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BGH Urteil vom 23.02.2005 - IV ZR 273/03 - Die Fristenregelungen in der Unfallversicherung genügen dem Transparenzgebot
BGH v. 23.02.2005: Die Fristenregelungen in der Unfallversicherung genügen dem Transparenzgebot
An verschiedenen Stellen der AUB und der AKB sind Fristenregelungen normiert. Danach gilt folgendes:
- Die Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein.
- Die Invalidität muss innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt worden sein.
- Die Invalidität muss innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall beim Versicherer geltend gemacht worden sein.
Der BGH (Urteil vom 23.02.2005 - IV ZR 273/03) hat hierzu entschieden:
Eine Fristenregelung wie in den §§ 1 und 7 AUB 94 in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Unfallversicherers genügt den Anforderungen des Transparenzgebots.
Siehe auch Insassen-Unfallversicherung und Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung
Tatbestand:
Der Kläger macht einen Anspruch aus einer privaten Unfallversicherung geltend. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde (im folgenden: AVB), die soweit hier von Bedeutung im wesentlichen den AUB 94 entsprechen. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs heißt es dort:
§ 1 Der Versicherungsfall
I. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz bei Unfällen, die dem Versicherten während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen. Die Leistungsarten, die versichert werden können, ergeben sich aus § 7; aus Antrag und Versicherungsschein ist ersichtlich, welche Leistungsarten jeweils vertraglich vereinbart sind.
...
§ 7 Die Leistungsarten
Die jeweils vereinbarten Leistungsarten und deren Höhe (Versicherungssummen) ergeben sich aus dem Vertrag. Für die Entstehung des Anspruchs und die Bemessung der Leistung gelten die nachfolgenden Bestimmungen.
I. Invaliditätsleistung
(1) Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe entsteht, wenn der Unfall innerhalb von 15 Monaten zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt und diese Beeinträchtigung spätestens 15 Monate nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und geltend gemacht worden ist.
...
Am 24. Februar 2001 stürzte der Kläger auf einer Steintreppe und zog sich eine Achillessehnenteilruptur zu. Er mußte nach einer Nothilfeversorgung zunächst einen Unterschenkelgips, dann einen elastischen Verband und später einen Achillessehnenstrumpf tragen. Anschließend erhielt er eine Bewegungstherapie und Kräuterbäder. Auf Dauer verbleibende Schäden wurden von den behandelnden Orthopäden nicht festgestellt. Vielmehr behauptet der Kläger, die Ärzte hätten ihm wiederholt erklärt, sein Bein werde wieder in Ordnung kommen. Erst mit Schreiben vom 4. August 2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er eine Verletzung an der Achillessehne erlitten habe und seitdem täglich unter Schmerzen leide. Am 24. September 2002 suchte der Kläger einen anderen Orthopäden auf, der eine deutliche Verdickung und einen unfallabhängigen Dauerschaden attestierte. Die Beklagte lehnte Versicherungsschutz u.a. wegen Versäumung der in § 7 I (1) AVB vorgeschriebenen Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität ab. Der Kläger meint, diese Frist sei in den Versicherungsbedingungen der Beklagten nicht klar und verständlich dargestellt worden.
Die Klage auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, für das Unfallereignis vom 24. Februar 2001 Versicherungsschutz zu leisten, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Kläger verfolgt seinen Antrag mit der Revision weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist mit Recht abgewiesen worden.
I. 1. Das Berufungsgericht sieht keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot, so wie es als Maßstab der Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen in langjähriger Rechtsprechung entwickelt worden sei. Ob die Anforderungen insoweit durch die Regelung in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42) erhöht worden seien, könne offen bleiben, weil sich der Unfall, aus dem der Kläger seinen Anspruch herleite, vor Inkrafttreten der Neuregelung ereignet habe (Art. 229 § 5 EGBGB). Durch das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung würden Spätschäden im Interesse arbeits- und kostensparender Abwicklung vom Versicherungsschutz ausgenommen, auch wenn der Versicherte die Frist schuldlos versäumt habe (BGHZ 137, 174, 177). Die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf sei auch nicht rechtsmißbräuchlich. Wenn Ärzte dem Versicherten zu Unrecht erklärt hätten, es würden nach dem Unfall keine Dauerfolgen zurückbleiben, trage der Versicherer dafür keine Verantwortung (BGHZ 130, 171, 176).
