Das Verkehrslexikon

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Der Schutzstreifen für Radfahrer - Angebotsstreifen - Suggestivstreifen - Voraussetzungen - Gestaltung

Der Schutzstreifen für Radfahrer (Angebotsstreifen)


Siehe auch
Schutzstreifen für Radfahrer - Angebotsstreifen
und
Stichwörter zum Thema Fahrrad und Radfahrer





Der auch als Angebotsstreifen oder sogar als Suggestivstreifen bezeichnete Schutzstreifen für Radfahrer wurde 1977 bei Zeichen 340 (Leitlinie) in § 42 Abs. 6 Nr. 1 g StVO eingeführt:

   "Wird am rechten Fahrbahnrand ein Schutzstreifen für Radfahrer so markiert, dann dürfen andere Fahrzeuge die Markierung bei Bedarf überfahren; eine Gefährdung von Radfahrern ist dabei auszuschließen. Der Schutzstreifen kann mit Fahrbahnmarkierungen (Sinnbild "Radfahrer§, § 39 Abs. 3) gekennzeichnet sein."

Hierüber hinaus enthalten die Verwaltungsvorschriften zu § 42 StVO Zeichen 340 Leitlinie noch weitere Ausführungen.

Es handelt sich nicht um Radwege und auch nicht um Sonderwege (wie bei Zeichen 237), denn die Markierung nach § 39 Abs. 3 StVO weist keinen Radweg aus.

Die Schutzstreifen sind Bestandteil der Fahrbahn, aber selbst keine Fahrstreifen (daher gilt für andere Fahrzeuge auf ihnen auch nicht das Rechtsfahrgebot): schließlich sind die Schutzstreifen auch nicht ausschließlich den Radfahrern vorbehalten, sondern die Leitlinie darf von anderen Fahrzeugen "bei Bedarf" überfahren werden.

Nicht zu verwechseln sind die Schutzstreifen mit den Radfahrstreifen. Hierbei handelt es sich um für den Radverkehr bestimmte, von der Fahrbahn nicht baulich, sondern mit Zeichen 295 (Fahrbahnbegrenzung) abgetrennte und mit dem Zeichen 237 (Radweg) gekennzeichnete Teile der Straße.




Die Einrichtung der Schutzstreifen für Radfahrer:


Schutzstreifen für Radfahrer sind nur innerorts zulässig.

Sie konnten zunächst eingerichtet werden, wenn

eine Trennung vom übrigen Fahrzeugverkehr durch Kennzeichnung einer Radwegebenutzungspflicht erforderlich wäre, die Anlage eines entsprechenden Sonderweges (Radweg, Radfahrstreifen) nicht möglich ist,

zwar eine Trennung vom übrigen Fahrzeugverkehr nicht zwingend erforderlich wäre, dem Radverkehr aber wegen der nicht nur geringen Verkehrsbelastung (5.000 Kfz innerhalb von 24 Stunden) ein besonderer Schonraum geboten werden soll,

es in Anbetracht der Breite der Fahrbahn, die Verkehrsbelastung (regelmäßig bis zu 10.000 Kfz innerhalb von 24 Stunden) und die Art des Verkehrs (in der Regel der Anteil des Schwerverkehrs am Gesamtverkehr unter 5 % bzw. unter 500 Lkw innerhalb von 24 Stunden) grundsätzlich zulässig ist.

Diese Verkehrsvolumen wurden in der Fassung der ERA 2010 angepasst:

I.   bis ca. 400 Kfz/h Schutzstreifen in Ausnahmefälle sinnvoll (z.B. hoher Anteil Schwerverkehr)
II.   von ca. 400 Kfz/h bis ca. 1.000 Kfz/h Regeleinsatzbereich von Schutzstreifen
III.   von ca. 1.000 Kfz/h bis ca. 1.800 Kfz/h Schutzstreifen möglich bei geringem Anteil Schwerverkehr und übersichtlicher Linienführung
IV.   über ca. 1.800 Kfz/h Schutzstreifen möglichst (in Kombination mit „Gehweg/Radfahrer frei“) nur, wenn das Trennen nicht realisierbar ist




Dort wo Schutzstreifen direkt am rechten Rand der Straße eingerichtet werden, muss gleichzeitig durch Zeichen 283 der ruhende Verkehr ausgeschlossen sein. Jedoch können Schutzstreifen für Radfahrer links neben Parkstreifen angelegt werden.

Es muss bei beidseitigen Schutzstreifen eine Fahrbahnbreite von mindestens 7 m und weniger als 8,50 m übrig bleiben.

Die Breite des Schutzstreifens beträgt mindestens 1,25 m und höchstens 1,60 m.

Die Breite der restlichen Fahrbahn muss mindestens 4,50 m, höchstens 5,50 m betragen.

Bei der Schaffung von Verkehrseinrichtungen werden nach dem derzeitigen Stand der Verwaltungsvorschriften zur StVO keine konkreten Fahrzeugmengen zur Definition von konkreten Gefahren- oder Bedürfninslagen mehr genannt; auch eine Bezugnahme der VwV auf die vielfach als Regelwerk bezeichneten Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) findet sich nicht mehr. Lediglich in einigen Bundesländern ist die Beachtung der ERA 2010 landesgesetzlich vorgeschrieben. Auch in umgekehrter Richtung ist die Verknüpfung mit den VwV von den Autoren der ERA aufgegeben worden, siehe Claudia Peters, Vortrag zur ERA 2010 auf dem 15. RADForum Rhein-Main am 10.05.2011:

   VwV-StVO: Wegfall der Kfz-Belastungsobergrenze als Einsatzgrenze - Seite 12 - und VwV-StVO: Wegfall der festgeschriebene Kfz-Höchstbelastungsgrenze (18.000 Kfz/Tag) - Seite 13 -.

