Das Verkehrslexikon

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OLG Brandenburg Beschluss v. 18.02.2008 - 1 Ss (OWi) 266 B/07 - Mehrere Geschwindigkeitsverstöße auf einer Fahrt bilden mehrere Einzeltaten

OLG Brandenburg v. 18.02.208: Mehrere Geschwindigkeitsverstöße auf einer Fahrt bilden mehrere Einzeltaten


Das OLG Brandenburg (Beschl. v. 18.02.2008 - 1 Ss (OWi) 266 B/07) hat entschieden:
Dass es sich bei mehreren Geschwindigkeitsüberschreitungen auch im Verlaufe einer Fahrt regelmäßig um mehrere Taten im materiellen und prozessualen Sinne handelt, ist – soweit ersichtlich – einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. Die Tatsache, dass die mehreren Verstöße auf der gleichen Fahrt begangen wurden, ändert nichts daran, dass das Fahren als solches keine rechtliche Klammer zu den einzelnen Fehlverhaltensweisen im Verkehr bildet.


Siehe auch Tateinheit - Tatmehrheit - mehrere Verstöße auf einer Fahrt


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Soweit das Bußgeldgericht trotz zwei tatmehrheitlichen Geschwindigkeitsverstößen – was als solches hier nicht zu beanstanden ist – auf eine Geldbuße (in Höhe von 350 €) erkannt hat, ist dies rechtsfehlerhaft. Das Amtsgericht Zossen hat bei der Zumessung der Rechtsfolgen die Grundsätze des § 20 OWiG nicht beachtet. Danach ist in dem Fall, dass mehrere Geldbußen verwirkt sind, jede gesondert festzusetzen. Die Vorschrift regelt die Festsetzung der Geldbußen beim Zusammentreffen mehrerer selbständiger Ordnungswidrigkeiten. Anders als § 53 StGB, der bei Tatmehrheit das Gesamtstrafenprinzip vorsieht, gilt im Ordnungswidrigkeitenrecht in diesem Fall das Kumulationsprinzip (OLG Koblenz VRS 61, 280).

Hinsichtlich der Tatmehrheit weist der Senat für die neue Entscheidung auf folgendes hin:

Dass es sich bei mehreren Geschwindigkeitsüberschreitungen auch im Verlaufe einer Fahrt regelmäßig um mehrere Taten im materiellen und prozessualen Sinne handelt, ist – soweit ersichtlich – einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLG NZV 1995, 407; NZV 1994, 448; OLG Köln NZV 1994, 292; OLG Düsseldorf NZV 2001, 273; NZV 1994, 118; OLG Hamm VRS 46, 370). Die Tatsache, dass die mehreren Verstöße auf der gleichen Fahrt begangen wurden, ändert nichts daran, dass das Fahren als solches keine rechtliche Klammer zu den einzelnen Fehlverhaltensweisen im Verkehr bildet. Eine einzige Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit liegt (ausnahmsweise) nur dann vor, wenn strafrechtlich oder ordnungswidrigkeitenrechtlich erhebliche Verhaltensweisen durch einen derart unmittelbaren zeitlichräumlichen und inneren Zusammenhang gekennzeichnet sind, dass sich der gesamte Vorgang bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen unbeteiligten Dritten als ein einheitliches zusammengehörendes Tun darstellt (OLG Hamm VRS 42, 432; VRS 46, 370; OLG Düsseldorf NZV 1994, 118; NZV 2001, 273; OLG Köln NZV 1994, 292). Ein derartiger Ausnahmefall liegt dann nicht vor, wenn die geahndeten Geschwindigkeitsverstöße zwar in einem engen zeitlichen Rahmen, beispielsweise innerhalb von ein bis zwei Minuten, erfolgten, die beiden fahrlässig verwirklichten, Ordnungswidrigkeiten jedoch jeweils in unterschiedlichen Verkehrssituationen begangen wurden, so dass die einzelnen Verstöße unschwer voneinander abzugrenzen sind. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn verschiedene Verkehrsräume durch unterschiedliche Geschwindigkeitsbeschränkungen gekennzeichnet sind. Denn dann lassen sich die einzelnen Verstöße unschwer voneinander abgrenzen und rechtfertigen die Annahme einer tatmehrheitlichen Begehungsweise selbst dann, wenn man zugunsten des Betroffenen davon ausgeht, dass er die einzelnen Geschwindigkeitsüberschreitungen auf einer nicht durch Pausen unterbrochenen Fahrt und aus einem einheitlichen Motiv heraus beging (vgl. insoweit OLG Düsseldorf NZV 2001, 273). ..."







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