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Oberlandesgericht Naumburg Urteil vom 24.11.2015 - 12 U 110/15 - Schaden durch ein vor dem Brand in der Scheune abgestelltes Quad

OLG Naumburg (Urteil vom 24.11.2015: Schadensersatzanspruch nach Fahrzeugbrand


Das Oberlandesgericht Naumburg (Urteil vom 24.11.2015 - 12 U 110/15) hat entschieden:

   Kommt es mehrere Tage (hier vier Tage) nach dem Abstellen eines Quads in der Scheune eines privaten Grundstücks zu einem Brand, der von dem Quad ausgegangen ist, und finden sich auch keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden, so ist das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG erfüllt.


Siehe auch
Betriebsgefahr und Fahrzeugbrand
und
Betriebsgefahr - verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung


Gründe:


I.

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Brandgeschehen geltend, welches sich am 22. Juni 2013 gegen 11:44 Uhr in einer Scheune auf seinem Grundstück in G. OT N. ereignet hat.

Der Kläger wohnt dort zusammen mit seiner Lebensgefährtin und ihrer gemeinsamen 16 Jahre alten Tochter, der Zeugin L. F.. Zu dem Anwesen gehörte u. a. auch eine etwa sieben Meter hohe und 25 Meter breite Scheune, in der am 22. Juni 2013 mehrere sogenannte Quads und ein Motorrad der Marke Yamaha abgestellt waren. Darüber hinaus befand sich in diesem Scheunengebäude auch ein Stall, in dem die Zeugin zwei Ponys untergestellt hatte.

Der Beklagte zu 1. war Eigentümer eines der in der Scheune abgestellten tarnfarbenen Quads der Marke Kawasaki mit dem amtlichen Kennzeichen …, welches bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert war. Er stellte dieses am 18. Juni 2013 in der Scheune des Klägers ab, weil er zusammen mit diesem am 22. Juni 2013 an einem Quadtreffen an der Offroad-​Strecke O. teilnehmen wollte. Dieses Treffen wurde jedoch kurzfristig abgesagt. Am 22. Juni 2013 gegen 11:44 Uhr brach in der Scheune ein Feuer aus, die vollständig abbrannte. Die darin abgestellten Fahrzeuge und sonstiges Inventar wurden vollständig zerstört, die beiden Ponys verendeten. Der Sachverständige für Brände und Raumexplosionen R. vom Landeskriminalamt Sachsen-​Anhalt erstattete am 28. Oktober 2013 nach § 256 StPO ein Behördengutachten er u. a. ausgeführt hat:




   „2. Brandausbruchstelle und Brandausbreitung: Das Feuer brach im westlichen Abschnitt der Scheune aus. Dieser Teil wurde zur Unterbringung von zwei Ponys, der Lagerung verschiedener Gegenstände und der Unterstellung von Quads und einem Motorrad genutzt. Nach Aussage einer Zeugin, welche zuerst auf den Brand aufmerksam wurde, brannte anfänglich ein untergestelltes Quad. Die Feststellungen der Zeugin standen nicht im Widerspruch mit dem Brandschadensbild und den Aussagen nachfolgender Zeugen, wobei der Gesamtschaden am Gebäude und die darin befindlichen Gegenstände nur noch sehr eingeschränkte Aussagen hinsichtlich der Brandausbruchstelle erlaubten. Das Feuer konnte von dem brennenden Quad relativ schnell auf die hölzerne Dachkonstruktion übergreifen und damit das gesamte Gebäude erfassen. Die herabstürzenden Balken des Daches übertrugen den Brand auf alle Abschnitte der Scheune. Die Löschmaßnahmen der Feuerwehren konnte die vollständige Zerstörung des Gebäudes nicht verhindern. Diese wurden außerdem durch eingelagerte Gasflaschen und einen Heizöltank erheblich erschwert. 3. Brandursache: Das Quad, welches der Ausgangspunkt des Brandes gewesen sein soll, wurde durch die Wärmeeinwirkung so stark zerstört, dass auswertbare Untersuchungen nicht mehr möglich waren. Der Eigentümer des betroffenen Scheunenabschnitts bestätigte, dass sich das Fahrzeug in einem betriebsbereiten Zustand befand. Damit waren die technischen Möglichkeiten für eine Brandentstehung grundsätzlich gegeben. Die elektrotechnischen Anlagen und Geräte im Umfeld der Brandausbruchstelle wurden ebenfalls vollständig zerstört und waren für Untersuchungen nicht mehr geeignet. Nach den bisher bekannten Ermittlungsergebnissen wurden keine Hinweise oder Anhaltspunkte für weitere Brandursachen gefunden.“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf die Anlage K 1 (Bl. 8 ff. d. A.) verwiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Mai 2014 forderte der Kläger die Beklagte zu 2. auf, die Haftung für den durch den Brand entstandenen Schaden dem Grunde nach bis zum 10. Juni 2014 anzuerkennen. Dies lehnte die Beklagte zu 2. mit Schreiben vom 30. Mai 2014 ab. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser beiden Schreiben wird auf die Anlagen K 3 und K 4 (Bl. 12 ff. d A.) Bezug genommen. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 12. Juni 2014 forderte der Kläger die Beklagte zu 2. erneut auf, ihre Haftung bis zum 1. Juli 2014 dem Grunde nach anzuerkennen und einen Verjährungsverzicht zu erklären. Beides lehnte die Beklagte zu 2. ab. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten dieser beiden Schreiben wird auf die Anlagen K 4 und K 5 (Bl. 16 ff. d. A.) verwiesen. Unter dem 29. Juli 2014 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesem vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro in Rechnung. Insoweit wird auf die Anlage K 10 (Bl. 22 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, dass er Eigentümer der Scheune gewesen sei und hat dazu eine Liegenschaftskarte und Auszüge aus dem Grundbuch vorgelegt, nach denen er seit dem 21. November 2012 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Insoweit wird auf die Anlagen K 11 und K 12 (Bl. 66 ff. d. A.) verwiesen. Darüber hinaus hat er behauptet, dass der Brand durch das Quad des Beklagten zu 1. verursacht worden sei, welches sich spontan entzündet habe.

Er hat beantragt,

   festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm den Schaden im Umfang von 100 % zu ersetzen, den er aufgrund des Brandschadens vom 22. Juni 2013 in der T. straße 8, G., OT N. erlitten hat, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind;

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

   die Klage abzuweisen.




Sie haben bestritten, dass der Brand durch das Quad des Beklagten zu 1. verursacht wurde und die Auffassung vertreten, dass eine Haftung nach § 7 StVG nicht in Betracht komme, weil der Schaden aufgrund der Standzeit des Quads nicht beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges eingetreten sei.

Mit der Terminsladung hat das Landgericht die Parteien darüber unterrichtet, dass die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte (Geschäfts-​Nr.: 417 UJs 212/14) beigezogen werden soll (Bl. 87 d. A.). Ferner hat es Beweis erhoben durch Vernehmung der Tochter des Klägers und hat den Brandort in Augenschein genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21. Juli 2015 (Bl. 108 ff. d. A.) verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass diese zulässig sei. Insbesondere begegne der Feststellungsantrag keinen Bedenken, weil es in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass gegen Versicherungen trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage auch eine Feststellungsklage erhoben werden könne. Die Klage sei jedoch nicht begründet.

Es könne dahingestellt bleiben, ob der nach langer Standzeit von einem Fahrzeug ausgelöste Brand überhaupt noch von der Haftungsregelung des § 7 StVG erfasst werde. Jedenfalls habe der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass der Brand durch das Quad des Beklagten zu 1. verursacht worden sei.

