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OLG Karlsruhe Beschluss vom 21.11.2017 - 2 Rb 4 Ss 699/17 - Verjährungsunterbrechung durch Erlass einer neuen Verfallsanordnung
OLG Karlsruhe v. 21.11.2017: Verjährungsunterbrechung durch Erlass einer neuen Verfallsanordnung innerhalb des 6-Monats-Zeitraums
Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 21.11.2017 - 2 Rb 4 Ss 699/17) hat entschieden:
Für das Bußgeldverfahren ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die abermalige Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG durch Erlass eines neuen Bußgeldbescheides möglich ist, wenn die Rücknahme des ersten Bußgeldbescheides nicht willkürlich, etwa nur zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung, sondern aus sachlichen Gründen erfolgt. Dies gilt entsprechend auch für die Rücknahme einer Verfallsanordnung und den Erlass einer neuen Verfallsanordnung innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist gem. § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. § 87 Abs. 3 Satz 2 OWiG, sofern die Zustellung der neuen Anordnung innerhalb von zwei Wochen erfolgt.
Siehe auch Die Verfallsanordnung im Bußgeldverfahren und Verjährung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
Gründe:
I.
Am 14.07.2016 erließ das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle, gegen S, Inhaber eines in P ansässigen Transportunternehmens, als Verfallsbeteiligten eine Verfallsanordnung in Höhe von 4.805,64 Euro. Dem lag der Vorwurf zugrunde, ein Fahrer des Verfallsbeteiligten habe mit einem auf den Verfallsbeteiligten zugelassenen Lkw mit Spezialaufbau und Anhänger am 18.05.2016 acht Neufahrzeuge SUV der Marke S von K (Tschechische Republik) nach M (Spanien) transportiert und dabei auf der Bundesautobahn 6 bei Kilometer 591,00 (Gemarkung St. Leon-Rot) die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StVO zulässige Gesamthöhe von Fahrzeug und Ladung von 4 m überschritten (festgestellte Höhe des Fahrzeugs mit Ladung: 4,31 m). Die Höhe des Verfallsbetrages beruhte auf einer Schätzung; dabei legte die Bußgeldbehörde aufgrund von Erfahrungswerten für den Transport eines neuen Fahrzeuges bei einer Lastentfernung von 1.907 km (= Fahrstrecke laut Routenplaner) einen Wert von je 350,- Euro zugrunde und berücksichtigte einen Kostenstrukturfaktor von 0,9 (wegen des im Vergleich zu inländischen Firmen niedrigeren Preisniveaus in der Tschechischen Republik).
Gegen die ihm am 27.07.2017 zugestellte Verfallsanordnung legte der Verfallsbeteiligte am 28.07.2016 mit Schriftsatz seiner Verteidigerin Einspruch ein und begründete diesen mit Schriftsatz vom 19.09.2016.
Im Hinblick auf den durch Vorlage des Transportauftrags vom 13.05.2016 untermauerten Vortrag des Verfallsbeteiligten, dass er für den Transport lediglich einen Frachtlohn in Höhe von 1.800,- Euro erhalten habe, hat das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle, am 22.09.2016 den Verfallsbescheid vom 14.07.2016 zurückgenommen und nunmehr wegen der oben genannten Transportfahrt vom 18.05.2016 eine Verfallsanordnung in Höhe von 1.800,- Euro erlassen. Der Bescheid vom 22.09.2016 wurde dem Verfallsbeteiligten am 06.10.2017 zugestellt.
Auf den durch die Verteidigerin am 06.10.2017 per Telefax eingelegten Einspruch hin hat das Regierungspräsidium Karlsruhe, Zentrale Bußgeldstelle, mit Verfügung vom 25.10.2016 den Verfallsbescheid vom 22.09.2016 aufrechterhalten und die Sache über die Staatsanwaltschaft Heidelberg dem Amtsgericht Heidelberg zur Entscheidung vorgelegt, wo die Akten am 08.11.2016 eingegangen sind. Der zunächst mit Verfügung vom 25.11.2016 bestimmte Termin zur Hauptverhandlung am 24.02.2017 wurde wegen Verhinderung der Verteidigerin mit Verfügung vom 20.02.2017 verlegt auf den 21.04.2017.
