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Landgericht Braunschweig Urteil vom 16.10.2017 - 11 O 4080/16 - Keine Ansprüche auf Schadensersatz für den Käufer eines vom "Abgasskandal" betroffenen Kfz

LG Braunschweig v. 16.10.2017: Keine Ansprüche für den Käufer eines vom "Abgasskandal" betroffenen Kraftfahrzeugs gegen den Hersteller des Motors


Das Landgericht Braunschweig (Urteil vom 16.10.2017 - 11 O 4080/16) hat entschieden:
Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung (Motorsteuerungssoftware) versehenen Kraftfahrzeugs stehen keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder anderen Rechtsgründen auf Schadensersatz gegen den Hersteller des Motors zu.


Siehe auch „Schummelsoftware“ und Stichwörter zum Thema Autokaufrecht


Tatbestand:

Der Kläger begehrt Schadensersatz aufgrund des Fahrzeugs ... 2,0 l TDI mit der Fahrzeug-​Identifizierungsnummer (FIN) ....
Der Kläger kaufte am 29.06.2015 ein gebrauchtes Fahrzeug ... 2,0 l TDI zum Preis von 20.000,00 € von einer dritten Person.

Herstellerin des Fahrzeugs ist laut der EG-​Übereinstimmungsbescheinigung die ... AG (Anlage R 22 a).

In dem Fahrzeug ist ein Motor der Baureihe EA 189 verbaut, dessen Herstellerin die Beklagte ist. In der EG-​Übereinstimmungsbescheinigung (R 22a) wird als Abgasnorm EURO 5 bescheinigt. Die Einhaltung der dafür nach der EG-​Verordnung maßgeblichen Grenzwerte für Stickoxide hängt davon ab, in welchem Ausmaß Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Im streitgegenständlichen Fahrzeug lässt die das Abgasrückführungsventil steuernde Software des Motorsteuerungsgerätes eine Abgasrückführung im zur Einhaltung der Grenzwerte nötigen Umfang unter den Bedingungen des zur Erlangung der Typgenehmigung durchgeführten gesetzlich vorgeschriebenen Testlaufs zu. Bewegt sich das Fahrzeug nicht in diesem eng vorgegebenen Geschwindigkeitsmuster, erkennt die Software dies und verringert die Abgasrückführung im Verhältnis zur Fahrt auf dem Prüfstand, wodurch sich die Stickoxidemissionen erhöhen.

Das Kraftfahrbundesamt (KBA) erkannte in der genannten Software eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziff. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ordnete einen Rückruf an.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, ihm stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz auf der Grundlage von Vertrauenshaftung, Garantiehaftung und deliktischer Haftung zu, im Ergebnis sei die Beklagte verpflichtet, das Fahrzeug des Klägers gegen Zahlung des Kaufpreises zurückzunehmen. Auch weitere Schäden, wie drohende steuerliche Schäden, habe die Beklagte dem Kläger zu ersetzen.

Der Kläger beantragte zuletzt:
  1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs ... 2,0 l TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer: ...) durch die Beklagtenpartei resultieren.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.789,76 freizustellen.
Die Beklagte beantragte:
Klagabweisung
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dem Kläger als Herstellerin des in dem Fahrzeug verbauten Motors nicht nach den Grundsätzen der Vertrauenshaftung verantwortlich zu sein; der Kläger sei seitens der Beklagten nicht getäuscht worden, auch sei ihm kein Schaden entstanden und deliktische Haftungsnormen seien nicht verwirklicht.

Es fand mündliche Verhandlung statt am 05.09.2017, in welcher seitens des Gerichts darauf hingewiesen wurde, dass Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Feststellungsantrages Ziffer 1. bestünden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Inhalt der Akten verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist bezüglich des Klageantrags zu 1. unzulässig (A) und bezüglich des Klageantrags zu 2. zulässig aber unbegründet (B).

A)

Dem Klageantrag zu 1. fehlt es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO.

I.

