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Kammergericht Berlin Beschluss vom 02.07.1999 - 2 Ss 83/99 - Für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ist daher der Zeitpunkt des Ausdrucks des Anhörungsbogens maßgebend

KG Berlin v. 02.07.1999: Für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ist daher der Zeitpunkt des Ausdrucks des Anhörungsbogens maßgebend


Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 02.07.1999 - 2 Ss 83/99) hat entschieden:
Für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ist daher der Zeitpunkt des Ausdrucks des Anhörungsbogens maßgebend. Der Ausdruck des Anhörbogens nach einem vorprogrammierten Fristenplan gehört zu den schematisierten und formellen Arbeitsabläufen, die die EDV-Anlage selbständig erledigen kann. Einer Verfügung durch einen Sachbearbeiter bedarf es zur Anhörung des Betroffenen nicht, da hierbei, anders als beim Bußgeldbescheid selbst, keine Individualentscheidung getroffen wird, und zwar auch dann nicht, wenn der Sachbearbeiter die Versendung eines Anhörbogens manuell veranlasst.


Siehe auch Verjährung


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht hat zu dem Rechtsmittel ausgeführt:
"1. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist keine Verfolgungsverjährung eingetreten.

Die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG ist erstmals durch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) am 11. Februar 1998 unterbrochen worden. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass bei Verwendung einer EDV-Anlage der Ausdruck des Anhörbogens der Anordnung der Anhörung des Betroffenen entspricht und für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung daher der Zeitpunkt des Ausdrucks des Schriftstücks maßgebend ist (vgl. OLG Frankfurt VRS 50, 220, 221; 60, 213; Göhler, OWiG 12. Aufl., § 33 Rdnr. 12 und 46 m.w.N.). Der Ausdruck des Anhörbogens nach einem vorprogrammierten Fristenplan gehört zu den schematisierten und formellen Arbeitsabläufen, die die EDV-Anlage selbständig erledigen kann; diese Tätigkeit des Computers hat die Behörde in ihren Willen aufgenommen (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; KG Beschluß vom 6. März 1997 - 3 Ws (B) 68/97 - und vom 29. August 1997 - 3 Ws (2) 462/97 -). Einer Verfügung durch einen Sachbearbeiter bedarf es zur Anhörung des Betroffenen nicht, da hierbei, anders als beim Bußgeldbescheid selbst, keine Individualentscheidung getroffen wird, und zwar auch dann nicht, wenn der Sachbearbeiter die Versendung eines Anhörbogens manuell verfügt (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Aus der von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm vom 24. Oktober 1995 (VRS 92, 218 ff.) ergibt sich nichts anderes. Denn auch dort wird nicht bestritten, dass die selbständige Erledigung von Arbeitsabläufen, die streng schematisiert sind und auf einer ausschließlich formellen Prüfung beruhen, dem Computer überlassen werden darf. Vielmehr vertritt auch das OLG Hamm die Ansicht, dass eine derart automatisierte Bearbeitung für das Verfahren bis zum eigentlichen Erlass des Bußgeldbescheids durch die Behörde zulässig ist, der Erlass des Bußgeldbescheids selbst indes eine individuelle Überprüfung des Sachverhalts durch einen Sachbearbeiter der Behörde voraussetzt (vgl. OLG Hamm, a.a.O., 219). Der vom OLG Hamm daraus entwickelte Leitsatz, dass die vor Erlass eines Bußgeldbescheids erforderliche individuelle Prüfung des Sachverhalts auch das Ergebnis der vorgeschriebenen Anhörung des Betroffenen erfassen müsse, so dass der Bußgeldbescheid unwirksam sei, wenn diese Prüfung letztmals vor Versendung des Anhörbogens an den Betroffenen erfolgt (vgl. OLG Hamm a.a.O.), ist für die hier entscheidungserhebliche Frage, ob der Ausdruck eines im EDV-Verfahren aufgrund eines vorprogrammierten Fristenplanes erstellten Anhörbogens der Anordnung der Anhörung des Betroffenen entspricht und daher die Verfolgungsverjährung unterbricht, ersichtlich ohne Bedeutung.