Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Verwaltungsgerichtshof München Beschluss vom 01.02.2019 - 11 C 18.1631 - Zulassung zur Fahrerlaubnisprüfung auf Grund einer Duldungsbescheinigung

VGH München v. 01.02.2019: PKH für eine beabsichtigte Untätigkeitsklage und Zulassung zur Fahrerlaubnisprüfung auf Grund einer Duldungsbescheinigung


Der Verwaltungsgerichtshof München (Beschluss vom 01.02.2019 - 11 C 18.1631) hat entschieden:

  1.  Die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe notwendigen hinreichenden Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn ein Prozesserfolg mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, d.h. wenn bei summarischer Überprüfung ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Entscheidung von einer ungeklärten schwierigen Rechts- oder Tatsachenfrage abhängt.

  2.  Normzweck des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 FeV ist es, die Identifikation des Fahrerlaubnisbewerbers und das Erreichen des Mindestalters sicherzustellen sowie die Feststellung fahreignungsrelevanter Tatsachen in den maßgeblichen Registern zu ermöglichen. Deshalb erfüllt ein amtlicher, d.h. von einer Behörde herrührender Nachweis, wie eine Aufenthaltsgestattung gemäß § 64 AsylG, ungeachtet des Vermerks, die Angaben zur Person beruhten auf den eigenen Angaben des Inhabers, diesen Zweck, sofern keine konkreten Zweifel an den Angaben bestehen und insbesondere das Erreichen des Mindestalters nicht zweifelhaft ist


Siehe auch
Mindestalter
und
Stichwörter zum Thema Fahrerlaubnis und Führerschein


Gründe:


I.

Der nach seinen Angaben 1987 im Irak geborene Antragsteller, der seit dem Jahr 2000 in Deutschland lebt und eine Duldungsbescheinigung innehat, mit der er nicht seiner Ausweis- oder Passpflicht genügt, wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Untätigkeitsklage.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 22. August 2017 beantragte der Antragsteller unter Verweis auf neuere obergerichtliche Rechtsprechung die Zulassung zur Führerscheinprüfung. Dies habe die Antragsgegnerin bei einer Vorsprache des Antragstellers am 8. August 2017 mit der Begründung abgelehnt, seine Identität sei durch eine Duldungsbescheinigung nicht ausreichend nachgewiesen.




Daraufhin teilte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23. August 2017 unter Hinweis auf den ausländerrechtlichen Status des Antragstellers mit, dass eine Zulassung zur Führerscheinprüfung auch im Falle einer Antragstellung nicht in Betracht komme. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 8. September 2016 u.a. auf § 64 AsylG abgestellt, wonach ein Ausländer für die Dauer des Asylverfahrens seiner Ausweispflicht mit der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung genüge. Nachdem das Asylverfahren des Antragstellers negativ abgeschlossen sei, unterliege er jedoch nach § 3 AufenthG uneingeschränkt der Passpflicht. In diesem Fall könne eine Duldung nicht als ausreichender Identitätsnachweis im Sinne von § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV anerkannt werden.

Daraufhin ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Ansbach einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ggf. unter Auferlegung einer Ratenzahlung, für eine beabsichtigte Klage auf Zulassung zur Führerscheinprüfung stellen. Er sei irakischer Staatsangehöriger, halte sich seit 17 Jahren im Bundesgebiet auf und sei seit mehr als zehn Jahren im Besitz einer Duldung. Mit der Begründung der Antragsgegnerin könne die beantragte Fahrerlaubnis nicht versagt werden. Die Unterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV dienten dem Nachweis des Mindestalters. Dieser Nachweis werde durch Vorlage der Duldung erbracht. Auch die Antragsgegnerin habe wohl keinen Zweifel daran, dass der Antragsteller älter als 18 Jahre sei. Das Verwaltungsverfahren diene nicht dem Ziel, weitere Anforderungen an den Identitätsnachweis zu stellen. Aufgrund des ablehnenden Schreibens vom 23. August 2017 sei Klage geboten gewesen. Aus welchem Grund die Antragsgegnerin nochmals darauf hinweise, dass auch im Falle einer Antragstellung der Antrag abgelehnt werde, erschließe sich nicht. Vielmehr liege ein ordnungsgemäßer Antrag vor und die Antragsgegnerin habe darauf hingewiesen, dass eine weitere Antragstellung aussichtslos sei und abgelehnt würde.

