Hier muss zwischen abstrakter und konkreter Schadensabrechnung unterschieden werden.
Bei der fiktiven Abrechnung kommt nach dem Gesetzeswortlaut eine Erstattung der (gar nicht angefallenen) Umsatzsteuer nicht in Betracht. Fraglich ist nur, in welcher Höhe USt aus dem Wiederbeschaffungswert herauszurechnen nicht. Es kommt bei äußerst alten Fahrzeugen in der Regel gar kein USt-Abzug in Betracht, weil solche Fahrzeuge nur von privat an privat gehandelt werden. Bei Fahrzeugen, die zwar älter sind, jedoch noch von Händlern angeboten werden, wird es häufig richtig sein, etwa 2 % MwSt (als sog. Differenzbesteuerung) vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen. Bei noch neueren Fahrzeugen kommt ein Abzug von 19 % in Betracht.
Beschafft sich der Geschädigte jedoch ein Ersatzfahrzeug und weist dies nach, dann kann er bis zur Höhe des vom Sachverständigen festgestellten Brutto-Wiederbeschaffungswert Ersatz verlangen, sofern er einen entsprechenden oder höheren Betrag für das Ersatzfahrzeug ausgibt.
BGH v. 20.04.2004:
Im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens an einem Kraftfahrzeug hat der Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer nur, wenn er eine Ersatzbeschaffung vorgenommen oder - ungeachtet der Unwirtschaftlichkeit einer Instandsetzung - sein beschädigtes Fahrzeug repariert hat und wenn tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.
BGH v. 01.03.2005:
Erwirbt der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt, kann er im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-) Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-) Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
BGH v. 15.11.2005:
Stellt der Geschädigte durch eine konkrete Ersatzbeschaffung eines gleichartigen Fahrzeugs zu dem vom Sachverständigen genannten (Brutto-)Wiederbeschaffungswert wirtschaftlich den Zustand wieder her, der vor dem Unfallereignis bestand, so kann er nach § 249 BGB - bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes - den tatsächlich aufgewendeten Betrag unabhängig davon ersetzt verlangen, ob in ihm die Regelumsatzsteuer im Sinne des § 10 UStG, eine Differenzsteuer im Sinne des § 25a UStG oder gar keine Umsatzsteuer enthalten ist.
BGH v. 09.05.2006:
Will der Geschädigte seinen Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnen, ist von einem dort angegebenen Brutto-Wiederbeschaffungswert eine darin enthaltene Umsatzsteuer abzuziehen. Hierfür hat der Tatrichter zu klären, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2005 - VI ZR 91/04 - aaO). Dabei ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sich der Tatrichter im Rahmen der Schadensschätzung im Sinne des § 287 ZPO an der überwiegenden Wahrscheinlichkeit orientiert, mit der das Fahrzeug diesbezüglich auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehandelt wird.
BGH v. 25.11.2008:
Zur Frage, ob ein vorsteuerabzugsberechtigter Geschädigter bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs verpflichtet ist, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben.
OLG Hamm v. 19.02.2010:
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Umsatzsteuer bei der fiktiven Abrechnung kein zu ersetzender Schadensposten. Dies gilt auch im Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens. Denn nach der Einführung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB soll die Umsatzsteuer nur noch ersetzt werden, wenn sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt. Sie soll hingegen nicht ersetzt werden können, wenn sie fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung bei einem Fachbetrieb oder einem anderen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer im Sinne des § 2 UStG nicht kommt. Wird eine gleichwertige Sache als Ersatz beschafft und fällt dafür Umsatzsteuer an, so ist die Umsatzsteuer im angefallenen Umfang zu ersetzen. Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von Privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen.
OLG Frankfurt am Main v. 05.04.2011:
Macht der Geschädigte bei einem Totalschaden den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes geltend, ohne etwas über die tatsächliche Verwertung des Fahrzeugrestes zu sagen, liegt eine fiktive Schadensabrechnung vor. Auch bei nachgewiesener Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs steht ihm kein anteiliger Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer zu, weil nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine Mischung zwischen konkreter und fiktiver Schadensabrechnung nicht möglich ist.
OLG Schleswig v. 09.01.2013:
Wählt der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte nach einem Kfz-Unfall den Weg der Ersatzbeschaffung eines billigeren Fahrzeuges, kann er den Netto-Wiederbeschaffungsaufwand für den Unfallwagen zuzüglich tatsächlich gezahlter Umsatzsteuer für den Ersatzwagen beanspruchen. Der Brutto-Wiederbeschaffungsaufwand bildet die Obergrenze der zu beanspruchenden Entschädigung.
LG Hamburg v. 12.04.2013:
Die bei der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs anfallenden Umsatzsteuer ist auch dann zu erstatten, wenn der Geschädigte nach einem Totalschaden ein Fahrzeug für einen Preis erwirbt, der deutlich unter dem für sein altes Fahrzeug ermittelten Wiederbeschaffungswert liegt.
OLG Celle v. 09.10.2013:
Schafft der berechtigte Besitzer eines bei einem Verkehrsunfall total beschädigten, sicherungsübereigneten Fahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an, ist ihm von Schädiger die dabei angefallene Umsatzsteuer zu erstatten.
