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OLG Bamberg Beschluss vom 07.02.2017 - 2 OLG 7 Ss 105/16 - Rückrechnung der BAK und Beschränkung der Berufung

OLG Bamberg v. 07.02.2017: Rückrechnung der BAK und Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen


Das OLG Bamberg (Beschluss vom 07.02.2017 - 2 OLG 7 Ss 105/16) hat entschieden:
  1. Die Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn das Erstgericht trotz Vorliegens entsprechender Anhaltspunkte weder die Frage der Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) hinreichend geprüft noch die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten (§ 21 StGB) rechtsfehlerfrei begründet hat. Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung (§ 318 StPO) ist dabei das Ergebnis der der Urteilsverkündung durch das Berufungsgericht vorausgehenden Urteilsberatung, weil erst dann endgültig überprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Trennbarkeit und Widerspruchsfreiheit zur Schuld- und Rechtsfolgenfrage und damit für die Frage der Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung vorlagen (Festhaltung an OLG Bamberg, Beschluss vom 9. Dezember 2014, 2 OLG 7 Ss 121/14, OLGSt StPO § 318 Nr. 24).

  2. Der Beurteilung der Schuldfähigkeit eines alkoholisierten Täters hat auch dann der Versuch einer Berechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK) zur Tatzeit vorauszugehen, wenn sich deren Berechnung als schwierig erweist, weil die Einlassung des Angeklagten sowie ggf. Bekundungen von Zeugen lediglich eine ungefähre zeitliche und mengenmäßige Eingrenzung des Alkoholkonsums zulassen. Auch in solchen Fällen ist deshalb die Berechnung - ggf. unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe - aufgrund einer Schätzung unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes vorzunehmen. Hiervon darf das Tatgericht nur dann Abstand nehmen, wenn nach Ausschöpfung der vorhandenen Beweise sich auch keine annähernd verlässliche Berechnung zur Tatzeit durchführen ließe (u.a. Anschluss an BGH, Beschluss vom 28. April 2010, 5 StR 135/10, NStZ-RR 2010, 257 = RUP 2010, 227).

  3. Fehlende Erfolgsaussichten einer Unterbringung nach § 64 StGB können nicht allein damit begründet werden, dass andere Behandlungsmaßnahmen erfolgversprechend, geplant oder bereits begonnen wurden. Ein bereits erzielter Behandlungserfolg einer zwischenzeitlich begonnenen (freiwilligen) Therapie kann die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB aber ausnahmsweise entbehrlich machen (u.a. Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 3. März 2016, 4 StR 497/15, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Spezialprävention 6 und 7. Januar 2008, 5 StR 425/07, RuP 2008, 229).

Siehe auch Beschränkung des Rechtsmittels im Strafverfahren und Rückrechnung / Hochrechnung der alkoholischen Beeinflussung aus der BAK oder aus Trinkmengen


Gründe:

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 21.03.2016 wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Körperverletzung in Tatmehrheit mit zwei tateinheitlichen Fällen der Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung. Das Amtsgericht hatte zugunsten des Angeklagten, bei dem ein Alkoholtest nicht durchgeführt worden war und der angegeben hatte, die Tat nicht bestreiten zu wollen, sich aber infolge des Genusses von 3 bis 4 Bier sowie Wein nicht mehr an Details erinnern zu können, das Vorliegen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB angenommen. Anhaltspunkte für eine vollkommene Aufhebung der Steuerungsfähigkeit sah das Amtsgericht in Anbetracht der „noch möglichen Artikulierung“ des Angeklagten sowie seiner „planmäßigen Flucht“, bei der es ihm ohne Probleme möglich gewesen sei, über die vor einem Restaurant befindlichen Stühle zu steigen, nicht, zumal der Angeklagte eigenen Angaben zufolge täglich Alkohol trinke und hierbei öfters Erinnerungslücken habe. Gegen dieses Urteil wandten sich sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufungen. Das Landgericht verwarf beide von ihm als wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt angesehenen Berufungen mit Urteil vom 06.09.2016 als unbegründet. Anhaltspunkte, die Berufungsbeschränkungen in Frage zu stellen, hätten sich nicht ergeben. Wiewohl der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung die Trinkmengen am Tattag dahingehend konkretisierte, dass er im Laufe des Nachmittags vor der Tat 3-​4 Halbe Bier sowie 4-​5 Schoppen Wein getrunken habe, sich weiter darauf berief, keinerlei Erinnerung an die Tat zu haben und im Übrigen angab, seit 20-​30 Jahren Alkohol zu trinken, in den letzten etwa 10-​15 Jahren sogar exzessiv, bis er keine Erinnerung mehr habe, sah das Landgericht ebenfalls mit Blick insbesondere auch auf das Nachtatverhalten des Angeklagten keine Hinweise für eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt. Mit seiner gegen dieses landgerichtliche Urteil gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil des Landgerichts wegen Lückenhaftigkeit der Urteilsgründe hinsichtlich der dortigen Erwägungen zur Versagung einer Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 StGB im Rechtsfolgenausspruch nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und das Verfahren im Umfang der Aufhebung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.