Mit Beschluss vom 4. Juli 2018 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab. Dem Antragsteller fehle die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, da er noch keinen formgerechten Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis im Sinne von § 21 FeV gestellt und weder die notwendigen Angaben gemacht noch die notwendigen Unterlagen vorgelegt habe. Es könne daher nicht erwartet werden, dass die Antragsgegnerin eine rechtsmittelfähige Entscheidung treffe. Es sei völlig unklar, welche Fahrerlaubnis der Antragsteller begehre. Er habe keinen Sehtest nachgewiesen und kein Lichtbild vorgelegt. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 3 FeV vorlägen. Der Antragsgegnerin sei es daher nicht möglich, das Verfahren nach § 22 ff. FeV durchzuführen. Im Übrigen habe der Antragsteller auch dem Gericht gegenüber nicht die für die Erteilung einer Fahrerlaubnis notwendigen Angaben gemacht. Hinsichtlich der Frage, ob eine Duldungsbescheinigung ein ausreichender Nachweis gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV sei, fehle dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis. Es sei nicht ersichtlich, dass eine reine Vorfrage quasi im Wege eines Rechtsgutachtens vorab geklärt werden müsse. Vielmehr wäre diese nach § 44a VwGO im Rahmen einer möglicherweise angegriffenen Sachentscheidung der Antragsgegnerin zu bewerten.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 24. Juli 2018 mit der Begründung, die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags aus formaljuristischen Gründen sei nicht hinnehmbar. Auch könne nicht hingenommen werden, dass eine Behörde einen Bürger bei einer Vorsprache nicht darauf hinweise, dass ein formeller schriftlicher Antrag zu stellen sei. Außerdem entfalle das Erfordernis einer formalistischen Antragstellung, wenn der Bürger abgewiesen und noch darauf hingewiesen werde, dass sein Antrag nicht aufgenommen werde. Am 23. Juli 2018 habe der Antragsteller mit einer Zeugin nochmals bei der Antragsgegnerin vorgesprochen, seine Duldung, eine Teilnahmebescheinigung an einer Schulung in Erster Hilfe und die Bescheinigung über einen Sehtest vorgelegt sowie eine Fahrschule benannt. Er sei wiederum abgewiesen worden, ohne dass ein entsprechender Antrag aufgenommen oder ihm erklärt worden wäre, dass noch weitere Unterlagen fehlten. In Fällen, in denen eindeutig sei, dass die Verwaltung das Antragsbegehren ablehnen werde, könne auch vor Ablauf der Dreimonatsfrist Klage erhoben werden.




Mit Schreiben vom 7. August 2018 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten bei der Antragsgegnerin einen schriftlichen Antrag auf „Zulassung zur Führerscheinprüfung der Klasse B“ mit Unterlagen über die Teilnahme an einer Schulung in Erster Hilfe und über einen Sehtest sowie mit einem Lichtbild und einer aktuellen Duldungsbescheinigung stellen.

Mit Antwortschreiben vom 4. September 2018 teilte die Antragsgegnerin mit, der Antragsteller sei lediglich im Besitz einer bis 8. Januar 2019 befristeten Duldungsbescheinigung. Nach Rücksprache mit der Ausländerbehörde seien die Zweifel an seiner Identität nicht ausgeräumt, da er auch dort keine zur Klärung geeigneten Dokumente vorgelegt habe. Aufgrund dieser Umstände sei sein Antrag bisher nicht angenommen worden. Ein rechtsmittelfähiger Bescheid über die Ablehnung des Antrags könne erst erlassen werden, wenn ein Antrag gestellt sei. Da dieser unter den gegebenen Voraussetzungen aller Voraussicht nach abgelehnt werde, könne dies aber nicht empfohlen werden. Für den Fall, dass auf der Antragstellung bestanden werde, werde darauf hingewiesen, dass die Gebühr hierfür 200,- EUR betrage und im Fall der Ablehnung nochmals 148,70 EUR zur Zahlung fällig würden. Mit Schreiben vom 20. November 2018 korrigierte die Antragsgegnerin ihre Angabe zur Höhe der Gebühr für die Antragstellung dahingehend, dass diese 44,- EUR betrage, und verwies abermals darauf, dass ein Antrag wegen ungeklärter Identität kostenpflichtig abgelehnt werde.

