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OLG Frankfurt am Main Urteil vom 05.06.1972 - 18 U 197/71 - Schadensteilung, wenn ein nachfolgender Pkw einen wegen seines Wendekreises nach links eingeordneten Lkw vor dessen Einbiegen nach rechts in ein Grundstück noch rechts überholt
OLG Frankfurt am Main v. 05.06.1972: Schadensteilung, wenn ein nachfolgender Pkw einen wegen seines Wendekreises nach links eingeordneten Lkw vor dessen Einbiegen nach rechts in ein Grundstück noch rechts überholt
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.06.1972 - 18 U 197/71) hat entschieden:
Kommt es zu einer Kollision zwischen einem Lkw, der zum Rechtseinbiegen in eine Grundstückseinfahrt zunächst nach links zur Fahrbahnmitte hin fuhr, und einem nachfolgenden Pkw, der den nach links fahrenden Lkw rechts überholen wollte, so kann Schadensteilung angemessen sein.
Siehe auch Überholen allgemein und Stichwörter zum Thema Überholen
Aus den Entscheidungsgründen:
"... In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil gelangt auch der Senat zu dem Ergebnis, dass die Bekl. für den dem Kl. aus dem Verkehrsunfall vom 31.10.1969 erwachsenen Schaden gemäß §§ 7, 18 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG dem Grunde nach nicht mehr als zu 50 % haften. Der Schaden am PKW des Kl. ist mindestens in gleichem Maße wie durch den Bekl. zu (1) auch durch den Sohn des Kl. verschuldet worden, was der Kl. sich anrechnen lassen muss ...
Da der Sohn des Kl. ursprünglich auf derselben, der äußeren rechten Fahrspur hinter dem LKW fuhr, war er verpflichtet, auf die Fahrweise des vorausfahrenden Fahrzeuges zu achten. Er hätte bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt den eingeschalteten rechten Blinker und die auffällige Verminderung der Geschwindigkeit des LKW bemerken können. In dieser Situation hätte der Sohn des Kl., von dem Verbot des Rechtsüberholens gemäß § 5 StVO abgesehen, unter keinen Umständen den Versuch unternehmen dürfen, rechts an dem LKW vorbeizufahren. Selbst wenn ihm die Grundstückseinfahrt unbekannt gewesen sein sollte, so hatte er eine derart unklare Situation vor sich, dass er hinter dem LKW hätte bleiben müssen, bis für ihn die Absicht des LKW-Fahrers, des Bekl. zu (1), ersichtlich war. Der Vorwurf, zu schnell gefahren zu sein, kann nicht gegen den Sohn des Kl. erhoben werden (wird ausgeführt).
Dem Bekl. zu (1) ist demgegenüber allenfalls der Vorwurf zu machen, sich bei der Rückkehr zur rechten Fahrspur bzw. beim Einbiegen zur Grundstückseinfahrt nicht gehörig über den nachfolgenden Verkehr auf der rechten Fahrspur vergewissert zu haben. Möglicherweise befand sich zu diesem Zeitpunkt aber auch der PKW des Kl. schon in dem für den Bekl. zu (1) nicht einsehbaren sog. toten Blickwinkel. Unter diesen Umständen ist ein größeres Verschulden des Bekl. zu (1) gegenüber demjenigen des Sohnes des Kl. nicht festzustellen. Ebensowenig überstieg die Betriebsgefahr des LKW diejenige des PKW. Für die Beurteilung der Betriebsgefahr kommt es auf die Verkehrslage unmittelbar vor dem Unfall an. Demnach war die Betriebsgefahr des PKW durch die unvorsichtige und riskante Fahrweise des Sohnes des Kl. wesentlich erhöht und wirkte sich nicht geringer aus als diejenige des unter Einschalten des rechten Blinkers verhalten fahrenden LKW. ..."