Zwar habe die Zeugin F. den Klägervortrag bestätigt, wonach sie am Brandtag in ihrem Zimmer im Erdgeschoss des Wohnhauses am Computer gearbeitet, plötzlich zwei Knallgeräusche gehört und zuerst an Einbrecher gedacht habe. Sie sei dann in das erste Obergeschoss des Hauses gegangen, um aus dem Fenster zu schauen. Von dort habe sie das tarnfarbene Quad des Beklagten zu 1. gesehen. Dieses habe in der Mitte, wo der Motor gesessen habe, gebrannt. Das Garagentor sei dabei ungefähr zur Hälfte geöffnet gewesen, sodass sie in die Scheune habe hineinsehen können. Andere Feuerstellen habe sie nicht gesehen. Diese Wahrnehmungen habe sie auch erneut gemacht, als sie auf den Hof gelaufen und das Scheunentor über eine Fernbedienung weiter geöffnet habe. Die Kammer halte diese Aussage jedoch nicht für überzeugend. Bereits die Art und Weise, wie die Zeugin ausgesagt habe, begründe Zweifel an deren Glaubhaftigkeit. Diese habe schon nicht den Eindruck vermittelt, dass sie noch eine konkrete Erinnerung an das Geschehen vom 22. Juni 2013 hatte. Ihre Aussage habe vielmehr wie auswendig gelernt gewirkt und habe in großen Teilen Übereinstimmungen mit ihrer Aussage gegenüber der Polizei aufgewiesen.

Im Übrigen begründeten sich auch Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage auf Grundlage eines von der Kammer durchgeführten Ortstermins. Dabei habe der ursprüngliche Standort der Scheune festgestellt werden können, da eine Seitenwand auf einem Nachbargrundstück erhalten geblieben sei. Die Scheune habe damals noch näher am Wohnhaus des Klägers gestanden als der später errichtete Ersatzbau. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der Tatsache, dass das Garagentor teilweise geschlossen gewesen sei, erscheine es höchst zweifelhaft, dass die Zeugin aus dem Seitenfenster im Obergeschoss die von ihr beschriebenen Wahrnehmungen habe machen können. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass das Quad des Beklagten zu 1. nicht direkt unter dem Scheunentor geparkt, sondern weiter in die Scheune hineingefahren worden sei.

Soweit die Zeugin bekundet habe, dass sie ihre Wahrnehmungen auch nach dem vollständigen Öffnen des Scheunentors gemacht habe, sei dies ebenfalls nicht glaubhaft. Die Scheune sei, wie sich aus den Lichtbildern ergebe, dunkel und mit mehreren Gegenständen gefüllt gewesen. Wie die Zeugin in der Stresssituation, die der Ausbruch eines Brandes mit sich bringe, genau gesehen habe wolle, dass nur das Quad in der Scheune gebrannt habe, erschließe sich nicht. Dabei sei noch zu berücksichtigen, dass die Zeugin zunächst ihren Hund in Sicherheit gebracht habe. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie während ihres Aufenthaltes im Erdgeschoss hinreichend Zeit und Konzentration gehabt habe, den Brandherd genau zu lokalisieren. Da die Aussage der Zeugin ihrem Inhalt nach schon nicht geeignet sei, bei der Kammer eine hinreichende Überzeugung der zu beweisenden Tatsache zu begründen, komme es auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht an.

Auch aus dem im Ermittlungsverfahren eingeholten Behördengutachten ergebe sich nichts anderes. Darin habe der Gutachter lediglich feststellen können, dass die Verursachung des Brandes durch ein geparktes Quad plausibel sei. Er habe jedoch andere Brandursachen nicht ausschließen können.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er rügt die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Gericht sich im Ortstermin nicht von der Stelle aus, von der die Tochter den Ausbruch des Brandes erstmalig wahrgenommen habe, davon überzeugt habe, dass die Scheune von dort einsehbar sei. Hätte das Gericht dies getan, hätte es festgestellt, dass von dieser Position aus auch ein abgestelltes Quad erkennbar sei.

