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BGH Urteil vom 08.12.1998 - VI ZR 318/97 - Die Hemmung der Verjährung endet gem. § 3 Nr. 3 PflVG mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs
BGH v. 08.12.1998: Die Hemmung der Verjährung endet gem. § 3 Nr. 3 PflVG mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs
An sich endet die Verjährungshemmung nach Anmeldung eines Anspruchs gem. § 3 PflichtVG erst dann, wenn der Haftpflichtversicherer dem Geschädigten einen schriftlichen Bescheid erteilt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist jedoch dann zu machen, wenn die Ansprüche des Geschädigten umfassend in einem Abfindungsvergleich endgültig geregelt werden; dann kommt eine gesonderte schriftliche Entscheidung nicht mehr in Betracht, weil die Ansprüche dann nicht mehr in der Schwebe sind, vgl. BGH (Urteil vom 08.12.1998 - VI ZR 318/97):
Die Hemmung der Verjährung endet gem. § 3 Nr. 3 PflVG, auch wenn kein schriftlicher Bescheid des Versicherers vorliegt, mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs, durch den die Ansprüche endgültig erledigt werden sollen.
Siehe auch Abfindungsvergleich und Verjährung der Schadensersatzansprüche und Stichwörter zum Thema Personenschaden
Aus den Entscheidungsgründen:
"... B. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht indessen angenommen, dass die auf den Kl. zurückgefallenen Schadensersatzansprüche verjährt sind.
1. Der Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer unterliegt ebenso wie der Anspruch gegen den Schädiger selbst der dreijährigen Verjährung gem. § 852 BGB . Eine 30jährige Verjährungsfrist käme nur dann in Betracht, wenn in dem mit dem Kl. geschlossenen Abfindungsvergleich vom 26. 6. 1980 ein konstitutives Schuldanerkenntnis gem. § 781 BGB oder ein titelersetzendes Anerkenntnis des Bekl. entsprechend § 218 BGB gesehen werden könnte (vgl. Senat vom 23. 10. 1984 - VI ZR 30/83 - VersR 1985, 62 [63] und vom 26. 5. 1992 - VI ZR 253/91 - VersR 1992, 1091 m. w. N.). Beides hat das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerfrei verneint.
Ohne Erfolg bekämpft die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts, in dem Vergleich vom 26. 6. 1980 liege kein ein Feststellungsurteil ersetzendes Anerkenntnis. Die Auslegung der damaligen Parteierklärungen im Berufungsurteil ist nicht zu beanstanden, zumal es in der Abfindungserklärung heißt, dass "eine Verpflichtung zum Schadensersatz nicht anerkannt wurde". Ein Rechtsfehler liegt entgegen der Auffassung der Revision nicht darin, dass das Berufungsgericht maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Bekl., der die Abfindungserklärung des Kl. seinerzeit lediglich entgegennahm, selbst keine ausdrückliche schriftliche Anerkenntniserklärung abgegeben hat. Aus der Rechtsprechung des Senats ergibt sich dazu entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes.
In dem dem Senatsurteil vom 23. 10. 1984 (VersR 1985, 62 [63]) zugrundeliegenden Fall hatte der Haftpflichtversicherer selbst eine solche Anerkenntniserklärung abgegeben; im Senatsurteil vom 23. 6. 1998 (VersR 1998, 1387) lag über die Abfindungserklärung des Geschädigten hinaus noch ein ausdrücklicher Verjährungsverzicht des Haftpflichtversicherers "wie bei einem Anerkenntnisurteil" vor, und im Fall des Senatsurteils vom 26. 5. 1992 (VersR 1992, 1091) wurde das Vorliegen eines titelersetzenden Anerkenntnisses überhaupt verneint.
Die Interessenlage bei Abschluss der Abfindungsvereinbarung, die nach Meinung der Revision auf den Willen der Parteien zur Klaglosstellung des Kl. hindeute, ist, worauf der Senat bereits in dem vorgenannten Urteil vom 26. 5. 1992 hingewiesen hat, allein nicht maßgebend. Ebensowenig liegt ein Rechtsfehler darin, dass das Berufungsgericht der fehlenden anwaltlichen Vertretung und der Minderjährigkeit des Kl. keine Bedeutung beigemessen hat.