Das Feststellungsinteresse fehlt, weil im vorliegenden Falle die Leistungsklage vorrangig ist. Die Höhe des Kaufpreises, dessen Rückzahlung der Kläger hier - abzüglich etwaiger Nutzungsentschädigungen im Rahmen der Vorteilsausgleichung - begehrt, ist bezifferbar. Für einen den Anforderungen des 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Antrag ist dafür keine Darlegung der Höhe der Nutzungsentschädigung durch die Beklagte und auch kein Sachverständigengutachten erforderlich. Zwar wird ein etwaiger Vorteil vom Ersatzanspruch abgezogen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedürfte, die diesbezügliche Möglichkeit der gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO entbindet den Kläger allerdings gerade nicht vollständig von der Angabe, in welcher Höhe er sich hier Vorteile für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen will, sondern führt lediglich zu einer Erleichterung seiner Darlegung. Der Kläger bleibt gleichwohl in der Pflicht, eine Schätzgrundlage für den Nutzungsersatz anzugeben.

II.

Eine Feststellungsklage ist hier auch nicht deshalb zulässig, weil nur ein Teil des geltend gemachten Schadens schon entstanden und damit bezifferbar ist, denn im vorliegenden Falle steht die Entstehung weiteren Schadens nicht zu erwarten. Der Kläger ist zwar der Ansicht, es drohten weitere, steuerliche Schäden. Dafür dass etwa die steuerliche Entlastung von Dieselfahrzeugen rückwirkend aufgehoben werden könnte, bestehen allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Andere drohende Schäden sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich: Der klägerische Vortrag zu einem allgemeinen Wertverlust von Dieselfahrzeugen aufgrund der seitens der Beklagten verbauten Software des Motorsteuergerätes ist nicht hinreichend im Tatsächlichen vereinzelt: So trägt er keine Anknüpfungstatsachen vor, nach denen ein etwaiger Preisverfall - aufgrund des sogenannten Abgasskandals - von einem Sachverständigen bestätigt werden könnte. Ein entsprechender Vortrag wäre dem Kläger indes angesichts der hohen Transparenz des Gebrauchtwagenmarktes ohne weiteres möglich.

Auch hält bereits der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlichte Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ (vorgelegt vom Kläger, Anlage R 30, dort Seite 13) fest, dass für Fahrzeuge, die bereits in Deutschland oder im EU-​Ausland zugelassen gewesen sind, kein Zulassungshindernis besteht, insbesondere im Fall eines Weiterverkaufs. Für solche Fahrzeuge wird in dem Bericht auch keine Rechtsgrundlage für ein Verkaufsverbot gesehen.

III.

Das Feststellungsinteresse besteht auch nicht etwa ausnahmsweise deshalb, weil die Beklagte mit einer Behörde oder einer Versicherung im Sinne der Rechtsprechung verglichen werden könnte, die aufgrund eines Feststellungsurteils leisten würde. Diese Ausnahme gilt nur für Fälle, in denen schon das Feststellungsurteil zu endgültiger Streitbeilegung führen würde, was hier jedoch nach dem umfangreichen und weitgehenden streitigen Vortrag beider Parteien nicht zu erwarten ist.

B)

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu Ziffer 2. begehrte Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

I.

Ein solcher folgt nicht aus § 280 Abs. 1 BGB (Punkt XIV. des klägerischen Schriftsatzes vom 16.05.2017), weil die Beklagte hier mangels Kaufvertrages zwischen den Parteien des Rechtsstreits keine Pflichtverletzung aus einem Kaufvertrag begangen haben kann.

II.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind auch nicht als Schadensposition im Rahmen des § 249 BGB zu ersetzen, da bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht:

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 311, 241 Abs. 2 BGB:

Es ist bereits nicht dargelegt, inwiefern die Beklagte als Herstellerin des Motors, der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde, dem Kläger gegenüber mit Prospektangaben aufgetreten sein sollte.

Zudem sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung auf den vorliegenden Fall ohnehin nicht übertragbar. Die Prospekthaftung im Bereich der Kapitalanlagen geht davon aus, dass der Emissionsprospekt in der Regel die einzige Informationsquelle des Anlegers ist. Nur unter der Voraussetzung, dass die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen. Anders als bei Kapitalanlagen gibt es für Pkw jedoch zahlreiche allgemein zugängliche Quellen, um sich vor der Kaufentscheidung über ein bestimmtes Modell zu informieren.

2. Der Kläger kann gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Garantie gemäß § 443 BGB unter dem Gesichtspunkt der EG-​Übereinstimmungsbescheinigung stützen:

Die Beklagte ist nicht Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs und damit auch nicht Ausstellerin der EG-​Übereinstimmungsbescheinigung.

