Ein Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH hat als Unfallopfer keinen Anspruch wegen entgangenen Gewinns gegen den Verursacher eines Verkehrsunfalls, wenn er Erwerbsnachteile und Einbußen der Erwerbsfähigkeit nicht nachweisen kann, da diese Schadenspositionen eine konkrete Vermögenseinbuße voraussetzen. |
- | die Beklagte zu einer angemessenen Schmerzensgeldzahlung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen, |
- | festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftige immaterielle und materielle Schäden aus dem Unfall vom 07.09.2011 auf der Bundesstraße 2 in K. zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden, und |
- | die Beklagte zu einer Zahlung von 20.295,40 € zu verurteilen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.10.2011. |
die Klage abzuweisen |
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, |
die Berufung zurückzuweisen (BE 1 = Bl. 103 d. A., Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 05.05.2017, S. 2 = Bl. 121 d. A.). |
- | Dieses Ergebnis wird durch die formalrechtliche Trennung zwischen der Einmann-GmbH und ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer nicht entwertet und nicht einmal in Zweifel gezogen. Zwar ist grundsätzlich die rechtliche Verschiedenheit der Personen zu beachten (BGH NJW 56, 785; NJW 66, 1309; NJW 70, 2015; NJW 71, 799), „dennoch kann nicht übersehen werden, dass der alleinige Gesellschafter einer GmbH unmittelbar wirtschaftlich berührt wird, wenn seine Gesellschaft einen Verlust erleidet oder einen Gewinn erzielt. Die Rechtsprechung hat bereits in einer Reihe von Fällen den tatsächlichen Gegebenheiten bei der Einmanngesellschaft, besonders der Einmann-GmbH, nämlich der Beherrschung der Gesellschaft durch ihren einzigen Gesellschafter, Rechnung getragen und die Einmanngesellschaft dem alleinigen Gesellschafter gleichgestellt, ohne dass damit die rechtliche Verschiedenheit der beiden Rechtssubjekte in Frage gestellt werden sollte ... Das ist auch hier erforderlich. Hat ein Gewerbetreibender sich nicht an einem fremden Unternehmen kapitalmäßig beteiligt, sondern seinem eigenen Unternehmen aus haftungs-, steuerrechtlichen- oder anderen Gründen die Rechtsform einer GmbH gegeben (BGH NJW 57, 19; BB 71, 13), dann ist diese Gesellschaft, jedenfalls in einem Fall der vorliegenden Art, haftungsrechtlich nur ein in besonderer Form verwalteter Teil seines Vermögens. Was der Gesellschafter in der GmbH durch seine Tätigkeit erarbeitet oder einbüßt, trifft ihn, den Alleingesellschafter, unmittelbar ... Wird der Gesellschafter von einem Dritten schuldhaft verletzt und tritt ein Schaden an seinem „Sondervermögen” ein, so muss es, wenn zwischen Schadenszufügung und Schaden ein zurechenbarer Zusammenhang besteht, im Verhältnis zum Schädiger so angesehen werden, dass ihn persönlich ein Schaden getroffen hat. Eine andere Betrachtungsweise würde an der wirtschaftlichen Wirklichkeit vorbeigehen und den Schädiger auf dem Wege über formale Gegebenheiten ungerechtfertigt entlasten“ (BGH NJW 1977, 1283). |
- | Deswegen kann der Kläger im Streitfall nicht anders behandelt werden, als ein Einzelkaufmann oder selbständiger Gewerbetreibender. Hierauf hat der Senat mehrfach hingewiesen, insoweit wird auf die Terminsverfügung (v. 25.01.2017, S. 1 = Bl. 111 d. A.) und den Hinweisbeschluss des Senats (v. 22.05.2017, S. 2/4 = Bl. 126/128 d. A.) Bezug genommen. Gleichzeitig war anhand der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erläutert worden, wie der Kläger einen behaupteten Verlust oder Gewinnentgang berechnen, vortragen und im Streitfall nachweisen hätte können und müssen. Dagegen hätte die Rechtsauffassung des Klägers zur Folge, dass er - ohne irgendeinen tatsächlichen und bezifferbaren Schadens - die abstrakte Vergütung seiner Arbeitskraft verlangen könnte und damit bereits der Verlust oder die Einschränkung der Arbeitskraft als solcher einen Schaden begründen würde; dies hat der BGH jedoch bis heute ausdrücklich abgelehnt (BGH NJW 1970 1411; VersR 1966, 1158; s.a. Senat, Urt. v. 29.06.2007 - 10 U 4379/01 [juris, Rn. 71]). |