BGH v. 10.09.2014:
Der nach A.2.7.1 a Buchst. b AKB 2010 anzurechnende Restwert des versicherten Fahrzeuges ist derjenige Betrag, der dem Versicherungsnehmer bei der Veräußerung des Fahrzeuges am Ende verbleibt. Unterliegt er beim Fahrzeugverkauf der Umsatzsteuerpflicht, stellt lediglich der ihm nach Abführung der Umsatzsteuer an das Finanzamt verbleibende Nettokaufpreis den anzurechnenden Restwert dar. Ist er nicht umsatzsteuerpflichtig, erübrigt sich eine Unterscheidung zwischen Brutto- und Nettorestwert; anzurechnen ist dann allein der Betrag, den der Versicherungsnehmer als Kaufpreis tatsächlich erlösen kann. - Zur Auslegung eines Kaufangebots "(incl. MwSt.)" an einen nicht umsatzsteuerpflichtigen Versicherungsnehmer.
AG Berlin-Mitte v. 30.10.2014:
Verzichtet der Geschädigte auf eine Ersatzbeschaffung und fällt deshalb tatsächlich keine Umsatzsteuer an, ist eine solche im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ersatzfähig, weil diese Vorschrift insoweit die Dispositionsfreiheit des Geschädigten begrenzt. Von dem im Gutachten angegebenen Bruttowiederbeschaffungswert ist die darin enthaltene Umsatzsteuer abzuziehen.
OLG Frankfurt am Main v. 25.11.2005:
Wird ein 7 Jahre altes Fahrzeug, dessen Verkehrswert auf einen Bruchteil des Neuwertes gesunken ist, durch einen Unfall zerstört, so ist davon auszugehen, dass ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug im Allgemeinen auf dem privaten Markt gesucht werden wird. Der Wiederbeschaffungswert ist deshalb nicht um einen Umsatzsteueranteil zu vermindern.
AG Weißenburg v. 07.01.2016:
Bei einem zum Unfallzeitpunkt bereits über 10 Jahre alten Kfz handelt es sich um ein Fahrzeug, welches auf dem örtlichen Händlermarkt nicht mehr erhältlich ist, sondern nur noch auf dem privaten Markt beschafft werden kann. Eine Umsatzsteuer wird hier gerade nicht ausgewiesen und kann vom Geschädigten deshalb auch nicht mit seiner Umsatzsteuerlast verrechnet werden. Bei dem Wiederbeschaffungswert gilt somit brutto gleich netto.
LG Düsseldorf v. 10.01.2008:
Auch wenn ein totalgeschädigten Fahrzeug gewerblich genutzt wurde (und es sich nicht um ein Sonderfahrzeug, wie z. B. eine Taxe handelte), ist davon auszugehen, dass bei einer Ersatzbeschaffung des im Zeitpunkt der Zerstörung ca. 15 Monate alten PKW mit einer Laufleistung von ca. 30 000 km lediglich eine Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG angefallen wäre. Diese ist mit 2 % zu schätzen.
OLG Köln v. 05.06.2013:
Will der Geschädigte auf Basis einer fiktiven Ersatzbeschaffung abrechnen, erhält er nur den Netto-Wiederbeschaffungsaufwand. Ist in dem vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer (Regelumsatzsteuer gem. § 10 UStG oder Differenzsteuer im Sinne des § 25a UStG) enthalten, ist diese abzuziehen, weil der Geschädigte diese nur beanspruchen kann, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB. Für die Frage, ob bei der fiktiven Schadensermittlung von einer Regel- oder Differenzbesteuerung auszugehen ist, ist auf das beschädigte Fahrzeug abzustellen. Fahrzeuge des Luxussegments werden auf dem Markt überwiegend regelbesteuert erworben.
BGH v. 02.07.2013:
Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu.
OLG Rostock v. 18.02.2005:
Erwirbt der Geschädigte ein älteres Ersatzfahrzeug von einem Gebrauchtwagenhändler, so ist in der Regel wegen der Differenzbesteuerung Umsatzsteuer in Höhe von 2 % in Abzug zu bringen; bei einem Ankauf von privat kann ein MwSt-Abzug ganz entfallen.
BGH v. 18.05.2004:
Macht der Geschädigte im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens seines Kraftfahrzeuges und einer Ersatzbeschaffung bei einem gewerblichen Verkäufer über den vom Gericht geschätzten Differenz-Mehrwertsteuerbetrag im Sinne des § 25a UStG den vollen Mehrwertsteuerbetrag im Sinne des § 10 UStG lediglich abstrakt aufgrund eines Sachverständigengutachtens geltend, so steht diesem Begehren § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegen.
LG Duisburg v. 17.04.2014:
Der auf die Überführungskosten anfallende Mehrwertsteuerbetrag ist zu erstatten, wenn ein Neufahrzeug erworben wird, welches regelmäßig nur mit Einpreisung der Überführungskosten angeboten wird. Soweit das Fahrzeug einen Kilometerstand von 5 km aufgewiesen hat, ist von einer sog. Tageszulassung auszugehen, wobei es sich um eine besondere Form des Neuwagengeschäfts handelt, so dass auch bei einer Tageszulassung von einem Neufahrzeug auszugehen ist, welches in der Regel nicht ohne Zahlung der Überführungskosten erworben werden kann.