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VGH München Beschluss vom 09.05.2005 - 11 CS 04.2526 - Verhaltensänderung während der sog. verfahrensrechtlichen Einjahresfrist
VGH München v. 09.05.2005: Zu den Anforderungen an eine Verhaltensänderung während der sog. verfahrensrechtlichen Einjahresfrist
Der VGH München (Beschluss vom 09.05.2005 - 11 CS 04.2526) hat entschieden:
- Gegen den Entzug der Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelkonsums kann der Betroffene mit dem Einwand, er habe die Fahreignung wegen einer Verhaltensänderung wiedererlangt, unter materiellrechtlichem Blickwinkel im Regelfall nur bei mindestens einjähriger, nachgewiesener Betäubungsmittelabstinenz (bei lediglich gelegentlicher Einnahme von Cannabis: bei nachgewiesenem Übergang zu einem straßenverkehrsrechtlich zulässigen Gebrauch dieses Betäubungsmittels für die Dauer mindestens eines Jahres) durchdringen, sofern eine Prognose ergibt, dass die Verhaltensänderung stabil ist, weil sie auf einem grundlegenden Einstellungswandel beruht.
- Verwaltungsverfahrensrechtlich folgt aus der grundsätzlichen Maßgeblichkeit der Einjahresfrist, dass bis zu ihrem Ablauf auch bei behaupteter Verhaltensänderung des Betroffenen die Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs 7 FeV unter Hinweis auf einen früheren, straßenverkehrsrechtlich unzulässigen Betäubungsmittelkonsum entzogen und ein hiergegen gerichteter Widerspruch zurückgewiesen werden darf, sofern die Tatsachen, aus denen die mangelnde Fahreignung hergeleitet wird, feststehen und ihre rechtliche Aussagekraft eindeutig ist.
- Zur Berechnung der Frist, die bis zur etwaigen Wiedergewinnung der Fahreignung verstrichen sein muss ("materiellrechtliche Einjahresfrist"), bzw innerhalb derer die Behörde nach § 11 Abs 7 FeV entscheiden darf ("verfahrensrechtliche Einjahresfrist").
- Der Frage, ob die Fahreignung wiedererlangt wurde, muss die Behörde in einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren, das den Entzug der Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelkonsums zum Gegenstand hat, nur nachgehen, wenn der Betroffene eine Verhaltensänderung behauptet oder unabhängig hiervon hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen.
- Die Behauptung, nach dem Verlust der Fahreignung wegen Betäubungsmittelkonsums sei es zu einer Verhaltensänderung gekommen, die die Wiedergewinnung der Fahreignung nach sich ziehe, ist verwaltungsverfahrensrechtlich auch dann beachtlich, wenn der Betroffene ihre Richtigkeit nicht durch Beweismittel belegt und seit dem Ereignis, aus dem der Wegfall der Fahreignung hergeleitet wird, erst eine kurze Zeit verstrichen ist.
- Bis zum Ablauf der "verfahrensrechtlichen" Einjahresfrist ist die Behörde berechtigt, auf Wiedergewinnung der Fahreignung abzielendes Vorbringen von einem den Entzug der Fahrerlaubnis betreffenden Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren abzutrennen und es, sofern der Betroffene einer solchen Verfahrensgestaltung nicht ausdrücklich widerspricht, zum Gegenstand eines gesonderten Wiedererteilungsverfahrens zu machen.
- Zur Hauptsacheprognose und zur Interessenabwägung in Verfahren nach § 80 Abs 5 VwGO, wenn die Behörde die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelkonsums oder den Erlass eines abschlägigen Widerspruchsbescheids gegen einen derartigen Verwaltungsakt trotz etwaiger Verhaltensänderung des Betroffenen bis über den Ablauf der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist hinaus zurückgestellt hat, ohne dass die Frage einer Wiedergewinnung der Fahreignung geklärt wurde.
Siehe auch Abstinenzbehauptung und verfahrensrechtliche Einjahresfrist und Stichwörter zum Thema Drogen
Gründe:
I.
Der am 11. April 1984 geborene Antragsteller wurde am 24. Januar 2004 um 20.20 Uhr beim Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr angetroffen, wobei nach Darstellung der Landespolizei seine Hände zitterten und seine Pupillen auf Lichteinfall verzögert reagierten. Die Analyse einer ihm am gleichen Tag um 21.13 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine THC-Konzentration von 3,8 ng/ml und eine Konzentration von THC-Carbonsäure von 64,9 ng/ml.
Durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 10. Mai 2004 sprach der Jugendrichter beim Amtsgericht Hof den Antragsteller des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung eines in der Anlage zu § 24 a StVG bezeichneten berauschenden Mittels schuldig, verhängte gegen ihn eine Geldbuße von 250,-- € sowie ein Fahrverbot von einem Monat und erteilte ihm neben einer Arbeitsauflage die Weisung, sich innerhalb eines Jahres ab der Rechtskraft des Urteils mindestens zweimal einem Urin-/Haartest zu unterziehen, Vorladungen der Landgerichtsärztin Folge zu leisten und keine Betäubungsmittel im Sinne der Anlage zum Betäubungsmittelgesetz zu konsumieren. Ausweislich der Urteilsgründe machte der Antragsteller im Strafverfahren geltend, erstmals vor etwa eineinhalb Jahren mit Drogen in Berührung gekommen zu sein; seit dem 24. Januar 2004 habe er keine illegalen Betäubungsmittel mehr genommen.
Bereits am 5. April 2004 war er als Führer eines Kraftfahrzeugs erneut einer Polizeikontrolle unterzogen worden. Die daraufhin veranlasste Untersuchung einer von ihm stammenden Urinprobe ergab einen Cannabinoidgehalt von 45 ng/ml; in dem ihm am gleichen Tag entnommenen Blut wurden keine Spuren von Betäubungsmitteln vorgefunden.
Durch insoweit für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 2. Juli 2004 entzog das Landratsamt Hof dem Antragsteller die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen und ordnete die Einziehung des ihm ausgestellten Führerscheins der Klassen B, A18, L und M an. Sollte der Führerschein nicht innerhalb von fünf Tagen nach der Zustellung des Bescheids eingeliefert werden, werde die Polizei angewiesen, die Einziehung unter Anwendung unmittelbaren Zwanges durchzuführen.
Über den Widerspruch, den der Antragsteller am 8. Juli 2004 gegen diesen Bescheid einlegte, wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden.
Im Rahmen des am 26. Juli 2004 beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingeleiteten Verfahrens, in dem der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 2. Juli 2004 erstrebte, legte er Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, dass bei der von der Landgerichtsärztin bei dem Landgericht Hof veranlassten Untersuchung einer am 12. Juli 2004 gewonnenen Urinprobe des Antragstellers keine Betäubungsmittel gefunden wurden. Die im Juli 2004 im Auftrag der Landgerichtsärztin durchgeführte Untersuchung einer Haarprobe des Antragstellers auf Opiate, Amphetamine, Kokain und Cannabinoide verlief gleichfalls negativ. Nach Darstellung des zu diesem Zweck eingeschalteten forensisch-toxikologischen Instituts wurde hierbei ein Zeitraum von etwa sechs Monaten vor der Entnahme der Haarprobe überprüft. Es sei zu berücksichtigen, dass nicht alle Wirkstoffe mit der gleichen Empfindlichkeit nachgewiesen werden könnten; bei Heroin, Haschisch, Marihuana und Amphetaminen sei - anders als z.B. bei Kokain - eine häufigere Aufnahme notwendig, um ein positives Resultat zu erzielen.
Durch Beschluss vom 12. August 2004, dem Antragsteller zugestellt am 18. August 2004, lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Auf die Begründung dieser Entscheidung wird verwiesen.
