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BGH Urteil vom 11.10.2006 - IV ZR 329/05 - Der Haftpflichtversicherer ist bevollmächtigter Vertreter des Schädigers

BGH v. 11.10.2006: Der Haftpflichtversicherer ist bevollmächtigter Vertreter des Schädigers


Der BGH (Urteil vom 11.10.2006 - IV ZR 329/05) hat entschieden:
  1. Der Haftpflichtversicherer wird von § 5 Nr. 7 AHB uneingeschränkt zu Verhandlungen mit dem Geschädigten bevollmächtigt und tritt in der Regel dem Geschädigten auch als Vertreter des Schädigers gegenüber.

  2. Erkennt der Versicherer unter diesen Voraussetzungen den Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß § 208 BGB a.F. an, wird die Verjährung auch zu Lasten des versicherten Schädigers unterbrochen, und zwar auch insoweit, als der Versicherer wegen eines Selbstbehaltes oder Überschreitung der Deckungssumme den Schaden nicht selbst reguliert.

Siehe auch Verjährung


Aus den Entscheidungsgründen:

"... aa) Auf der Grundlage des Berufungsurteils ist hier davon auszugehen, dass sich für den Versicherer eine Regulierungsvollmacht aus § 5 Nr. 7 AHB ergab. Die Vorschrift lautet:
Der Versicherer gilt als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben.
Der Bundesgerichtshof hat dieser Bestimmung eine unbeschränkte Verhandlungsvollmacht entnommen und verlangt, dass der Versicherer, wenn er von ihr nur eingeschränkt Gebrauch machen wolle, dies dem Verhandlungspartner deutlich erkennbar machen müsse (Urteil vom 22. November 1988 VI ZR 20/88 VersR 1989, 138 unter II 1 c; so auch Littbarkski, AHB § 5 Rdn. 141, 144; Späte, Haftpflichtversicherung § 5 Rdn. 63, 67 f.). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Versicherer in der Praxis regelmäßig der maßgebliche Ansprechpartner des Geschädigten ist; dieser soll sich auf das Wort des Versicherers verlassen können, ohne von sich aus nachforschen zu müssen, ob der Versicherer seinem Versicherungsnehmer, dem Schädiger, gegenüber teilweise leistungsfrei ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 VI ZR 392/02 NJW-RR 2004, 109 unter II 2 b aa).

An dieser Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, ist festzuhalten. § 5 Nr. 7 AHB ist als Teil Allgemeiner Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne rechtliche Spezialkenntnisse diese Bestimmung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss; dabei kommt es auch auf seine Interessen an (st. Rspr., vgl. BGHZ 123, 83, 85). Die Vorschrift enthält im Wortlaut keinerlei Einschränkung der dem Versicherer erteilten Vollmacht. Vielmehr kann er "alle" zur Beilegung oder Abwehr des Anspruchs "ihm" zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abgeben. Einschränkungen der Leistungspflicht des Versicherers, die sich aus der begrenzten Höhe der Deckungssumme oder aus vereinbarten Selbstbehalten des Versicherungsnehmers ergeben, spielen im Außenverhältnis zum Geschädigten keine Rolle für die Reichweite der in § 5 Nr. 7 AHB erteilten Vollmacht. Das findet erkennbar seine Rechtfertigung in dem allseitigen Interesse an einer umfassenden und abschließenden Regulierung der Ansprüche des Geschädigten. Dadurch wird der Versicherungsnehmer, der die Höhe der Deckungssumme und eine etwa vereinbarte Selbstbeteiligung kennt, nicht unangemessen belastet (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1979, 151). Soweit in der Senatsentscheidung BGHZ 101, 276, 284, die einen anderen Sachzusammenhang betrifft, als Grundsatz formuliert worden ist, dass die Regulierungsvollmacht nicht weiter reiche als die Regulierungspflicht (dazu vgl. Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 5 AHB Rdn. 20), hält der Senat daran für den Anwendungsbereich des § 5 Nr. 7 AHB in dieser Allgemeinheit nicht fest.

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist darüber hinaus anzunehmen, dass der Haftpflichtversicherer, der erkennbar auf der Grundlage der Vollmacht des § 5 Nr. 7 AHB Verhandlungen mit dem Geschädigten führt, regelmäßig nicht in eigenem Namen, sondern als Vertreter des Versicherungsnehmers und Schädigers auftritt, sofern nicht besondere Umstände entgegen stehen (BGH, Urteil vom 22. April 1958 VI ZR 74/57 VersR 1958, 564 unter IV b). Auch daran ist festzuhalten (im Ergebnis ähnlich Voit/Knappmann, aaO § 156 VVG Rdn. 12 und AHB § 5 Rdn. 25). Aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten liegt im Allgemeinen die Annahme fern, der uneingeschränkt bevollmächtigte Haftpflichtversicherer wolle, wenn er mit dem Geschädigten in Verbindung tritt, etwa nur eigene Pflichten gegenüber seinem Versicherungsnehmer, dem Schädiger, erfüllen und nicht zugleich dessen Pflichten gegenüber dem Geschädigten. Will der Versicherer von der Vollmacht des § 5 Nr. 7 AHB nur eingeschränkt etwa in Höhe seiner Deckungspflicht Gebrauch machen, muss er dies dem Geschädigten gegenüber ausdrücklich klarstellen.

Im vorliegenden Fall macht der Hinweis auf die Selbstbeteiligung des Beklagten im Schreiben des Versicherers vom 13. März 2001 nicht deutlich, dass der Versicherer, soweit er den Schaden nicht selbst ausgeglichen hatte, bei der Prüfung der geltend gemachten Ansprüche etwa nicht im Namen des Beklagten gehandelt habe. Die abschließende Mitteilung, der Beklagte sei "abschriftlich unterrichtet", konnte von der Klägerin durchaus dahin verstanden werden, dass der Beklagte über das Ergebnis der Prüfung der erhobenen Ansprüche, also auch darüber informiert werden sollte, dass und in welchem Umfang diese Ansprüche im Sinne von § 208 BGB a.F. anerkannt worden waren. ..."







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