Satz 1 BGB, die gemäß § 438 Abs. 2 BGB mit Übergabe des Fahrzeugs begann, bereits abgelaufen, als eine verjährungsunterbrechende Maßnahme ergriffen wurde.

Wie sich aus der Regelung in §§ 438 Abs. 4, 218 Abs. 1, 1 BGB ergibt, kann sich der Verkäufer auf die Verjährung berufen, wenn sich der Käufer nach Ablauf der Verjährungsfrist wegen eines Mangels vom Vertrag lösen will (vgl. Palandt Ellenberger 75. Auflage, § 218 BGB Rn 1).

Mit Ablauf des 10.10.2015 war die zweijährige Verjährungsfrist verstrichen.

Eine Hemmung der Frist gemäß § 203 BGB durch Verhandlungen der Parteien ist nicht dargelegt.

Die Beklagte bestreitet, erklärt zu haben, sich um die Ansprüche des Klägers zu kümmern. Unstreitig stützt sich das Vorbringen des Klägers zu § 203 BGB allein auf das Telefongespräch, das seine Ehefrau mit dem Mitarbeiter der Beklagten Herrn E. in der 40. Kalenderwoche geführt haben will. Während im Schriftsatz vom 15.01.2016 dazu auf Seite 3 (Blatt 27 der Akten) der Gesprächsinhalt noch so dargestellt wird, als habe die Ehefrau des Klägers den Herrn E. nicht nur befragt, ob auch ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen sei und entsprechende Reaktion: Nachbesserung, Nachlieferung oder Geld zurück verlangt und die Auskunft erhalten, ich glaube nicht, aber wir kümmern uns drum und melden uns wieder, hat der Kläger bei seiner Anhörung im Termin zu dem Inhalt des Gesprächs angegeben, seine Frau habe nach ihrer Darstellung ihm gegenüber Herrn E. gefragt, ob das von ihnen gekaufte Auto auch von den Manipulationen betroffen sei, und dieser habe geantwortet, er glaube nicht. Dies sei auch schon der gesamte Inhalt des Gesprächs gewesen.

Der im Anschluss an die Anhörung des Klägers erfolgten Schilderung seines Prozessbevollmächtigten über den Inhalt der Darstellungen der Ehefrau des Klägers ihm gegenüber enthält ebenfalls keine Angaben dazu, dass von Nachbesserung, Nachlieferung oder Geld zurück die Rede gewesen sei.

Unter Berücksichtigung dieser Darstellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger an seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 15.01.2016 festhalten will. In diesem Zusammenhang hatte die Beklagte auch schon zu Recht darauf hingewiesen, dass das Vorbringen wiederum in Widerspruch zu den Angaben in der Klageschrift steht, in denen ausgeführt ist, dass die Beklagte sich durch Leugnen der Betroffenheit des PKW habe aus der Affäre ziehen wollen und nach Aufforderung vom 21.10.2015 die Forderung zurückgewiesen habe.

Zugrundezulegen ist damit ein Gesprächsinhalt, in dem von Mängelansprüchen noch nicht die Rede war.

Die bloße Abklärung der Frage, ob das Fahrzeug des Klägers überhaupt von den Manipulationen bei VW betroffen war, reicht trotz des weit auszulegenden Begriffs der Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB zur Verjährungsunterbrechung nicht aus.

Das nach der Darstellung des Prozessbevollmächtigten im Termin von der Zeugin erwähnte "Kümmern" des Mitarbeiters der Beklagten kann sich in diesem Zusammenhang erkennbar lediglich auf die Frage beziehen, ob das Fahrzeug von den Manipulationen betroffen war, dies war dem geschilderten Gesprächsinhalt nach dem Herrn E. nämlich unbekannt und dies wollte er abklären. Der Umstand, dass er im weiteren Verlauf des Tages versucht haben soll, den Kläger telefonisch zu erreichen, spricht dafür, dass er genau diese Problematik abgeklärt hatte und den Klägern nunmehr informieren wollte.

Ein - wie auch immer gearteter - Anspruch, auf den die Beklagte mit Verhandlungen hätte reagieren können, war von Klägerseite noch gar nicht angemeldet worden, so dass die behauptete Erklärung des Herrn E., sich kümmern zu wollen, darauf auch nicht bezogen werden kann.

Vor Ablauf der Verjährungsfrist aber gab es unstreitig keinen weiteren Kontakt zwischen den Parteien.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.