Mit der hiergegen am 1. September 2004 eingelegten, am 16. September 2004 begründeten Beschwerde beantragt der Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses vom 12. August 2004 und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. Juli 2004. Er wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht seine Teilnahme am Straßenverkehr am 5. April 2004 als "Drogenfahrt" bezeichnet und ihm in Bezug hierauf mangelnde Trennfähigkeit vorgehalten hat. Außerdem verweist er auf ein Schreiben der Polizeiinspektion N. an seine Bevollmächtigten vom 19. Juli 2004, dem zufolge ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG, dem der Vorwurf einer am 16. Mai 2004 unternommenen Fahrt unter Drogeneinwirkung zugrunde gelegen sei, gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Der Antragsteller führt ergänzend zu diesem Schreiben aus, Tests, denen er damals unterzogen worden sei, seien negativ verlaufen. Obwohl Haaranalysen die zuverlässigste Untersuchungsmethode darstellten, messe das Verwaltungsgericht ihnen nur eine bedingte Geeignetheit für den Nachweis von Cannabisabstinenz bei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass er seine Abstinenz seit der am 24. Januar 2004 begangenen Tat ausreichend unter Beweis gestellt habe; ihm sei Gelegenheit einzuräumen, seine Fahreignung durch die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bereits im Rahmen des Verfahrens auf Entziehung der Fahrerlaubnis nachzuweisen.
Der Antragsgegner beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung, die Beschwerde zurückzuweisen. Auf den Vorfall am 5. April 2004 komme es nicht an, da bereits aufgrund der am 24. Januar 2004 unternommenen Fahrt feststehe, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiere und er den Konsum und das Führen von Kraftfahrzeugen nicht trenne. Bei dieser Sachlage sei für die Anordnung, ein Gutachten beizubringen, kein Raum mehr gewesen. Im Übrigen könne aufgrund des im April 2004 festgestellten Abbauwerts davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller offensichtlich weiterhin Cannabis konsumiert habe, da dieses Betäubungsmittel nur etwa drei bis vier Tage nach dem Konsum im Urin nachweisbar sei.
Die Analyse einer Urin- und einer Haarprobe des Antragstellers, die am 8. März 2005 unter der Verantwortung der vorerwähnten Landgerichtsärztin gewonnen worden waren, verlief im Hinblick auf alle in die Untersuchung einbezogenen Betäubungsmittel negativ.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts Hof, ferner auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Februar 2005 verwiesen, durch den dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt wurde.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die rechtzeitig vorgetragenen Gesichtspunkte beschränkt ist, hat mit der Maßgabe Erfolg, dass dem Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur ab der Bekanntgabe des vorliegenden Beschlusses zu entsprechen und diese Rechtsfolge zusätzlich auf die Zeit bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheids zu beschränken war.
Bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht die Belange, die für die sofortige Vollziehung des streitgegenständlichen Verwaltungsakts sprechen, gegen das Aufschubinteresse des Betroffenen abzuwägen. Hierbei sind auch die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen, sofern sie sich bereits hinreichend deutlich abzeichnen.
Gegenwärtig lässt sich nicht sicher beurteilen, wie über den anhängigen Widerspruch und eine sich gegebenenfalls anschließende Klage zu befinden sein wird. Die Interessenabwägung, auf die es deshalb maßgeblich ankommt, führt zu dem Ergebnis, die aufschiebende Wirkung mit der vorbezeichneten doppelten Einschränkung wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Zutreffend hat der Antragsteller jedenfalls im Beschwerdeverfahren darauf verzichtet, in Abrede zu stellen, dass er am 24. Januar 2004 unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat. Denn die ihm damals entnommene Blutprobe belegt in zweifelsfreier Weise, dass er im Zeitpunkt seines polizeilichen Aufgriffs in einem Ausmaß unter der Wirkung dieses Betäubungsmittels stand, die geeignet war, seine Fahrtüchtigkeit zu beeinträchtigen. Nach dem im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2002 (DAR 2002, 405/407) zitierten Gutachten von Prof. Dr. K. führt der alleinige Konsum von Cannabis jedenfalls dann zu keiner Risikoerhöhung für den Verkehr, wenn die aufgenommene Menge an THC 2 Nanogramm pro Milliliter Blut nicht übersteigt; mit zunehmender Konzentration wüchsen die konsumbedingten Beeinträchtigungen demgegenüber stark an. Nach den im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Januar 2004 (ZfS 2004, 188/189) wiedergegebenen Ausführungen des in jenem Verfahren gehörten Sachverständigen sind bei einer THC-Konzentration von 2,0 ng/ml bereits bei ca. 50 % der Cannabiskonsumenten Beeinträchtigungen feststellbar, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit entfalten. Es entspricht deshalb ständiger, gefestigter Rechtsprechung des beschließenden Gerichts, den Nachweis für ein unterbliebenes Trennen von Cannabiskonsum und Fahren im Sinne der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung dann als erbracht anzusehen, wenn im Blut eines Kraftfahrers eine THC-Konzentration von mehr als 2,0 ng/ml festgestellt wurde (vgl. z.B. BayVGH vom 27.10.2004 Az. 11 CS 04.2840; BayVGH vom 11.11.2004 Az. 11 CS 04.2348; BayVGH vom 10.12.2004 Az. 11 CS 04.3168; BayVGH vom 4.1.2005 Az. 11 CS 04.2838; BayVGH vom 21.1.2005 Az. 11 CS 04.3567). Erst recht überschritten war beim Antragsteller der Wert von 1 ng THC pro Milliliter Blut, jenseits dessen es nach verbreiteter Auffassung (vgl. die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.12.2004 [DAR 2005, 70/73] referierten Stimmen in der Rechtsprechung und im Schrifttum) bereits zu Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit kommen kann. Ebenfalls nicht bezweifelt hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren, dass die bei ihm am 24. Januar 2004 vorhandene THC-COOH-Konzentration von 64,9 ng/ml den Schluss rechtfertigt, dass er dieses Betäubungsmittel, wie das die Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung voraussetzt, (mindestens) "gelegentlich" konsumiert hat (vgl. zur diesbezüglichen Aussagekraft von THC-COOH-Werten, die sich - bei unmittelbar nach der Teilnahme am Straßenverkehr entnommenen Blutproben - auf 10 ng/ml Blut oder darüber belaufen, u.a. BayVGH vom 14.10.2003 Az. 11 CS 03.2433; BayVGH vom 3.2.2004 Az. 11 CS 04.157; BayVGH vom 11.11.2004, a.a.O.; BayVGH vom 14.1.2005 Az. 11 CS 04.3119; BayVGH vom 21.1.2005, a.a.O.). Da am 24. Januar 2004 mithin die Voraussetzungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung in zweifelsfreier Weise erfüllt waren und Anhaltspunkte für eine atypische Fallgestaltung im Sinne der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung fehlten, durfte das Landratsamt gemäß § 11 Abs. 7 FeV davon ausgehen, dass damals die mangelnde Fahreignung des Antragstellers feststand, ohne dass es der Einholung eines Gutachtens bedurfte.
Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren zielt vielmehr darauf ab, darzutun, dass er seit dem 24. Januar 2004 die Fahreignung wiedererlangt habe, zumindest aber sein damaliges Verhalten heute nicht mehr ohne weiteres, namentlich nicht ohne eine sachverständige Begutachtung, den Schluss auf seine nach wie vor fehlende Fahreignung zulasse.
