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BGH Beschluss vom 25.10.2005 - VI ZB 58/04 - Zur Erstattung der Mehrwertsteuer im Verkehrshaftpflichtprozess durch die beklagten Streitgenossen

BGH v. 25.10.2005: Zur Erstattung der Mehrwertsteuer im Verkehrshaftpflichtprozess durch die beklagten Streitgenossen


Der BGH (Beschluss vom 25.10.2005 - VI ZB 58/04) hat entschieden:
Im Verkehrshaftpflichtprozess ist die Mehrwertsteuer, die die obsiegenden beklagen Streitgenossen (hier: Haftpflichtversicherer, Halter und Fahrer) ihrem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten schulden, von der unterlegenen Klägerseite auch dann in voller Höhe zu erstatten, wenn einer der Streitgenossen (hier: der Halter) vorsteuerabzugsberechtigt ist, sofern der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Haftpflichtversicherer - wie im Regelfall - im Innenverhältnis der Streitgenossen die gesamten Kosten des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu tragen hat.


Siehe auch Totalschaden und Umsatzsteuerersatz - Differenzbesteuerung


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Sind im Verkehrsunfallprozess Halter und Fahrer gemeinsam mit dem Haftpflichtversicherer als Gesamtschuldner verklagt und durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten, stellt sich die Frage, ob bei einem Obsiegen der Beklagten im Rahmen der Kostenfestsetzung die gesamte auf das Honorar des Prozessbevollmächtigten entfallende Mehrwertsteuer bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen ist, wenn einer der Streitgenossen vorsteuerabzugsberechtigt ist. Die Frage wird unterschiedlich beantwortet.

Nach überwiegender Ansicht ist sie zu bejahen, weil im Innenverhältnis der beklagten Streitgenossen der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Haftpflichtversicherer die Kosten des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu übernehmen hat (KG, NJW-RR 1998, 860 = VersR 1999, 464 f.; OLG Karlsruhe, JurBüro 1993, 35 f.; OLG Köln, JurBüro 2001, 428; OLG Stuttgart, Rpfleger 2001, 566; v. Eicken in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., VV 7008 Rn. 29 Fn. 25; v. Eicken/Madert, NJW 1996, 1649, 1652; ebenso für Fallgestaltungen außerhalb des Kraftfahrzeughaftpflichtprozesses: OLG Schleswig, JurBüro 1997, 644 f.; abweichend hinsichtlich der Erhöhungsgebühr des § 6 Abs. 1 BRAGO: OLG Düsseldorf, JMBl NW 1994, 59; MDR 1995, 474 f.; OLG Hamm, Rpfleger 1992, 220; OLG Hamburg, MDR 1991, 797).

Die vom Beschwerdegericht vertretene Auffassung bejaht dagegen nur eine der Vorsteuerabzugsberechtigung einzelner Streitgenossen Rechnung tragende Berücksichtigung der Mehrwertsteuer. Dies wird damit begründet, dass es für die Kostenfestsetzung entscheidend auf die Beteiligung der Streitgenossen am Rechtsstreit ankomme, während es nicht zu Lasten des Erstattungspflichtigen gehen könne, wenn einer der Streitgenossen sich verpflichtet habe bzw. verpflichtet sei, die Kosten der anderen zu übernehmen (OLG München, Rpfleger 1995, 519 f.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 29. Oktober 1992 - 2 W 2852/92 - bei JURIS dokumentiert; MünchKomm-ZPO/Belz, 2. Aufl., § 100 Rn. 40; Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl., § 100 Rn. 14, 18; unklar OLG Stuttgart, Rpfleger 1996, 82 f.).

2. Die erstgenannte Ansicht ist zutreffend.

a) Im Kraftfahrzeughaftpflichtprozess ist das Innenverhältnis zwischen dem Haftpflichtversicherer einerseits und Halter und Fahrer andererseits durch das bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt. Nach § 7 II Abs. 5 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Haftpflichtversicherer die Prozessführung zu überlassen. Demgemäß wird der Prozessbevollmächtigte im Haftpflichtprozess regelmäßig von dem Versicherer bestellt (vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 7 AKB Rn. 193 ff. m.w.N.). Nach § 10 Abs. 5 AKB gilt der Haftpflichtversicherer zudem als bevollmächtigt, die ihm zur Abwehr der Ansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen der versicherten Personen, zu denen nach Absatz 2 auch Halter und Fahrer gehören, abzugeben. Dem entsprechend ist der Haftpflichtversicherer, soweit der Versicherungsschutz reicht, im Verhältnis zu den Genannten auch verpflichtet, die gesamten Kosten eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu tragen (vgl. § 150 Abs. 1 VVG; § 10 Abs. 6 Satz 2 AKB; Stiefel/Hofmann aaO, § 10 AKB Rn. 134 f.).

b) Diese im Innenverhältnis der Streitgenossen bestehenden Umstände sind im Rahmen der Kostenfestsetzung von Bedeutung. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, wobei die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten sind (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Entscheidend ist dabei, welche Kosten die obsiegende Partei bzw. die obsiegenden Streitgenossen tatsächlich aufwenden mussten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2003 - I ZB 13/03 - NJW-RR 2003, 1507 f.). Ergibt sich aufgrund der Regelungen, die das Innenverhältnis der Streitgenossen betreffen, dass einer von ihnen die gesamten Kosten des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu tragen hat, sind dies die vom Gegner zu erstattenden Kosten. Dies gilt - jedenfalls im Verkehrshaftpflichtprozess - auch, soweit aufgrund der gemeinsamen Prozessführung eine Erhöhungsgebühr (§ 6 Abs. 1 BRAGO, Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG) anfällt, die einer der Streitgenossen im Innenverhältnis endgültig zu tragen hat.

Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass selbst tatsächliche Umstände im Innenverhältnis von Streitgenossen bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen sind, wenn nur so erreicht werden kann, dass der obsiegende Streitgenosse auf Dauer und vollständig von außergerichtlichen Kosten befreit wird (BGH, Beschluss vom 30. April 2003 - VIII ZB 100/02 - NJW-RR 2003, 1217, 1218 = VersR 2004, 489, 490 betreffend die Zahlungsunfähigkeit eines unterlegenen Streitgenossen). Es besteht kein Grund zu einer abweichenden Beurteilung, wenn sich die Verpflichtung eines Streitgenossen, die gesamten Prozesskosten endgültig zu tragen, aus dem Gesetz bzw. allgemein zugänglichen Vertragswerken ergibt.

Die abweichende Auffassung des Beschwerdegerichts überzeugt nicht, weil sie das Innenverhältnis der Streitgenossen außer Acht lässt und damit der Sache nach eine Abrechnung fiktiver Kosten vornimmt. Dies hat zur Folge, dass dem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Streitgenossen - hier dem Haftpflichtversicherer - Kosten nicht erstattet werden, die er notwendigerweise für die Prozessführung hat aufwenden müssen und auf deren Ersatz er den vorsteuerabzugsberechtigten Streitgenossen nicht in Anspruch nehmen kann.

3. Die Voraussetzungen, unter denen der Haftpflichtversicherer die gesamten Kosten des Haftpflichtprozesses zu tragen hat, liegen nach den nicht angegriffenen Ausführungen der Beklagten im Streitfall vor. ..."



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