Das Verkehrslexikon

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BayObLG Beschluss vom 16.06.1999 - 2 ObOWi 270/99 - Ein fahrlässig begangener Verstoß gegen § 24a StVG verjährt in 6 Monaten; bei einem vorsätzlichen Verstoß beträgt die Verjährungsfrist 1 Jahr

BayObLG v. 16.06.1999: Ein fahrlässig begangener Verstoß gegen § 24a StVG verjährt in 6 Monaten; bei einem vorsätzlichen Verstoß beträgt die Verjährungsfrist 1 Jahr


Das BayObLG (Beschluss vom 16.06.1999 - 2 ObOWi 270/99) hat entschieden, dass die Verjährung eines Verstoßes gegen § 24a StVG sich nach dem Schuldvorwurf richtet:

Eine fahrlässig begangene Ordnungswidrigkeit gemäß StVG § 24a Abs 1 Nr 1 verjährt gemäß OWiG § 31 Abs 2 Nr 4 in sechs Monaten.


Siehe auch Verjährung


Zum Sachverhalt: Wegen der am 8.2.1998 begangenen Tat verhängte die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt mit Bescheid vom 28.5.1998, der am 4.6.1998 zugestellt wurde, ein Bußgeld von 1.000 DM und ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten. Trotz rechtzeitiger Einlegung des Einspruchs ordnete die Verwaltungsbehörde in der irrigen Annahme, der Bußgeldbescheid sei rechtskräftig geworden, am 25.11.1998 die Beschlagnahme des Führerscheins an. Am 11.2.1999 wurden die Akten dem Richter gemäß § 69 Abs. 4 Satz 2 OWiG vorgelegt.

Das BayObLG stellte das Verfahren wegen Verjährung ein.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die dem Senat von Amts wegen obliegende Prüfung etwaiger Verfahrenshindernisse führt zu dem Ergebnis, dass die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts bereits verjährt war. Der Senat folgt insoweit im Ergebnis und in der Begründung der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht.

Die Verjährung richtet sich nach § 31 OWiG und nicht nach § 26 Abs. 3 StVG. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur unbestritten (vgl. OLG Düsseldorf VRS 47, 378; 65, 454; DAR 1983, 366; OLG Hamm VRS 49, 444; OLG Koblenz VRS 71, 209; Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 35. Aufl. § 24 a Rn. 30; Mühlhaus/Janiszewski StVO 15. Aufl. § 24 a StVG Rn. 11; Rebmann/Roth/Herrmann OWiG 2. Aufl. (Stand März 1998) § 31 Rn. 10).

Die nach § 31 Abs. 2 OWiG maßgebliche Frist richtet sich nach der Höhe der abstrakten Bußgelddrohung. Bei fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeiten ist nach - soweit ersichtlich - einhelliger Auffassung § 17 Abs. 2 OWiG in Betracht zu ziehen mit der Folge, dass fahrlässige Handlungen einer kürzeren Verjährung aufgrund der Halbierung des Höchstmaßes der angedrohten Geldbuße unterliegen können (OLG Köln VRS 65, 73; Göhler OWiG 12. Aufl. § 31 Rn. 6; Rebmann/Roth/Herrmann aaO § 31 Rn. 10; KK-OWiG/Steindorf § 17 Rn. 30 und Weller § 31 Rn. 17; Rotberg OWiG 5. Aufl. § 31 Rn. 6 Fn. 25; Meier/Ferner OWiG (Stand Februar 1999) § 31 Rn. 7). Danach gilt gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG nunmehr eine sechsmonatige Verjährungsfrist, weil das Höchstmaß der Geldbuße für einen fahrlässigen Verstoß gegen § 24 a StVG gemäß § 17 Abs. 2 OWiG 1.500 DM beträgt (vgl. Jagusch/Hentschel aaO § 24 a StVG Rn. 27).

§ 31 Abs. 2 OWiG findet im vorliegenden Fall auch in seiner mit Wirkung vom 1.3.1998 in Kraft getretenen Neufassung Anwendung, obwohl die Tat zu einem Zeitpunkt begangen wurde, in dem noch die alte Fassung galt (vgl. BGHSt 21, 367; Schönke/Schröder/Stree StGB 25. Aufl. § 78 Rn. 11). Soweit Jagusch/Hentschel (aaO § 24 a Rn. 30) und Mühlhaus/Janiszewski (aaO § 24 a Rn. 11) ohne weitere Differenzierung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Begehungsweise von einer einheitlichen einjährigen Verjährungsfrist ausgehen, dürfte dies seine Ursache in einer fehlenden Berücksichtigung der Neuregelung des § 31 OWiG haben.

Der Senat kann der Auffassung des Amtsgerichts, dass die generelle Strafdrohung für fahrlässiges Verhalten bei sinngemäßer Anwendung des § 78 Abs. 4 StGB nicht zu berücksichtigen sei, nicht folgen. Richtig ist insoweit der Ausgangspunkt des Amtsgerichts, dass auf eine abstrakte Betrachtungsweise abzustellen ist, wie oben bereits ausgeführt wurde. Bedenken dagegen, aus § 78 Abs. 4 StGB einen allgemeinen Rechtsgedanken abzuleiten mit dem Ergebnis, dass ein geringerer Strafrahmen für fahrlässige Begehung wie die in § 78 Abs. 4 StGB genannten Schärfungen und Milderungen bzw. schwereren oder minderen Fälle unberücksichtigt bleiben soll, bestehen schon deshalb, weil eine derartige Auslegung für das allgemeine Strafrecht - soweit ersichtlich - weder in Rechtsprechung noch Literatur vertreten wird (vgl. BGHSt 36, 340 und die Beispielsfälle bei Roxin Strafrecht AT Bd. I S. 679 sowie NK-StGB/Lemke § 12 Rn. 5 für die gleichgelagerte Problematik des § 12 StGB).

Dies hat seine Ursache darin, dass die fahrlässige Begehungsweise zur Anwendung eines anderen Strafgesetzes führt, nämlich des Fahrlässigkeitstatbestandes, und keine bloße Strafmilderung bei gleichbleibendem Strafgesetz in Frage steht (vgl. SK/Rudolphi StPO (Stand Oktober 1998) § 78 Rn. 5). Durch die Annahme von Fahrlässigkeit wird nicht der Strafrahmen eines gleichbleibenden Tatbestandes verändert, vielmehr wird ein neuer Deliktstyp mit anderer Strafdrohung erfüllt.

Bei Anwendung der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG ist im vorliegenden Fall mit dem 28.11.1998 Verjährung eingetreten, da der irrtümlichen Beschlagnahmeanordnung durch die Verwaltungsbehörde eine verjährungsunterbrechende Wirkung nicht zukommen konnte (BayObLGSt 1986, 88). ..."







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