Die Feststellung des Landgerichts, die Aussage der Zeugin sei unglaubhaft, weil sie in großen Teilen mit ihrer Aussage gegenüber der Polizei übereinstimme, rechtfertige die Klageabweisung nicht. Das Gericht habe zwar angekündigt, dass es die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stendal beiziehen wolle, in der mündlichen Verhandlung sei diese jedoch weder erwähnt noch zum Gegenstand der Erörterungen gemacht worden. Darüber hinaus stelle sich die Frage, was für eine Aussage das Gericht eigentlich erwartet habe. Für die Tochter des Klägers sei der Brand ein einschneidendes Ereignis gewesen. Hätte sie dieses vor Gericht anders als vor der Polizei geschildert, wäre sie erst recht unglaubwürdig gewesen. Ferner hätte das Gericht durch gezielte Fragen überprüfen können, ob die Zeugin ihre Aussage nur auswendig gelernt oder es sich tatsächlich um Erlebtes gehandelt habe. Dies habe das Gericht jedoch nicht getan, sondern lediglich die Aussage der Zeugin protokolliert, die selbstverständlich im Wesentlichen ihrer Aussage vor der Polizei am 9. Juli 2013 entspreche.

Darüber hinaus sei die Feststellung des Landgerichts nicht nachvollziehbar, dass die Scheune dunkel und mit mehreren Gegenständen gefüllt gewesen sei, sodass die Zeugin einen entsprechenden Brand im Bereich des Quads überhaupt nicht hätte lokalisieren können. Die Annahme, dass die Zeugin sich in einer Stresssituation befunden habe und sich um den Hund gekümmert habe, rechtfertige die vom Landgericht vorgenommene Würdigung nicht. Denn die Tochter des Klägers habe den Hund erst einem Nachbarn übergeben, nachdem sie auf das Grundstück gelaufen sei und Hilfe gerufen habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf seine Berufungsbegründung und seinen Schriftsatz vom 9. November 2015 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

   unter Abänderung des am 12. August 2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stendal,

      1.  festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm den Schaden im Umfang von 100 % zu ersetzen, den er aufgrund des Brandschadens vom 22. Juni 2013 in der T. straße 8, G. OT N., erlitten hat, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind;

      2.  die Beklagten als Gesamt­schuldner zu verurteilen, an ihn vorgerichliche nicht anrechenbare Kosten in Höhe von 2.217,45 Euro zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

   die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und sind der Auffassung, dass der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Landgerichts gebunden sei, weil der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit vorgetragen habe. Das Landgericht habe die Beweisaufnahme verfahrensfehlerfrei durchgeführt. Beim Ortstermin habe der Kläger dem Gericht erklärt, wo sich die abgebrannte Scheune genau befunden habe. Das Gericht habe aufgrund dieser Angaben eine eigene Einschätzung zum Blickwinkel der Zeugin treffen und erkennen können, dass diese das Beklagtenfahrzeug bei halb geöffnetem Rolltor wegen des steilen Winkels vom Fenster im Obergeschoss nicht habe sehen können.

Das Landgericht sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Scheune zum Brandzeitpunkt dunkel und mit mehreren Gegenständen gefüllt gewesen sei. Unstreitig sei das Rolltor der Scheune zur Hälfte geschlossen gewesen, sodass Tageslicht kaum habe einfallen können. Licht sei in der Scheune auch nicht eingeschaltet gewesen. Ebenso unstreitig habe diese zum Brandzeitpunkt auch als Lagerraum gedient. Das Landgericht habe auch zutreffend festgestellt, dass ein Brand Stress auslöse und die Zeugin zusätzlich mit der Rettung von Tieren beschäftigt gewesen sei. Ferner habe es auch zu Recht die mangelnde Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin mit einem Verweis auf die wortgleichen Übereinstimmungen mit ihren Angaben gegenüber der Polizei begründet. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass Inhalte der Ermittlungsakte nicht verwertet werden dürften, weil diese nicht durch Beschluss beigezogen worden seien. Dies stelle ein unzulässiges venire contra factum proprium dar. Bei einer erneuten Beweisaufnahme würde die Ermittlungsakte durch Beschluss beigezogen werden. Das Ergebnis dieser Beweisaufnahme würde sich damit nicht ändern. Darüber hinaus beruhe das Urteil nicht auf der Verwertung der Ermittlungsakte. Denn auch so sei die Klage abweisungsreif, weil sich aus den Angaben der Zeugin nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen lasse, dass der Brand tatsächlich vom Quad des Beklagten zu 1. ausgegangen sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf deren Berufungserwiderung verwiesen.