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde besteht nach dem Akteninhalt auch kein Anlass, daran zu zweifeln, ob am 11. Februar 1998 tatsächlich ein Anhörbogen ausgedruckt worden ist. Da die Unterbrechungshandlungen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG an keine bestimmte Form gebunden sind, reicht es aus, wenn sich für die Tatsache einer derartigen Unterbrechungshandlung, ihren Zeitpunkt und ihren Inhalt konkrete Anhaltspunkte aus den Akten ergeben und die tatsächlichen Grundlagen der Unterbrechungshandlung im übrigen im Freibeweisverfahren festgestellt werden können (vgl. BGHSt 30, 215, 219/220; Göhler, a.a.O., § 31 Rdnr. 20 m.w.N.). So verhält es sich hier. Der Datenauszug vom 13. März 1998 zum Aktenzeichen 48.750145.0 (Bl. 5 d.A.) enthält außer den Personalien des Betroffenen und seiner Wohnanschrift, der Bezeichnung der ihm zur Last gelegten Tat, Zeit und Ort ihrer Begehung, den anzuwendenden Bußgeldvorschriften und den Beweismitteln unter der Rubrik "Fristenüberwachung" u.a. die Eintragungen "EINLES 02.02.98" und "ANHOER 11.02.98". Dazu hat das Landespolizeiverwaltungsamt mit Schreiben vom 31. August 1998 die Auskunft erteilt, dass der Ausdruck des Anhörbogens und dessen Absendung nach Erfassung der Anzeige automatisch erfolgen (Bl. 36 R d.A.). Diese Angaben hat die Sachbearbeiterin des Vorgangs bei dem Landespolizeiverwaltungsamt, die Zeugin V., in der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht am 15. Dezember 1998 bestätigt, indem sie ausgeführt hat, dass die Anhörung des Betroffenen vollautomatisch über EDV - wie im Datenauszug angegeben - erfolgt sei (UA S.4). Die Eintragungen im Datensatzauszug vom 13. März 1998 weisen demnach aus, dass nach der Erfassung der Anzeige im EDV-Verfahren, die am 2. Februar 1998 erfolgte, am 11. Februar 1998 ein an den Betroffenen gerichteter Anhörbogen mit der Bezeichnung der ihm zur Last gelegten Tat unter Angabe der Zeit und des Ortes ihrer Begehung ausgedruckt und abgesandt worden ist. Dass der Betroffene behauptet, diesen Anhörbogen nicht erhalten zu haben, steht dem nicht entgegen, da die Sendung auf dem Postweg verloren gegangen sein kann. Für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ist der Zugang nicht erforderlich, da gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG schon die Anordnung der Anhörung des Betroffenen die Verjährung unterbricht.

Durch die Verjährungsunterbrechung am 11. Februar 1998 ist die Verjährungsfrist von neuem in Lauf gesetzt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 OWiG) und durch den Erlass des Bußgeldbescheids vom 8. Mai 1998 (Bl. 18 d.A.) erneut wirksam unterbrochen worden (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG), da der Bußgeldbescheid am 22. Mai 1998 (Bl. 19 d.A.) und somit binnen zwei Wochen zugestellt wurde.

2. Die auf die allgemeine Sachrüge noch gebotene Nachprüfung des Urteils zeigt nur insoweit einen Mangel auf, als das Amtsgericht versäumt hat anzuordnen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein des Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch 4 Monate nach Rechtskraft des Urteils (§ 25 Abs. 2 a StVG). Einer Aufhebung des Urteils bedarf es deshalb aber nicht, da der Senat die Urteilsformel selbst entsprechend ergänzen kann (§ 79 Abs. 6 OWiG)."
Diese zutreffenden Ausführungen macht sich der Senat zu eigen. ..."







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