Nach teilweiser Durchführung der Beweisaufnahme im Termin vom 21.04.2017 wurde das Verfahren im Hinblick auf die durch das OLG Oldenburg (Vorlagebeschluss vom 09.06.2017 - 2 Ss (OWi) 110/17 - juris) dem Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 OWiG vorgelegt Frage, ob bei einem unter Verstoß gegen deutsche Straßenverkehrsvorschriften durchgeführten internationalen Transport der Verfall in Höhe des gesamten Transportlohns angeordnet werden kann, ausgesetzt; die zu dieser Frage bereits am 10.04.2017 ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (4 StR 299/16 - juris) war noch nicht veröffentlicht.
Mit Verfügung vom 03.05.2017 hat das Amtsgericht Heidelberg einen neuen Termin zur Hauptverhandlung auf den 27.07.2017 bestimmt. Seinen Einspruch hat der Verfallsbeteiligte auch nach Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.04.2017 (4 StR 299/16) aufrechterhalten. Mit Urteil vom 27.07.2017 hat das Amtsgericht Heidelberg - gestützt auf § 29a OWiG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.1992 - gegen den Verfallsbeteiligten den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 1.800,- Euro angeordnet.
Gegen diese Entscheidung hat der Verfallsbeteiligte am 01.08.2017 mit Schriftsatz seiner Verteidigerin per Telefax Rechtsbeschwerde eingelegt. Nachdem das schriftliche Urteil der Verteidigerin am 18.08.2017 zugestellt worden war, hat diese die Rechtsbeschwerde mit Schriftsatz vom 07.09.2017 näher begründet, die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt und beantragt, das Urteil vom 27.07.2017 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat in ihrer Antragsschrift vom 23.10.2017 beantragt,
die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Zwar finde nach § 133 Abs. 6 Satz 1 OWiG auf den vorliegenden Sachverhalt § 29a in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 Anwendung; allerdings sei unter Zugrundelegung des rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalts auch nach dieser Vorschrift die Rüge materiellen Rechts unbegründet.
Die Verteidigerin hat dazu mit Schriftsatz vom 06.11.2017 Stellung genommen.
Die Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 13.11.2017 die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, da es geboten sei, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen (§ 80a Abs. 1 und 3 Satz 1 OWiG).
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Präzisierung der Liste der angewendeten Vorschriften; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
1. Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung des Vorliegens von Verfahrensvoraussetzungen und -hindernissen ergibt im vorliegenden Fall, dass ein Verfahrenshindernis wegen Verjährung nicht gegeben ist.
Die dreimonatige Verjährungsfrist (§ 26 Abs. 3 StVG) wurde durch die innerhalb von zwei Wochen zugestellte Verfallsanordnung vom 14.07.2016 gemäß § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. § 87 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 6 OWiG auf sechs Monate verlängert sowie gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9, Satz 2 OWiG unterbrochen.
Die nach form- und fristgerechter Einspruchseinlegung (§ 67 Abs. 1 OWiG) zulässigerweise erfolgte Rücknahme der Verfallsanordnung vom 14.07.2016 hat - worauf bereits die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat - die verjährungsunterbrechende Wirkung unberührt gelassen (BayOblG NJW 1970, 1697 = VRS 39, 361; OLG Frankfurt NJW 1979, 2161 = VRS 57, 204; OLG Stuttgart MDR 1985, 521 = VRS 68, 128; OLG Köln, Beschluss vom 21.08.1998 - Ss 378/98 (B) - juris; KK-OWiG/Jürgen Peter Graf, 4. Aufl. 2014, § 33 OWiG Rn. 78; Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 33 Rn. 35).
Durch den gleichzeitigen Erlass des neuen Verfallsbescheides ist die Verjährungsfrist am 22.09.2016 wiederum nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden. Maßgebend ist auch hier nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG der Erlasszeitpunkt, weil der neue Verfallsbescheid binnen zwei Wochen zugestellt worden ist.