- | „Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BGH ein selbständiger Unternehmer den Ausfall seiner Arbeitskraft nicht abstrakt - etwa in Höhe des Entgelts für einen ähnlich befähigten Arbeitnehmer - als Vermögensschaden in Rechnung stellen ... Bei ihm setzt sich der Wegfall der Arbeitskraft erst dadurch in einen Vermögensschaden um, dass der Gewerbeertrag hinter dem zurückbleibt, was nach bisheriger Erfahrung oder besonderen Vorkehrungen zu erwarten war. Dem gegen Entgelt tätigen Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft entgeht jedoch im Regelfall während der Aufhebung seiner Arbeitsfähigkeit das für seine Tätigkeit bezahlte Gehalt; ihm entsteht damit ein unmittelbarer Vermögensschaden. Es entspricht ferner ständiger Rechtsprechung, dass es dem für die Aufhebung der Arbeitsfähigkeit Haftenden nicht zu Gute kommen darf, wenn der Arbeitgeber des Geschädigten das Arbeitsentgelt bei unfallbedingtem Ausbleiben der Gegenleistung fortzahlt ... Der Geschädigte kann vielmehr in solchen Fällen den Schädiger auf Zahlung des (Brutto)Arbeitsentgelts an den Arbeitgeber, gegebenenfalls also auch - wie hier - an die Gesellschaft, deren Geschäftsführer und gesetzlicher Vertreter er ist, in Anspruch nehmen, wenn jedenfalls im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) davon ausgegangen werden kann, dass dem Arbeitgeber ein Ausfall in Höhe des weiterbezahlten Arbeitsentgelts entstanden ist ... Dagegen berührt es die Ersatzpflicht des Schädigers nicht, in welcher Weise der Arbeitgeber dem zeitweiligen Ausbleiben der geldwerten Arbeitsleistung Rechnung getragen hat, wobei ... die Hinnahme eines entsprechend geminderten Gewerbeertrages in Frage kommen“ (BGH NJW 1971, 1136). |
- | „Demgemäß hat auch der Senat ausgesprochen, dass der Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter einer Einmann-GmbH ist, im Falle einer unfallbedingten Dienstunfähigkeit wie jeder Arbeiter oder Angestellte den Schädiger auf Zahlung des (Brutto-)Arbeitsentgelts an seine Gesellschaft in Anspruch nehmen darf, wenn davon ausgegangen werden kann, dass dieser ein Ausfall in Höhe des weiterbezahlten Entgelts entstanden ist“ (NJW 1974, 134). |
- | „Wird der geschäftsführende Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft infolge Unfallverletzung arbeitsunfähig und entgeht seiner Gesellschaft dadurch ein Geschäftsgewinn ... Das deutsche Recht gewährt dem Kläger nicht Ersatz eines Schadens der AG, sondern für die Nachteile an seinem Vermögen, d.h. an seiner Gesellschaftsbeteiligung. Bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden richtet sich jedoch auch nach deutschem Recht dieser eigene Schaden des Verletzten nach dem der ihm gehörenden Gesellschaft entgangenen Gewinn ... Auch das Gebot, den jeweiligen Schaden wirtschaftlich zu betrachten, muss nicht dazu führen, jene Grundsätze für Schadensersatzansprüche des Alleingesellschafters einer Kapitalgesellschaft aufzugeben; vielmehr wird die Trennung der Vermögensbereiche gerade von wirtschaftlichen Erwägungen bestimmt ... Ausgangspunkt ... war vielmehr, dass sich solche Verluste zunächst in dem Vermögen der Gesellschaft niederschlagen und der Alleingesellschafter - nicht anders als bei einer Gesellschaftsbeteiligung unter mehreren - Ersatz nur für die Auswirkungen jener Einbußen auf sein „Gesellschafter”-Vermögen verlangen kann ... Insoweit erscheint die Gesellschaft in schadensrechtlicher Betrachtung praktisch in der Tat als ein „in besonderer Form verwalteter Teil seines Vermögens”. Für diese geht es darum, ob bei der Bemessung des Schadens, den der Alleingesellschafter durch die Verluste seiner Gesellschaft erleidet, der entgangene Gewinn mit Rücksicht auf den Zweck des vom Schädiger geschuldeten Ausgleichs als Passivposten des Gesellschaftsvermögens ungeachtet dessen rechtlicher Verselbständigung auch in die Schadensrechnung über das Vermögen des Alleingesellschafters eingesetzt werden kann. Das ist zu bejahen ... Im Ergebnis wird sein Schaden also dadurch ausgeglichen, dass der Gesellschaft der entstandene Verlust durch die Ersatzleistung des Schädigers wieder zufließt und damit auch ihn entschädigt“ (BGH NJW 1977, 1283). |
- | Wenn der klagende Geschäftsführer „die ihm zustehenden Bezüge nicht erhält, weil er unfallbedingt seine Dienstleistungen nicht erbringen kann, ... stellt dies einen Schaden dar, den ihm ein für den Unfall verantwortlicher Schädiger zu ersetzen hat“ (BGH Urt. v. 16.06.992 - VI ZR 264/91 [BeckRS 1992, 30397490]). Insofern spiegelt der Bundesgerichtshof lediglich den schadensersatzrechtlichen Regelfall wider, der naturgemäß einen Schaden des Geschäftsführers begründet und vorliegend nicht gegeben ist, weil der Kläger schon nach eigenem Vorbringen seine Geschäftsführerbezüge ungeschmälert weiter bezogen hat. |