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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil vom 10.11.2016 - 6 L 3092/16 - Gebrauch einer vor einer isolierten Sperrfrist erworbenen EU_Fahrerlaubnis

VG Düsseldorf v. 10.11.2016: Gebrauch einer vor einer isolierten Sperrfrist erworbenen EU_Fahrerlaubnis


Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 10.11.2016 - 6 L 3092/16) hat entschieden:
Der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, gegen den nach deren Erteilung wegen in Deutschland begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Absatz 1 Satz 3 StGB verhängt wurde, ist mit seiner EU-Fahrerlaubnis erst dann wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt, wenn er den Nachweis erbringt, dass er seine Fahreignung wiedergewonnen hat.


Siehe auch EU-Fahrerlaubnis und das Erfordernis einer deutschen positiven MPU zur Vermeidung einer Nutzungsuntersagung und Stichwörter zum Thema EU-Führerschein


Gründe:

Die Einzelrichterin ist zuständig, nachdem ihr die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat, § 6 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Gericht lehnt den auf § 80 Absatz 5 VwGO gestützten sinngemäßen Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage (6 K 10361/16) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 5. August 2016 in Gestalt der Ordnungsverfügung vom 1. September 2016 und des Schreibens vom 18. Oktober 2016 hinsichtlich der Feststellung der fehlenden Inlandsberechtigung und der Aufforderung zur Vorlage des slowakischen Führerscheins wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
ab.

Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

1. Das Gericht kann gemäß § 80 Absatz 5 Satz 1, 2. Var. VwGO die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederherstellen, wenn die Behörde - wie hier - gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet und damit die der Anfechtungsklage gemäß § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich zukommende aufschiebende Wirkung beseitigt hat.

Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller nicht berechtigt ist, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-​Westfalen (VwVfG NRW) dar. Zwar bedarf es keines konstitutiv wirkenden Verwaltungsaktes, um die angeordnete Rechtsfolge - die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland - herbeizuführen, da sie sich direkt aus dem Gesetz ergibt. Allerdings handelt es sich bei der nach außen verbindlichen Feststellung durch die Behörde um einen sog. feststellenden Verwaltungsakt.
Vgl. hierzu ausführlich Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25.10 -, BVerwGE 140, 256-​267 = juris, Rn. 15 ff.; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 28 FeV, Rn. 55 m.w.N.
Dass es sich vorliegend um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt, steht einer Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht entgegen. Obgleich feststellende und gestaltende Verwaltungsakte nicht der Vollziehung im engeren Sinne fähig sind, treten deren Rechtswirkungen nicht ohne Rücksicht auf einen Rechtsbehelf ein, da nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO Widerspruch und Anfechtungsklage auch gegen solche Verwaltungsakte aufschiebende Wirkung haben.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 6 VR 5.07 -, juris, Rn. 12; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-​Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 24. August 1994 - 5 B 583/94.AK -, S. 3 des Beschlussabdrucks; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 22. Ergänzungslieferung September 2011, § 80, Rn. 41 m.w.N.
Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Sinne von § 80 Absatz 5 Satz 1, 1. Var. VwGO kommt in Betracht, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage - wie hier für die Androhung des Zwangsgeldes gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 des Justizgesetzes Nordrhein-​Westfalen (JustG NRW) - kraft Gesetzes entfällt.

2. Die Begründetheit eines Aussetzungsantrags ist danach zu beurteilen, ob im Falle des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtmäßig erfolgt ist (a) und ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse an der Aussetzung überwiegt (b).

a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat insbesondere das Begründungserfordernis des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO beachtet. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen. Die Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO, wenn die Behörde - wie hier - deutlich macht, dass ihr der Ausnahmecharakter der Anordnung vor Augen stand und sich aus ihrer Sicht die Entziehungsgründe mit denen der Dringlichkeit der Vollziehung decken. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung kommt es im Rahmen des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO demgegenüber nicht an.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Februar 2013 - 16 B 1104/12 -, vom 16. August 2012 - 16 B 929/12 - und vom 22. April 2010 - 16 B 1730/09 -.
Diesen Anforderungen werden die Darlegungen der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung vom 5. August 2016 und dem Schreiben vom 18. Oktober 2016 gerecht. Sie zeigen, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung ausgeführt, dass nur die ergangene Feststellung und der entsprechende Vermerk in dem Führerschein die rechtliche Situation nach außen dokumentierten. Nur so ließe sich ausschließen, dass der Antragsteller - wie bereits häufiger in der Vergangenheit geschehen - mit fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen am innerdeutschen Straßenverkehr teilnehme und durch Aushändigung des slowakischen Führerscheins bei Kontrollen den Eindruck erwecke, dass es sich um eine in Deutschland anerkannte Fahrerlaubnis handle.

b) Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung überwiegt das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung. Maßgebliches Kriterium für die Abwägung sind grundsätzlich die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache. Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Antragstellers. Denn an der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist hingegen die angegriffene Maßnahme offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und Absatz 2 Satz 2 VwGO das Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehbarkeit. Im Falle des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO muss darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug gegeben sein. Die Offensichtlichkeit der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Maßnahme ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren feststellbar, wenn bereits bei der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ohne eine dem Hauptsacheverfahren vorbehaltene Beweisaufnahme die Erfolgsaussichten in der Hauptsache beurteilt werden können.

Unter Beachtung dieser Grundsätze fällt die Interessenabwägung vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Denn es ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die mit der Ordnungsverfügung ergangenen Maßnahmen - Feststellung der fehlenden Berechtigung von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (aa), Aufforderung zur Abgabe des slowakischen Führerscheins (bb) und Zwangsgeldandrohung (cc) - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtmäßig sind und ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug gegeben ist.

aa) Die im angegriffenen Bescheid getroffene Feststellung, der Antragsteller sei nicht berechtigt, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des feststellenden Verwaltungsaktes ist § 28 Absatz 4 Satz 2 FeV. Danach kann die Behörde in den Fällen des Satzes 1 einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass des feststellenden Verwaltungsakts sind erfüllt. Der Antragsteller ist nach § 28 Absatz 4 Satz 1 FeV nicht berechtigt von seiner slowakischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. § 28 Absatz 4 Satz 1 FeV regelt, in welchen Fällen die nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bestehende Berechtigung von Inhabern einer gültigen EU-​Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge im Inland zu führen nicht gilt (vgl. § 28 Absatz 1 Satz 1 FeV i.V.m. Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2006/126/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein, Neufassung, - RL 2006/126/EG -). Wenngleich der Inlandsfahrberechtigung des Antragstellers nicht der Ausschlussgrund des § 28 Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 entgegensteht (1), ist die Berechtigung nach § 28 Absatz 4 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht gegeben (2).

(1) Zwar liegen die Voraussetzungen des § 28 Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 FeV nicht vor. Danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU-​Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Wenngleich dem Antragsteller mit bestandskräftiger Ordnungsverfügung vom 17. August 2004 seine damalige deutsche Fahrerlaubnis entzogen wurde, hat er unter dem 7. Juli 2008 - und damit nach der Entziehung - die slowakische Fahrerlaubnis erworben.

(2) Doch folgt aus § 28 Absatz 4 Satz 1 Nr. 4 FeV, dass eine Inlandsfahrberechtigung des Antragstellers aufgrund der slowakischen Fahrerlaubnis ohne vorherigen Nachweis der Wiedererlangung seiner Fahreignung nicht (mehr) besteht. Nach dieser Vorschrift gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-​Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Mit seit dem 26. November 2008 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr (16 Ds-​372 Js 1291/06-​706/06) wurde eine Sperrfrist von einem Jahr angeordnet (Bl. 211 ff. Heft 1 der Beiakte).

Unerheblich ist, dass die Erteilung der ausländischen EU-​Fahrerlaubnis (am 7. Juli 2008) zeitlich vor der amtsgerichtlichen Verhängung der Maßnahme nach § 69a Absatz 1 Satz 3 StGB erfolgt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 13. Februar 2014 (3 C 1.13) Folgendes ausgeführt:
"Der Wortlaut der Regelung deckt beide Fallvarianten ab; das gilt ebenso für die Normbegründung. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen nicht geboten. Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. Anordnung einer isolierten Sperre ist nach § 69 StGB, dass das Strafgericht den Betroffenen für ungeeignet hält, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Das wird - wenn der Betroffene nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, die dann gemäß § 69 StGB zu entziehen wäre - vom Strafgericht gemäß § 69a Absatz 1 Satz 3 StGB durch die Anordnung einer isolierten Sperre förmlich zum Ausdruck gebracht; die Erteilung oder Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis wird für die Zeit, in der von fortdauernder Nichteignung des Betroffenen ausgegangen werden muss, ausgeschlossen. Hierfür ist die zeitliche Reihenfolge von Fahrerlaubniserteilung und isolierter Sperre ohne Belang. Insofern kommt es nicht darauf an, dass bei Vorliegen einer Fahrerlaubnis nach § 69 Absatz 1 i.V.m. § 69b Absatz 1 StGB an sich die Aberkennung durch das Strafgericht geboten gewesen wäre."
Die Einzelrichterin schließt sich dem an. Demnach ist der Antragsteller gemäß § 28 Absatz 4 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht berechtigt von seiner slowakischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