Für das Bußgeldverfahren ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die abermalige Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG durch Erlass eines neuen Bußgeldbescheides möglich ist, wenn die Rücknahme des ersten Bußgeldbescheides nicht willkürlich, etwa nur zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung, sondern aus sachlichen Gründen erfolgt (OLG Frankfurt aaO; OLG Köln aaO; KK-OWiG/Jürgen Peter Graf aaO; Göhler aaO). Im Hinblick auf § 87 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 6 OWiG gilt dies entsprechend für einen Verfallsbescheid.
Im vorliegenden Fall hat ein sachlicher Grund für den Erlass eines neuen Verfallsbescheides bestanden. Mit der Rücknahme und dem Erlass des neuen Verfallsbescheides hat die Bußgeldbehörde dem Vorbringen des Verfallsbeteiligten zur Höhe des erlangten Frachtlohns Rechnung tragen wollen. Den Verfallsbescheid nach erkannter teilweiser Unrichtigkeit der bei der Festsetzung der Verfallshöhe zugrunde gelegten Schätzung auf den Betrag zu beschränken, der dem zwischenzeitlich bekannt gewordenen tatsächlich erlangten Frachtlohn entspricht, ist ein sachliches Anliegen. Denn für eine Schätzung der üblichen Transportvergütung mit einer Abrechnungsmethode pro transportiertem Fahrzeug ist nur dann Raum, wenn eine konkrete Ermittlung der Höhe des erlangten Transportentgelts nicht erfolgen kann (Senat, Beschluss vom 04.10.2017 - 2 Rb 9 Ss 298/17 - juris mwN).
Der Wirksamkeit der neuen Verfallsanordnung vom 22.09.2016 (was Voraussetzung für die verjährungsunterbrechende Wirkung ist) stand auch nicht entgegen, dass die Rücknahme des ersten Verfallsbescheids dem Verfallsbeteiligten nicht vor Übersendung der Verfallsanordnung vom 22.09.2016, sondern gleichzeitig mit dieser in einem einheitlichen Bescheid bekannt gegeben worden ist; dies führt nicht zur Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz ne bis in idem durch Erlass der neuen Verfallsanordnung (dazu im Einzelnen: OLG Köln aaO; OLG Hamm, Beschluss vom 24.04.2006 - 2 Ss OWi 138/06 - juris).
Weitere verjährungsunterbrechende Tatbestände wurden durch den Eingang der Akten beim Amtsgericht Heidelberg (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 OWiG) und die diversen Terminsverfügungen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 OWiG) verwirklicht. Bis zur Verkündung des amtsgerichtlichen Urteils am 27.07.2017 war daher keine Verfolgungsverjährung eingetreten; seither ruht die Verjährungsfrist (§ 32 Abs. 2 OWiG).
2. Die Verfahrensrüge ist - worauf bereits die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 23.10.2017 zutreffend hingewiesen hat - nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
3. Die auf die erhobene Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Verfallsbeteiligten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
a) Rechtsfehlerfrei - wenn auch ohne dies zu thematisieren - hat das Amtsgericht die Vorschrift des § 29a OWiG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.1992 angewandt. Die bisherige Gesetzesfassung ist aufgrund der nach Artikel 5 Nr. 11 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 [BGBl. I 2017, 872, 878] getroffenen Übergangsregelung des § 133 Abs. 6 OWiG für das vorliegende Verfahren auch weiter anwendbar.
Zwar sieht § 133 Abs. 6 Satz 1 OWiG für bereits laufende Verfahren vor, dass § 29a OWiG grundsätzlich auch dann in der neuen Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 anzuwenden ist, wenn die Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages auf eine mit Geldbuße bedrohte Handlung gestützt wird, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 01.07.2017 begangen worden ist; Voraussetzung ist allerdings, dass über die Einziehung nach diesem Zeitpunkt (d. h. nach dem 01.07.2017) entschieden wird. Demgegenüber bestimmt § 133 Abs. 6 Satz 2 OWiG für diejenigen Verfahren, in denen bis zum 01.07.2017 bereits eine Entscheidung über den Verfall des Wertersatzes ergangen ist, dass § 29a OWiG in der bisherigen bis zum 01.07.2017 geltenden Fassung anzuwenden ist.
