1. |
Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich in der Regel bei bestehenden Unklarheiten ein Erstgericht von Amts wegen zur Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachten gedrängt sehen (Senat NJW-Spezial 2016, 459; Urt. v. 30.06.2017 - 10 U 3545/14 [BeckRS 2017, 115492]; BGH NJW-RR 2011, 428; NZV 2000, 504; Senat, Urt. v. 14.03.2014 - 10 U 2996/13 [BeckRS 2014, 06114]). Allerdings kann in Einzelfällen der Sachverständigenbeweis ein ungeeignetes Beweismittel darstellen, wenn er die gewünschte Aufklärung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt liefern kann (BGH NJW-RR 2008, 1380; NStZ 2009, 48, dagegen umgekehrt: BGH NStZ 1995, 97).
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2. |
Nach der Rechtsprechung hat der Linksabbieger, wenn er seiner Wartepflicht nicht genügt und es deshalb zu einem Unfall kommt, in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften, weil an eine Verletzung des Vorfahrtrechts des geradeaus Fahrenden durch den Linksabbieger ein schwerer Schuldvorwurf anknüpft, wobei für das Verschulden des Abbiegenden der Anscheinsbeweis spricht (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007 - VI ZR 58/06 = VersR 2005, 702 f. m.w.N.).
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3. |
Der Anscheinsbeweis ist als Element der Beweiswürdigung von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. etwa Senat, Urt. v. 14.02.2014 - 10 U 2815/13 [juris]; v. 14.03.2014 - 10 U 4774/13 [juris]; v. 25.04.2014 - 10 U 1886/13 [juris]), und nicht von einer Geltendmachung durch den Beweispflichtigen abhängig, wirkt allerdings nur bei „typischen Geschehensabläufen“ (BGH NZV 1996, 277; NJW 2001, 1140; Senat, Urt. v. 22.02.2008 - 10 U 4455/07 [juris]), also wenn sich unter Prüfung und Bewertung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat (BGH VersR 2007, 557; VersR 2011, 234).
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