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Landgericht Regensburg Urteil vom 15.06.2016 - 3 O 2161/15 - Kosten der Mängelbehebung und Erheblichkeit der Pflichtverletzung
LG Regensburg v. 15.06.2016: Das Abwarten auf die Durchführung der mit dem Kraftfahrtbundesamt abgestimmten Mängelbeseitigungsmaßnahmen ist zumutbar
Das Landgericht Regensburg (Urteil vom 15.06.2016 - 3 O 2161/15) hat entschieden:
- Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass eine Nachbesserung eine vorherige Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt notwendig macht und allein diese Abstimmung zu einem deutlich erhöhten Zeitbedarf führt. Auch wegen der Anzahl der abzuarbeitenden Mängelbeseitigungen ist dem jeweiligen Vertragshändler ein über den Normalfall hinausgehender deutlich längerer Zeitraum für die Durchführung der notwendigen Nachbesserungen zuzubilligen. Wegen der speziellen Situation hält sich eine Nachbesserung bis zum Ende des Kalenderjahres 2016 noch im Rahmen einer angemessenen Frist.
- Im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB) ist bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung - vorliegend 100,00 € - abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2014, VIII ZR 94/13).
Zuzumuten ist dem Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Kfz, die Durchführung der mit dem Kraftfahrtbundesamt abgestimmten Mängelbeseitigungsmaßnahmen abzuwarten.
Siehe auch „Schummelsoftware“ und Stichwörter zum Thema Autokaufrecht
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Pkw der Marke Volkswagen, der mit einer sogenannten Manipulationssoftware versehen sein soll.
Durch verbindliche Bestellung vom 02.02.2015 erwarb der Kläger bei der Beklagten, einer gewerblichen Auto- und Volkswagenhändlerin, einen Pkw der Marke Volkswagen, Typ Golf Cabriolet, Fahrzeug-Ident-Nr. ... zu einem Kaufpreis von 26.700,00 € inklusive MWSt. Zusätzlich erwarb der Kläger einen Satz Nebelscheinwerfer für einen weiteren Kaufpreis von 399,99 € inklusive MWSt und Einbau bei der Beklagten und für einen Kaufpreis von weiteren 749,99 € inklusive MWSt bei einem Drittanbieter einen Satz Winterreifen für den Pkw.
Der Pkw ist mit einem Motor mit der Bezeichnung des Herstellers EA 189 EU 5 ausgestattet. Das Fahrzeug ist vom Kraftfahrt Bundesamt unter der Einordnung in die Schadstoffklasse EU 5 für den öffentlichen Straßenverkehr im Wege einer sogenannten EG-Typ-Genehmigung zugelassen.
Der verbaute Motor verwendet eine manipulierte Abgassoftware, welche Stickoxide im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert. Nur aufgrund dieser Software, die erkennt, ob sich ein Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzieht oder sich in realem Gebrauch auf der Straße befindet, ist es dem Motor möglich – nämlich nur auf dem Prüfstand – die gesetzlich vorgegebenen und in vom Hersteller erstellten technischen Datenblättern niedergelegten Abgaswerte einzuhalten. Im Straßenbetrieb ist dies nicht der Fall.
Das Kraftfahrt Bundesamt hat daher mehrere Millionen von der Firma Volkswagen produzierte Fahrzeuge mit Dieselmotoren zurückgerufen und dem Hersteller auferlegt, die Manipulationssoftware aus den Fahrzeugen zu entfernen. Hiervon ist auch der Pkw des Klägers betroffen. Wann konkret bei dem Pkw des Klägers die Software entfernt wird, ist noch nicht klar, von der Firma Volkswagen dem Kläger aber bereits angeboten. Der Pkw des Klägers verfügt nach wie vor über sämtliche erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigungen, insbesondere die EG-Typ-Genehmigung und kann daher rechtlich uneingeschränkt genutzt werden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.10.2015, das heißt 1 Tag nach Erwerb des Winterreifensatzes für den streitgegenständlichen Pkw, rügte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs aufgrund der eingesetzten Manipulationssoftware und setzte Frist zur Mängelbeseitigung bis spätestens 11.11.2015. Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 13.11.2015 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich der von dem Kläger getätigten Aufwendungen zuzüglich eines "Nutzungsersatzes" in Höhe von 4 % p. a. für einen geleisteten Kaufpreis in Höhe von 22.436,97 € auf, abzüglich Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rücknahme des streitgegenständlichen Pkw. Zugleich wurde die Anfechtung des Kaufvertrages wegen eines Irrtums und wegen einer arglistigen Täuschung gegenüber dem Beklagten erklärt. Zusätzlich wurde der Beklagte zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.158,86 brutto aufgefordert, sämtlich bis spätestens 04.12.2015.
