Das Verkehrslexikon
OLG Köln Beschluss vom 30.06.1998 - Ss 304/98 (Z) - 183 Z - Achslast und eigene Bremse
OLG Köln v. 30.06.1998: Maßgebliche Achslast für die Erforderlichkeit einer eigenen Bremse
Das OLG Köln (Beschluss vom 30.06.1998 - Ss 304/98 (Z) - 183 Z) hat entschieden:
Die Erforderlichkeit einer eigenen Bremse für einachsige Anhänger richtet sich gemäß StVZO § 41 Abs 11 S 1 nach der tatsächlichen Achslast, nicht nach der zulässigen Achslast.
Siehe auch Bremsen - Bremsanlage - Mängel - Kontrolle der Bremsen und Sattelzug -Sattelauflieger - Sattelschlepper
Gründe:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 41 Abs.9 StVO, 69 a Abs.3 Ziffer 13 StVZO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 100,00 DM verurteilt.
Nach den dazu getroffenen Feststellungen nahm der Betroffene am Nachmittag des 25. 2.1996 in E. seinen PKW der Marke Citroen, amtliches Kennzeichen ..., nebst einachsigem Anhänger in Betrieb und befuhr damit die K. Straße in E., obgleich das Abrissseil des Anhängers mit dem amtlichen Kennzeichen ... nicht mit der Anhängerkupplung des PKW verbunden war.
Der dem Betroffenen angelastete Verstoß gegen § 49 Abs.9 StVZO ist in dem amtsgerichtlichen Urteil damit begründet , gemäß § 41 Abs.11 StVZO habe der Anhänger aufgrund seines zulässigen Gesamtgewichts von 800 kg unter Berücksichtigung des Leergewichts des ziehenden Fahrzeugs von 1.505 kg eine Bremsanlage gemäß den Vorschriften des § 41 Abs.9 StVZO haben müssen. Da das nicht ordnungsgemäß angebrachte Abrissseil ein unverzichtbares Element der Bremsanlage darstelle , sei die Verkehrssicherheit des Anhängers wesentlich beeinträchtigt gewesen.
Mit der Rechtsbeschwerde wird die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und geltend gemacht, dass der Anhänger bei der fraglichen Fahrt keine Betriebsbremse benötigte , weil das Gesamtgewicht weit unter 750 kg gelegen habe.
Der Senat hat mit Beschluss vom 26.Juni 1998 auf Antrag des Betroffenen die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Rechtsbeschwerde hat insofern Erfolg , als die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Euskirchen zurückzuverweisen ist ( § 79 Abs.6 OWiG).
Die Verurteilung durch das Amtsgericht beruht auf der Annahme, dass der von dem Betroffenen bei der Fahrt mit seinem PKW mit-geführte Anhänger gemäß § 41 Abs.11 Satz 1 StVZO wegen seines zulässigen Gesamtgewichts eine eigene Bremse benötige. Für diesen Fall erklärt § 41 Abs.11 Satz 2 StVZO die Vorschriften des Absatzes 9 über Bremsanlagen bei Anhängern für anwendbar.
§ 41 Abs.11 Satz 1 StVZO hat in der geltenden Fassung folgenden Wortlaut:
An einachsigen Anhängern und zweiachsigen Anhängern mit einem Achsabstand von weniger als 1,0 m ist eine eigene Bremse nicht erforderlich, wenn der Zug die für das ziehende Fahrzeug vorgeschriebene Bremsverzögerung erreicht und die Achslast des Anhängers die Hälfte des Leergewichts des ziehenden Fahrzeugs, jedoch 0,75 t nicht übersteigt.
Nach der Legaldefinition in § 34 Abs.1 StVZO ist Achslast die Gesamtlast, die von den Rädern einer Achse oder einer Achsgruppe auf die Fahrbahn übertragen wird. Davon unterscheidet sich die zulässige Achslast, die in § 34 Abs.2 StVZO näher definiert ist. Der Wortlaut des § 41 Abs.11 Satz 1 StVO stellt auf die Achslast des Anhängers ab, bei es sich folglich um die tatsächliche , nicht aber um die zulässige Achslast handeln muss. Für die frühere Fassung des § 41 Abs.11 Satz 1 StVZO, nach der die Achslast des Anhängers 3 t nicht überschreiten durfte, ist höchstrichterlich entschieden worden, dass auf die effektive Achslast abzustellen ist (OLG Hamm VRS 36,375,376). Für die nunmehr geltende Fassung kann nichts anderes gelten.
Diese Auslegung steht auch in Einklang mit der Regelung des § 42 Abs.2 StVZO , dem die Bestimmung des § 41 Abs.11 Satz 1 StVZO weitgehend angeglichen worden ist (Lütke/Meier/Wagner/ Emmerich, Straßenverkehr Teil I, StVZO § 41 Rn.11). Nach § 42 Abs.2 StVZO darf die Anhängelast bei einachsigen Anhängern ohne eigene Bremse nicht mehr als 750 kg betragen.
Der Begriff der Anhängelast ist auch in § 41 Abs.1 StVZO verwandt, wonach der die vom PKW gezogene Anhängelast das zulässige Gesamtgewicht des ziehenden Fahrzeugs nicht überschreiten darf. Wie der Senat zu dieser Bestimmung entschieden hat, ist unter der Anhängelast - der Last, die hinter den mit einer Anhängekupplung ausgestatteten Kraftfahrzeugen mitgeführt wird (BGHSt 32,335,338) - nur das tatsächliche Gewicht zu verstehen (VRS 59, 471 ; vgl. auch BGH a.a.O.).
Kommt es hiernach für die Bestimmung der Achslast, bis zu der für einen einachsigen Anhänger - unter der weiteren Voraussetzung, dass das ziehende Fahrzeug die vorgeschriebene Bremsverzögerung erreicht - eine eigene Bremse nicht erforderlich ist, auf die tatsächliche Achslast an, so kann dem Betroffenen nicht allein wegen der mangelhaften Befestigung des Abrissseiles an der Anhängerkupplung vorgeworfen werden, dass die vorhandene Bremsanlage des Anhängers nicht in ordnungsgemäßem Zustand war. Sollte der Anhänger - wie der Betroffene geltend macht - bei der fraglichen Fahrt nicht beladen gewesen sein , hätte die tatsächliche Achslast weit unter 0,75 t gelegen. Mängel einer nicht vorgeschriebenen Ausrüstung begründen in der Regel keine Ordnungswidrigkeit ( vgl. OLG Düsseldorf NZV 1988,112,190).
Mit der gegebenen Begründung ist der Vorwurf der Zuwiderhandlung gegen § 41 Abs.9 StVZO hiernach nicht haltbar . Der Senat kann in der Sache selbst nicht entscheiden, weil das angefochtene Urteil Feststellungen zu den für die Anwendbarkeit des § 41 Abs.11 Satz 1 StVZO bedeutsamen Fragen der tatsächlichen Achslast des Anhängers und der Bremsverzögerung des ziehenden Fahrzeugs nicht enthält und nicht auszuschließen ist, dass entsprechende Feststellungen noch getroffen werden. Die Sache ist deshalb an das Amtsgericht zurückzuverweisen.