Das Verkehrslexikon

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BayObLG Beschluss vom 17.05.1991 - 3 Ob OWi 18/91 - Zur Berechnung der Nutzlast eines Sattelzugs - Aufliegelast - Sattellast

BayObLG v. 17.05.1991: Zur Berechnung der Nutzlast eines Sattelzugs - Aufliegelast - Sattellast - Leergewichte von Zugmaschine und Sattelanhänger


Das BayObLG (Beschluss vom 17.05.1991 - 3 Ob OWi 18/91) hat entschieden:
  1. Für die Bestimmung der Begriffe "zulässiges Gesamtgewicht" und "Nutzlast" im Güterkraftverkehrsgesetz sind die Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung maßgebend.

  2. Bei der Berechnung der Nutzlast eines Sattelzugs sind von den zulässigen Gesamtgewichten von Sattelzugmaschine und Sattelanhänger der jeweils höhere Wert entweder der zulässigen Aufliegelast - ab 1.8.90 der Sattellast - der Sattelzugmaschine oder zulässigen Sattellast - ab 1.8.90 der Aufliegelast - des Sattelanhängers und die Leergewichte von Zugmaschine und Sattelanhänger abzuziehen.

Siehe auch Sattelzug -Sattelauflieger - Sattelschlepper und Schwerlasttransporte - Sondertransporte


Zum Sachverhalt: Am 12.11.1990 verhängte das Amtsgericht Amberg gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen Auflagen der Güterfernverkehrsgenehmigung eine Geldbuße von 300 DM.

Nach den Feststellungen des Urteils erteilte die Landesverkehrsbehörde Bayern der Spedition H GmbH in S -R am 23.September 1987 unter der Auflage, daß das zum Einsatz kommende Fahrzeug einschließlich Anhänger keine höhere Nutzlast als 25 t (25 000 kg) haben darf, eine Genehmigung für den allgemeinen Güterfernverkehr. Am 5.4.1990 setzte der Betroffene für einen Transport von Sa nach Sch den Sattelzug mit dem amtlichen Kennzeichen ... der Zugmaschine und ... des Sattelanhängers ein. Die Zugmaschine hatte ein zulässiges Gesamtgewicht von 16 000 kg, ein Leergewicht von 7 100 kg und eine Nutzlast von 8 900 kg, der Sattelanhänger ein zulässiges Gesamtgewicht von 34 500 kg, ein Leergewicht von 8 090 kg und eine Nutzlast von 26 410 kg. Die zulässige Aufliegelast der Zugmaschine betrug 8 900 kg, die zulässige Sattellast des Anhängers 10 500 kg. Das beförderte Roheisen hatte ein Gewicht von 26 220 kg.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel war erfolgreich.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Rechtsansicht des Amtsgerichts, der sich im Ergebnis die Regierung der Oberpfalz und die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr anschließt, der Betroffene habe fahrlässig gegen § 99 Abs.1 Nr.3 GüKG verstoßen, vermag der Senat nicht zu teilen.

Das Amtsgericht ist der Auffassung, bei der Frage, welche Nutzlast ein Sattelzug habe, sei nicht auf die Bestimmungen der StVZO abzustellen. Die StVZO befasse sich nämlich nur mit der technischen Zulässigkeit des Betriebs von Kraftfahrzeugen während hier das Güterkraftverkehrsgesetz zur Anwendung komme, das staatliche Wirtschaftslenkung zum Gegenstand habe. Die Beschränkung der Transportkapazität nach dem Güterkraftverkehrsgesetz erfolge nicht nach technischen, sondern nur nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Im Güterkraftverkehrsgesetz sei auch bei Sattelzügen allein auf die in den Kraftfahrzeugscheinen eingetragenen Nutzlasten abzustellen, da sie von den Kontrollorganen einfach und schnell abgelesen und mit den mitgeführten Genehmigungsurkunden verglichen werden könnten. Wenn also der Sattelanhänger eine höhere Nutzlast als 25 t aufweise, dürfe er auch dann nicht benutzt werden, wenn er bei einer Kombination mit einer Sattelzugmaschine z.B. nur mit 20 t beladen werden dürfe.