Unter dem 19.11.2015 erklärte die Beklagte, dass eine Rücknahme des Pkw nicht in Frage komme, auf die Einrede der Verjährung wegen möglicher Ansprüche des Klägers werde aber bis zum 31.12.2016 verzichtet.
Der Kläger meint, dass der Pkw aufgrund der verbauten Manipulationssoftware mangelbehaftet sei. Er behauptet, dass der Pkw die Grenzwerte, die zur Einordnung in die Schadstoffklasse EU 5 notwendig seien, nicht einhalte. Der Pkw könne seiner Behauptung nach nicht einmal die Voraussetzungen zur Erfüllung der Abgasnorm EU 3 einzuhalten, also nur die der Abgasnorm EU 2. Der Kläger müsse für einen Pkw mit der Abgasnorm EU 2 höhere Steuern zahlen, bekomme nur eine Feinstaubplakette der Schadstoffzone 2 zugeteilt und dürfe deswegen nicht mehr in bestimmte Stadtgebiete fahren. Außerdem behauptet der Kläger, dass der Pkw gar nicht zulassungsfähig sei. Das Fahrzeug erfülle außerdem nicht die CO²-Energieeffizienz Klasse A, wie er aber im Internet von der Beklagten beworben werde, sondern nur die Energieeffizienz Klasse B. Im Falle einer Nachbesserung wäre "zwangsläufig" ein Anstieg des Kraftstoffverbrauches zu erwarten. Der Kläger behauptet außerdem, dass er das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass der Pkw nicht die Voraussetzungen der EU-Abgasnorm EU 5 erfülle und nur die CO²-Energieeffizienz Klasse B. Außerdem gibt der Kläger an, dass sich der Wert des Pkw angeblich stark verringert habe. Er meint, dass er zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag wegen des Vorliegens eines Sachmangels berechtigt sei. Der Einbau einer Manipulationssoftware stelle einen Sachmangel dar. Auch die Tatsache, dass der Pkw ein Vielfaches der gesetzlich erlaubten Stickoxidwerte imitiere und zusätzlich der Umstand, dass "höhere Kohlendioxidkonzentrationen" emittiert würden, stelle einen Sachmangel dar, außerdem auch die Abweichung von der CO² Energieeffizienz Klasse A zu B.
Als Nutzungsentschädigung trägt der Kläger eine Fahrleistung von 8.500 km vor und damit eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 975,05 €.
Zum geltend gemachten Zinsanspruch behauptet der Kläger, dass die Beklagte Zinsen aus dem übergebenen Kaufpreis gezogen habe oder aber schuldhaft zurechenbar nicht gezogen habe und zwar jeweils in Höhe von 4 % p. a.. Nach Meinung des Klägers sei zudem der Betrugstatbestand durch die Mitarbeiter der Herstellerfirma erfüllt. Die Beklagte stünde in deren Lager, daher werde die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt.
Die Beklagte habe die Nacherfüllung verweigert, eine angemessene Nachfrist zur Nacherfüllung sei jedenfalls jetzt aber abgelaufen.
Der Kläger behauptet weiter, dass die Höhe und der Umfang des Nachbesserungsaufwandes und die dabei entstehenden Kosten derzeit nicht belastbar bekannt seien und nicht abschätzbar seien.
Der Kläger meint außerdem, dass sich die Beklagte "aus Gründen des Rechtsscheins" die Kenntnis des Herstellers und die Unrichtigkeit der Emissionswerte zurechnen lassen müsse, da die Beklagte "objektiv den Anschein erwecken lasse" Vertragshändler zu sein. Die Beklagte habe durch ihr Auftreten als Volkswagenverkäuferin besonderes Vertrauen in Anspruch genommen.