II.

Die gemäß § 333 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§§ 341 Abs. 1, 344, 345 StPO) Revision des Angeklagten hat bereits deshalb - zumindest vorläufigen - Erfolg, weil dem Senat eine Überprüfung, ob das Landgericht zu Recht von einer wirksamen Beschränkung der Berufungen auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen ist, auf der Grundlage der im Berufungsurteil zu einer möglichen alkoholbedingten Aufhebung bzw. Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt getroffenen Feststellungen nicht möglich ist.

1. Auf eine zulässige und ihrerseits unbeschränkte Revision hat das Revisionsgericht von Amts wegen, unabhängig von einer sachlichen Beschwer des Rechtsmittelführers, zu prüfen, ob das Berufungsurteil über alle Teile des erstinstanzlichen Urteils entschieden hat, die der Überprüfungskompetenz der Berufungskammer unterlagen (LR/Franke StPO 26. Aufl. § 337 Rn. 37; Graf [Hrsg.]/Eschelbach StPO 2. Aufl. § 318 Rn. 31). Aus diesem Grund muss das Revisionsgericht auch nachprüfen, ob und inwieweit erklärte Berufungsbeschränkungen (§ 318 StPO) rechtswirksam waren (OLG Bamberg, Beschlüsse vom 09.12.2014 - 2 OLG 7 Ss 121/14 = OLGSt StPO § 318 Nr. 24 und 31.07.2014 - 2 Ss 77/14 [unveröffentlicht]; OLG Bamberg, Urteil vom 25.06.2013 - 3 Ss 36/13 = DAR 2013, 585 = OLGSt StVG § 21 Nr. 10; OLG München ZfS 2012, 472; Meyer-​Goßner/Schmitt StPO 59. Aufl. § 318 Rn. 33; § 352 Rn. 4).

a) Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich zulässig ist und die Frage der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, welche zur Rechtsfolge gehört, grundsätzlich von der Frage der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB, die dem Schuldspruch zuzurechnen ist, trennbar ist. Allerdings ist eine Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch dann unwirksam, wenn bereits das Amtsgericht weder die Frage der Schuldfähigkeit nach § 20 StGB geprüft hat, obwohl aufgrund seiner eigenen Feststellungen Anlass hierfür bestand, noch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nach § 21 StGB rechtsfehlerfrei begründet hat (OLG Bamberg, Beschluss vom 09.12.2014 - 2 OLG 7 Ss 121/14 = OLGSt StPO § 318 Nr. 24; OLG Köln NStZ 1984, 379; BayObLGSt 1994, 253; BayObLG NZV 2001, 353; BGH NJW 2001, 1435; BayObLG NJW 2003, 2397 [zur Frage der Beschränkung des Einspruchs gegen einen Strafbefehl]; OLG Hamm BA 45, 262; OLG Hamm NStZ-​RR 2008, 138; OLG Hamm, Beschluss vom 14.01.2014 - 3 RVs 97/13 = BeckRS 2014, 12983; Meyer-​Goßner/Schmitt § 318 Rn. 17 m.w.N.; Eschelbach § 318 Rn. 18 a.E. m. w.N.). In einem solchen Fall kann aufgrund der lückenhaften Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte schuldunfähig war. Damit besteht zwischen der Schuld- und Straffrage eine derart enge Verbindung, dass eine isolierte Überprüfung des angefochtenen Teils nicht möglich ist.