2. Dem hält die Revision entgegen, die höchstrichterliche Rechtsprechung habe bisher nicht zu der Frage Stellung genommen, ob die zum Verlust des Versicherungsschutzes führenden Fristen in den Versicherungsbedingungen der Beklagten hinreichend klar und verständlich gemacht würden. Schon vor Inkrafttreten von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sei anerkannt gewesen, daß eine Klausel in Allgemeinen Geschäfts- oder Versicherungsbedingungen unwirksam sei, wenn die getroffene Regelung dem Transparenzgebot nicht genüge. Für den durchschnittlichen Kunden ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse werde insbesondere durch Aufbau und Gestaltung der AUB 94 verschleiert, daß der in § 1 der Versicherungsbedingungen gewährte Versicherungsschutz bei einem Unfall später in § 7 unter der irreführenden Überschrift "Leistungsarten" zusätzlich von der Einhaltung bestimmter Fristen etwa für die ärztliche Feststellung eines Dauerschadens abhängig gemacht werde (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. AUB 94 § 7 Rdn. 8; ders. r+s 2002, 485, 489; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 179 Rdn. 21; Hormuth in Terbille, Münchener Anwalts Handbuch Versicherungsrecht, § 23 Rdn. 36).
II. Diese Bedenken teilt der Senat nicht. Die Fristenregelung in § 7 I (1) AVB hält, insbesondere soweit sie für die Entstehung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung voraussetzt, daß spätestens 15 Monate nach dem Unfall eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit von einem Arzt schriftlich festgestellt worden sein muß, einer Inhaltskontrolle auch am Maßstab des Transparenzgebots stand.
1. Dabei kommt es auch nach Meinung der Revision nicht darauf an, ob das Transparenzgebot seine Grundlage wie im vorliegenden Fall noch in § 9 AGBG findet oder bereits in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Mit der neuen Vorschrift war eine inhaltliche Änderung der bisher von der Rechtsprechung zum Transparenzgebot entwickelten Grundsätze nicht bezweckt (MünchKommBGB/Basedow, 4. Aufl. Bd. 2 a, § 307 Rdn. 48 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 307 Rdn. 16). Nicht zweifelhaft ist auch, daß die hier streitigen Fristen das Hauptleistungsversprechen des Versicherers lediglich ausgestalten oder modifizieren und deshalb schon unter der Geltung von § 8 AGBG der gerichtlichen Kontrolle unterlagen (vgl. BGHZ 137, 174, 175).
2. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Transparenzgebot); insbesondere müssen Nachteile und Belastungen so weit erkennbar werden, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 147, 373, 377 f.; 141, 137, 143). Eine Regelung muß nicht nur aus sich heraus klar und verständlich sein; sie hält einer Inhaltskontrolle auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (BGH, Urteile vom 10. März 1993 VIII ZR 85/92 NJW 1993, 2052 unter III; vom 11. Februar 1992 XI ZR 151/91 NJW 1992, 1097 unter II 1). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, von dem allerdings die aufmerksame Durchsicht der Bedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann (BGHZ 123, 83, 85; Senatsurteil vom 9. Juli 2003 IV ZR 74/02 NJW-RR 2003, 1247 = VersR 2003, 1163, jeweils unter II 2 c (1); vgl. ferner BGH, Beschluß vom 23. März 1995 VII ZR 228/93 NJW-RR 1995, 749 unter 2 a). Jedes eigene Nachdenken kann dem Kunden nicht erspart bleiben (BGHZ 112, 115, 121). Eine Überspannung des Transparenzgebots würde letztlich wieder Intransparenz mit sich bringen (BGH, Urteil vom 10. März 1993, aaO).
3. a) Die hier streitige Klausel in § 7 I (1) AVB ist weder hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen noch der Bedeutung dieser Fristen für den Versicherungsschutz aus sich heraus unklar oder schwer verständlich (so auch Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 8; Römer, aaO). Soweit Schwintowski (VuR 1998, 195 f.) das Transparenzgebot dadurch verletzt sieht, daß es für den Versicherungsschutz auf Zufallswirkungen ankomme, nämlich ob die unfallbedingte Invalidität noch innerhalb der in den Bedingungen genannten Fristen eintrete und ärztlich festgestellt werden könne oder nicht, geht es nicht um die Durchschaubarkeit der Regelung, sondern um deren Inhalt. Insoweit hat der Senat in BGHZ 137, 174, 176 f. ausgesprochen, daß die der hier in Rede stehenden Klausel inhaltlich im wesentlichen entsprechende Klausel in § 7 I (1) Abs. 2 AUB 88 wegen des damit bezweckten Ausschlusses von Spätschäden einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AGBG standhält. Daran wird festgehalten.