Diese Ansicht hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zwar enthält das Güterkraftverkehrsgesetz keine Legaldefinition des Begriffs Nutzlast. Es handelt sich insoweit um einen technischen Begriff, zu dessen Klärung auf die Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zurückgegriffen werden muß (vgl. OVG Münster VRS 49, 312; Hein/Eichhoff/Pukall/Krien Güterkraftverkehrsrecht Stand 3/90 GüKG N § 12 a Anm.5; von Tegelen GüKG in WK § 12 a Anm.4; Ambs GüKG in Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze § 80 Anm.2 b bb). Es kann auch keine Rede davon sein, daß Sinn und Zweck des Güterkraftverkehrsgesetzes insoweit entgegenstünden. Ziel des Güterkraftverkehrsgesetzes ist es, eine sinnvolle Aufgabenteilung der Verkehrsträger Kraftfahrzeug und Bundesbahn zu erreichen und eine ruinöse Wettbewerbssituation zu verhindern (vgl. hierzu OVG Münster VRS 49, 312). Diesem Zweck dient auch die hier vorgenommene Beschränkung der Güterfernverkehrsgenehmigung auf Fahrzeuge mit einer maximalen Nutzlast von 25 t, denn durch sie soll eine unerwünschte Kapazitätsausweitung des Unternehmens verhindert werden. Die Regelungen, unter welchen Voraussetzungen Fahrzeuge, Zugmaschinen, Sattelaufleger und Anhänger mit welchen zulässigen Gesamtgewichten und welchen Nutzlasten öffentlichen Verkehrsgrund benützen dürfen, enthält die Straßenverkehrszulassungsordnung. Danach darf bei Kombinationen von Fahrzeugen die zulässige Nutzlast nicht einfach durch Addition der Nutzlasten von Zugmaschine und Sattelanhänger berechnet werden. Die Berechnungen, wie sie hier anzustellen sind, gehören zu den allgemeinen Aufgaben der Verkehrsüberwachung (Seeger Verkehrsüberwachung Gewichtskontrolle 1978 S.37). Im Interesse der Straßenschonung (vgl. hierzu Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 31.Aufl. StVZO § 34 Rn.5/6) hat der Verordnungsgeber in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 28.9.1988 des § 34 Abs.2 Satz 3 2. Alt. StVZO bei Sattelzügen angeordnet, daß sich das zulässige Gesamtgewicht aus der Summe der zulässigen Gesamtgewichte der Sattelzugmaschine und des Sattelanhängers, vermindert um den jeweils höheren Wert a) der zulässigen Aufliegelast der Sattelzugmaschine oder b) der zulässigen Sattellast des Sattelanhängers errechnet. Nach der Neufassung des § 34 StVZO durch die 10.Änd.VO vom 23.7.1990 BGBl I 1489) ist bei der Sattelzugmaschine statt der Aufliegelast die Sattellast und bei dem Sattelanhänger statt der Sattellast die Aufliegelast maßgebend. Das bedeutet, daß bei Sattelzügen das zulässige Gesamtgewicht und damit auch die Nutzlast geringer sein kann als bei getrenntem Einsatz von Zugmaschine und Aufleger. Nach den vom Bundesverkehrsminister erlassenen Richtlinien für die Bestimmung des Leergewichts und der Nutzlast (BMV/StV 7 - 8015 U/62 vom 24.7.1962, abgedruckt bei Belke/Bosselmann/List StVZO Bd.1 § 42 Anm.9; vgl. auch OVG Münster aaO) ist Nutzlast die Höchstlast, die das betriebsfertige Fahrzeug tragen kann, ohne daß die zulässigen Achslasten und das zulässige Gesamtgewicht überschritten werden (vgl. hierzu auch Seeger aaO S.40, 62 u. 63). Mit Recht führt deshalb die Rechtsbeschwerde aus, daß im vorliegenden Fall von den zulässigen Gesamtgewichten der Zugmaschine und des Sattelanhängers von 50 500 kg die zulässige Sattellast des Sattelanhängers von 10 500 kg und die Leergewichte von Zugmaschine und Sattelanhänger von 15 190 kg abzuziehen sind und sich somit eine zulässige Nutzlast von 24 810 kg ergibt (Zur Berechnung der zulässigen Nutzlast eines Sattelkraftfahrzeuges Seeger aaO S.43 u. 63). Das bedeutet, daß mit dem vorliegenden Sattelzug zur Tatzeit in Deutschland keine höhere Nutzlast als 24 810 kg befördert werden durfte und sich die Nutzlast dieses Fahrzeugs im Rahmen der beschränkten Güterfernverkehrsgenehmigung hält.

Die Verfolgung der Überladung um 1 410 kg, einer Ordnungswidrigkeit nach § 69 a Abs.5 Nr.3, § 31 Abs.2 StVZO, § 24 StVG ist, wie die Staatsanwaltschaft beim Bayerischen Obersten Landesgericht in ihrer Stellungnahme vom 22.2.1991 zutreffend dargelegt hat, verjährt (§ 26 Abs.3 StVG).

Der Betroffene ist somit unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung freizusprechen. ..."