Der Kläger beantragt daher:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs VW Golf Cabriolet Exclusive 2.0 TDI, Fahrzeug-Ident-Nr. ..., EUR 27.772,41 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.11.2015 zu bezahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei A., in Höhe von EUR 1.358,86 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.11.2015 freizustellen.
- Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1 bezeichneten Fahrzeugs seit dem 24.11.2015 in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Die Beklagte behauptet, dass sich der Kläger bei seiner Kaufentscheidung nur von der Ausstattung und Optik des erworbenen Pkw habe leiten lassen und allenfalls noch von der Tatsache, dass der Pkw die Abgasnorm EU 5 erfülle. Das Fahrzeug verfüge aber derzeit über die erforderliche Typgenehmigung für die Abgasnorm EU 5. Der Pkw sei nach Dafürhalten der Beklagten nicht mangelhaft, auch nicht wegen des Vorhandenseins der gerügten Software. Das Fahrzeug verfüge über eine Zulassung zum Straßenverkehr im Wege einer erteilten Typ-Genehmigung und sei uneingeschränkt gebrauchstauglich und verkehrssicher. Darauf welche Verbrauchswerte im realen Straßenverkehr erreicht werden, komme es nach Meinung der Beklagten für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit nicht an.
Die Nachbesserung würde sich auf ein Aufspielen eines Softwareupdates beschränken, es entstünden voraussichtlich Kosten von ca. 100,00 €, es läge daher keine Erheblichkeit des Mangels vor. Außerdem werde bestritten, dass der Pkw eine Wertminderung erleide und dass nach der durchgeführten Nachbesserung ein Kraftstoff-Mehrverbrauch im relevanten Prüfzyklus bei bereits nachgerüsteten Fahrzeugen festzustellen sei. Auch für einen Motor wie beim Pkw des Klägers habe dies das Kraftfahrtbundesamt bereits bestätigt. Außerdem meint die Beklagte, dass der Kläger keine angemessene Nachfrist zur Nacherfüllung gesetzt habe, die gesetzte Frist sei zu kurz. Der zwischen der Herstellerin und dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmte Zeitplan sei zu beachten.
Eine arglistige Täuschung durch die Beklagte läge nicht vor. Das Verhalten des Herstellers sei der Beklagten nicht zurechenbar. Die Beklagte und der Hersteller seien unterschiedliche juristische Personen. Die Herstellerin sei nicht am Vertragsschluss beteiligt gewesen.
Außerdem rügt die Beklagte, dass der vom Kläger errechnete Nutzungsersatz nicht zutreffend berechnet worden sei. Es sei eine Gesamtlaufleistung des erworbenen Fahrzeugs von 200.000 km zugrunde zu legen. Außerdem würden die Angaben der Laufleistung des Fahrzeugs beim Kläger bestritten.
Schließlich sei nach Auffassung der Beklagten kein Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten geschuldet. Die Beklagte habe sich bei der Mandatierung der Klägervertreter nicht in Verzug befunden. Deswegen bestünden auch keine materiell-rechtlichen Ansprüche. Der Kläger habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt im Annahmeverzug gesetzt, er habe die Beklagte nicht aufgefordert, das Fahrzeug abzuholen.
Beweise wurden durch das Gericht nicht erhoben.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Regensburg ist insbesondere örtlich und sachlich zuständig.
B.
Die Klage bleibt jedoch ohne Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Rückabwicklungsanspruch nicht zu. Weder die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 2, 1. Alternative, 440, 323 BGB, noch der §§ 119, 123 BGB sind erfüllt.