3. Der Kläger kann die Beklagte nicht aus Vertrauenshaftung nach §§ 311 Absatz 3, 241 Absatz 2 BGB in Anspruch nehmen:

Es ist nicht vorgetragen, inwieweit die Beklagte als Herstellerin des Motors, der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde, den Erwerb des streitgegenständlichen Pkw durch den Kläger von einer dritten Person durch Inanspruchnahme von Vertrauen in besonderem Maße erheblich beeinflusst haben sollte.

4. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB:

a) Eine Täuschung über Tatsachen durch aktives Tun oder konkludente Erklärungen ist nicht dargelegt, denn es ist nicht ersichtlich, worüber und in welcher Art und Weise die Beklagte als Herstellerin des Motors, der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde, aktiv getäuscht haben sollte.

b) Auch ein eventuelles Unterlassen der Aufklärung über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte als Herstellerin des Motors, der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde, gegenüber dem Kläger stellt hier keine strafrechtlich relevante Täuschung über Tatsachen dar. Hierfür fehlt es an einer Garantenstellung der Beklagten gegenüber dem Kläger. Dem aktiv Handelnden kann nur gleichgestellt werden, wer rechtlich verpflichtet ist, die Rechtsgutsbeeinträchtigung zu verhindern, wobei die Handlungspflicht dem Schutz des jeweiligen Rechtsgutes dienen muss.

Die Beklagte hatte als Herstellerin des Motors, der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde, gegenüber dem Kläger weder eine Garantenstellung aus einem besonderen Vertrauensverhältnis, noch aus vorhergehendem pflichtwidrigen Verhalten:

aa) Selbst in dem - rechtlich engeren - Verhältnis zwischen Parteien eines Kaufvertrages besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht des Verkäufers gegenüber dem Käufer: Diese kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn entweder wertbildende Faktoren von erheblichem Gewicht in Rede stehen oder wenn die Verwendbarkeit der Kaufsache für den beabsichtigten Zweck in Frage steht.

Die seitens des Klägers bemängelten Einstellungen der Motorsteuerungssoftware stellen aber keinen wertbildenden Faktor von erheblichem Gewicht dar, der eine Offenbarungspflicht eines Verkäufers begründen würde: So geht der Kläger selbst in seinem Schriftsatz vom 16.05.2017 unter Punkt V. „Minderwert der Fahrzeuge“ davon aus, dass - derzeit - die Preise für Dieselfahrzeuge mit dem Motor EA 189 nicht sinken, da die Beklagte die Marktpreise - noch - manipuliere. Erst in ein bis zwei Jahren sei dann mit massiven Verlusten zu rechnen. Dies aber stellt keine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung dar. Hier würde eine Beweiserhebung zum Thema Wertminderung eine unzulässige Ausforschung darstellen. Der Gebrauchtwagenmarkt ist derart transparent, dass der Kläger konkrete Anknüpfungstatsachen zu einer etwaigen Wertminderung aufgrund der Motorsteuerungssoftware vortragen müsste.

Eine Offenbarungspflicht für einen Verkäufer ergäbe sich auch nicht vor dem Hintergrund einer eingeschränkten Verwendbarkeit des Fahrzeugs: Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gemäß § 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen, da diese Vorschrift nicht für Abweichungen vom genehmigten Typ vor Inverkehrbringen gilt. § 19 Abs.7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO sieht ein - automatisches - Erlöschen der Typgenehmigung nur für den Fall vor, dass an einem Fahrzeug Veränderungen vorgenommen werden. Als § 19 Abs. 2 StVZO neu gefasst wurde, stellte der Gesetzgeber klar, dass diese Vorschrift nur für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge gilt (vgl. BR-​Drs 629/93 S. 15 - 16). Anderenfalls würde auch die später in Kraft getretene Vorschrift des § 25 Abs.3 Nr.2 EG-​FGV leer laufen, die den Widerruf (nicht etwa das automatische Erlöschen) der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht, wobei diese Entscheidung zudem in das Ermessen der Behörde gestellt ist.

Die Typgenehmigung ist auch nicht analog § 19 Abs.7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Es besteht keine planwidrige Regelungslücke, sondern § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-​FGV stellt die Ermessensvorschrift dar, nach der eine Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen werden kann, wenn es an der Übereinstimmung eines Fahrzeugs mit dem genehmigten Typ fehlt.

