Das Verkehrslexikon

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OLG Brandenburg Beschluss vom 01.04.2016 - (1 B) 53 Ss-OWi 16/16 (29/16) - Zustimmung zur Entscheidung im Beschlussweg

OLG Brandenburg v. 01.04.2016: Geltungsdauer der Zustimmung zur Entscheidung im Beschlussweg


Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 01.04.2016 - (1 B) 53 Ss-OWi 16/16 (29/16)) hat entschieden:
Die Zustimmung zu einer Entscheidung nach § 72 OWiG unter einer bestimmten Bedingung gilt nicht mehr, wenn sich im Weiteren Verfahren neue tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, deren Berücksichtigung bei einer Entscheidung nach Lage der Akten von dem Verzicht auf den Widerspruch nicht mehr gedeckt ist.


Siehe auch Das Beschlussverfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht und Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren


Gründe:

I.

Die zentrale Bußgeldstelle des Zentraldienstes der Polizei des Landes Brandenburg hat mit Bußgeldbescheid vom 3. Juni 2014 gegen den straßenverkehrsrechtlich mehrfach vorbelasteten Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften, begangen am 28. Mai 2014 gegen 00:15 Uhr in L…, …-​Str., um mindestens 27 km/h eine Geldbuße in Höhe von 120,00 Euro festgesetzt sowie ein Fahrverbot von der Dauer eines Monats unter Einräumung der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.

Auf den form- und fristgerecht erhobenen Einspruch des Betroffenen hat der Bußgeldrichter mit Beschluss vom 31. Juli 2015 von der Verhängung des Fahrverbotes abgesehen und den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h eine Geldbuße von 300,00 € festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner am 17. September 2015 bei Gericht angebrachten Rechtsbeschwerde, die er nach Zustellung des mit Gründen versehenen Beschlusses am 17. November 2015 mit weiterem bei Gericht am 25. September 2015 eingegangenen Schriftsatz begründet hat, wobei er insbesondere rügt, die Voreintragungen hätten wegen Tilgungsreife keine Berücksichtigung mehr finden dürfen.


II.

1. Das gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte sowie form- und fristgerecht angebrachten Rechtsmittel (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m, §§ 341, 344, 345 StPO) hat in dem sich auch dem Tenor ergebenen Umfang teilweisen Erfolg.

Mit der zulässig erhobenen Rüge der Verletzung formellen Rechts macht der Betroffene zu Recht geltend, dass das Amtsgericht Zehdenick nicht (mehr) im Beschlusswege auf eine Geldbuße in Höhe von 300,- Euro hätte erkennen dürfen.

Zwar hatte der Betroffene mit Schriftsatz vom 14. April 2015 zunächst einer solchen Verfahrensweise zugestimmt und ist an diese Erklärung grundsätzlich auch gebunden.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg in ihrer Stellungnahme vom 25. Januar 2016 zutreffend ausführt, gilt dies jedoch nur für eine unveränderte Prozesslage, nicht jedoch, wenn sich im weiteren Verfahren neue tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, deren Berücksichtigung bei einer Entscheidung nach Lage der Akten von dem Verzicht auf den Widerspruch nicht gedeckt ist (vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 72 Rn. 43). So liegt der Fall letztlich auch hier, denn nach dem Verzicht aber noch vor der angefochtenen Entscheidung waren die das Fahrverbot gemäß § 4 Abs. 2 BKatV und die Erhöhung der Regelgeldbuße begründenden Voreintragungen des Betroffenen tilgungsreif, worauf der Betroffene mit am 02. Juli 2015 beim Amtsgericht angebrachtem Schreiben zu Recht und noch rechtzeitig hingewiesen hatte.

2. a) Die auf die Sachrüge hin erfolgte Überprüfung des Schuldspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht ergeben; solche sind mit der - unbeschränkt - erhobenen Rechtsbeschwerde auch nicht geltend gemacht worden.

b) Dagegen erweist sich der Rechtsfolgenausspruch als rechtsfehlerhaft und führt zur Korrektur durch das Rechtsbeschwerdegericht.

Das Amtsgericht hätte die Voreintragungen des Betroffenen nicht berücksichtigen dürfen. Nach § 29 Abs. 8 StVG war im Zeitpunkt der Entscheidung Tilgungsreife eingetreten mit der Folge eines Verwertungsverbotes. Das gilt unabhängig davon, dass nach § 29 Abs. 7 StVG noch die Überliegefrist lief (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02. November 2010 - III-​4 RBs 374/10, 4 RBs 374/10 -).

Nachdem der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist und weitere Feststellungen - auch hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen - nicht zu erwarten sind, liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Senats gemäß § 79 Abs. 6 OWiG vor, so dass es einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Zehdenick nicht bedarf.

Der Senat erkennt nach Anhörung des Betroffenen auf die Regelbuße in Höhe von 100,00 €, die auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufes zur Ahndung der Zuwiderhandlung noch angemessen ist.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1, 4 StPO iVm. § 46 Abs. 1 OWiG.



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