1. Das vom Kläger erworbene Fahrzeug ist mangelhaft. Gemäß § 434 Abs. 1 Ziffer 1 BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn die tatsächliche Beschaffenheit nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Ob die Einhaltung der Werte einer bestimmten Abgasnorm zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung gemacht wurde, hängt von der konkreten Vertragsgestaltung ab. Die Installation einer speziellen Manipulationssoftware wie hier stellt jedenfalls eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar. Der Vergleichsmaßstab ist hier markenübergreifend. Die Tatsache, dass möglicherweise alle Volkswagen-Fahrzeuge einer bestimmten Baureihe diese Software verwenden, lässt die Manipulation noch nicht als üblich im Rechtssinne erscheinen. Jedenfalls sorgt die vorhandene technische Vorrichtung in Form einer Software dafür, dass im Prüfstandsbetrieb eine Abgasreinigung vorgetäuscht wird, die im Alltagsbetrieb schon grundsätzlich nicht stattfindet. Denn ein Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit daraus, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstand laufe nur aufgrund der manipulierten Software einhält (so bereits: LG Bochum vom 16.03.2016, NJW-Spezial 2016, 299; LG Münster vom 14.03.2016, DAR 2016, 274).
2. Dem Rücktritt des Klägers steht aber dennoch entgegen, dass die vom Kläger gesetzte Frist zur Mangelbeseitigung nicht angemessen war.
2.1 § 323 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Gläubiger vom Vertrag im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung erst dann zurücktreten kann, wenn er dem Schuldner zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Zuvor ist dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung in Form der Beseitigung des Mangels oder der Lieferung einer mangelfreien Sache zu geben, § 439 Abs. 1 BGB. Vorliegend ist ein Nacherfüllungsbegehren auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (§§ 323 Abs. 2, 440 BGB), jedenfalls ist hierzu nichts substantiiert vorgetragen, noch ersichtlich. In Betracht käme allenfalls eine Unzumutbarkeit der Nachfristsetzung gemäß § 440 Satz 1 BGB. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen hat. Anhaltspunkte oder berufbare Indizien dafür, dass die Beklagte als Volkswagen-Vertragshändlerin in die Vorgänge beim Volkswagenkonzern eingeweiht war, liegen jedoch nicht vor. Ein arglistiges Handeln der Beklagten scheidet also mangels Kenntnis aus. Eine Möglichkeit der Zurechnung von Mitarbeitern des Volkswagenkonzerns ist entgegen der Vorstellung der Klägerseite ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Herstellerin nicht Erfüllungsgehilfin des Vertragshändlers.
Mithin bleibt festzuhalten, dass vorliegend eine Nachfristsetzung durch den Kläger vor Rücktritt notwendig ist.
2.2 Für das Vorliegen der klägerseits geltend gemachten Nacherfüllung gibt es keine bestimmte Frist, in der die Nacherfüllung verlangt werden muss. Wird aber eine Frist wie hier gesetzt, insbesondere mit Angabe eines bestimmten Zeitraumes oder Termins, muss sie angemessen sein, § 281 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB. Die Länge richtet sich dabei nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles und ist so zu bemessen, dass der Verkäufer die Nacherfüllung rechtzeitig vornehmen kann. Ist die Frist zu kurz, wird eine angemessene Frist in Lauf gesetzt (Weidenkaff/Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Aufl., Rn. 7 zu § 439 BGB m. w. N.). Der Käufer kann erst nach erfolglosem Ablauf der Frist die Rechte gemäß § 437 Nr. 2 und 3 BGB geltend machen, mithin unter anderem vom Vertrag zurück treten.
Die klägerseits dem Beklagten gesetzte Frist war unangemessen kurz. Die ersatzweise in Lauf gesetzte angemessene Frist ist derzeit noch nicht abgelaufen.
Bei der Bemessung einer angemessenen Frist ist zu berücksichtigen, dass eine Nachbesserung im konkreten Fall eine vorherige Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt notwendig macht. Allein diese Abstimmung führt zu einem deutlich erhöhten Zeitbedarf. Darüber hinaus dürfte allgemein bekannt sein, dass eine Millionenanzahl von Fahrzeugen den gleichen Mangel aufweist. Allein vor der schieren Anzahl der abzuarbeitenden Mängelbeseitigungen ist dem jeweiligen Vertragshändler ein über den Normalfall hinausgehender deutlich längerer Zeitraum für die Durchführung der notwendigen Nachbesserungen zuzubilligen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der jetzt anfallende, massive zusätzliche Arbeitsaufwand bei dem jeweiligen Vertragshändler mit den dort vorhandenen Kapazitäten bewältigt werden muss.