Es droht auch kein Widerruf der Typgenehmigung mit Wirkung für alle Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs. Das Kraftfahrt-​Bundesamt (KBA) als zuständige Behörde hat das ihm zustehende Ermessen gerade nicht dahingehend ausgeübt, eine Entziehung der Typgenehmigung in die Wege zu leiten. Es ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-​FGV vorgegangen.

Wenn aber selbst ein Verkäufer gegenüber einem Käufer- bei bestehender vertraglicher Bindung - keine Offenbarungspflicht über die Motorsteuerungssoftware gehabt hätte, so kann diese erst recht nicht die Beklagte als Herstellerin des Motors ohne vertragliche Bindung gegenüber dem Kläger treffen.

bb) Auch aus pflichtwidrigem Vorverhalten folgt hier keine Garantenstellung der Beklagten. Eine Pflichtwidrigkeit löst nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des betroffenen Rechtgutes dient. Die vorliegend seitens des Klägers allein geltend gemachten Vermögensinteressen fallen jedoch nicht in den Schutzbereich derjenigen europarechtlichen Normen, die den Einsatz von Abschalteinrichtungen verbieten: Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziffer 10 der EU-​Verordnung VO 715/2007; EU Richtlinie 2007/46/EG. Diese dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie) und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie) ab. Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer könnten hierdurch allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit der von ihnen erworbenen Fahrzeuge geschützt sein.

c) Insoweit als der Kläger in seinem Schriftsatz vom 16.05.2017 Punkt VII. einen gegenüber den Herstellerangaben erhöhten Kraftstoffverbrauch behauptet, kann hierin schon deshalb keine Täuschung gemäß § 263 StGB der Beklagten liegen, da diese als Herstellerin des Motors keine Angaben zum Kraftstoffverbrauch gemacht hat: Der Hersteller des Fahrzeugs ist gemäß Pkw-​Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-​EnVKV) verpflichtet, die im Testzyklus gemessenen Werte anzugeben.

5. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 16 UWG:

Es ist nicht vereinzelt dargelegt, inwieweit die Beklagte als Herstellerin des Motors, der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut wurde, in der Absicht gehandelt haben sollte, ein besonders günstiges Angebot abzugeben - sie hat einen Motor an die Audi AG geliefert, den diese in einem von ihr hergestellten Pkw verbaut hat.

6. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG in der Fassung vom 03.03.2010 (im Folgenden § 4 Nr.11 UWG a.F.):

Es ist bereits fraglich, ob § 4 Nr.11 UWG a.F. überhaupt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Jedenfalls ist die Beklagte als Herstellerin des in dem streitgegenständlichen Fahrzeugs verbauten Motors nicht nach den Normen der Pkw-​EnVKV verpflichtet.

7. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art.12, Art.18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG und §§ 4, 6, 25 EG-​FGV:

Ein solcher stünde dem Kläger selbst dann nicht zu, wenn die Beklagte die Herstellerin des Fahrzeugs wäre.

Bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung ist die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt, die in den Schutzbereich der verletzten Norm fallen: Weder die Richtlinie Nr. 2007/46/EG noch die EG-​FGV aber dienen dem Schutz des Vermögens von Käufern eines Fahrzeugs: Die Richtlinie Nr. 2007/46/EG dient der Harmonisierung des Binnenmarktes (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie) und zielt auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie) ab. Die EG-​FGV setzt diese Richtlinie und weitere Richtlinien mit entsprechendem Regelungszweck in deutsches Recht um.

8. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 826 BGB:

a) Der Einbau der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, begründet keinen Anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung der Vermögensinteressen des Klägers.

Bei der Prüfung, ob sich eine Handlung im Verhältnis zu den geltend gemachten Interessen des Anspruchstellers als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung darstellt, ist eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung sowie ihrer Folgen vorzunehmen. Auch im Rahmen des § 826 BGB gilt wie bei allen Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen. Der Verstoß muss in Beziehung zu den (Vermögens-​)Interessen der Parteien gesetzt werden, um zu beurteilen, ob sich die Schädigung als sittenwidrig darstellt.