1. Der Einwand, ein Konsument von Betäubungsmitteln habe seine Fahreignung, die er wegen dieses Verhaltens bzw. wegen mangelnder Trennung zwischen einem gelegentlichen Cannabiskonsum und der motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr verloren hat, bereits vor dem Entzug der Fahrerlaubnis bzw. vor der Entscheidung über einen hiergegen gerichteten Widerspruch zurückerlangt, kann auch in einem Verwaltungs- oder in einem Widerspruchsverfahren, das die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, rechtserheblich sein. Soweit noch der Erlass des Ausgangsbescheids aussteht, folgt das bereits daraus, dass sich die einschlägigen Befugnisnormen - nämlich § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV - nicht damit begnügen, dass sich jemand in der Vergangenheit als fahrungeeignet "erwiesen hat"; diese Bestimmungen verlangen vielmehr, dass sich der Fahrerlaubnisinhaber auch noch im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet "erweist" (vgl. auch NdsOVG vom 19.11.2004 ZfS 2005, 18/19). In Übereinstimmung damit setzt § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV voraus, dass Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (gegenwärtig) "vorliegen" und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (derzeit) ausgeschlossen "ist". Ist bereits das Stadium des Widerspruchsverfahrens erreicht, folgt das gleiche Ergebnis aus dem Umstand, dass für den Entzug der Fahrerlaubnis die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage maßgeblich ist (BVerwG vom 27.9.1995 BVerwGE 99, 249/250). Wenn Entwicklungen, die erst nach dieser Zäsur eintreten, sich nicht mehr auf die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auswirken, sondern nur in einem Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis berücksichtigt werden können (BVerwG vom 27.9.1995, ebenda), bedeutet das im Umkehrschluss, dass vor diesem Zeitpunkt liegende Umstände bzw. bis dahin beigebrachte (dem Betroffenen günstige) Beweismittel bei der zu treffenden behördlichen Entscheidung berücksichtigt werden müssen, soweit sie dafür erheblich sind.
Bei der Beantwortung der Frage, welche Relevanz ein im Laufe der Zeit eingetretener bzw. sich anbahnender (behaupteter) Wandel der tatsächlichen Verhältnisse, aus denen der Vorwurf der Fahrungeeignetheit hergeleitet wird, für die Gestaltung und den Ausgang von Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren entfaltet, die den Entzug von Fahrerlaubnissen wegen Betäubungsmittelkonsums zum Gegen- stand haben, ist zwischen den materiellrechtlichen Folgen einer solchen Entwicklung einerseits - dazu nachfolgend unter a) - und ihren verwaltungsverfahrens- sowie prozessrechtlichen Konsequenzen andererseits - vgl. dazu unter b) bis h) - zu unterscheiden.
a) Steht im Zeitpunkt der Entscheidung der Ausgangs- oder der Widerspruchsbehörde bereits fest, dass der Fahrerlaubnisinhaber, der die Fahreignung wegen Betäubungsmittelkonsums (bzw. - bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis - wegen Missachtung der Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) verloren hat, wieder geeignet geworden ist, so scheiden eine Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. die Bestätigung eines solchen Verwaltungsakts durch die Widerspruchsbehörde nach dem Vorgesagten ohne weiteres aus.
Sofern kein atypischer Sachverhalt im Sinne der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung inmitten steht, kann die wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung gemäß Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung frühestens nach einjähriger, nachgewiesener Abstinenz wiedererlangt werden. Soweit diese Vorschrift unmittelbar nur bei Betäubungsmittelabhängigkeit Platz greifen sollte, wäre sie entsprechend auf alle Fälle eines die Fahreignung ausschließenden Betäubungsmittelkonsums - einschließlich des Gebrauchs von Cannabis - anzuwenden (vgl. z.B. BayVGH vom 14.3.2003 Az. 11 CS 02.1947; BayVGH vom 14.5.2003 Az. 11 CS 03.924; BayVGH vom 3.2.2004, a.a.O.; BayVGH vom 11.11.2004 Az. 11 CS 04.2814; BayVGH vom 14.1.2005, a.a.O.). Bei nur gelegentlicher Einnahme von Cannabis kann statt einer vollständigen Abstinenz auch der nachgewiesene Übergang zu einem mit den Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vereinbaren Konsumverhalten genügen (BayVGH vom 14.5.2003, a.a.O.; so wohl auch OVG des Saarlandes vom 30.9.2002 ZfS 2003, 44/46). Da in Fällen der letztgenannten Art die Gefahr des Rückfalls in ein die Fahreignung ausschließendes Verhaltensmuster besonders groß ist, dürfen insoweit keine geringeren Anforderungen an die Dauer der Änderung des Konsumverhaltens gestellt werden; die Einhaltung der Einjahresfrist ist deshalb gerade in derartigen Konstellationen unverzichtbar.
Damit der Betroffene nach dem Ablauf dieser Zeitspanne nicht alsbald wieder in sein früheres, rechtswidriges und gefahrenträchtiges Konsumverhalten zurückfällt, setzt die Wiedererlangung der Fahreignung über eine erwiesene, mindestens ein Jahr lang praktizierte Betäubungsmittelabstinenz hinaus (bzw. zusätzlich zu dem Nachweis eines einjährigen, mit den Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung in Einklang stehenden Konsumverhaltens) die Prognose voraus, dass die Verhaltensänderung von Dauer ist. Das lässt sich nur bejahen, wenn zu einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde ein stabiler, tief greifender Einstellungswandel hinzutritt, der es wahrscheinlich macht, dass der Betroffene auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhält (so die Begründung zu Abschnitt 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung) bzw. er die besonderen Voraussetzungen beachten wird, bei deren Erfüllung ein Konsument von Cannabis als fahrgeeignet angesehen werden kann. Von der Notwendigkeit eines grundlegenden Einstellungswandels in Bezug auf das Führen von Kraftfahrzeugen unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln geht auch Abschnitt 1.f Satz 4 der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aus. Um einen solchen inneren Wandel eruieren zu können, bedarf es - ggf. neben ärztlichen Feststellungen - einer psychologischen Bewertung (so die Begründung des Entwurfs einer Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, BR-Drs. 443/98, S. 263; vgl. ferner BayVGH vom 2.4.2003 Az. 11 CS 03.298). § 14 Abs. 2 FeV begnügt sich deshalb in allen Fällen, in denen über die Wiedererteilung einer wegen einer Betäubungsmittelproblematik entzogenen Fahrerlaubnis zu befinden ist (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV) oder sonst die Frage eines fortbestehenden Betäubungsmittelkonsums geklärt werden muss (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV), nicht mit einem (ärztlichen) Gutachten, mit dessen Hilfe lediglich der somatische Nachweis erbracht wird, ob der Betroffene seinem Körper weiterhin Betäubungsmittel zuführt; durch die Forderung nach einer kombiniert medizinisch-psychologischen Begutachtung hat der Verordnungsgeber vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass in derartigen Konstellationen zusätzlich die Persönlichkeit des Betroffenen einer Betrachtung unterzogen werden muss. Das ist namentlich - aber nicht nur - dann unverzichtbar, wenn die einjährige Verhaltensänderung im Umgang mit Betäubungsmitteln mit der Zeitspanne zusammenfällt, in der ein den Entzug der Fahrerlaubnis betreffendes Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren bzw. ein sich hierauf beziehender gerichtlicher Rechtsstreit anhängig sind. Denn einem Wohlverhalten, das der Betroffene unter dem Druck eines anhängigen behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens an den Tag legt, kommt regelmäßig nur eingeschränkte Aussagekraft zu (vgl. BVerwG vom 15.11.1967 BVerwGE 28, 202/210).