b) Insoweit entspricht es gefestigter Rechtsprechung auch des Senats (OLG Bamberg, Beschluss vom 09.12.2014 - 2 OLG 7 Ss 121/14 = OLGSt StPO § 318 Nr. 24), dass das Berufungsgericht die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung von Amts wegen endgültig erst aus der Sicht des Ergebnisses der Beratung über die zu treffende Entscheidung zu prüfen hat, weil nur so im konkreten Einzelfall geprüft werden kann, ob - gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung durchgeführter Beweiserhebungen zum Rechtsfolgenausspruch - Trennbarkeit und Widerspruchsfreiheit im oben angeführten Sinn bejaht werden kann (BGHSt 27, 70/72; OLG Koblenz NStZ-​RR 2005, 178; OLG Bamberg, Beschluss vom 10.09.2012 - 2 Ss 91/12 [unveröffentlicht]; KG, Beschluss vom 27.08.2013 - 161 Ss 101/13 [bei juris] = BeckRS 2013, 18258; OLG Bamberg, Beschluss vom 30.05.2014 - 2 Ss 67/2014; Meyer-​Goßner/Schmitt § 318 Rn. 8; KK/Paul StPO § 318 Rn. 1 a.E.).

c) Dass das Landgericht jedenfalls auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen mit Blick auf die angegebenen Trinkmengen, die Alkoholgewöhnung des Angeklagten und sein Nachtatverhalten eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 20 StGB ausgeschlossen hat mit der Folge der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkungen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Soweit sich das Landgericht hierfür - dem Amtsgericht folgend - im Wesentlichen auf die „noch mögliche Artikulierung“ des Angeklagten und seine „planmäßige Flucht“ stützt, fehlen hierzu schon nähere Ausführungen zum Verhalten des Angeklagten, die dem Senat die Überprüfung dieser Erwägungen ermöglichen. Dies wäre aber schon im Hinblick auf den Umstand geboten gewesen, dass Trinkgewöhnung bei Alkoholikern zu körperlich unauffälligem Verhalten auch bei extrem hohen BAK-​Werten führen kann und im Übrigen der 'Zielgerichtetheit' des Täterverhaltens für sich allein kaum Aussagewert zukommt (Fischer StGB 64. Aufl. § 20 Rn. 20, 25, jeweils m.w.N.). Vor diesem Hintergrund wäre das Landgericht insbesondere mit Blick auf die von dem Angeklagten angegeben Trinkmengen und die von ihm geltend gemachte Erinnerungslosigkeit gehalten gewesen, ggf. mit sachverständiger Hilfe nähere Einzelheiten zur Alkoholisierung des Angeklagten aufzuklären. Insoweit entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem alkoholisierten Täter für die Beurteilung der Schuldfähigkeit eine Berechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK) zur Tatzeit vorausgehen muss, um den Grad der Alkoholisierung einschätzen zu können (vgl. nur BGH, Beschluss vom 28.04.2010 - 5 StR 135/10 = NStZ-​RR 2010, 257 = RUP 2010, 227; BGH, Beschluss vom 26.05.2009 - 5 StR 57/09 = BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 41 = BGHR JGG § 74 Kosten 3; BGH, Urteil vom 13.05.1993 - 4 StR 183/93 = StV 1993, 519). Hiervon kann der Tatrichter nicht schon dann Abstand nehmen, wenn sich die Berechnung als schwierig erweist, etwa weil die Angaben zum konsumierten Alkohol nicht exakt sind. Vielmehr ist in solchen Fällen eine Berechnung der BAK aufgrund von Schätzungen unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes auch dann vorzunehmen, wenn die Einlassung des Angeklagten sowie gegebenenfalls die Bekundungen von Zeugen zwar keine sichere Berechnungsgrundlage ergeben, jedoch eine ungefähre zeitliche und mengenmäßige Eingrenzung des Alkoholkonsums ermöglichen (BGH, Beschluss vom 28.04.2010 - 5 StR 135/10 = NStZ-​RR 2010, 257 = RUP 2010, 227 m.w.N.). Hiervon hätte das Landgericht nur dann Abstand nehmen dürfen, wenn nach Ausschöpfung der vorhandenen Beweise sich auch keine annähernd verlässliche Berechnung der BAK zur Tatzeit durchführen ließe. Dass diese Prämissen erfüllt waren, lässt sich den Urteilsgründen indes nicht entnehmen.