Hier kommt ein Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen aus Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziffer 10 der EU-​Verordnung VO 715/2007 in Betracht. Den Vermögensinteressen des einzelnen Pkw-​Käufers ist aber bereits der Hersteller des Fahrzeugs nach dieser Norm nicht verpflichtet. Die Richtlinie 2007/46/EG und die Verordnung VO 715/2007 dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung ab. Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer können durch die Verordnung als Einzelrechtsakt im gemeinschaftlichen Typgenehmigungssystem allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit eines Fahrzeugs geschützt werden. Solche Schäden macht der Kläger hier aber nicht geltend, zudem wäre dann die Herstellerin des Fahrzeugs in Anspruch zu nehmen.

b) Die Beklagte hat den Kläger auch nicht durch eine arglistige Täuschung bezüglich der Schadstoffemission vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, denn zum Einen beziehen sich Aussagen, die zur Typgenehmigung oder zu Werten in der Übereinstimmungsbescheinigung getroffen werden, immer auf die Emissionen im NEFZ - nur diesbezüglich sind die Wertangaben in etwaigen Prospekten miteinander vergleichbar - zum Anderen ist die Beklagte nicht die insoweit zur Angabe verpflichtete Herstellerin des Kfz.

c) Auch das Verschweigen der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, führt nicht zu einem Anspruch des Klägers wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Ein Verschweigen kann nur dann sittenwidrig sein, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht besteht. Eine solche kommt bei Kaufverträgen - und im vorliegenden Fall besteht noch nicht einmal eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien - bezüglich erheblicher wertbildender Faktoren oder der Verwendbarkeit des Kaufgegenstandes zu Ihrem Zweck in Betracht, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist (s.o. B.) II. 4.)

9. a) Insoweit als der Kläger in dem Schriftsatz vom 22.08.2017 ins Feld führt, dass die Beklagte „weiterhin illegale Abschalteinrichtungen in dem Fahrzeug“ verbaue, so ist dieser Vortrag bereits nicht schlüssig, denn es fehlt jedweder vereinzelte Vortrag dazu, inwiefern das streitgegenständliche Fahrzeug des Klägers - und nur auf dieses kommt es hier an - hiervon betroffen sein soll. Vor dem Hintergrund des Inhalts der Freigabe der technischen Maßnahme durch das KBA (Anlage B 1) und der darin getroffenen Feststellungen zur Frage unzulässiger Abschalteinrichtungen genügt das Zitat von Rechtsgutachten und Presseartikeln nicht dem Erfordernis an die Substantiierung klägerischen Vorbringens.

b) Auch unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen anderweitigen illegalen Abschalteinrichtung besteht kein Schadensersatzanspruch: Behauptet wird klägerseitig eine Software, die Einfluss auf das Getriebe nehme, daher seien „die Werte auf dem Rollenprüfstand verfälscht“ (Klägervortrag auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 22.08.2017 Bl. 279 Bd II d.A.). Das Gericht hat nicht darauf hingewiesen, dass dieser Vortrag unsubstantiiert ist, bzw. Zweifel bestehen, ob er angesichts des Vergleichs mit den Modellen ... und ... tatsächlich in diesem Verfahren - streitgegenständlich ist ein ... -  angestellt werden sollte. Denn das Gericht darf nicht von sich aus Lücken im klägerischen Sachvortrag ausfüllen oder einer Partei neue Klagegründe nahe legen (Zöller/Greger ZPO, 31. Aufl. 2016, § 139 Rn 17 mwN).

c) Nicht schlüssig weil nicht hinreichend im tatsächlichen vereinzelt ist auch der durchgehend allgemein und nicht auf den Streitgegenstand bezogene weitere klägerische Vortrag zu weiteren Mängeln (vergleiche hierzu etwa die Ausführungen im Zusammenhang mit der Nachrüstung eines „Schwingungsdämpfers“, Seite 6 des Schriftsatzes vom 22.08.2017 Bl. 280 Bd II d.A).

10. Mangels erfüllter deliktischer Haftungstatbestände vermag auch der Verweis des Klägers auf die Regelung des § 831 BGB im Schriftsatz vom 22.08.2017 den Klagantrag nicht zu begründen.

C)

Die Nebenentscheidungen richten sich nach den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

D)

Der Streitwert folgt den §§ 48 Abs. 1 GKG, 3, 4 Abs. 1 ZPO.