Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 09.03.1976 - VI ZR 98/75 - Für eigenen Zeitaufwand bei der außergerichtlichen Abwicklung des Schadenersatzanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger keinen Ersatz verlangen

BGH v. 09.03.1976: Für eigenen Zeitaufwand bei der außergerichtlichen Abwicklung des Schadenersatzanspruchs kann der Geschädigte, jedenfalls soweit dabei der übliche Rahmen nicht überschritten wird, vom Schädiger keinen Ersatz verlangen


Zur Nichterstattbarkeit des persönlichen Zeit- und Müheaufwands des Geschädigten hat der BGH (Urteil vom 09.03.1976 - VI ZR 98/75) grundsätzlich ausgeführt:
  1. Für eigenen Zeitaufwand bei der außergerichtlichen Abwicklung des Schadenersatzanspruchs kann der Geschädigte, jedenfalls soweit dabei der übliche Rahmen nicht überschritten wird, vom Schädiger keinen Ersatz verlangen.

  2. Dies gilt auch für eine Behörde (hier: eine Bundesautobahn-Verwaltung), die wegen der Häufung von Schadenfällen in ihrem Bereich für diese Tätigkeit besonderes Personal einsetzt.

Siehe auch Zeitaufwand und Personaleinsatz des Geschädigten bei der Unfallschadenregulierung und Einzelne Schadenspositionen in der Unfallregulierung


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Zuzustimmen ist zunächst dem Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils, daß bei einem Schaden, den ein Privatmann erleidet, regelmäßig kein Anspruch für Ersatz des Zeitaufwands besteht, der ihm durch außergerichtliche Tätigkeit zur Wahrung seines Entschädigungsanspruchs erwächst. a) Dies ist zunächst allgemein anerkannt bezüglich des sog. prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 ZPO (Baumbach/Lauterbach, ZPO 34. Aufl. Anm. 5 zu § 91 bei Stichwort "Bearbeitung des Prozesses" und Zeitversäumnis"; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 19. Aufl. Anm. VI 2d das.; Wieczorek, Großkommentar zur ZPO, 2. Aufl. Anm. E III a 12. Abs. a. E. zu § 91; jeweils mit Nachw.).

Das dürfte sich indessen nicht aus einer besonderen "prozessualen" Natur dieses Anspruchs herleiten lassen, die ohnehin zweifelhaft erscheinen müßte (Grunsky aaO Bem. II 3 vor § (91). Vielmehr ist schon hier durch wertende Abgrenzung, die sich durch Umkehrschluß aus der Aufzählung in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO gerechtfertigt sieht (RGZ 150, 37, 41), einem echten Anspruch auf Schadloshaltung, der nur seine Grundlagen formal aus prozessualem Geschehen nimmt, eine Zurechnungsgrenze gezogen worden, weil der Verkehr diese Mühewaltung bei der Rechtswahrung zum eigenen Pflichtenkreis der Partei rechnet.

b) Beim Schadenersatzprozeß (wenngleich nicht nur da) kommt allerdings noch ein im engeren Sinn materieller Kostenerstattungsanspruch in Frage, der den prozessualen" überlagern oder über ihn hinausgehen kann (u. a. Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl. § 88 II 1; RGZ 150, 37, 41), sofern sich nämlich der Aufwand für die Rechtswahrnehmung als Folgeschaden oder als Schadenbeseitigung darstellt. Auch hier wird aber für den Regelfall nach ganz allgemeiner Praxis eine Entschädigung für die gewöhnliche eigene Mühewaltung des Geschädigten zur Durchsetzung seines Anspruchs (nicht bei Maßnahmen der eigentlichen Schadenbeseitigung) weder im Rahmen der Kostenfestsetzung noch als zusätzlicher Hauptanspruch zugebilligt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt (KG VersR 1973, 750 (751); vgl. auch OLG Köln VersR 1975, 1105; ferner BGH v. 27.6.1968 III ZR 63/65 VersR 68, 997 (998) : "kein Sachfolgeschaden"). Davon geht auch das Urteil des Senats vom 3.2.1961 VersR 61, 358 (360) aus. Dies wird von denselben Erwägungen getragen wie die an das Gesetz angelehnte Rechtsprechung zur prozessualen Kostenerstattung. Die Begrenzung rechtfertigt sich auch hier aus Erwägungen des Verantwortungsbereichs und der Praktikabilität. Der Umstand, daß ein (rein) materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch oft weiter gehende Voraussetzungen (z. B. Verschulden) hat, könnte es nicht rechtfertigen, einen durch das Verfahrensrecht abgeschnittenen zusätzlichen Erstattungsanspruch, der in weiten Bereichen regelmäßig gegeben wäre, in ein besonderes (Teil-) Streitverfahren zu verweisen. Daß die Frage dann erst recht nicht anders beurteilt werden kann, wenn der Anspruch eine außergerichtliche Regulierung findet, erscheint selbstverständlich. (Für die unterschiedliche Praxis bei den Kosten eines bei der Regulierung mitwirkenden Anwalts vgl. Klimke VersR 69, 487 mit vielen Nachw.) ..."



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