Das Gericht vertritt daher die Auffassung, dass wegen der speziellen Situation im vorliegenden Einzelfall eine Nachbesserung bis zum Ende des Kalenderjahres 2016 sich noch im Rahmen einer angemessenen Frist hält (so im Ergebnis ebenfalls: LG Münster vom 14.03.2016, a. a. O.).
3. Der Rücktritt des Klägers ist zusätzlich gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Pflichtverletzung der Beklagten unerheblich ist. Im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung ist bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen (BGH vom 28.05.2014, BGHZ 201, 290). Soweit aus den bisherigen Informationen ersichtlich, soll für den hier betroffenen 2.0-Liter TDI-Motor die Nachbesserung lediglich 30 Minuten durch Aufspielen einer neuen Software in Anspruch nehmen. Der Kläger kann den Pkw derzeit technisch ohne Einschränkung nutzen, es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mangel durch die in Aussicht gestellten technischen Nachbesserungen an dem Fahrzeug nicht beseitigt werden kann. Darüber hinaus hat der Kläger nichts dafür vorgetragen, warum das Einspielen eines Softwareupdates höhere Kosten als beklagtenseits behauptet von 100,00 € verursachen soll.
Ferner ist im Rahmen der Pflichtverletzung, die die Beklagte gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB treffen muss, zu berücksichtigen, dass sie selbst davon abhängig ist, welche Nachbesserungsmaßnahmen seitens des Herstellers des Fahrzeugs angeboten werden. Daher kann sowohl die Herstellerin als auch die Beklagte erst dann nacherfüllen, sobald die Fahrzeugherstellerin geeignete Mittel hierzu zur Verfügung stellt. Es ist dem Kläger zuzumuten, die Durchführung der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Mängelbeseitigungsmaßnahmen abzuwarten (so auch: LG Bochum vom 16.03.2016, a. a. O.). Darüber hinaus bleibt zu berücksichtigen, dass sich allein aus der Tatsache, dass das Kraftfahrt-Bundesamt trotz der jetzt zutage getretenen Umstände die EG-Typengenehmigung gerade nicht entzogen hat, indiziell darauf zu schließen ist, dass der vorhandene Mangel nicht erheblich ist, ebenso wie die anstehende Nachbesserung, da ansonsten zu erwarten gewesen wäre, dass die Typengenehmigung der betroffenen Fahrzeuge sofort widerrufen worden wäre. Auch die Tatsache, dass die Typengenehmigung für das Fahrzeug des Klägers unter Umständen vom Kraftfahrt-Bundesamt hätte entzogen werden können, macht den Mangel nicht zu einem erheblichen, denn die Typenzulassung ist gerade nicht entzogen worden.
4. Der Vortrag des Klägers hinsichtlich der angeblichen Wertminderung seines Fahrzeugs ist unsubstantiiert. Er trägt bereits keinerlei konkrete Verkaufsbemühungen vor. Derzeit ist unmöglich festzustellen, ob es nach der Durchführung der geplanten Nachbesserungsmaßnahmen zu einer dauerhaften Wertminderung des klägerischen Pkw’s kommen wird, ebenso, ob den nachgebesserten Fahrzeugen auf Dauer ein Mangel im Sinne eines erhöhten Kraftstoffverbrauches als bisher oder einer deutlich erhöhten Schadstoffemission als bisher verbleiben wird.
5. Die klägerseits erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB greift nicht durch (siehe bereits oben). Soweit der Kläger außerdem unter Umständen seine Anfechtung auf die Vorschrift des § 119 BGB stützt, handelt es sich vorliegend um einen unbeachtlichen Motivirrtum.
6. Mangels Rückabwicklungsanspruches bleibt der mit der Feststellungsklage verfolgte Anspruch auf Ausspruch des Annahmeverzuges des Beklagten ebenfalls ohne Erfolg.
7. Nachdem der Kläger nicht berechtigt ist, vom Kaufvertrag zurückzutreten und auch die erklärte Anfechtung seiner auf den Kaufvertragsschluss gerichteten Willenserklärung ins Leere geht, stehen ihm auch die weiter geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht zu, ebenso nicht wie die geltend gemachten Ansprüche auf Verzinsung.
C.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
D.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.