2. Die neue Strafkammer wird daher - ggf. unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe - die tatsächlichen Grundlagen, die für die Beurteilung der Schuldfähigkeit mit Blick auf den der Tat vorangegangenen Alkoholkonsum von Bedeutung sind, zu klären und hierzu Feststellungen zu treffen haben. Sie hat sodann in eigener Verantwortung die Subsumtion unter §§ 20, 21 StGB vorzunehmen und auf dieser Grundlage die Frage der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung erneut zu prüfen.


III.

Auf die Revision des Angeklagten hin ist daher das angefochtene Urteil bereits wegen des aufgezeigten sachlich-​rechtlichen Mangels mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 Abs. 1 und Abs. 2 StPo), ohne dass es auf das Vorliegen weiterer Rechtsfehler ankommt. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).


IV.

Die neue Strafkammer wird Folgendes zu beachten haben:

1. Fakultative Strafrahmenmilderung

Im Falle eingeschränkter Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB können zwar schulderhöhende Umstände zur Versagung der fakultativen Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn durch diese Umstände die infolge Herabsetzung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verminderte Tatschuld aufgewogen wird (vgl. Fischer § 21 Rn. 20 ff.). Dies setzt im Falle einer alkoholbedingten Verminderung der Schuldfähigkeit indes regelmäßig voraus, dass diese auf eine selbst zu verantwortende, verschuldete Berauschung zurückgeht und dem Täter uneingeschränkt vorwerfbar ist (BGH NStZ 2008, 330). Eine Intoxikation ist dem Täter jedenfalls dann nicht uneingeschränkt vorwerfbar, wenn er alkoholkrank ist und auf Grund unwiderstehlichen Drangs trinkt, weil ihm als Alkoholiker die Kraft fehlt, sich vom Alkohol zu lösen, wenn ihn der Alkohol weitgehend beherrscht oder der jahrelang betriebene Alkoholabusus bereits eine hirnorganische Störung hervorgerufen hat (vgl. Schönke-​Schröder/Perron/Weißer StGB 29. Aufl. § 21 Rn. 20; Fischer § 21 Rn. 26). Im Hinblick auf die bisherigen Urteilsfeststellungen zur Vorahndungslage, zum Verlauf der vorausgegangenen Alkoholtherapie sowie zu den Angaben des Angeklagten hinsichtlich Trinkmenge, Erinnerungslosigkeit und gewohnheitsmäßigen, exzessiven Alkoholkonsums sind die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Milderung des Strafrahmens abgelehnt hat, nicht geeignet, die Annahme einer selbstverschuldeten Alkoholisierung zu tragen.

2. Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)

Nach den bisher getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte mehrfach wegen unter Alkoholeinwirkung begangener Taten vorgeahndet ist und den Abbruch einer von ihm in Befolgung einer Bewährungsauflage angetretenen stationären Alkoholtherapie durch Rückfall nach eigenmächtigem Entfernen veranlasst hat, sowie mit Blick auf das von ihm angegebene Trinkverhalten drängt sich die Prüfung auf, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2013 - 2 StR 60/13 [bei juris]). Langjähriger exzessiver Alkoholkonsum macht die Auseinandersetzung damit erforderlich, ob bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne von § 64 StGB vorliegt, mithin eine chronische auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol zu sich zu nehmen (st.Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20.12.2011 - 3 StR 421/11 = NStZ-​RR 2012, 204 m.w.N.). Dass sich der Angeklagte einer weiteren freiwilligen stationären Alkoholtherapie unterzogen hat, welche zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung etwa sechs Wochen andauerte, machte diese Prüfung nicht obsolet. Fehlende Erfolgsaussichten der Unterbringung nach § 64 StGB können nicht allein darauf gestützt werden, dass andere Maßnahmen erfolgversprechend, ins Auge gefasst oder bereits begonnen wurden. Zwar kann ein zwischenzeitlich bereits erzielter Behandlungserfolg einer bereits begonnenen Therapie ausnahmsweise die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB entbehrlich machen (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2016 - 4 StR 497/15 = BGHR StGB § 46 Abs. 1 Spezialprävention 6). Ein solcher war ausweislich der Feststellungen des Landgerichts aber jedenfalls zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung (noch) nicht gegeben (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 07.01.2008 - 5 StR 425/07 = BeckRS 2008, 01548). Daher wird sich ggf. die neue Strafkammer - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen gemäß § 246a StPO - mit der Frage der Frage der Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB zu befassen haben.


V.

Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 4 StPO.