Auch Behauptungen wie "Für den Radverkehr immer benutzungspflichtig" - Seite 13 -, lassen sich angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung nicht halten, vgl. OVG Lüneburg (Beschluss vom 25.07.2018 - 12 LC 150/16).

Insbesondere zur ERA 2010 stellt Leue in Bouska/Leue, Straßenverkehrsordnung, Anlage 2 (zu § 41 Abs. 1) Vorschriftzeichen Rd.-Nr. 16 a. E. fest:

   Mit der Ausgestaltung der VwV-StVO hat sich Gesetzgeber dazu entschieden, die ERA lediglich hinsichtlich der baulichen Ausgestaltung der Radwege heranzuziehen. Einsatzgrenzen etc. sind davon ausdrücklich gerade nicht erfasst. Bei der ERA 2010 handelt es sich zudem nicht um eine anerkannte Regel der Technik. Sie ist keine Richtlinie, die durch das BMVBS mit ARS eingeführt wurde und sie enthält nicht mehrheitsfähige Inhalte und ist nicht mit den Ländern abgestimmt, die sich in Teilen sogar ausdrücklich gegen den Inhalt dieser Empfehlungen ausgesprochen haben.


Die Benutzung des Schutzstreifens durch Radfahrer:


Da sich das Rechtsfahrgebot des § 2 Abs. 2 StVO auch an Radfahrer richtet, folgt hieraus eine indirekte Benutzungspflicht. Die Nichtbenutzung ist als Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot eine Ordnungswidrigkeit.

Das Befahren des Schutzstreifens in entgegengesetzter Fahrtrichtung ist unzulässig. Ebenfalls ist das Nebeneinanderfahren von Radfahrern auf dem Schutzstreifen unzulässig.




Radfahrer dürfen auf dem Schutzstreifen im Rahmen des § 5 Abs. 8 StVO auf der Fahrbahn rechts wartende Fahrzeuge rechts überholen. Dabei ist außer besonderer Vorsicht auch eine mäßige Geschwindigkeit einzuhalten. Mäßig ist in diesem Zusammenhang eine Geschwindigkeit von 15 bis 20 km (vgl. Janker, DAR 2006, 68 ff. (70)).

Dies gilt gem. § 5 Abs. 7 StVO auch gegenüber zum Linksabbiegen eingeordneten Fahrzeugen.

In Analogie zu § 7 Abs. 2a StVO ist es Radfahrern auch gestattet, einzeln eine auf dem rechten Fahrstreifen langsam fahrende Fahrzeugschlange rechts mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht zu überholen. Janker DAR 2006, 68 ff. (70) geht insoweit von einer "höheren" als mäßigen Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h aus,, wobei die Differenzgeschwindigkeit etwa 10 km betragen sollte, so dass die Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeugschlange sich maximal 15 bis 20 km/h belaufen darf.

Das Überfahren der Markierung "bei Bedarf":


Da der Schutzstreifen kein Sonderweg ist, sind andere Fahrzeuge von seiner Benutzung nicht generell ausgeschlossen. Allerdings dürfen sie ihn nur "bei Bedarf" befahren.

Die durchgängige Nutzung als Fahrstreifen ist daher ausgeschlossen, auch für Kradfahrer, die den Schutzstreifen nicht zum Rechts-Überholen von anderen Kfz benutzen dürfen, sondern hier stets einen eigenen Fahrstreifen benötigen.

Der amtlichen Begründung lässt sich entnehmen, dass die Benutzung des Schutzstreifens durch andere Fahrzeuge eigentlich eine eng begrenzte Ausnahme darstellt:

   "Für Ausweichbewegungen im Begegnungsverkehr kann der Schutzstreifen durch den Kraftfahrzeugverkehr mitbenutzt werden, wenn auch unter besonderer Vorsicht. Die Abmarkierung solcher Schutzstreifen setzt deshalb aus Gründen der Verkehrssicherheit voraus, dass sich solche Ausweichvorgänge auf eher seltene Fälle beschränken. Auch muss der ruhende Verkehr auf den Schutzstreifen ausgeschlossen (z. B. Zeichen 283) werden können."



Das muss allerdings nicht völlig wörtlich genommen werden: Auch nicht durch den Gegenverkehr ausgelöste Ausweichbewegungen werden zulässig sein.

Allerdings dürfen Kfz den Schutzstreifen nicht zum Rechts-Überholen anderer langsam fahrender oder wartender Kfz benutzen.

Hingegen wird man das Rechts-Überholen an zum Linkseinbiegen eingeordneter Kfz für zulässig halten müssen.

Selbstverständlich ist das Überqueren der Markierung zulässig beim Wenden, beim Einfahren von der Fahrbahn in Grundstücke und beim Ausfahren aus denselben, um auf die Fahrbahn zu gelangen sowie zum Ein- oder Ausparken, wenn sich rechts vom Schutzstreifen ein Parkstreifen befindet.

Weder das Einfahren in den Schutzstreifen noch dessen Verlassen (zum Beispiel bei einem Ausweichen) stellen einen Fahrstreifenwechsel dar; es braucht daher kein Blinkzeichen gegeben zu werden, jedoch ist dies empfehlenswert (vgl. Janker, DAR 2006, 68 ff. (72)).

Siehe zum Ganze auch Schutzstreifen für Radfahrer - Angebotsstreifen.

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