Erfüllt sein müssen schließlich diejenigen Kriterien, von denen das Fahrerlaubnisrecht die Wiedergewinnung der Fahreignung ggf. zusätzlich abhängig macht. Sofern das nach Art und Umfang des Betäubungsmittelgebrauchs notwendig ist, müssen deshalb eine körperliche Entgiftung und eine psychische Entwöhnung stattgefunden haben (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung); bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis müssen die in der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 über das Trennungsgebot hinaus aufgestellten Anforderungen gewahrt sein.
b) Unter verwaltungsverfahrensrechtlichem Blickwinkel folgt aus der Maßgeblichkeit der Einjahresfrist, dass die Behörde - vorbehaltlich eines atypischen Falles - bis zu ihrem Ablauf davon ausgehen darf, dass ein Fahrerlaubnisinhaber, der Betäubungsmittel (im Fall gelegentlicher Einnahme von Cannabis unter Missachtung der sich aus der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ergebenden Anforderungen) konsumiert hat, dieserhalb nach wie vor fahrungeeignet ist. Sie kann innerhalb dieser Zeitspanne deshalb auch dann, wenn der Betroffene den Übergang zur Betäubungsmittelabstinenz oder zu einem (bei Cannabisgebrauch) straßenverkehrsrechtlich zulässigen Konsumverhalten behauptet und dafür ggf. sogar Beweismittel vorlegt, gemäß § 11 Abs. 7 FeV unter Hinweis auf das frühere Verhalten des Betroffenen die Entziehung der Fahrerlaubnis verfügen bzw. einen hiergegen gerichteten Widerspruch zurückweisen, sofern die Tatsachen, aus denen die mangelnde Fahreignung hergeleitet wird, feststehen und ihre rechtliche Aussagekraft eindeutig ist.
Die Spanne, innerhalb derer die Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde nach § 11 Abs. 7 FeV entscheiden darf ("verfahrensrechtliche Einjahresfrist"), endet ein Jahr nach dem Tag, den der Betroffene als Beginn der Betäubungsmittelabstinenz (im Fall gelegentlichen Cannabiskonsums als den Beginn des Übergangs zu einem mit den Vorgaben der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vereinbaren Gebrauch dieses Rauschmittels) genannt hat oder von dem an unabhängig von einem solchen Vorbringen Anhaltspunkte für eine dahingehende Entwicklung vorliegen. Solange nämlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Einlassung des Betroffenen zutrifft oder die auf einen Verhaltenswandel hindeutenden Umstände stichhaltig sind, steht, sobald ein Jahr seit jenem Stichtag verstrichen ist, nicht mehr im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV fest, dass der Betroffene tatsächlich noch fahrungeeignet ist. Hierbei wird nicht verkannt, dass die Fahrerlaubnis frühestens ein Jahr ab dem Zeitpunkt wiedererteilt werden kann, von dem an der erste Nachweis für Betäubungsmittelabstinenz (bzw. der erste Beleg für den Übergang zu einem mit den Erfordernissen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vereinbaren Gebrauch von Cannabis) Aussagekraft entfaltet. Da Urinanalysen und - wegen der insoweit noch wesentlich größeren Abbaugeschwindigkeit - erst recht Blutproben eine Aussage über das Betäubungsmittel-Konsumverhalten nur für einen begrenzten Zeitraum vor dem Tag der Gewinnung dieser Körperflüssigkeiten erlauben, beginnt die "materiellrechtliche Einjahresfrist", deren Verstreichen notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für einen Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (bzw. auf ein Unterbleiben ihres Entzugs) ist, wenige Tage - günstigstenfalls wenige Wochen - vor dem Datum der ersten Gewinnung der Substanz, anhand derer der Nachweis geführt wird. Lediglich bei Betäubungsmitteln wie z.B. Kokain, deren Konsum sich in den Körperhaaren bereits bei geringer Dosierung niederschlägt, ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Gerichts der Abstinenznachweis über eine längere Zeitspanne hinweg möglich. Da der erste Beleg für den behaupteten Verhaltenswandel regelmäßig erst einige Zeit nach dem Tag vorzuliegen pflegt, von dem an nach Darstellung des Betroffenen eine u.U. zur Wiedererlangung der Fahreignung führende Verhaltensänderung eingesetzt hat, kann das eine Jahr, für das ggf. der Beweis eines rechtskonformen Verhaltens erbracht wird, später enden als die "verfahrensrechtliche" Einjahresfrist.
c) Trotz ihrer Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG), muss die Behörde in den Fällen, in denen ein Fahrerlaubnisinhaber wegen eines (straßenverkehrsrechtlich unzulässigen) Betäubungsmittelkonsums in Erscheinung getreten ist, nicht von Amts wegen Ermittlungen darüber anstellen, ob es zu einem Verhaltenswandel gekommen ist, der ggf. die Wiedergewinnung der Fahreignung nach sich zieht. Zwar ist die Verwaltung nach Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG gehalten, alle für den Einzelfall bedeutsamen - einschließlich der für die Beteiligten günstigen - Umstände zu berücksichtigen. Die Amtsermittlungspflicht besteht jedoch stets nur in dem Umfang, in dem der Sachverhalt, insbesondere das Vorbringen der Beteiligten, hierzu Anlass gibt (vgl. z.B. P. Stelkens/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, RdNr. 25 zu § 24). Der Frage, ob die Fahreignung wiedererlangt wurde, muss deshalb nur nachgegangen werden, wenn der Betroffene entweder einen einschlägigen Verhaltenswandel behauptet oder - was selten der Fall sein wird - unabhängig hiervon hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen. Andernfalls darf die Behörde sogar nach dem Ablauf der "verfahrensrechtlichen" Einjahresfrist weiterhin davon ausgehen, dass sich an der mangelnden Fahreignung des Betroffenen nichts geändert hat. Lediglich nach dem Verstreichen einer noch größeren Zeitspanne wandelt sich auch bei fehlender Behauptung einer Verhaltensänderung ein zunächst im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV feststehender Sachverhalt in eine Fallgestaltung, bei der ein Entzug der Fahrerlaubnis die Einholung eines Gutachtens voraussetzt (so zu Recht VG Lüneburg vom 22.3.2004 [DAR 2005, 54] für den Fall eines nahezu vier Jahre zurückliegenden Drogenkonsums).
d) An die verfahrensrechtlich relevante Geltendmachung eines zur Wiedergewinnung der Fahreignung führenden Verhaltenswandels sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere hängt die Verpflichtung der Behörde, dahingehende Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung zu ergreifen, nicht davon ab, dass der Betroffene die Richtigkeit dieser Einlassung durch Beweismittel untermauert. Der "Soll"-Regelung des Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG, ihm bekannte Tatsachen anzugeben, genügt der (ehemalige) Fahrerlaubnisinhaber bereits dadurch, dass er vorträgt, seit wann er sich des Konsums welchen Betäubungsmittels enthält bzw. wie sich die behauptetermaßen straßenverkehrsrechtskonforme Modalität seines jetzigen Cannabisgebrauchs darstellt. Der Soll-Verpflichtung, ihm zur Verfügung stehende Beweismittel - z.B. von ihm eingeholte Gutachten - anzugeben (vgl. auch dazu Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG), wird er in aller Regel schon im eigenen Interesse entsprechen. Eine darüber hinausgehende Pflicht im Sinne von Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, auferlegt das Fahrerlaubnisrecht dem Betroffenen (sieht man von der Verpflichtung zur Beibringung von Bescheinigungen, Zeugnissen oder Gutachten über das Sehvermögen nach § 12 FeV sowie von Sonderfällen wie z.B. der Erteilung oder Verlängerung der in § 11 Abs. 9 FeV erwähnten Fahrerlaubnisse für Fahrzeuge mit hohem Gefährdungspotenzial ab) zunächst nicht. Vielmehr ist es nach § 14 FeV Sache der Behörde, den Betroffenen zur Vorlage von Gutachten aufzufordern, wenn in seiner Person eine Betäubungsmittelproblematik aufgetreten ist, dieser jedoch geltend macht, er werde künftig wieder fahrgeeignet sein. Erst in Reaktion auf ein solches behördliches Verlangen trifft den (ehemaligen) Fahrerlaubnisinhaber eine über Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG hinausgehende Mitwirkungslast: Kommt er der rechtmäßigen Anordnung, ein Gutachten beizubringen, nicht fristgerecht nach, darf die Behörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine (fortbestehende) Nichteignung schließen.