Der Senat hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stendal (Geschäfts-​Nr.: 417 UJs 212/14) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Ferner hat der Senat in der mündlichen Verhandlung am 24. November 2015 Videosequenzen und Fotos auf den beiden CDs in der Ermittlungsakte (Hülle Bl. 68 d. A.) auszugsweise in Augenschein genommen.

Schließlich hat der Senat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin F.. Insoweit wird auf das Protokoll vom 24. November 2015 (Bl. 173 ff. d. A.) Bezug genommen.





II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Denn das angefochtene Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1 1. Alt., 546 ZPO).

Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landgerichts, dass die Feststellungsklage zulässig ist. Insbesondere ist das besondere Feststellungsinteresse i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO gegeben. Zwar fehlt dieses in der Regel, wenn dasselbe Ziel auch mit einer Leistungsklage erreicht werden kann, allerdings besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt (z. B. BGH, NJW 2006, 2548). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf. Diese Erwartung hat die Rechtsprechung bei großen Versicherungsunternehmen für begründet erachtet (z. B. BGH, NJW-​RR 2005, 619).

Die Beklagte zu 2. ist ein Versicherungsunternehmen und die Parteien streiten im Wesentlichen um zwei Fragen. Zum einen, ob § 7 Abs. 1 StVG bei einem Fahrzeugbrand eines bereits seit vier Tagen abgestellten Quads überhaupt anwendbar ist. Zum anderen, ob hier bewiesen ist, dass das Quad des Beklagten zu 1. den Brand ausgelöst hat. Es ist sinnvoll, diese Fragen im Rahmen einer Feststellungsklage zu klären.

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG zu. Diese haften als Gesamtschuldner (§ 115 Abs. 1 Satz 4 VVG).

Die Scheune ist beim Betrieb des Quads des Beklagten zu 1. beschädigt worden. Dass diese im Eigentum des Klägers stand, folgt aus dem von diesem vorgelegten Grundbuchauszügen bzw. der Liegenschaftskarte und wird von den Beklagten im Berufungsrechtszug nicht mehr in Abrede gestellt.

Es ist auch nicht erheblich, dass das Quad des Beklagten zu 1. schon vier Tage vor dem Brand in der Scheune abgestellt worden war. Denn nach der Rechtsprechung ist das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ i. S. d. § 7 Abs. 1 StVG entsprechend des umfassenden Schutzzweckes der Norm weit auszulegen. Es umfasst grundsätzlich alle durch den Verkehr von Kraftfahrzeugen beeinflussten Schadensabläufe. Dabei ist ausreichend, dass sich eine vom Fahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt und das Schadensereignis mitgeprägt hat (z. B. BGHZ 199, 377). Der Schaden muss sich lediglich in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges ereignet haben.

Dies war hier der Fall. Zwar hatte die Transport- und Fortbewegungsfunktion des Quads des Beklagten zu 1. keine Bedeutung mehr. Auch ein thermischer Zusammenhang mit dem betriebswarmen Motor ist wegen des Zeitraums zwischen dem Abstellen und der Entstehung des Brandes auszuschließen. Ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem durch das Quad verursachten Schaden und dessen Betrieb ist allerdings gleichwohl gegeben. Denn die Rechtsprechung hat das Erfordernis eines Zusammenhangs mit einem Betriebsvorgang gelockert und schon den bloßen Zusammenhang mit den in dem Fahrzeug verbauten oder befindlichen Materialien für ausreichend erachtet (z. B. BGHZ 199, 377). Ferner steht danach eine Entfernung des Fahrzeugs aus dem öffentlichen Verkehrsraum einer Haftung aus der Betriebsgefahr nicht mehr entgegen (z. B. BGH, a. a. O.), sodass in einem Sachzusammenhang wie vorliegend nur noch ein Fremdverschulden (z. B. eine Brandstiftung) einen Haftung aus § 7 StVG ausschließt. Dafür bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte.

Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht vielmehr fest, dass der Brand vom Quad des Beklagten zu 1. ausgegangen ist.

Zwar ist das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellungen des ersten Rechtszugs gebunden, allerdings gilt diese Bindung dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte für fehler- oder lückenhafte Feststellungen bestehen und dadurch Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen begründet sind. Davon war im vorliegenden Fall auszugehen. Denn es bestand eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei Wiederholung der Beweisaufnahme die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (z. B. BGH, NJW 2004, 2825).

Das Landgericht hat die Angaben der Zeugin u. a. deswegen als unglaubhaft angesehen, weil diese wie auswendig gewirkt und in großen Teilen Übereinstimmungen mit der Aussage gegenüber der Polizei aufgewiesen hätten. Diese Annahme rechtfertigt allerdings die vorgenommene Würdigung nicht. Denn die Aussage der Zeugin gegenüber der Polizei befindet sich in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stendal (Geschäfts-​Nr.: 417 UJs 212/14) und hätte nur verwertet werden dürfen, wenn diese beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden wäre (z. B. BGH, NJW 2004, 1324). Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Weder im Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015, noch im Tatbestand des angefochtenen Urteils findet sich hierzu ein Hinweis. Das Landgericht durfte auch nicht davon ausgehen, dass für alle Beteiligten erkennbar war, dass es die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Stendal bei seiner Entscheidung berücksichtigen werde. Denn Vorhalte oder die Verwertung sonstiger Angaben hieraus lassen sich ebenfalls nicht feststellen.

Die Beweiswürdigung ist aber auch im Übrigen nicht überzeugend. So ist es eher fernliegend, dass die zur Zeit ihrer Vernehmung gerade mal 16 Jahre alte Zeugin keine Erinnerung mehr an ein Brandgeschehen hat, welches sich nur knapp zwei Jahre zuvor ereignet hatte. Dies gilt hier umso mehr, als dabei auch deren Ponys verendet sind.

Darüber hinaus ist das Landgericht aber auch von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen, soweit es festgestellt hat, dass die Zeugin die Scheune unter anderem deswegen nicht einsehen konnte, weil es darin dunkel war. Auf den vom Senat in Augenschein genommenen Videosequenzen und Fotos auf den beiden CDs der Ermittlungsakte ist zweifelsfrei zu erkennen, dass zur Brandzeit am Brandort sonniges Wetter herrschte. Auf den von der Zeugin vor dem Brand gemachten Fotos ist darüber hinaus deutlich zu erkennen, dass im hinteren Teil der Scheune ein großes Fenster eingebaut war. Zusätzlich waren auch über dem Rolltor noch zwei große Fenster eingebaut. In der Scheune kann es daher nicht dunkel gewesen sein, wie auch auf den Videosequenzen aus dem Inneren der Scheune gut zu erkennen ist.

Auch die Feststellung des Landgerichts, dass die Aussage der Zeugin in großen Teilen im Wortlaut Übereinstimmungen mit ihrer Aussage gegenüber der Polizei aufgewiesen habe und deshalb unglaubhaft sei, ist nicht haltbar, wie sich bereits aus dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll vom 9. Juli 2013 ergibt. Denn in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht hat die Zeugin einen anderen Ablauf geschildert, wonach sie zunächst in das erste Obergeschoss gegangen und von dort aus dem Fenster gesehen hatte. Diesen Widerspruch hat das Landgericht nicht aufgeklärt.

