Das Verkehrslexikon

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Vorrang des Kreuzungsräumers und Haftungsverteilung

Kreuzungsräumer hat grundsätzlich Vorrang, aber Haftungsverteilung bis zur Alleinhaftung des sog. unechten Nachzüglers


Siehe auch Vorrang des Kreuzungsräumers - Nachzügler




Kommt es zu einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen, von denen das eine noch bei Grün in die Kreuzung eingefahren war und dessen Führer nach Umschalten der Ampel auf Grün für den früheren Querverkehr die Kreuzung noch räumen will, während das andere Fahrzeug bei durch Grün freigegebener Fahrtrichtung in die Kreuzung einfährt, ohne dem anderen Fahrzeug den Vorrang zum Räumen der Kreuzung einzuräumen, dann wird in der Regel zwischen den Beteiligten eine Aufteilung des Schadens vorzunehmen sein, da beide Fahrzeugführer einen schuldhaften Beitrag zum Unfallgeschehen geleistet haben. Der Kfz.-Führer des rückstauenden Querverkehrs darf zwar bevorrechtigt die Kreuzung räumen, hat dies aber äußerst vorsichtig unter Beachtung des seitlich bereits einsetzenden Verkehrs zu tun. Hingegen hat der Führer des anderen Fahrzeugs trotz grünen Lichts der Ampelanlage dem räumenden Verkehr das Vorrecht einzuräumen.


Wie die Aufteilung des Schadens im Einzelfall vorzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedoch wird von den meisten Gerichten eine Haftungsverteilung von 2/3 zu 1/3 (zugunsten des Kreuzungsräumers) angenommen, vgl. BGH DAR 71, 213; KG VM 81, 75; KG DAR 78, 48; OLG Düsseldorf VersR 78, 1173).

So hat das Kammergericht Berlin VerkMitt 1993, Nr. 50 (Urt. v. 26.10.1992, Az: 12 U 5056/91) entschieden:

   "Wegen des Vorrechts des räumenden Verkehrs haftet dieser gegenüber dem nach ihm bei grünem Ampellicht einfahrenden Verkehrsteilnehmer in der Regel nach einer Quote von 1/3."




Es kommt bei Besonderheiten aber auch eine volle Haftung des Grünfahrers in Betracht, wie das Kammergericht Berlin VRS 106, 165 f. = NZV 2004, 574 (Urteil vom 13.11.2003, Az. 12 U 43/02) entschieden hat:

   "Grünes Ampellicht entbindet den Fahrer nicht von der Pflicht, die Einfahrt in die Kreuzung zurückzustellen, wenn liegengebliebene Nachzügler sich noch im Kreuzungsbereich befinden, denen zunächst die Räumung der Kreuzung zu ermöglichen ist. Zwar gilt in den sog. Kreuzungsräumerfällen eine Regelhaftungsquote von 2/3 zu Lasten des Anfahrenden. Wenn der bei Grünlicht in die Kreuzung Einfahrende aber das Anfahren eines Kreuzungsräumers tatsächlich erkannt hat und er gleichwohl unter Berufung auf das grüne Ampellicht selbst anfährt, trifft ihn im Falle der Kollision die volle Haftung."

Eine wichtige Rolle bei der Haftungsabwägung spielt der Umstand, wie weit der Kreuzungsräumer bereits in dem Kreuzungsbereich eingefahren war, bevor er aufgehalten wurde. Befand er sich noch außerhalb des Schnittpunktes der eigentlichen Fahrbahnen (oder im geschützten Bereich eines Mittelstreifendurchbruchs), so spricht man von einem "unechten Nachzügler"; diesem wird das Kreuzungsräumervorrecht nicht zugestanden, vielmehr kommt insoweit seine volle Haftung in Betracht, wenn er dennoch weiterfährt und es sodann zu einer Kollision mit dem Querverkehr kommt (vgl. insoweit z. B. OLG Koblenz NZV 1998, 465 ).



Lässt sich nicht aufklären, ob der zunächst bei Grün noch in den Kreuzungsbereich Eingefahrene bereits den eigentlichen Bereich der sich kreuzenden Fahrbahnen erreicht hatte oder noch im Schutzbereich ("Schatten") davor oder eines Mittelstreifendurchbruchs gehalten hat, dann kommt auch eine Schadensteilung in Betracht, wie das OLG Hamm NZV 2005, 411 f. (Urt. v. 02.05.2005 - 6 U 193/04) entschieden hat:

   "Wird ein Kraftfahrer, der beim Einfahren in eine Kreuzung die für ihn maßgebliche Ampel bei Grün passiert hat, von Linksabbiegern aufgehalten, die den Gegenverkehr abwarten, und stößt er dann nach seinem erneuten Anfahren mit einem „fliegend” einfahrenden Fahrzeug des von rechts kommenden Querverkehrs zusammen, der inzwischen Grün bekommen hat, so kommt eine hälftige Schadensteilung in Betracht, wenn ungeklärt bleibt, ob er vor dem Wiederanfahren schon den inneren Kreuzungsbereich erreicht hatte."


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