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Amtsgericht Frankenthal Urteil vom 10.01.2018 - 3a C 308/17 - Unberechtigtes Abstellen eines Kfz

AG Frankenthal v. 10.01.2018: Unterlassungsanspruch bei unberechtigtem Abstellen eines Kfz und Kosten der Halteranfrage




Das Amtsgericht Frankenthal (Urteil vom 10.01.2018 - 3a C 308/17) hat entschieden:

Für den Unterlassungsanpruch kommt eine Haftung des Halters und Zustandsstörers auch dann , in Betracht, wenn er nicht selbst das Fahrzeug geführt hat. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder des Besitzers der störenden Sache zurückgeht.

Siehe auch
Private Abschleppkosten - privates Falschparken - Besitzstörung
und
Stichwörter zum Thema Abschleppkosten

Gründe:


Die zulässige Klage ist begründet.

Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) ist gemäß §§ 12, 13, 32 ZPO örtlich und nach § 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig.

Der Unterlassungsantrag ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt (BGH NJW 2016, 863 ff. m.w.N.).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB, da das unberechtigte Abstellen des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen F… auf den der Klägerin aufgrund Mietvereinbarung überlassenen Parkplatzes eine verbotene Eigenmacht i.S. von § 858 Abs. 1 BGB darstellt.

Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin als Handlungsstörerin (Baldus Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2017 Rn. 149 ff § 1004 BGB m.w.N.) verantwortlich, da sie sich nicht innerhalb gesetzter Frist unter Belehrung über die Folgen der Fristversäumung zu der klägerischen Behauptung, dass die Beklagte selbst am 31.05.2017 den PKW Opel, amtliches Kennzeichen F… in der Zeit von 14:15 bis 14:30 auf dem Parkplatz Nr. 3, der an die Klägerin vermietet ist, abgestellt habe, eingelassen hat und diese Behauptung nach § 138 Abs. 3 ZPO somit als zugestanden gilt.

Daneben kommt jedoch auch eine Haftung der Beklagten als Halterin und Zustandsstörerin, sofern sie nicht selbst das Fahrzeug geführt hätte, in Betracht. Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird.




Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder des Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (BGH a.a.O.). Danach war die Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug hervorgerufene Beeinträchtigung des Besitzers der Klägerin auch zumindest Zustandsstörerin. Sie beherrscht die Quelle der Störung, da sie allein darüber bestimmen kann, wie und von wem ihr Fahrzeug genutzt wird. Ihr war die Beeinträchtigung daher auch zuzurechnen. Da sie nichts Gegenteiliges vorgetragen hat, ist davon auszugehen, dass sie ihr Fahrzeug auch freiwillig einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat. Es ist somit sachgerecht, ihr als Halterin ebenfalls die Störung zuzurechnen, die dadurch entsteht, dass das Fahrzeug von dieser Person unberechtigt abgestellt wird. Daran ändert auch nichts, dass das Ausleihen von Fahrzeugen, insbesondere an nahe Familienangehörige sozialadäquat ist.

Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr, da schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück die tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (BGH a.a.O.). Die Beklagte kann als Halterin auf künftige Unterlassung des Falschparkens sowohl durch Dritte als auch durch sie selbst in Anspruch genommen werden, die Klägerin beschränkt ihr Begehren dabei auf ein Unterlassen durch die Beklagte selbst, §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 ZPO.

Die Zurechnung der Besitzstörung durch einen mit dem Halter personenverschiedenen Fahrer beruht darauf, dass diese mittelbar auf dem Willen des Halters zurückgeht, indem er das Fahrzeug freiwillig Dritten zur Benutzung überlassen hat. Daran ist bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen. Für den Halter selbst, der als bloßer Zustandsstörer in Anspruch genommen wird, ist zwar eine Wiederholungsgefahr nicht indiziert, er kann vorliegend aber unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr selbst auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die Beklagte sich, wie hier, auf die Behauptung der Klägerin, sie selbst habe das Fahrzeug abgestellt, nicht innerhalb gesetzter Frist unter Belehrung über die Folgen der Fristversäumung zur Sache einlässt, so dass der Tatsachenvortrag der Klägerin insoweit als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO. Auf eine weitergehende Zurechnung bei wertender Betrachtung entsprechend der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes (a.a.O.) kommt es demnach vorliegend nicht an.

Die Androhung des Ordnungsgeldes beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO. Dem Vollstreckungsgläubiger ist die Möglichkeit unbenommen, die Androhung eines den gesetzlichen Rahmen des § 890 Abs. 1 unterschreitenden Ordnungsmittels (vgl. Gruber Münchener Kommentar zur ZPO 5. Auflage 2016 Rn. 27 § 890 ZPO m.w.N.) zu beantragen, wenn sowohl die Art der für den Fall der Zuwiderhandlung vorgesehenen Rechtsfolge als auch die von dem Gläubiger beantragten niedrigere Höchstgrenze konkret bezeichnet ist (BGH, a.a.O.).

Die Klägerin hat daneben einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Kosten der Halteranfrage von 5,10 Euro gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB. § 858 Abs. 1 BGB ist Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Das für den Schadensersatzanspruch notwendige Verschulden gilt als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO, da sich die Beklagte innerhalb gesetzter Frist trotz Belehrung über die Folgen der Fristversäumung nicht zur Sache eingelassen hat und daher die Behauptung der Klägerin, dass die Beklagte ihr Fahrzeug verbotswidrig abgestellt habe, der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Die Beklagte hat der Klägerin daneben die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 68,54 Euro (0,6 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von bis 600,00 Euro, 48,00 Euro sowie Post- und Telekommunikationskosten Nr. 7002 VV RVG, 9,60 Euro einschließlich 19 % Mehrwertsteuer, 7008 VV RVG, 10,94 Euro) zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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