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Landgericht München Urteil vom 17.03.2005 - 19 S 18 073/04 - Integritätsinteresse und Prognoserisiko

LG München v. 17.03.2005: Zum Prognoserisiko bezüglich einer Überschreitung der sog. 130-%-Grenze


Das Landgericht München (Urteil vom 17.03.2005 - 19 S 18 073/04) hat zur überraschenden Erweiterung des Reparaturumfangs entschieden:
Erteilt der Geschädigte den Reparaturauftrag auf Grund eines der Wirtschaftlichkeit bestätigenden Sachverständigengutachtens und stellt sich später heraus, dass noch eine weitere Reparatur erforderlich ist, so geht die falsche Prognose zu Lasten des Schädigers, auch wenn dadurch die sog. 130,%-Grenze überschritten wird.


Siehe auch Die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen und Die Sachverständigenkosten in der Unfallschadenregulierung


Zum Sachverhalt: Von dem Sachverständigen wurde der Wiederbeschaffungswert mit DM 11.700 beziffert. Nach seinen Ausführungen beliefen sich die Reparaturkosten auf DM 12.601,11. Seitens der Bekl. wurde der Schaden reguliert.

Der Kl. trägt vor, dass sich im Januar 2003 ein weiterer unfallbedingter Schaden herausgestellt habe. Die Ursache sei zunächst für den Reparaturfachbetrieb nicht erkennbar gewesen. Erst wiederholte und eingehende Untersuchungen hätten ergeben, dass die Zwischenwelle defekt gewesen sei. Ursächlich hierfür sei der Unfall vom 30. 9. 2001 gewesen. Für die entsprechende Reparatur wandte der Kl. EUR 1001,71 auf. Die Kosten für den eingeschalteten Sachverständigen beliefen sich auf EUR 146,04. Diese Beträge (1147,75 €) klagt der Kl. ein.

Die Bekl. bestreiten, dass der nunmehr festgestellte Schaden unfallbedingt sei. Im Übrigen stünden dem Kl. keine weiteren Zahlungen zu, da mit den nunmehr geltend gemachten Reparaturkosten und der bereits erfolgten Zahlung der Wiederbeschaffungswert in Höhe von EUR 5982,12 um nunmehr 130% über-schritten sei.

Das AG hat der Klage nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. S. abgewiesen. Die Berufung der Kl. hatte Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Unstreitig hat der Kl. sein Fahrzeug repariert. Nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme ist auch die Folgereparatur (Schaden an der Zwischenwelle) auf den Unfall zurückzuführen.

Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Geschädigte, wenn er sein Fahrzeug repariert und weiter nutzt, was hier der Fall ist, Reparaturkosten bis zu 130% des Wiederbeschaffungswertes geltend machen. Der Wiederbeschaffungswert liegt hier bei Euro 5982,09, die ursprünglich kalkulierten Kosten bei Euro 6442,82. Die dann bezahlten Reparatur-kosten lagen bei Euro 7531,52. Durch den Schaden an der Zwischenwelle sind weitere Kosten in Höhe von Euro 1001,71 angefallen, so dass die Reparaturkosten nunmehr Euro 8533,26 betragen. 130% des Wiederbeschaffungswertes machen einen Betrag in Höhe von Euro 7776,76 aus. Dennoch kann der geschädigte Kl. die noch offenen Reparaturkosten verlangen; zum Zeitpunkt, zu dem er repariert und abgerechnet hat, war die 130%-Grenze nicht überschritten; das Prognoserisiko liegt insoweit beim Schädiger (...). Stellt sich später heraus, dass noch eine weitere Reparatur erforderlich ist, so geht die falsche Prognose zu Lasten des Schädigers. Der Geschädigte kann auch diese Reparatur-ersetzt verlangen.

Dem Kl. waren daher - wie mit der Klage verlangt - weitere Reparaturkosten in Höhe von Euro 1001,71 sowie weitere Sachverständigenkosten in Höhe von Euro 146,04 zuzusprechen. ..."







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