Dies gilt auch, soweit die Revision meint, bei der Regelung in § 7 I (1) AVB über die fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität handle es sich um eine verhüllte Obliegenheit, die schon deshalb unwirksam sei, weil ihr wahrer Charakter als einer Obliegenheit, deren Verletzung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit führe (§ 10 AVB), zum Nachteil des Versicherungsnehmers verschleiert werde (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 859; Horn in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. § 23 Rdn. 480). Der Senat hat indessen bereits entschieden, daß das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung der Invalidität eine Anspruchsvoraussetzung ist, für die es keinen Entschuldigungsbeweis gibt (BGHZ 137, 174, 177; Urteil vom 28. Juni 1978 IV ZR 7/77 VersR 1978, 1036 unter 1). Insoweit läßt der Wortlaut des § 7 I (1) AVB keinen Zweifel aufkommen.
b) Die Einsicht, daß ein Anspruch auf Versicherungsschutz bei Invalidität nur bei Einhaltung der in § 7 I (1) AVB vorgesehenen Fristen besteht, wird dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, wenn er die Bedingungen mit der von ihm zu fordernden Aufmerksamkeit durchsieht, aber auch durch deren Aufbau und Gliederung nicht verstellt. Die Auffassung der Revision, § 1 I AVB vermittle dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer den Eindruck, ihm werde in dieser Bestimmung bereits ein Anspruch auf Versicherungsschutz abschließend zugesagt, wenn es zu einem Unfall gekommen sei, greift zu kurz: Der im ersten Satz dieser Vorschrift angebotene Versicherungsschutz bleibt seinem Inhalt nach vielmehr völlig unbestimmt. Insofern wird der Leser aber im zweiten Satz sogleich auf die Leistungsarten hingewiesen, die versichert werden können und sich aus § 7 der Bedingungen ergeben. Wenn der Begriff "Leistungsarten" in § 1 I AVB für den Versicherungsnehmer nicht aus sich heraus verständlich sein sollte, wie die Revision meint, erschließt sich seine Bedeutung jedenfalls aus dem in Bezug genommenen § 7, der unter I die Invaliditätsleistung, unter II die Übergangsleistung, unter III das Tagegeld, unter IV das Krankenhaustagegeld, unter V das Genesungsgeld und unter VI die Todesfalleistung regelt. § 1 I verdeutlicht, daß es für einen Anspruch auf eine der genannten Leistungen keineswegs nur auf das Vorliegen eines Unfalls ankommt, sondern zunächst darauf, daß eine Verpflichtung zu einer oder mehreren der genannten Leistungen überhaupt vertraglich vereinbart worden ist. § 1 I AVB sagt in seinem zweiten Satz aber nicht etwa, daß der Versicherer bei einem Unfall Zahlungen leistet, soweit überhaupt Leistungen vertraglich vereinbart sind, sondern daß sich die Leistungsarten, die versichert werden können und nach Antrag sowie Versicherungsschein vereinbart worden sind, selbst erst aus § 7 ergeben. Dem verständigen Versicherungsnehmer kann jedenfalls nicht verborgen bleiben, daß es für den inhaltlich in § 1 I AVB nicht konkretisierten Versicherungsschutz entscheidend auf § 7 AVB ankommt.
Dessen Lektüre kann er sich also nicht ersparen, wenn er über den Versicherungsschutz, der ihm zusteht, auch nur in groben Zügen informiert sein will. Daß die in § 7 getroffenen Regelungen dem Leser nicht schon in unmittelbarem Anschluß an § 1 AVB präsentiert werden, ändert nichts an der Klarheit und Verständlichkeit der sich aus § 1 I ergebenden Bezugnahme. § 7 weist den Leser schon einleitend vor den unter römischen Ziffern aufgeführten Leistungsarten darauf hin, daß die nachfolgenden Bestimmungen nicht erst für die Bemessung der Leistung, sondern schon für die Entstehung des Anspruchs gelten. Selbst wenn der Versicherungsnehmer diese Einleitung unbeachtet läßt und sich sogleich der von ihm vereinbarten Leistungsart, hier also der Invaliditätsleistung, zuwendet, macht der Text des § 7 unter I (1) klar, daß es einen Anspruch auf Kapitalleistung wegen Invalidität nur gibt, wenn eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit innerhalb einer bestimmten Frist (hier spätestens 15 Monate nach dem Unfall) eintritt, wenn diese Beeinträchtigung innerhalb dieser Frist außerdem schriftlich von einem Arzt festgestellt und geltend gemacht wird. Um dies zu erkennen, bedarf es keiner juristisch-dogmatischen Unterscheidung zwischen dem Versicherungsfall als solchem und der Entstehung des Anspruchs gegen den Versicherer (vgl. Römer in Römer/Langheid, aaO § 179 Rdn. 4).