Mit Schreiben vom 4. September 2018 beantragt sie unter Bezugnahme auf die Akten, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Behördenakten Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Untätigkeitsklage weiterverfolgt, ist begründet. Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe unter Anordnung einer Ratenzahlung und unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen.

Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn ein Prozesserfolg mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, d.h. wenn bei summarischer Überprüfung ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich ist wie ein Unterliegen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 166 Rn. 26). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Entscheidung von einer ungeklärten schwierigen Rechts- oder Tatsachenfrage abhängt (BVerfG, B.v. 18.9.2017 – 2 BvR 451/17 – NVwZ 2018, 319 = juris Rn. 11). Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht grundsätzlich die Bewilligungsreife, d.h. der Zeitpunkt nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen und einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 19 C 18.54 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 11.1.2016 – 10 C 15.724 – juris Rn. 14 m.w.N.; BVerwG, B.v. 12.9.2007 – 10 C 39.07 u.a. – juris Rn. 1; BVerfG, B.v. 5.12.2018 – 2 BvR 2257/17 – juris Rn. 15); ausnahmsweise jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, hier des Beschwerdegerichts, wenn sich im Laufe des Verfahrens die Sach- und Rechtslage zugunsten des Antragstellers geändert hat (BayVGH, B.v. 26.11.2018, a.a.O.; B.v. 5.10.2018 – 10 C 17.322 – juris Rn. 6; B.v. 21.12.2009 – 19 C 09.2958 – juris Rn. 3 ff., jeweils m.w.N.). Denn für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage und damit auch für den Beurteilungszeitpunkt kommt es allein auf das materielle Recht an. Zudem wäre es mit dem Sinn der Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vereinbar, unter Berufung auf das Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten in der Vergangenheit die Beschwerde zurückzuweisen und einen Antragsteller darauf zu verweisen, wegen einer aufgrund einer Änderung der Sach- und Rechtslage mittlerweile positiven Beurteilung der Erfolgsaussichten einen erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen (BayVGH, B.v. 26.11.2018, a.a.O.; B.v. 5.10.2018, a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 166 Rn. 14a).

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt. Der Antragsteller hat nachgewiesen, dass er die Verfahrenskosten nur in Form von Raten aufbringen kann (§ 115 Abs. 2, § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens konnten die geltend gemachten, aber nicht nachgewiesenen Ausgaben für seinen Sohn, die über den regelmäßig gezahlten monatlichen Kindesunterhalt von 200,- EUR hinausgehen, nicht berücksichtigt werden.