Diese Regelung wird von gewichtigen Belangen sowohl der öffentlichen Gewalt als auch der betroffenen Privatperson getragen. Die erneute Teilnahme eines Fahrerlaubnisinhabers am Straßenverkehr, der die Fahreignung wegen eines (nicht rechtskonformen) Betäubungsmittelkonsums verloren hat, geht mit einem nicht unbeträchtlichen Gefahrenpotenzial einher. Die Entscheidung, ob eine aus diesem Grund entzogene Fahrerlaubnis wieder erteilt oder von ihrem Entzug (bzw. dessen Bestätigung durch einen Widerspruchsbescheid) abgesehen wird, setzt deshalb eine sorgfältige Vergewisserung über die Ungefährlichkeit des Betroffenen voraus. § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV verleiht der Fahrerlaubnisbehörde vor diesem Hintergrund die Befugnis, im Rahmen der normativen Vorgaben und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Einzelnen festzulegen, welche Erkenntnisse sie benötigt, um diese Entscheidung in rechtskonformer, verantwortbarer Weise treffen zu können. Sie - und nicht der (ehemalige) Fahrerlaubnisinhaber - bestimmt nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV deshalb darüber, welche für das Führen von Kraftfahrzeugen relevanten Fragen durch das beizubringende Gutachten geklärt werden müssen. Deshalb und da § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV ausdrücklich vorschreibt, bei der konkreten Ausgestaltung der Gutachtensanforderung den "Besonderheiten des Einzelfalls" Rechnung zu tragen, kann der Betroffene der Fahrerlaubnis-Verordnung nicht abschließend entnehmen, welche genauen Aspekte die Behörde in seinem Fall als klärungsbedürftig ansieht. Das geltende Recht verlangt von ihm deshalb nicht, von sich aus - d.h. ohne vorgängige Gutachtensanforderung - Nachweise vorzulegen, aus denen sich seine behauptetermaßen wiedererlangte Fahreignung bzw. eine darauf hinführende Entwicklung ergeben, und zu diesem Zweck Aufwendungen zu tätigen, die sich im Ergebnis u.U. als unbehelflich erweisen, weil die Behörde zu Recht andere Gesichtspunkte als entscheidungserheblich und andere Beweismittel als zielführend ansieht. In Einklang damit steht, dass § 20 FeV die verfahrensrechtliche Beachtlichkeit eines Antrags auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis (von den vorbezeichneten Sonderfällen abgesehen) nicht davon abhängig macht, dass ihm bestimmte Nachweise beigefügt sind; vielmehr kann sich der Betroffene auch insoweit mit der bloßen Antragstellung begnügen.
e) Da § 20 FeV keine Sperrfrist statuiert, nach deren Verstreichen die Neuerteilung einer entzogenen Fahrerlaubnis in verfahrensrechtlich beachtlicher Weise frühestens beantragt werden kann, ist der Betroffene auch nicht gehindert, im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens, das die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat, bzw. aus Anlass eines hiergegen gerichteten Widerspruchs bereits alsbald nach dem Ereignis, aus dem seine mangelnde Fahreignung hergeleitet wird, geltend zu machen, dieser Vorfall sei wegen veränderter Umstände nicht mehr aussagekräftig. Wollte man einem solchen Vorbringen erst ab einem späteren Zeitpunkt (z.B. nach Ablauf der verfahrens- oder materiellrechtlichen Einjahresfrist) verfahrensrechtliche Beachtlichkeit zuerkennen, so würde zu Lasten des Betroffenen ohne gesetzliche Grundlage eine etwa zweijährige "Sperrfrist" für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis geschaffen. Denn auch nach dem Ablauf des einen Jahres, das bei einer Betäubungsmittelproblematik unter materiellrechtlichem Blickwinkel zur Wiedergewinnung der Fahreignung regelmäßig zurückgelegt sein muss, müsste sich die Behörde noch Gewissheit darüber verschaffen, ob es in der Person des Betroffenen tatsächlich zu dem erforderlichen Verhaltenswandel gekommen ist. Diese Vergewisserung erfordert allein schon deshalb mindestens ein weiteres Jahr, da die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung in Abschnitt 3.12.1 den Abstinenznachweis vom Ergebnis vierer innerhalb eines Jahres unvorhersehbar und in unregelmäßigen Abständen anberaumten Laboruntersuchungen abhängig machen; von den Empfehlungen der Begutachtungs-Leitlinien dürfen die Fahrerlaubnisbehörden grundsätzlich ausgehen. Eine zusätzliche Verzögerung ergibt sich durch die nach dem Vorgesagten notwendige prognostische Begutachtung, die dem Aufweis des grundlegenden Einstellungswandels und der daraus ggf. herzuleitenden Stabilität der Verhaltensänderung dient; sie kann sachgerecht frühestens gegen Ende des Einjahreszeitraums durchgeführt werden.
Mit den Wertungen der Fahrerlaubnis-Verordnung in Einklang steht deshalb nur eine Verfahrensgestaltung, die grundsätzlich jede Behauptung des Betroffenen, er habe sein Verhalten in einer Weise geändert, angesichts derer seine Fahreignung nicht mehr wegen eines früheren Betäubungsmittelkonsums entfalle, gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG und Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG zum Anlass nimmt, um den Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens gemäß den Vorgaben des Fahrerlaubnisrechts zu überprüfen. Das gilt auch dann, wenn eine solche Einlassung im Rahmen eines die Entziehung der Fahrerlaubnis betreffenden Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens vorgebracht wird und seit dem (nicht rechtskonformen) Betäubungsmittelkonsum erst eine geringe Zeit verstrichen ist. Dahingehende Ermittlungen sind nur dann nicht veranlasst, wenn die Unrichtigkeit einer solchen Behauptung ohne weitere Sachverhaltsaufklärung auf der Hand liegt. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aus den Akten hervorgeht, dass der Betroffene auch während der Zeit, für die er ein rechtskonformes Verhalten behauptet, erneut Betäubungsmittel (bei Cannabis: unter Missachtung der sich aus der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ergebenden Anforderungen) konsumiert hat.
f) Die Forderung, auf entsprechende Veranlassung hin einem etwaigen Verhaltenswandel nachzugehen, aus dem die Wiedererlangung der wegen einer Betäubungsmittelproblematik verloren gegangenen Fahreignung resultieren soll, führt weder zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit noch zu einer unzumutbaren Belastung der Verwaltung. Denn ein solches Vorbringen und die daraus regelmäßig resultierende Pflicht der Behörde, der Richtigkeit dieser Einlassung nachzugehen, zwingt die vollziehende Gewalt grundsätzlich nicht, ihre Ausgangs- oder Widerspruchsentscheidung zurückzustellen, bis Klarheit über die Stichhaltigkeit dieses Einwands besteht. Der gesetzliche Auftrag, Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren einfach und zügig durchzuführen (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG, ggf. anzuwenden in Verbindung mit Art. 79 Halbsatz 2 BayVwVfG), vor allem aber die gefahrenabwehrende Funktion des Entziehungsverfahrens legen es im Gegenteil nahe, es alsbald nach der Feststellung einer akuten Nichteignung wegen Drogenkonsums zum Abschluss zu bringen, ohne es mit der Frage zu befrachten, ob ein Fahrerlaubnisinhaber eine ehedem verlorene Fahreignung wegen veränderter Umstände wiedererlangt hat (vgl. OVG Hamburg vom 24.4.2002 VRS 105, 55/59). Solange nämlich die "verfahrensrechtliche" Einjahresfrist nicht verstrichen ist, kann dieser Einwand, soweit keine atypische Sachverhaltsgestaltung vorliegt, keinen Einfluss auf den Inhalt der behördlichen Sachentscheidung haben: Steht der Betäubungsmittelkonsum (im Fall gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Missachtung der Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) beweiskräftig fest, ist die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV selbst dann zwingend zu entziehen, wenn das den Verhaltenswandel betreffende Vorbringen inhaltlich zutreffen sollte.