Als Entscheidung im Sinne von § 133 Abs. 6 Satz 2 OWiG ist - nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 18/11640, S. 91 unten) - auch eine von der Bußgeldbehörde getroffene Entscheidung gemeint. Diese Auslegung wird vom Wortlaut der Vorschrift (die - anders als die Übergangsvorschrift zu den strafprozessualen Vorschriften in § 14 EGStPO („Urteil oder Strafbefehl“) - keine Beschränkung auf gerichtliche Entscheidungen enthält) und von dessen Sinn und Zweck (Vermeidung der Aufhebung einer von der Bußgeldbehörde getroffenen Entscheidung im Rechtsmittelverfahren allein wegen der Gesetzesänderung) getragen.
Eine solche Entscheidung der Bußgeldbehörde war im vorliegenden Verfahren bereits mit der Verfallsanordnung vom 22.09.2016 ergangen, so dass § 29a OWiG für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung anwendbar bleibt.
Es bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung, ob bzw. in welchem Umfang die mit der Neuregelung der Vermögensabschöpfung im Ordnungswidrigkeitenrecht verbundenen Änderungen - insbesondere die Einfügung des der Vorschrift des § 73d Abs. 1 StGB n.F. entsprechenden Absatzes 3 in § 29 OWiG n.F. - wohl nicht unerhebliche Auswirkungen gerade auf Fälle der vorliegenden Art (Überhöhe, Überlänge oder Überladung) haben könnte, weil nach dem Verständnis des Gesetzgebers nunmehr solche Aufwendungen bei der Bestimmung des Erlangten abzuziehen sind, die zwar für ein verbotenes Geschäft angefallen sind, jedoch - in Fällen, in denen das Verbotene des Geschäfts fahrlässig verkannt wurde - nicht willentlich und bewusst dafür getätigt wurden (BT-Drs. 18/9525, S. 105 unter Verweis auf S. 67 ff., 69 oben; BT-Drs. 18/11640, S. 78 f., 91; vgl. dazu Köhler NStZ 2017, 497 ff. [mit Fallbeispielen]).
b) Die Voraussetzungen für die Anordnung des selbständigen Verfalls nach § 29a Abs. 2 und Abs. 4 OWiG in der Fassung des Gesetzes vom 15.07.1992 sind nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erfüllt.
aa) Die amtsgerichtliche Beweiswürdigung ist in rechtsbeschwerderechtlicher Hinsicht aus den von der Generalstaatsanwaltschaft dargelegten Erwägungen nicht zu beanstanden. Die Rechtsbeschwerde unternimmt lediglich den unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung - zum Teil mit urteilsfremden Vorbringen (z. B. unter Verweis auf den polizeilichen Aktenvermerk vom 18.05.2016) - an Stelle der rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Amtsgerichts zu setzen, was im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben kann.
bb) Nach den getroffenen Feststellungen hat der Fahrer eine mit Geldbuße bedrohte Handlung nach §§ 18 Abs. 1 Satz 2, 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO, 24 StVG begangen. Da die Transportfahrt vom 18.05.2016 von einem Fahrer des Verfallsbeteiligten durchgeführt wurde, der damit für ihn im Sinne von § 29a Abs. 2 OWiG gehandelt hat, ist die Anordnung des Verfalls gegenüber dem Verfallsbeteiligten berechtigt. Dem angefochtenen Urteil lässt sich auch entnehmen, dass die Verfolgungsvoraussetzung des § 29a Abs. 4 OWiG gegeben ist, da gegen den Fahrer, dessen Verstoß (nicht eine daneben bestehende Verantwortlichkeit des Halters - vgl. dazu Senat, NStZ 2017, 239) hier zum Anknüpfungspunkt für die Verfallsanordnung gewählt wurde, kein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde.
