Das Verkehrslexikon

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Amtsgericht Nürnberg Urteil vom 01.09.2016 - 15 C 5843/16 - Sachverständigenkosten bei erkennbar oberflächlichem Sachschaden

AG Nürnberg v. 01.09.2016: Erstattung von Sachverständigenkosten bei für den Laien erkennbar oberflächlichem Sachschaden


Das Amtsgericht Nürnberg (Urteil vom 01.09.2016 - 15 C 5843/16) hat entschieden:
Nach einem Verkehrsunfall sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, wenn durch einen augenscheinlich geringfügigen Unfall nur ein oberflächlicher Sachschaden entstanden ist. - Liegt nicht nur ein leichter Kratzer vor, der aus Sicht des Geschädigten mit geringen Kosten zu beseitigen wäre, sondern sind vielmehr der Austausch von Stoßfänger und Radlaufabdeckung sowie umfangreiche Lackierarbeiten erforderlich, so sind diese Kosten auch aus Sicht eines Laien nicht als voraussichtlich gering einzustufen.


Siehe auch Die Sachverständigenkosten in der Unfallschadenregulierung und Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen bei Kleinschäden unterhalb der sog. Bagatellschadensgrenze


Tatbestand:

Von der Abfassung wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 S. 1, 495 a ZPO abgesehen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht der Geschädigten ... Anspruch auf Erstattung von restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 156,56 €.

Die Kosten zur Ermittlung des Schadens sind grundsätzlich Teil des zu ersetzenden Schadens. Der Schädiger hat daher die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Grundsätzlich darf auch bei Kfz-Unfällen der Geschädigte einen Sachverständigen hinzuziehen. Anerkannt ist in der Rechtsprechung, dass ein Geschädigter gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, wenn er einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens beauftragt, obwohl ein sogenannter Bagatellschaden vorliegt.

Hier wurden von der Klägerin im Gutachten die erforderlichen Reparaturkosten mit 865,50 € netto bzw. 1029,95 € beziffert. Der Schaden liegt damit brutto bereits über 1.000,00 €, wo selbst nach der eigenen Einschätzung der Beklagten kein Bagatellschaden angenommen wird.

Jedoch kann für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, nicht allein darauf abgestellt werden, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag ü überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht. Denn zum Zeitpunkt der Auftragserteilung ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Vielmehr kommt es auch insofern maßgeblich darauf an, ob der Geschädigte zum Zeitpunkt der Beauftragung eine sachverständige Beratung für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, NJW 2005,, Seite 356). Nicht ersatzfähig sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens danach, wenn durch einen augenscheinlich geringfügigen Unfall nur ein oberflächlicher Sachschaden entstanden ist (vgl. LG Saarbrücken, 19. 10. 2012, 13 S 38/12). Die Geschädigte ... hat ersichtlich keine Kenntnis über Fahrzeugreparaturkosten. Nach den Feststellungen des Sachverständigen war die Stoßfängerverkleidung hinten rechtsseitig verformt und gebrochen und der Radlauf hinten rechts eingedrückt. Es liegt hier nicht nur ein leichter Kratzer vor, der aus Sicht des Geschädigten mit geringen Kosten zu beseitigen wäre. Erforderlich waren nach der Kalkulation der Austausch von Stoßfänger und Radlaufabdeckung sowie umfangreiche Lackierarbeiten. Diese Kosten sind auch aus Sicht eines Laien nicht als voraussichtlich gering einzustufen. Die Kosten des Sachverständigengutachtens sind daher gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu erstatten.

Kosten: § 91 ZPO

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 713 ZPO



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