Will die Behörde so vorgehen, ist sie verpflichtet, den Betroffenen darauf hinzuweisen, dass sie das die behauptete Verhaltensänderung betreffende Vorbringen als Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis wertet und es, sofern der Betroffene nicht ausdrücklich widerspricht, zum Gegenstand eines gesonderten Verwaltungsverfahrens macht (vgl. zur Befugnis der vollziehenden Gewalt, im Rahmen des ihr zustehenden Verfahrensermessens Teile eines Verfahrensgegenstandes durch Abtrennung zu verselbständigen, z.B. P. Stelkens/ Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., RdNr. 190 zu § 9; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, RdNr. 46 zu § 9). Die von Rechts wegen gebotenen Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung sind alsdann im Rahmen dieses gesonderten Wiedererteilungsverfahrens durchzuführen, das ggf. parallel zum Entziehungsverfahren und zu Rechtsbehelfen betrieben werden kann, mit denen sich der Betroffene gegen die Entziehungsentscheidung wendet. Beharrt er auf einer Berücksichtigung des Vorbringens, das den behaupteten Verhaltenswandel zum Gegenstand hat, bereits in dem den Entzug der Fahrerlaubnis betreffenden Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren, handelt die Behörde rechtmäßig, wenn sie - eine Entscheidung rechtzeitig vor Ablauf der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist vorausgesetzt - ihn in der Begründung des (Widerspruchs-)Bescheids auf die gegenwärtig fehlende materielle Relevanz dieses Einwands hinweist.
g) Die Feststellung, ob ein behaupteter Verhaltenswandel den Tatsachen entspricht, wird es - unabhängig davon, ob ihm die Behörde im Rahmen eines Entziehungs- oder eines Wiedererteilungsverfahrens nachgeht - zunächst erfordern, dem Betroffenen, sofern er Betäubungsmittelabstinenz behauptet, aufzugeben, sich im Laufe eines Jahres an mindestens vier für ihn unvorhersehbar und in unregelmäßigen Abständen anberaumten Terminen ärztlichen Laboruntersuchungen zu unterziehen, die eine aussagekräftige Analyse von Körperflüssigkeiten zum Gegenstand haben; diese Untersuchungen können sich fallweise auch auf Haare erstrecken (vgl. Abschnitt 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung). Gegen Ende der Jahresfrist hat sodann die Begutachtung stattzufinden, die der Erarbeitung einer Prognose über sein zukünftiges Verhalten dient. Denn die aus § 2 Abs. 7 Satz 1 StVG folgende Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung beschränkt sich nicht auf die in § 2 Abs. 7 Satz 2 und 3 StVG aufgeführten Maßnahmen (vgl. dazu eingehend VGH Baden-Württemberg vom 14.9.2004 VRS 108, 71/78; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, RdNr. 19 zu § 2 StVG); Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG verpflichtet die Behörde vielmehr, bei entsprechender Veranlassung auch dem Betroffenen günstige Umstände zu ermitteln.
Die der Verwaltung durch § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV zuerkannte Befugnis zur näheren Ausgestaltung einer Gutachtensanforderung erlaubt eine zeitlich dergestalt gestreckte Vorgehensweise. Mag es auch üblich sein, den medizinischen und den psychologischen Teil einer MPU in zeitlichem Zusammenhang zu absolvieren, so ist eine solche Handhabung doch von Rechts wegen nicht zwingend. Abschnitt 1.a der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung hält vielmehr fest, dass Untersuchungen, die der Klärung der Fahreignung dienen, nicht nach einem feststehenden Schema, sondern anlassbezogen durchzuführen sind, und dass es die Fahrerlaubnisbehörde ist, die die für die Arbeit des Sachverständigen maßgeblichen Vorgaben aufstellt.
Die für die Anordnung der abschließenden Begutachtung erforderliche Befugnisnorm enthält § 14 Abs. 2 FeV. Einschlägig ist in Konstellationen der hier inmitten stehenden Art jedenfalls § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV; liegt bereits ein sofort vollziehbarer Entziehungsbescheid vor, greift zudem § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV ein. Wird dem Einwand des "Verhaltenswandels" von der Behörde nicht in einem gesonderten Wiedererteilungsverfahren, sondern im Vorfeld einer beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis oder auf einen hiergegen eingelegten Widerspruch hin nachgegangen, so ergibt sich die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen aus § 46 Abs. 3 FeV. Dahinstehen kann gegenwärtig, ob die abschließende Begutachtung dann, wenn bereits ärztliche Laboruntersuchungen in ausreichender, den Einjahreszeitraum abdeckender Zahl vorliegen, tatsächlich noch kombiniert medizinisch-psychologischer Natur sein muss oder ob unter dieser Prämisse nicht auch eine bloße psychologische Begutachtung des Betroffenen ausreicht. Aus dem von der Fahrerlaubnis-Verordnung durchgängig gebrauchten Begriff des "medizinisch-psychologischen Gutachtens" folgt jedenfalls nicht, dass in allen von § 11 Abs. 3, § 13 Nr. 2, § 14 Abs. 1 Satz 4 und § 14 Abs. 2 FeV erfassten Fällen stets ein solches "Doppel-Gutachten" verlangt werden darf (vgl. Himmelreich/Janker, MPU-Begutachtung, 2. Aufl. 1999, RdNr. 142). Vielmehr wird die Behörde dies unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eigenverantwortlich zu prüfen und, sofern sie eine abschließende Untersuchung des Betroffenen nicht nur durch einen Psychologen, sondern auch durch einen Arzt für geboten erachtet, in nachvollziehbarer Weise zu begründen haben.
Dahinstehen kann, ob die Forderung nach ärztlichen Laboruntersuchungen bereits während des zurückzulegenden Einjahreszeitraums ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in § 14 Abs. 2 FeV findet (da die Behörde den Umfang einer Befugnisnorm nicht voll ausschöpfen muss, kann sie, gestützt auf diese Regelung, auch nur durch einen Arzt durchzuführende Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung anordnen), oder ob insoweit auch § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV in Betracht kommt (vgl. zur möglichen Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung innerhalb eines Jahres ab der letzten Betäubungsmitteleinnahme BayVGH vom 2.4.2003, a.a.O.). Denn auch bei einem Rückgriff auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV wäre der Betroffene nicht darauf beschränkt, die Laboruntersuchungen unter der Verantwortung eines Arztes im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV durchführen zu lassen; § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV begnügt sich vielmehr mit der Einschaltung eines Arztes, der den Anforderungen der Anlage 14 zur Fahrerlaubnis-Verordnung genügt, ohne in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätig sein zu müssen. Dafür, dass die Behörde die Anforderung eines Drogenscreenings zum Zweck des Nachweises der Wiedergewinnung der Fahreignung innerhalb eines Jahres ab dem letzten feststehenden Betäubungsmittelkonsum wahlweise auf beide Bestimmungen zu stützen vermag, spricht nicht zuletzt, dass es einerseits dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen kann, wenn die den Einjahreszeitraum begleitenden Laboruntersuchungen bereits unter der Verantwortung der Stelle durchgeführt werden, der auch die abschließende Begutachtung obliegt, während andererseits Fallgestaltungen vorstellbar sind, in denen es dem Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs entspricht, dem Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, die erforderlichen Drogenscreenings bei einem für ihn ggf. besser erreichbaren Arzt im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 3 FeV (i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV) vornehmen zu lassen.