Die beabsichtigte Klage bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Dahinstehen kann, ob dies bereits im Zeitpunkt der Bewilligungsreife der Fall war, da – wie das Verwaltungsgericht annahm – der Fahrerlaubnisbehörde weder ein schriftlicher Antrag noch die nach § 21 Abs. 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-​Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), erforderlichen Unterlagen noch sonst erforderliche Angaben vorlagen. Gegen diese Rechtsauffassung spricht zwar nicht, dass die hier statthafte allgemeine Leistungsklage anders als die Verpflichtungsklage grundsätzlich kein prozessuales Antragserfordernis kennt (Happ in Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 68; BVerwG, B.v. 23.6.2009 – 2 B 66.08 – juris Rn. 4). Mit der beantragten Zulassung zur Führerscheinprüfung begehrt der Antragsteller, der noch keine Prüfung nach § 15 FeV abgelegt hat, der Sache nach die Erteilung eines Prüfauftrags an die zuständige Technische Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 FeV und die Übersendung des bereits vorbereiteten Führerscheins zwecks Aushändigung (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.1009 – 11 C 08.2018 – juris Rn. 13, 27; Trésoret in Freymann/Wellner, jurisPK-​Straßenverkehrsrecht, Stand 10.1.2019, § 15 FeV Rn. 74). Dabei handelt es sich mangels unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) um ein sonstiges Verwaltungshandeln, das mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist. Da jedoch ein schriftlicher Antrag mit bestimmten Nachweisen und Unterlagen nach materiellem Recht (§ 21 Abs. 1, 3, Abs. 3 FeV) vorausgesetzt wird, könnte ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage vor Antragstellung durchaus zweifelhaft sein. Davon kann allerdings dann nicht ausgegangen werden, wenn wie hier eine Behörde die Entgegennahme eines in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Antrags verweigert, weil sie ihn für unzulässig hält. Nach Art. 24 Abs. 3 BayVwVfG darf sie erst nach Entgegennahme entscheiden, ob der ggf. auszulegende Antrag unzulässig oder unbegründet ist (vgl. Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 68). In jedem Fall besteht eine Pflicht zur Bescheidung (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. § 22 Rn. 23). Nachdem vorliegend der schriftliche Antrag einschließlich der erforderlichen Unterlagen mit anwaltlichem Schreiben vom 7. August 2018 gestellt worden ist und die Antragsgegnerin eine Antragsaufnahme anlässlich der persönlichen Vorsprache des Antragstellers am 23. Juli 2018 wiederholt verweigert hatte, ist jedenfalls die sich hieraus ergebende Änderung der Sachlage zugunsten des Antragstellers nach den oben dargelegten Grundsätzen bei der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zu berücksichtigen. Dabei ist es im Hinblick auf die Weigerung der Antragsgegnerin, sich mit dem Antrag des Antragstellers zu befassen, unschädlich, wenn jener nicht sämtliche etwa erforderlichen Einzelheiten enthalten sollte, die ggf. nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG noch ergänzend abgefragt werden können.


Auch eine Klagebefugnis ist dem Antragsteller nicht abzusprechen. In analoger Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO ist die allgemeine Leistungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung des begehrten Verwaltungshandelns in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint, wobei es ausreicht, dass ein solcher Anspruch auf der Grundlage des Klagevorbringens nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 15; B.v. 18.12.2014 – 4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 14). Aus dem – bei Vorliegen der festgelegten Voraussetzungen – zwingenden Erteilungsanspruch nach § 2 Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Dezember 2018 (BGBl I S. 2251), dem in §§ 21 f. FeV normierten Verfahren und § 22 Abs. 4 Satz 1 FeV folgt, dass die Fahrerlaubnisbehörde den Bewerber zur Prüfung zuzulassen hat, wenn nur noch die Prüfungen abzulegen und die übrigen Erteilungsvoraussetzungen (§ 2 Abs. 2 StVG, §§ 7 bis 19 FeV) gegeben sind. Ein derartiger Zulassungsanspruch erscheint auf der Grundlage des Vorbringens des Antragstellers nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen.

Schließlich steht auch § 44a VwGO der Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage nicht entgegen (im Ergebnis ebenso BayVGH, B.v. 5.11.2009 – 11 C 08.3165 – juris; B.v. 17.10.2006 – 11 CE 06.974 – juris). Nach dem in §§ 21 f. FeV geregelten Verfahren zum Erwerb der Fahrerlaubnis erfolgen sämtliche von Seiten der Fahrerlaubnisbehörde durchzuführenden Verfahrenshandlungen regelmäßig vor Erteilung des Prüfauftrags. Bei Bestehen der theoretischen und praktischen Fahrprüfung, die außerhalb ihres Bereichs und ohne ihre Mitwirkung durchgeführt wird, händigt der Prüfer den Führerschein mit dem Prüfdatum versehen aus (§ 22 Abs. 4 Satz 3 FeV), womit die Fahrerlaubnis erteilt ist (§ 11 Abs. 4 Satz 7 FeV). In diesem zweigeteilten Verfahren kann daher die Erteilung des das Verwaltungsverfahren bei der Fahrerlaubnisbehörde abschließenden Prüfauftrags als abschließende Sachentscheidung im Sinne des § 44a VwGO angesehen werden (zu den vollstreckungsrechtlichen Problemen einer Verpflichtungsklage gerichtet auf die Erteilung einer Fahrerlaubnis unter Vorbehalt vgl. Trésoret, a.a.O. § 15 FeV Rn. 74 f.).