Mit dieser Regelungstechnik sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Versicherungsschutz zwar nicht an einer Stelle in den Bedingungen zusammenhängend dargestellt. Das wäre indessen wegen der vielfältigen und unterschiedlichen Leistungen, die bei einem Unfall vereinbart werden können, weder einfach noch besonders naheliegend für einen Versicherungsnehmer, der nach seinen Vertragsunterlagen wie hier nicht schlechthin Unfallversicherungsschutz vereinbart hat, sondern neben einem Unfall-Krankenhaustagegeld u.a. bei Invalidität durch Unfall die Zahlung eines dem Invaliditätsgrad entsprechenden Betrages, wobei im Versicherungsschein ausdrücklich auf § 7 AVB hingewiesen wird. Es bedarf hier nicht der Entscheidung, ob die Anspruchsvoraussetzungen in der Unfallversicherung auch klarer und verständlicher formuliert werden könnten, als dies in den hier zu prüfenden Bedingungen geschehen ist. Diese machen die Regelung auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer jedenfalls hinreichend deutlich, zieht man die Schwierigkeiten der zu regelnden Materie einerseits und die vom Versicherungsnehmer zu fordernde Aufmerksamkeit, verständige Würdigung und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs andererseits in Betracht.
c) Daran ändert auch die Regelung in § 9 I AVB nichts. Die Revision meint, da die dort vom Versicherungsnehmer unverzüglich nach dem Unfall geforderte Hinzuziehung eines Arztes als Obliegenheit bezeichnet werde, die nach § 10 AVB nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung zum Verlust des Versicherungsschutzes führe, sei für den Versicherungsnehmer unklar, ob dies nicht auch für die in § 7 I (1) AVB vorausgesetzte Zuziehung eines Arztes für die schriftliche Feststellung der Invalidität gelte. Eine solche Beziehung zwischen den §§ 7 I und 9 I AVB herzustellen, liegt indessen fern. Anders als in § 1 I AVB nehmen die §§ 7 I, 9 I und 10 AVB im Text nicht auf einander Bezug. Vor allem wird dem aufmerksam lesenden Versicherungsnehmer nicht entgehen, daß die in § 9 I AVB angeordnete Obliegenheit den Zweck hat, die Unfallfolgen möglichst zu mindern, wie sich aus dem zweiten Satz dieser Bestimmung ergibt. Damit hat die in § 7 I (1) AVB binnen 15 Monaten nach dem Unfall geforderte schriftliche Feststellung eines Arztes über eine etwa auf Dauer verbleibende Unfallfolge nichts zu tun. Das wird dem Versicherungsnehmer, wenn er §§ 7 I (1) und 9 I AVB überhaupt miteinander in Beziehung bringt, aus Wortlaut und Sinnzusammenhang dieser Regelungen jedenfalls klar werden.
Die Bedenken der Revision gegen die Wirksamkeit des § 7 I (1) AVB sind mithin unbegründet.
4. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Berufung des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität im Einzelfall rechtsmißbräuchlich sein kann, so daß die Versäumung der Frist dem Versicherungsnehmer nicht schadet. Das hat der Senat angenommen, wenn ein unveränderlicher Gesundheitsschaden tatsächlich vor Fristablauf in einem ärztlichen Bericht erwähnt worden ist, etwa weil der behandelnde Unfallchirurg die Gallenblase entfernt hatte, eine daraus folgende Invalidität aber nicht ausdrücklich fristgerecht ärztlich festgestellt wurde (BGHZ 130, 171, 178 f.; 137, 174, 177). Darüber hinaus kann sich die Berufung auf den Fristablauf als rechtsmißbräuchlich darstellen, wenn dem Versicherer bereits vor Fristablauf ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der zu wahrenden Frist deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterläßt (vgl. Knappmann, r+s 2002, 485, 489). Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte Invaliditätsansprüche rechtzeitig geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahelegen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlt (OLG Köln VersR 1995, 907; OLG Hamm NVersZ 1999, 567). Gleiches kann anzunehmen sein, wenn der Versicherer nach Geltendmachen von Invalidität von sich aus noch innerhalb der Frist zur ärztlichen Feststellung ein ärztliches Gutachten einholt, ohne den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, daß er unbeschadet dessen selbst für eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität zu sorgen habe (OLG Saarbrücken VersR 1997, 956, 958; OLG Oldenburg NVersZ 2000, 85 f.; zu alledem Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 22 f.; Manthey, NVersZ 2001, 55, 57 f.).
Daß im vorliegenden Fall von einem rechtsmißbräuchlichen Verhalten der Beklagten nicht ausgegangen werden kann, stellt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei fest.