Schon vor diesem Hintergrund war eine erneute Vernehmung der Zeugin notwendig und geboten. In ihrer Vernehmung vor dem Senat hat diese den vom Kläger behaupteten Brandhergang vollumfänglich bestätigt. Sie hat nachvollziehbar dargelegt, dass sie nicht gleich nach dem „blechernen Knallen“ nach draußen gelaufen war - wie es in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 9. Juli 2013 aufgenommen wurde - sondern zunächst von ihrem Zimmer im Erdgeschoss des Hauses in den ersten Stock in das Schlafzimmer ihrer Eltern gelaufen sei, um von dort nach draußen zu sehen, weil sie zunächst Einbrecher im Haus vermutet hatte. Von dort aus habe sie dann aus dem Fenster durch das geöffnete Rolltor in die Scheune sehen können. Dort habe sie gesehen, dass das Quad des Beklagten zu 1. gebrannt habe. Dies konnte die Zeugin auch eindeutig zuordnen, weil es als einziges Tarnfarbe hatte. Darüber hinaus hätten die anderen Quads weiter hinten in der Scheune gestanden. Sie sei dann auf dem Hof hinausgelaufen und habe zuerst das Hoftor aufgemacht, um einen Zugang zu ermöglichen. Von dort habe sie dann erneut das brennende Quad des Beklagten zu 1. gesehen und es sei auch das einzige gewesen, welches gebrannt habe.

Diese Aussage ist glaubhaft. Auch der Sachverständige des Landeskriminalamtes hat festgestellt, dass die Aussage der Zeugin nicht im Widerspruch zu dem Brandschadensbild stehe und keine Hinweise über weitere Brandursachen gefunden worden seien. Der Senat hat auch aufgrund der auf den von ihm in Augenschein genommenen Videosequenzen und Fotos aus den beides CD`s der Ermittlungsakte und der darauf erkennbaren räumlichen Verhältnisse und Lichtverhältnisse keinen Zweifel daran, dass die Zeugin vom Fenster des Schlafzimmers aus zumindest den vorderen Teil der Scheune einsehen und das brennende Quad des Beklagten zu 1. erkennen konnte. Eine abweichende Wertung hierzu ist nicht angezeigt, zumal die anderen Quads zum Brandzeitpunkt im hinteren Teil der Scheune gestanden haben und darüber hinaus andersfarbig waren.



Die Zeugin war auch glaubwürdig. Anhaltspunkte dafür, dass diese ihren Vater begünstigen wollte, lassen sich weder ihrer Aussage, noch ihrem Aussageverhalten oder sonstigen Umständen ableiten. Sie war erkennbar darum bemüht, nur die Angaben zu machen, an die sie sich konkret erinnern konnte und hat auch darauf hingewiesen, wenn sie sich dabei nicht mehr ganz sicher war. Auch der persönliche Eindruck der Zeugin gibt keinen Anlass dafür, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auch einen Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro. Bei einem Verkehrsunfall sind vorgerichtliche Anwaltskosten grundsätzlich nach § 249 Abs. 1 BGB erstattungsfähig (z. B. OLG Karlsruhe, DAR 2015, 646). Besteht der Schaden - wie hier - in der Belastung mit einer Verbindlichkeit, so geht der Ersatzanspruch des Geschädigten nach § 249 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich nicht auf Zahlung sondern auf Befreiung von der Verbindlichkeit. Nach § 250 Satz 2 BGB geht der Freistellungsanspruch jedoch in einen Geldanspruch über, wenn der Geschädigte erfolglos eine Frist zur Herstellung (Freistellungserklärung bzw. Übernahme der Verbindlichkeit) mit Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Ebenso wie beim Verzug sind Fristsetzung und Ablehnungsandrohung entbehrlich, wenn der Schuldner die Herstellung oder überhaupt jede Schadensersatzleistung ernsthaft und endgültig abgelehnt hat (z. B. BGH, NJW-​RR 1987, 43). In diesem Fall wandelt sich der Befreiungsanspruch in dem Zeitpunkt in eine Geldforderung um, in welchem der Berechtigte Geldersatz fordert (z. B. BGH, a. a. O.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zu 2. nicht nur das Anerkenntnis ihrer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach abgelehnt sondern darüber hinaus auch die Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung verweigert. Auch während des Rechtsstreits haben sich die Beklagten stets auf dem Standpunkt gestellt, der Klageanspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht. Das genügt für die Annahme einer ernsthaften und endgültigen Ablehnung der Schadensersatzforderung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 710 Nr. 10, 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

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