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Verwaltungsgericht Köln Urteil vom 29.12.2010 - 20 K 678/10 - Abschleppkosten nach Parken im Haltverbot

VG Köln v. 29.12.2010: Abschleppkosten nach Parken im absoluten Haltverbot


Das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 29.12.2010 - 20 K 678/10) hat entschieden:

   Das kostenpflichtige Abschleppen aus einem Bereich mit absolutem Haltverbot ist rechtmäßig. Die Einlassung, das Haltverbotsschild sei durch ein Baustellenschild verdeckt gewesen ist unbeachtlich. Maßgeblich ist nicht, ob der Kfz-Führer die Verbotsbeschilderung tatsächlich wahrgenommen hat, sondern entscheidend ist allein deren objektive Wahrnehmbarkeit. Es gelten im ruhenden Verkehr erhöhte Sorgfalts- und Informationspflichten.


Siehe auch
Abschleppkosten bei Halt- und Parkverstößen
und
Stichwörter zum Thema Abschleppkosten


Tatbestand:


Der Kläger ist Halter des Fahrzeugs Typ Ford, mit dem amtlichen Kennzeichen K - 00 0000. Das Fahrzeug war am 09.08.2009 in der A.Straße in Köln Mülheim vor der Hausnummer 24 abgestellt. Für diesen Bereich ist ein absolutes Haltverbot (Zeichen 283) angeordnet.

Nachdem Mitarbeiter des Beklagten den Verkehrsverstoß festgestellt hatten, wurde das Fahrzeug im Auftrag des Beklagten um 14.10 Uhr durch die Firma Sch. abgeschleppt. Dort löste der Kläger seinen Wagen am selben Tag gegen Entrichtung der Abschleppkosten aus.

Mit Gebührenbescheid vom 14.12.2009 setzte der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 62 EUR für den Abschleppvorgang fest.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit einer als Widerspruch bezeichneten E-Mail. Darin machte er geltend, dass er das "Parkverbotsschild" nicht habe sehen können, da es von einem Baustellenschild verdeckt gewesen sei. Des Weiteren habe sein Fahrzeug niemanden behindert: Die Straße sei so breit, dass problemlos zwei PKW aneinander vorbeikämen. Schließlich machte der Kläger geltend, ein paar Meter weiter hätten Fahrzeuge "in zweiter Reihe" gestanden und seien nicht abgeschleppt worden, obwohl sie ebenfalls im Haltverbot gestanden hätten.




Mit Zweitbescheid vom 11.01.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Gebührenbescheid aufrecht erhalten bleibe. Die Beschilderung vor Ort sei eindeutig gewesen. Ferner wurde erläutert, das Haltverbot sei aufgrund vorheriger Beobachtungen durch die verkehrslenkenden Dienststellen eingerichtet worden, um einen gefahrlosen Zweirichtungsverkehr zu ermöglichen.

Der Kläger hat am 06.02.2010 Klage erhoben, mit welcher er sein Vorbringen wiederholt und vertieft. Er beantragt sinngemäß,
   den Gebührenbescheid des Beklagten vom 14.12.2009 in der Gestalt des Zweitbescheides vom 11.01.2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
   die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Beschilderung sei in hinreichendem Maße wahrnehmbar gewesen. Des Weiteren erläutert er, dass die Haltverbotszone nur für einen beschränkten Bereich eingerichtet worden sei und im weiteren Straßenverlauf geparkt werden dürfe. Für sämtliche anderen im Haltverbot stehenden Fahrzeuge seien ebenfalls Sicherstellungen eingeleitet worden. Die Einrichtung der Haltverbotszone im maßgeblichen Bereich sei nach Abwägung aller Umstände und als das Ergebnis vorher erfolgter Beobachtungen erfolgt. Sie diene dem Zweck, im Hinblick auf den eingeräumten Zweirichtungsverkehr einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen. Dabei sei für den von der Frankfurter Straße als Hauptverkehrsstraße aus beiden Richtungen einmündenden Verkehr ein sogenannter Ampelstauraum geschaffen worden. Ein solcher Ampelstauraum sei im weiteren Straßenverlauf nicht mehr erforderlich.




Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gemäß § 84 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 14.12.2009 in der Gestalt des Zweitbescheides vom 11.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Gebührenpflicht des Klägers beruht auf § 77 VwVG NRW und § 15 Abs. 1 lfd. Nr. 7 KostO zum VwVG NRW i.V.m. § 24 Nr. 13 OBG NRW, §§ 43 Nr. 1, 46 Abs. 3 Satz 1 PolG NRW oder i.V.m. § 14 OBG NRW, §§ 55 Abs. 2, 57 Abs. 1 Nr. 1, 59 VwVG NRW. Hiernach werden vom Ordnungspflichtigen für das Abschleppen eines Fahrzeuges Verwaltungsgebühren erhoben.