Die Anwendung der Norm ist auch nicht nach § 28 Absatz 4 Satz 3 FeV ausgeschlossen, da die im Fahreignungsregister eingetragene Maßnahme nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) getilgt ist. Gemäß § 29 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 a) beträgt die Tilgungsfrist bei Entscheidungen über eine Straftat, in denen die Fahrerlaubnis entzogen oder - wie hier - eine isolierte Sperre angeordnet worden ist, zehn Jahre und ist daher im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht abgelaufen.

Der Antragsteller hat auch nicht seine wiedergewonnene Eignung nachgewiesen. Zwar kann gemäß § 28 Absatz 5 Satz 1 FeV das Recht, von einer EU-​Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, auf Antrag erteilt werden,
zum Antragserfordernis vgl. BR-​Drs. 497/02, S. 68; BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 C 1.13 -, BVerwGE 149, 74-​88 = juris, Rn. 37; OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 -, juris, Rn. 29; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 28 FeV, Rn. 61.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen und dass die Eintragung der Sperrfrist im Fahreignungsregister getilgt ist oder eine positive behördliche Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Absatz 5 Satz 1 FeV vorliegt (vgl. § 28 Absatz 4 Satz 3 i.V.m. § 28 Absatz 5 Satz 2 FeV).
Vgl. KG Berlin, Urteil vom 20. Februar 2015 - (3) 121 Ss 195/14 (11/15) -, juris, Rn. 18; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 28 FeV, Rn. 61.
Wenngleich der Antragsteller am 10. Oktober 2012 einen entsprechenden Antrag gestellt hat (Bl. 283 Heft 1 der Beiakte) und die Sperre nicht mehr besteht, liegen aber die zuletzt genannten Voraussetzungen nicht vor. Wie bereits ausgeführt ist die Eintragung der Sperrfrist im Fahreignungsregister nach § 29 StVG noch nicht getilgt. Gleichfalls fehlt es an einer positiven behördlichen Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Absatz 5 Satz 1 FeV. Der Antragsteller hätte notfalls eine positive Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Absatz 5 Satz 1 FeV im Klagewege erstreiten müssen, falls sie - wofür nichts spricht - zu Unrecht verweigert worden wäre.

Schließlich hat die Antragsgegnerin das ihr in § 28 Absatz 4 Satz 2 FeV eingeräumte Ermessen zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes fehlerfrei ausgeübt. Steht eine Entscheidung im Ermessen der Behörde, überprüft das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Vor diesem Hintergrund sind keine Ermessensfehler erkennbar. Der angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin lässt erkennen, dass ihr Ermessen erkannt und auch ausgeübt hat. Soweit die Antragsgegnerin zur Begründung ausführt, es habe zur Feststellung, dass der Antragsteller von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland keinen Gebrauch machen dürfe, keine Alternative gegeben habe, kann dies nicht dahin gedeutet werden, die Antragsgegnerin sei von einer gebundenen Verwaltungsentscheidung ausgegangen. Vielmehr muss diese Passage im Gesamtzusammenhang so verstanden werden, dass die Antragsgegnerin die von ihr getroffene Entscheidung im Gegensatz zu anderen denkbaren Entscheidungen, insbesondere im Gegensatz zum Nichterlass des feststellenden Verwaltungsaktes, als die eindeutig vorzugswürdige eingestuft hat. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob das Ermessen der Antragsgegnerin intendiert gewesen ist,
vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 6. Juli 2011 - 11 BV 11.1610 -, juris, Rn. 31; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 28 FeV, Rn. 56,
wonach das Ermessen intendiert ist, wenn ein Feststellungsinteresse besteht, was regelmäßig bei Zweifeln am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Absatz 4 Satz 1 der Fall sein soll.

Auch liegt keine Ermessensüberschreitung in Form eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Insbesondere ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, eine positive behördliche Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Absatz 5 Satz 1 FeV zu treffen. Denn weder ist die Eintragung der Sperrfrist aus dem Fahreignungsregister getilgt worden, noch hat der Antragsteller den Nachweis erbracht, dass er seine Fahreignung wiedergewonnen hat. Die Antragsgegnerin musste den Antragsteller auch nicht auf die Möglichkeit eines Antrags auf Erteilung des Rechts von einer EU-​Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nr. 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen hinweisen, da er einen solchen Antrag bereits gestellt hatte.