cc) Zutreffend hat das Amtsgericht die Festsetzung des Verfallsbetrags in zwei Schritten vollzogen, indem es zunächst - im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 10.04.2017 - 4 StR 299/16 - juris) - den Wert des durch die Tat Erlangten bestimmt und dann in einem zweiten Schritt bei der Bemessung des für verfallen zu erklärenden Betrags unter Abwägung der insoweit zu berücksichtigen Umstände Ermessen ausgeübt hat. Die in dem angefochtenen Urteil erkennbar vorgenommene Ermessensausübung genügt den insoweit zu stellenden Anforderungen und lässt keine Rechtsfehler erkennen.
(1) Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verfallsbeteiligten hat das Amtsgericht zwar keine konkreten Feststellungen getroffen, allerdings wurde im Rahmen der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Höhe des Verfallsbetrages festgestellt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Abschöpfung des gesamten Erlöses eine unbillige Härte darstellt. Mit der Rechtsbeschwerde wird zwar lapidar das Gegenteil behauptet, allerdings ohne nähere Begründung bzw. ohne Erhebung einer Aufklärungsrüge, die als Verfahrensrüge hätte ausgeführt werden müssen.
(2) Es ist der Verteidigung unbenommen, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.04.2017 (4 StR 299/16) als „nicht nachvollziehbar“ zu kritisieren. Der Senat sieht jedoch keinen Anlass, bei seiner Entscheidung im vorliegenden Fall von der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs abzuweichen und diesem die Sache (erneut) nach § 121 Abs. 2 GVG vorzulegen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der sich in dem genannten Beschluss gegen eine einengende Auslegung des § 29a OWiG ausgesprochen und hervorgehoben hat, dass gerade im Wirtschaftsleben ein geldwerter Vorteil in den seltensten Fällen monokausal auf eine straf- bzw. bußgeldbewehrte Handlung zurückzuführen, sondern hierfür regelmäßig ein legaler Rahmen mitursächlich ist, entspricht der dazu schon früher ergangenen Rechtsprechung aller drei Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2012 - 1 (9) SsBs 661/11 -; Beschluss vom 04.09.2012 - 1 (9) SsBs 228/12 -; Beschluss vom 05.09.2012 - 1 (9) SsBs 396/12; Beschluss vom 06.12.2012 - 1 (9) SsBs 229/12 -; Beschluss vom 01.12.2011 - 3 (4) SsBs 594/11 -; Senat, Beschluss vom 19.02.2012 - 2 (6) SsBs 457/11 - juris; Beschluss vom 23.12.2014 - 2 (6) SsBs 601/14 - juris) sowie anderer Obergerichte (BayObLG NStZ-RR 1997, 339; OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2010, 256; OLG Celle, NStZ-RR 2012, 151; Hanseatisches OLG Hamburg, NStZ 2014, 340), wonach die Anerkennung eines möglicherweise legalen ausländischen Tatanteils mit dem Bruttoprinzip nicht zu vereinbaren wäre.
(3) Ebenso wenig muss das Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt werden. Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens ist es, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Gerichte im Hinblick auf das EU-Recht sicherzustellen. Im Rahmen der Vorlage entscheidet der EuGH über die Auslegung des primären und sekundären Unionsrechts oder die Gültigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union. Das Vorabentscheidungsverfahren ermächtigt den EuGH jedoch - entgegen der Intention der Verteidigung im Schriftsatz vom 07.09.2017 - nicht, darüber zu befinden, ob innerstaatliches Recht mit dem Unionsrecht vereinbar ist oder möglicherweise wegen Unionsrechtswidrigkeit außer Anwendung zu bleiben hat (ErfK/Wißmann, 18. Aufl. 2018, AEUV Art. 267 Rn. 5). Dementsprechend gehört es nicht zu den Aufgaben des EuGH, im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens über die Auslegung nationaler Vorschriften - hier des § 29a OWiG i.d.F. des Gesetzes vom 15.07.1992 - zu befinden und zu entscheiden, ob deren Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.