h) Stellt die Behörde die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelkonsums (bzw. - bei gelegentlichem Cannabisgebrauch - wegen Missachtung der Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) oder den Erlass eines abschlägigen Widerspruchsbescheids gegen einen derartigen Verwaltungsakt trotz etwaigen Verhaltenswandels des Betroffenen bis über den Ablauf der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist hinaus zurück, ohne dass die Frage einer Wiedergewinnung der Fahreignung geklärt wurde, obwohl nach dem Vorgesagten hierzu Veranlassung beständen hätte, so sind in einem Rechtsstreit nach § 80 Abs. 5 VwGO die Erfolgsaussichten der Hauptsache als offen anzusehen (so auch OVG des Saarlandes vom 30.9.2002 ZfS 2003, 44/47). Zwar leiden der Ausgangs- und ggf. auch der Widerspruchsbescheid unter dieser Voraussetzung wegen unterbliebener Sachverhaltsermittlung an einem Verfahrensmangel; da der Entzug einer Fahrerlaubnis eine gebundene Entscheidung darstellt, rechtfertigt dieser Umstand nach Art. 46 BayVwVfG indes nicht ohne weiteres die Aufhebung der behördlichen Entscheidung. Der Ausgang eines Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens hängt vielmehr grundsätzlich davon ab, zu welchem Ergebnis eine Nachholung der ausstehenden Ermittlungsmaßnahmen führen wird.
Anders kann es sich verhalten, wenn das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO parallel zu einem bereits anhängigen Hauptsacherechtsstreit betrieben wird und das Verwaltungsgericht in einem derartigen Fall von der Befugnis Gebrauch macht, gemäß § 113 Abs. 3 VwGO den Entziehungsbescheid und die Widerspruchsentscheidung allein wegen der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung aufzuheben. Angesichts des zeitlichen Aufwands, den die notwendige Verifizierung einer einjährigen Drogenabstinenz (bzw. - bei Cannabis - des Übergangs zu einem einem einjährigen, straßenverkehrsrechtlich zulässigen Konsumverhalten) und die Erarbeitung der erforderlichen Zukunftsprognose erfordern, sprechen aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs gewichtige Gründe dafür, die Erforderlichkeit von nach Art oder Umfang erheblichen Ermittlungen im Sinne dieser Bestimmung zu bejahen. Eine Verletzung der behördlichen Amtsermittlungspflicht kann es mithin zur Folge haben, dass eine ggf. nach wie vor fahrungeeignete Person während geraumer Zeit weiterhin am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt, sofern das Verwaltungsgericht das nicht durch eine Zwischenregelung nach § 113 Abs. 3 Satz 2 VwGO unterbindet.
Scheidet ein Vorgehen nach § 113 Abs. 3 VwGO aus, ist bei unterbliebener, aber rechtlich gebotener Aufklärung einer etwaigen Wiedergewinnung der Fahreignung über den Fortbestand der sofortigen Vollziehbarkeit des Entzugs der Fahrerlaubnis auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu befinden. Sie hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht in Abschnitt D.I.2 seines Beschlusses vom 20. Juni 2002 (NJW 2002, 2378/2379 f.) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben (vgl. BVerfG vom 16.10.1977 BVerfGE 46, 160/164) gebieten es danach, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen (BVerfG vom 20.6.2002, a.a.O., S. 2380). Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist (BVerfG vom 20.6.2002, a.a.O., S. 2380).
Eine Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass der Betroffene nicht mehr fahrungeeignet ist oder sich abschätzen lässt, dass das von ihm ausgehende Gefahrenpotenzial nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt. Eine dem Betroffenen günstige Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kann namentlich dann verantwortet werden, wenn er - ohne von Rechts wegen dazu verpflichtet zu sein - von sich aus Nachweise beigebracht hat, die seine Behauptung stützen, er habe die Fahreignung wiedererlangt. Zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen kann es ferner, wenn es die Verwaltung trotz eines nach dem Vorgesagten beachtlichen Vorbringens unterlassen hat, dem Betroffenen die Beibringung eines Gutachtens aufzugeben: Da er unter dieser Voraussetzung nicht wissen kann, welche genauen Nachweise die Behörde von ihm erwartet, damit sie von der Wiedergewinnung seiner Fahreignung überzeugt ist, darf es unter dem Blickwinkel der Interessenabwägung nicht zu seinen Ungunsten ausschlagen, wenn von ihm gleichwohl beigebrachte Beweismittel nicht exakt jene Fragestellungen treffen, von deren Bejahung eine ihm günstige Sachentscheidung abhängt. Wenn in einer derartigen Fallgestaltung die Voraussetzungen, die für einen (teilweisen) Erfolg des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ausreichen, maßvoll hinter den Anforderungen zurückbleiben dürfen, die an den vollen Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung zu stellen sind, so rechtfertigt sich das auch daraus, dass eine stattgebende Entscheidung im Sofortvollzugsverfahren nicht notwendig vollendete Tatsachen für unbeschränkte Zeit schafft. Das Gericht kann einen stattgebenden Beschluss nicht nur befristen (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 5 VwGO) und dem Antragsteller nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO Auflagen erteilen, um ein etwa noch im Raum stehendes Besorgnispotenzial zu minimieren; unberührt bleiben vor allem auch die Befugnis - und die Pflicht - der Verwaltung, bisher ausstehende Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung während der Dauer der aufschiebenden Wirkung nachzuholen, um auf diese Weise noch bestehende Zweifel zu klären. Führen derartige Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass der Betroffene nach wie vor eine Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt, bietet erforderlichenfalls das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ausreichende Möglichkeiten, um diesem Gesichtspunkt Geltung zu verschaffen.
2. Wendet man diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall an, so ergibt sich folgendes:
Der Antragsteller hat in der gegen ihn am 10. Mai 2004 durchgeführten Hauptverhandlung ausdrücklich behauptet, seit dem 24. Januar 2004 keine Betäubungsmittel mehr konsumiert zu haben. Er hat damit der Sache nach geltend gemacht, er habe sein Verhalten in einer Weise geändert, die die Wiedergewinnung der Fahreignung zur Folge habe. Dieses Vorbringen zwang das Landratsamt zwar nicht, vom Erlass des Entziehungsbescheids abzusehen, da der Antragsteller bis zum 2. Juli 2004 angesichts der bis dahin noch nicht einmal verstrichenen verfahrensrechtlichen Einjahresfrist die Fahreignung keinesfalls wiedererlangt haben konnte. Die Behörde wäre vor dem Hintergrund dieser Einlassung, die bei ihr aktenkundig war, jedoch gehalten gewesen, den Antragsteller aufzufordern, ein Gutachten mit genau zu bezeichnendem Inhalt vorzulegen, mit dessen Hilfe er nach Ablauf der erforderlichen Zeit eine etwaige Wiedergewinnung der Fahreignung hätte nachweisen können. Seine Abstinenzbehauptung war nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil am 5. April 2004 (bei einer in jeder Hinsicht negativen Blutprobe) 45 ng/ml an Cannabinoiden im Urin festgestellt wurden. Geht man davon aus, dass der Beurteilungsgrenzwert dafür, ob durch eine Urinprobe ein Cannabiskonsum innerhalb der letzten vor der Probengewinnung liegenden Tage nachgewiesen wird, bei 50 ng/ml liegt, wie das gerichtsbekannt teilweise vertreten wird, wäre vorliegend von einem "Nullbefund" auszugehen. Sollte der maßgebliche Grenzwert - einer in der Medizin vertretenen konkurrierenden Auffassung zufolge - bei 25 ng/ml anzusetzen sein, so muss zwar davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller im Verlauf ungefähr einer Woche vor der Gewinnung der Urinprobe Cannabis konsumiert hat. Es fehlen jedoch Anhaltspunkte jedweder Art dafür, dass er unter dieser Prämisse gegen das Trennungsgebot der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung verstoßen hat. Denn da die ihm am 5. April 2004 entnommene Blutprobe keinerlei Spuren von Cannabinoiden aufwies, stand er bei der an jenem Tag unternommenen Autofahrt zweifelsfrei auch nicht unter dem Einfluss dieses Betäubungsmittels. Ein lediglich gelegentlicher Konsument von Cannabis wie der Antragsteller aber muss, um (wieder) fahrgeeignet zu sein, auf dieses Rauschmittel nicht völlig verzichten; es genügt ein nachgewiesenes und gefestigtes Verhalten, das den Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung entspricht.