Sonstige Gründe, wegen derer an der Sachgemäßheit der Ermessensausübung gezweifelt werden könnte, sind nicht ersichtlich.

Neben der Rechtmäßigkeit des feststellenden Verwaltungsaktes ist auch ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug dieser Verfügung gegeben. Das öffentliche Interesse an der Vollziehung des angefochtenen Bescheids überwiegt gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Das Interesse der Allgemeinheit daran, dass zur Gewährleistung der allgemeinen Verkehrssicherheit nur geeignete Kraftfahrer, die Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis und Inlandsfahrtberechtigung sind, am Straßenverkehr teilnehmen, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Nutzung seiner slowakischen Fahrerlaubnis in Deutschland. Dem öffentlichen Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer vor möglicherweise ungeeigneten Kraftfahrern kommt hohe Bedeutung zu. Dahinter müssen persönliche und berufliche Schwierigkeiten für den Antragsteller zurückstehen.

bb) Die Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins zwecks Anbringung eines Vermerks der Ungültigkeit der slowakischen Fahrerlaubnis des Antragsteller im Bundesgebiet stellt sich bei summarischer Prüfung ebenfalls als offensichtlich rechtmäßig dar. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 47 Absatz 2 Satz 1 FeV. Danach sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen unverzüglich vorzulegen. Die Verpflichtung besteht gemäß 47 Absatz 2 Satz 1 i.V.m. Absatz 1 Satz 2 FeV auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch - wie hier - die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

Ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug liegt ebenfalls vor. Das Interesse auszuschließen, dass der Antragsteller - wie bereits häufiger in der Vergangenheit geschehen - mit fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen am innerdeutschen Straßenverkehr teilnimmt und durch Aushändigung des slowakischen Führerscheins bei Kontrollen den Eindruck erweckt, dass es sich um eine in Deutschland anerkannte Fahrerlaubnis handelt, ist höher zu bewerten als etwaige Nachteile, die dem Antragsteller aus der Vorlage seiner Fahrerlaubnis erwachsen. Nachteile, die aus der Vorlage der slowakischen Fahrerlaubnis resultieren könnten, sind zum einen bereits deshalb nicht ersichtlich, da dem Antragsteller - nach den vorstehenden Ausführungen - bereits kraft Gesetzes untersagt ist, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Zum anderen trägt der Antragsteller selber vor, ohnehin nicht von dem Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht zu haben bzw. dass er bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts nicht beabsichtige, hiervon Gebrauch zu machen.

cc) Auch die Androhung des Zwangsgeldes für den Fall der Nichtablieferung des Führerscheins, die ihre Rechtsgrundlage in §§ 55, 60, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW) findet, ist - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die Frist zur Abgabe des Führerscheins (spätestens bis zum 19. August 2016) und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes (250,00 Euro).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO. Die Einzelrichterin macht keinen Gebrauch von § 155 Absatz 4 VwGO, wonach Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden können. Zwar hat die Antragsgegnerin hinsichtlich des feststellenden Verwaltungsaktes erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die sofortige Vollziehung angeordnet. Indes ist bereits nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller hierdurch Kosten entstanden sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Eilantrag nur aufgrund der fehlenden Anordnung der sofortigen Vollziehung bezüglich des feststellenden Verwaltungsaktes gestellt worden ist. Vielmehr hat der Antragsteller das Eilverfahren auch nach der nachträglich erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung unverändert weiterverfolgt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Absatz 2 Nr. 2, 52 Absatz 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Bedeutung der Sache wird im Hauptsacheverfahren mit dem Auffangstreitwert des § 52 Absatz 2 GKG angesetzt, da der Antragsteller nicht in qualifizierter Weise, etwa als Berufskraftfahrer, auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. In Verfahren betreffend die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ermäßigt sich der danach zu berücksichtigende Betrag von 5.000,00 Euro aufgrund der Vorläufigkeit der Entscheidung um die Hälfte. Das Gericht geht - trotz der Regelung in § 6a Absatz 3 Satz 1 StVG i.V.m. § 22 Absatz 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG) in seiner bis zum 14. August 2013 geltenden Fassung - mit Blick auf § 80 Absatz 6 VwGO davon aus, dass die Kostenfestsetzung nicht Gegenstand des Eilverfahrens ist und sich damit nicht streitwerterhöhend auswirkt.