Die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung hängt somit von der Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Abschleppmaßnahme ab. Diese Maßnahme begegnet in Anwendung der oben genannten rechtlichen Vorschriften keinen Bedenken.

Voraussetzung für ein Eingreifen nach den vorgenannten Vorschriften ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, der mit den Mitteln des Ordnungsrechtes begegnet werden kann. Zur öffentlichen Sicherheit im Sinne des Ordnungsrechts gehört auch die Unverletzlichkeit der geschriebenen Rechtsordnung.

Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten lag ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6 a StVO vor, da das Fahrzeug des Klägers in einem Bereich abgestellt war, in dem das Halten und Parken durch Haltverbotsschilder (Zeichen 283) untersagt war.




Die Anordnung der Entfernung des Fahrzeuges war zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und entsprach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit.

Zunächst war das Haltverbot hier wirksam angeordnet. Insbesondere kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Haltverbotsschild sei durch ein Baustellenschild verdeckt gewesen. Maßgeblich ist nicht, ob der Kläger die Verbotsbeschilderung tatsächlich wahrgenommen hat, sondern entscheidend ist allein deren objektive Wahrnehmbarkeit. Diese war hier bereits aufgrund des ohne Weiteres wahrnehmbaren Anfangsschildes der Haltverbotszone gegeben. Im Übrigen gelten im ruhenden Verkehr erhöhte Sorgfalts- und Informationspflichten,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.06.2007 - 5 A 4278/95,
so dass der Kläger gehalten war, sich über den Geltungsbereich der Haltverbotszone durch gezielte Nachschau Gewissheit zu verschaffen.

Der Abschleppvorgang genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Der Kläger kann sich zunächst nicht darauf berufen, dass die Straße ausreichend breit gewesen sei, so dass zwei PKW gefahrlos hätten aneinander vorbei fahren können. Es steht grundsätzlich nicht dem einzelnen Verkehrsteilnehmer zu, zu definieren, ob eine verbliebene Durchfahrtbreite ausreichend bemessen ist oder nicht. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Straße für zwei PKW breit genug ist: Ein gefahrloser Begegnungsverkehr soll auch dann stattfinden können, wenn breitere Fahrzeuge wie LKW oder Lieferwagen die Straße befahren.

Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Beklagte sein Einschreitermessen fehlerhaft ausgeübt hätte, indem er nur einige der im absoluten Haltverbot stehenden Fahrzeuge hat abschleppen lassen. Da entgegen der Annahme des Klägers ein Haltverbot im weiteren Straßenverlauf nicht mehr bestand, parkten die dort stehenden Fahrzeuge ohne Verkehrsverstoß, so dass die geltend gemachte Ungleichbehandlung tatsächlich nicht gegeben ist. Bezüglich der anderen Fahrzeuge, welche wie das Fahrzeug des Klägers in der Haltverbotszone standen, sind ebenfalls Abschleppvorgänge eingeleitet worden.

Schließlich begegnet es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch keinen Beanstandungen, dass der Haltverbotsbereich sich nicht auf den gesamten Straßenverlauf, sondern nur auf den (vom Einmündungsbereich Frankfurter Straße aus) vorderen Bereich bezogen hat. Grundsätzlich ist eine angeordnete Verkehrsregelung bindend, ohne dass es darauf ankäme, ob eine andere Gestaltung ebenfalls in Betracht kommen würde oder gar als sachgerechter angesehen werden könnte. Hier hat der Beklagte dargelegt, dass mit der Einrichtung des Haltverbotsbereichs ein sogenannter Ampelstauraum für den von der Frankfurter Straße als Hauptverkehrsstraße aus beiden Richtungen einmündenden Verkehr geschaffen werden sollte. Ein solcher Ampelstauraum sei im weiteren Straßenverlauf nicht mehr erforderlich.



Diese Erwägung ist nicht untauglich in Bezug auf die Erreichung des angestrebten Zieles eines gefahrlosen Zweirichtungsverkehrs; sie ist vielmehr sachgerecht und zweckdienlich.

Sonstige Gründe, welche der Verhältnismäßigkeit des Abschleppvorgangs entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

Ebenso sind keine sonstigen Gründe dafür erkennbar, dass die Berechnung der Verwaltungsgebühr fehlerhaft sein könnte. Der Kläger hat insoweit auch keine konkreten Einwände geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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