Wurde die Wiedergewinnung der Fahreignung nach alledem in rechtlich beachtlicher Weise geltend gemacht, darf der anhängige Widerspruch heute nicht mehr zurückgewiesen werden, ohne dass zuvor die Richtigkeit dieser Einlassung aufgeklärt wird, da die "verfahrensrechtliche" Einjahresfrist bereits am 24. Januar 2005 abgelaufen ist. Ob der Antragsteller die Fahreignung inzwischen wiedererlangt hat, ist ungeachtet des Umstands ungewiss, dass zwischenzeitlich mehrere Untersuchungsergebnisse vorliegen, die teilweise den Schluss auf eine Betäubungsmittelabstinenz erlauben, teilweise ein straßenverkehrsrechtlich unschädliches Konsumverhalten dartun. Denn es fehlt die erforderliche positive Prognose dafür, dass der Antragsteller nicht nur während der Zeit, in der ihm durch jugendgerichtliche Weisung der Konsum von Betäubungsmitteln untersagt war und während derer er sich im Hinblick auf das fahrerlaubnisrechtliche Entziehungs- und Widerspruchsverfahren sowie den vorliegenden Rechtsstreit zu einem Wohlverhalten veranlasst sehen musste, sondern auf Dauer von dem Gebrauch von Betäubungsmitteln (bzw. von einem mit den Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung unvereinbaren Cannabiskonsum) Abstand genommen hat. Auf eine dahingehende positive Prognose kann umso weniger verzichtet werden, als der Wahrheitsgehalt seiner Behauptung, vollkommen drogenabstinent zu leben, angesichts der im April 2004 durchgeführten Urinanalyse ernsten Glaubwürdigkeitszweifeln begegnet und seine Rechtstreue auch sonst hochgradig zweifelhaft erscheint: Denn er hat - ersichtlich in der Hoffnung, auf diese Art und Weise einen zweiten Führerschein ausgestellt zu erhalten - am 17. Juni 2004 gegenüber dem Landratsamt an Eides Statt versichert, seinen Führerschein verloren zu haben, war alsdann aber in der Lage, diese Urkunde, ohne ihr Wiederauffinden beim Landratsamt angezeigt zu haben, am 6. Juli 2004 bei der Staatsanwaltschaft zu hinterlegen.
Andererseits wurden im Fall des Antragstellers im Laufe des zurückliegenden Jahres mindestens dreimal (nämlich am 5.4.2004, am 12.7.2004 und am 8.3.2005), wohl aber sogar viermal Körperflüssigkeiten bzw. Körpersubstanzen in einer Weise untersucht, die den Mindestanforderungen nach Abschnitt 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung entsprach; hierbei wurden jeweils ihm günstige Ergebnisse erzielt. Das Gericht hält es für glaubhaft, dass er, obwohl sich darüber kein Nachweis in den Akten befindet, auch am 16. Mai 2004 einer Blut- und/oder Urinkontrolle zugeführt wurde; andernfalls wäre nämlich kaum verständlich, warum das gegen den bereits als Drogentäter polizeibekannten Antragsteller eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 24 a StVG gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO - also entweder wegen erwiesener Unschuld oder nicht nachweisbarer Verwirklichung des in Frage stehenden Tatbestandes - eingestellt wurde. Die Untersuchungen, denen er am 5. April 2004 und wohl auch am 16. Mai 2004 nach den polizeilichen Aufgriffen zugeführt wurde, waren für ihn fraglos "unvorhersehbar". Gleiches gilt für die am 8. März 2005 gewonnene Urin- und Haarprobe, da er zu diesem Termin mit Schreiben der Landgerichtsärztin vom 4. März 2005 geladen wurde und eine dreitägige Abstinenz in der Regel nicht ausreicht, um die Spuren eines vorangegangenen Betäubungsmittelkonsums auch im Urin zu beseitigen. In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darf ferner davon ausgegangen werden, dass für den Antragsteller auch die Einbestellung zur Landgerichtsärztin am 12. Juli 2004 unvorhersehbar war, da der Trägerin eines solchen Amtes zweifelsfrei die fehlende Aussagekraft einer Analyse von Körperflüssigkeiten bekannt ist, auf deren Gewinnung sich der Proband durch längeres gezieltes Abstinenzverhalten einzustellen vermag. Die Abstände zwischen den vier Untersuchungen sind, wie in Abschnitt 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien gefordert, unregelmäßig; sie decken in ihrer Gesamtheit praktisch einen einjährigen Zeitraum ab. Die außerdem durchgeführten Haaranalysen belegen darüber hinaus, dass sich der Antragsteller über mehrere Monate hinweg des Konsums von Kokain sowie größerer Mengen anderer Betäubungsmittel enthalten hat; auf die beschränkte Aussagekraft derartiger Tests hinsichtlich der Frage, ob er vollkommen drogenabstinent lebte, hat bereits das mit der Haaruntersuchung betraute Labor zutreffend hingewiesen.
Spricht mithin eine gewisse Wahrscheinlichkeit jedenfalls für einen Übergang zu einem straßenverkehrsrechtlich nicht zu beanstandenden Betäubungsmittelkonsum, so kann auf den Nachweis, dass dieser Verhaltenswandel von Dauer ist, nach den Gegebenheiten des konkreten Falles für Zwecke der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ausnahmsweise verzichtet werden. Denn durch die Befristung der aufschiebenden Wirkung bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheids wird dem Antragsteller vor Augen geführt, dass er durch den vorliegenden Beschluss die Fahrerlaubnis nicht auf Dauer wiedererlangt. Sollte die aus der Sicht des Gerichts gerade in seinem Fall dringlich gebotene, derzeit noch ausstehende psychologische Begutachtung zu dem Ergebnis führen, dass ein Rückfall in frühere Konsumgewohnheiten nicht ausgeschlossen ist, bedarf es nämlich nicht einmal eines behördlichen Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO, um den Antragsteller erneut aus dem Kreis der Fahrerlaubnisinhaber zu eliminieren; diese Folge tritt vielmehr mit dem Erlass eines abschlägigen Widerspruchsbescheids automatisch ein.
Soweit die aufschiebende Wirkung erst für die Zeit ab der Bekanntgabe der vorliegenden Entscheidung verfügt wurde, rechtfertigt sich das daraus, dass erst durch die vierte, im März 2005 durchgeführte Urin- und Haaruntersuchung hinreichend dargetan wurde, dass von einem sich über ein Jahr hin erstreckenden Verhaltenswandel ausgegangen werden kann. Soweit der Antragsteller die unbefristete Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung erstrebt hat, war die Beschwerde, da eine solche Entscheidung nicht interessengemäß wäre, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in den Abschnitten I.7 Satz 1 und II.45.2 des Streitwertkatalogs in der Fassung vom Januar 1996 (DVBl 1996, 606). Da das Verwaltungsgericht - bezogen auf die im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung bestehenden Verhältnisse - zutreffend entschieden hat (damals war noch nicht einmal die "verfahrensrechtliche" Einjahresfrist abgelaufen), kann sein Kostenausspruch unverändert Bestand haben.