2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht in der Abfindungserklärung vom 26. 6. 1980, insbesondere in der dort vorgenommenen Ausklammerung der unfallbedingten materiellen Ansprüche, in tatrichterlicher Würdigung keinen Verjährungsverzicht gesehen. Ein solcher von vornherein erklärter Verzicht auf die Einrede der Verjährung wäre im übrigen gem. § 225 BGB unwirksam. Zwar kann die Berufung auf die Unwirksamkeit gleichwohl einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn der Schuldner bei dem Gläubiger den Eindruck erweckt hat, er werde dessen Anspruch befriedigen oder doch nur mit sachlichen Argumenten bekämpfen, und wenn er den Gläubiger dadurch von der rechtzeitigen Klageerhebung abhält (Senat vom 4. 11. 1997 VersR 1998, 124 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Schuldners mag zwar in der Regel zu bejahen sein, wenn dieser dem Gläubiger gegenüber ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat (BGH vom 6. 12. 1990 - VII ZR 126/90 - NJW 91, 974 [975]). Eine solche ausdrückliche Verzichtserklärung liegt hier jedoch gerade nicht vor. Sonstige Umstände, aus denen der Kl. hätte entnehmen können, dass der Bekl. von der Verjährungseinrede keinen Gebrauch machen werde, liegen hier nicht vor und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht.
3. Die somit maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist war, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, bei Einreichung der Klage am 23. 8. 1996 abgelaufen.
a) Die Verjährung begann mit der Kenntnis des am Unfalltag zuständigen SVT vom Schaden und von der Person des Schädigers zu laufen (BGHZ 48, 181 [183 und 192] = VersR 67, 974 [975 und 977]; Senat vom 5. 2. 1985 - VI ZR 61/83 - VersR 1985, 367 [368]) und wurde durch spätere Zahlungen des Bekl. an den öffentlichen Krankenversicherungsträger jeweils wieder unterbrochen (§§ 205, 208 BGB). Dies geschah zuletzt mit der Zahlung des Abfindungsbetrags aufgrund der Vereinbarung mit der AOK O. von August 1990.
b) Nach dieser Unterbrechung war der Lauf der Verjährung nicht mehr gehemmt. Die zunächst mit der Anmeldung der Schadensersatzansprüche herbeigeführte Hemmung ist i. S. d. § 3 Nr. 3 PflVG beendet worden. Zwar liegt kein schriftlicher Bescheid des Bekl. vor. Ein solcher war unter den Umständen des Streitfalls indessen entbehrlich. Denn durch den Abfindungsvergleich vom August 1990 sind die Schadensersatzansprüche zwischen den Beteiligten erledigt worden; die Reaktion des Bekl. als Haftpflichtversicherer auf die Anspruchsanmeldung war also nicht mehr in der Schwebe, so dass schon vom Ansatz her eine Entscheidung des Versicherers gem. § 3 Nr. 3 PflVG nicht mehr in Betracht kam.
Der Vergleich enthielt keinen Vorbehalt zu Ansprüchen wegen zukünftiger Schäden. der Schadensfall sollte mit Zahlung des Abfindungsbetrags vielmehr endgültig zum Abschluss gebracht werden. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob die Verjährung aufgrund des Vergleichs vom 26. 6. 1980, in dem künftige Schäden ausgeklammert wurden, gehemmt war (vgl. Nichtannahmebeschluss des Senats vom 11. 7. 1995 - VI ZR 395/94 - zu OLG Hamm VersR 1996, 78 = r+s 95, 459), kommt es daher hier nicht an.
c) Die Tatsache, dass der restliche Schadensersatzanspruch nach dem Austritt des Kl. aus der gesetzlichen Krankenversicherung wieder auf ihn zurückfiel, hatte auf den Lauf der Verjährungsfrist keinen Einfluss. Der Geschädigte erwirbt den Anspruch bei Bedingungseintritt in dem Zustand zurück, wie ihn der Rechtsvorgänger zuvor innehatte, ebenso wie auch der SVT einen bis zum Anspruchsübergang erfolgten Ablauf der Verjährungsfrist gegen sich gelten lassen muss (BGHZ 48, 181 [183] = VersR 67, 974 [975]; Senat vom 2. 3. 1982 - VI ZR 245/79 - VersR 1982, 546 [547]).
d) Die dreijährige Verjährungsfrist lief demgemäß im August 1993 ab. Selbst wenn dem Kl. nach dem Rückfall der Schadensersatzansprüche auf ihn am 31. 7. 1993 noch eine angemessene Nachfrist zugebilligt werden müsste (vgl. BGHZ 70, 235 [240] = VersR 1978, 425 [426]; Peters in Staudinger, BGB 13. Aufl. § 203 Rdn. 29), würde dies am Eintritt der Verjährung nichts ändern. ..."