In Fällen der Erkrankung ist das Ausbleiben des Betroffenen nicht erst dann entschuldigt, wenn er verhandlungsunfähig ist; es genügt, dass ihm infolge der Erkrankung das Erscheinen vor Gericht nicht zuzumuten ist. Eine ordnungsgemäß ausgestellte ärztliche Bescheinigung hat, selbst wenn sie nur eine Arbeits- oder Terminsunfähigkeit bescheinigt, einen relativ hohen Beweiswert. Der Umstand, dass in dem Attest keine näheren Angaben über den Krankheitszustand und die Diagnose enthalten ist, und es auch nicht erkennen lässt, ob die Erkrankung einem Erscheinen in der Hauptverhandlung tatsächlich entgegensteht, erlaubt es nicht, den Einspruch zu verwerfen. |
„Der Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, kann der (vorläufige) Erfolg nicht versagt werden. Denn der Betroffene dringt mit der zulässigen Verfahrensrüge durch, das Amtsgericht habe die Voraussetzungen für die Verwerfung des Einspruchs gemäß § 74 Abs. 2 OWiG zu Unrecht bejaht. In Fällen der Erkrankung ist das Ausbleiben des Betroffenen nicht erst dann entschuldigt, wenn er verhandlungsunfähig ist; es genügt, dass ihm infolge der Erkrankung das Erscheinen vor Gericht nicht zuzumuten ist. Eine ordnungsgemäß ausgestellte ärztliche Bescheinigung hat, selbst wenn sie nur eine Arbeits- oder Terminsunfähigkeit bescheinigt, einen relativ hohen Beweiswert. Der Umstand, dass in dem Attest keine näheren Angaben über den Krankheitszustand und die Diagnose enthalten ist, und es auch nicht erkennen lässt, ob die Erkrankung einem Erscheinen in der Hauptverhandlung tatsächlich entgegensteht, erlaubt es nicht, den Einspruch zu verwerfen (vgl. KG-Beschluss vom 2. Juni 2003 - (5) 1 Ss 157/03 (33/03) -). Die Unmöglichkeit der Nachprüfung rechtfertigt nicht die Feststellung, der Betroffene sei nicht entschuldigt gewesen. Dass das Attest eines Arztes in der ... schwerer überprüfbar ist als das eines Arztes in ... darf nicht zum Nachteil des Betroffenen gewertet werden, der sich – nicht vorwerfbar – zum Zeitpunkt der mitgeteilten Erkrankung in der ... aufgehalten hat. Daher muss auch für das Attest eines ausländischen Arztes gelten, dass eine darin bescheinigte Verhinderung so lange als genügende Entschuldigung anzusehen ist, als nicht die Unglaubwürdigkeit des Attestes feststeht (vgl. KG-Beschluss vom24. Mai 2006 - (3) 1 Ss 254/05 (133/05) -). Für eine Entscheidung nach § 74 Abs. 2 OWiG bedarf es der Überzeugung des Gerichts, dass eine genügende Entschuldigung tatsächlich nicht vorlag; bloße Zweifel reichen noch nicht aus. Der bloße, wenn auch naheliegende Verdacht, der Betroffene sei nicht entschuldigt, rechtfertigt die Verwerfungsentscheidung noch nicht. Wenn demgegenüber das Gericht meint, einem Betroffenen sei trotz bescheinigter Krankheit das Erscheinen in der Hauptverhandlung zumutbar, muss es im Urteil darlegen, warum es von der Unrichtigkeit des Attestes überzeugt ist und warum es die Krankheit in ihren Auswirkungen für so unbedeutend hält, dass diese einer Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht entgegensteht (vgl. KG-Beschluss vom 23. April 2015 - (2) 161 Ss 39/ 15 (29/15) -). Daran fehlt es hier. Ferner ist der Begriff der verschuldeten Säumnis nicht nur objektiv zu bestimmen, sondern setzt auch eine Pflichtverletzung des Betroffenen in subjektiver Hinsicht voraus. Das Nichterscheinen kann einem Betroffenen nicht zum Vorwurf gereichen, wenn er im berechtigten Vertrauen auf die Richtigkeit einer ärztlichen Diagnose und gegebenenfalls ärztlichen Rates davon ausgeht, aus gesundheitlichen Gründen einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen zu können oder zu sollen, und zudem annehmen kann, das eingereichte Attest reiche aus, ihn genügend zu entschuldigen (vgl. KG-Beschluss vom 5. September 2012 - (3) 161 Ss 124/12 (93/12) -). Dass der Betroffene im vorliegenden Fall nicht darauf vertrauen durfte, durch das von ihm vorgelegte Attest vom ... 2017 ausreichend entschuldigt zu sein, lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht feststellen, denn diese sind insoweit lückenhaft. |