Hinsichtlich des vom Antragsteller angestrebten Verwaltungsverfahrens ist zwischen den Beteiligten derzeit lediglich streitig, ob die Duldungsbescheinigung des Antragstellers als geeigneter Nachweis im Sinne von § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV überhaupt in Betracht kommt. Der Rechtsansicht der Antragsgegnerin, dass die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 8.9.2016 – 3 C 16.15 – BVerwGE 156, 111 = juris) insofern nicht einschlägig sei, kann nicht gefolgt werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist in dieser Entscheidung ausgehend vom Normzweck des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 FeV, die Identifikation des Fahrerlaubnisbewerbers und das Erreichen des Mindestalters sicherzustellen sowie die Feststellung fahreignungsrelevanter Tatsachen in den maßgeblichen Registern zu ermöglichen, zu dem Schluss gekommen, dass ein amtlicher, d.h. von einer Behörde herrührender Nachweis, wie eine Aufenthaltsgestattung gemäß § 64 AsylG, ungeachtet des Vermerks, die Angaben zur Person beruhten auf den eigenen Angaben des Inhabers, diesen Zweck erfüllen kann, sofern keine konkreten Zweifel an den Angaben bestehen und insbesondere das Erreichen des Mindestalters nicht zweifelhaft ist (a.a.O. Rn. 14 ff.). Aus diesen allgemeinen Maßgaben und dem Verweis auf weitere Rechtsprechung und einen Ministerialerlass, wonach auch ein Reiseausweis für Flüchtlinge, eine Duldungsbescheinigung oder die ausländerrechtliche Aktenlage als ausreichender Nachweis gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 FeV anzusehen ist (a.a.O Rn. 20), ergibt sich, dass es die Reichweite seiner Entscheidung nicht auf den Einzelfall einer Aufenthaltsgestattung beschränkt, sondern auf vergleichbare Dokumente, wie die hier vorliegende Duldungsbescheinigung, übertragbar verstanden hat (vgl. Trésoret, a.a.O. § 21 FeV Rn. 90, 93). Die Frage, ob der Ausländer gemäß § 3 Abs. 1 AufenthG der Passpflicht unterliegt oder ob er dieser, etwa durch eine Duldungsbescheinigung im Sinne des § 48 Abs. 2 AufenthG, genügt, hat für die Entscheidung ersichtlich keine Rolle gespielt. Entgegenstehende frühere Rechtsprechung (wie etwa BayVGH, B.v. 26.2.2002 – 11 CE 02.225) ist durch die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts überholt (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht. 45. Aufl. 2019, § 21 FeV Rn. 12).



Ob die Identität des Antragstellers nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen hinreichend nachgewiesen ist, ob insbesondere ein verlässlicher Abgleich mit den für die Fahrerlaubniserteilung relevanten Registern möglich ist (vgl. Dauer, a.a.O.; BVerwG, U.v. 8.9.2016 a.a.O. Rn. 16, 23 ff.; OVG NW, B.v. 5.6.2014 – 16 A 1851/11 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 5.11.2009, a.a.O. Rn. 33 ff.), ist offen und wird im Klageverfahren zu klären sein. Zweifel am Erreichen des Mindestalters können aufgrund der Aufenthaltsdauer des Antragstellers im Inland nicht bestehen.

Da es in dem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende tatsächliche und rechtliche Fragen geht, ist dem Antragsteller gemäß § 121 Abs. 2 ZPO sein Bevollmächtigter beizuordnen.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Nachdem der Beschwerde stattgegeben wurde, ist das Verfahren nach Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4, § 127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

- nach oben -



Datenschutz    Impressum