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Verwaltungsgericht Lüneburg Urteil vom 12.06.2019 - 1 B 16/19 - Fahrtenbuch und Sofortvollzug

VG Lüneburg v. 12.06.2019: Sofortvollzugs einer Fahrtenbuchauflage - Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage


Das Verwaltungsgericht Lüneburg (Urteil vom 12.06.2019 - 1 B 16/19) hat entschieden:

   Bei einer Fahrtenbuch-Auflage ist regelmäßig ein besonderes Vollzugsinteresse gegeben. Es ist in dem vorrangigen öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs zu sehen. Denn eine Fahrtenbuchauflage ermöglicht nicht nur die nachträgliche Feststellung des Fahrzeugführers bei Verkehrsverstößen, sondern beugt solchen auch vor, weil jeder Fahrer des betreffenden Kraftfahrzeugs damit rechnen muss, im Falle einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an Hand des Fahrtenbuchs identifiziert zu werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.4.2009 - 10 S 584/09 -, juris Rn. 7).



Siehe auch
Fahrtenbuch-Auflage / Sofortvollzug und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage<
und
Stichwörter zum Thema Fahrtenbuch


Gründe:


I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. März 2019, mit dem ihm auferlegt worden ist, ein Fahrtenbuch für die Dauer von neun Monaten zu führen.

Mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen C., dessen Halter der Antragsteller ist, wurde am 9. Oktober 2018 um 11:56 Uhr in D. (Gemeinde E., Landkreis F.) die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft in unmittelbarer Nähe des örtlichen Kindergartens um 37 km/h überschritten. Zulässige Geschwindigkeit war 50 km/h, festgestellte Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) 87 km/h.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 übersandte der Landkreis F. dem Antragsteller einen Anhörungsbogen im Bußgeldverfahren, verbunden mit den Hinweisen, dass er - der Antragsteller - nicht verpflichtet sei, zur Sache auszusagen, und falls ein andere Person die Ordnungswidrigkeit begangen habe, die Personalien der verantwortlichen Person mitzuteilen, wobei er hierzu aber nicht verpflichtet sei, sowie für den Fall, dass nicht festgestellt werden könne, wer das Fahrzeug geführt habe, gegen ihn - den Antragsteller - als Halter des Fahrzeuges die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt werden könne.

Da sich der Antragsteller hierauf nicht geäußert hatte, übersandte der Landkreis F. dem Antragsteller unter dem 15. November 2018 einen Zeugenfragebogen und er wies in dem Begleitschreiben darauf hin, dass aufgrund der bisherigen Feststellungen er - der Antragsteller - für den zugrunde liegenden Verstoß nicht als verantwortlicher Fahrzeugführer in Betracht komme. Zur Ermittlung der betroffenen Person werde er als Zeuge gehört und gebeten, nähere Angaben zum Fahrzeugführer zu machen. Auch hierauf reagierte der Antragsteller nicht, so dass sich der Landkreis F. mit Schreiben vom 7. Dezember 2018 an den Antragsgegner wandte, dieser möge den Fahrzeughalter (Antragsteller) nach den Personalien des Fahrzeugführers befragen.




Der Vollstreckungs dienst des Antragsgegners vermerkte, dass das Büro des Antragstellers an acht näher bezeichneten Tagen in der Zeit vom 10. Dezember 2018 bis 8. Januar 2019 nicht besetzt gewesen sei (Bl. 22 der Beiakte).

Nach Anhörung zum beabsichtigten Erlass einer Fahrtenbuchauflage mit Schreiben vom 7. Februar 2019 verfügte der Antragsgegner mit Bescheid vom 7. März 2019 gegenüber dem Antragsteller, dass für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen G. oder ein dafür beschaffte Ersatzfahrzeug ein Fahrtenbuch für die Dauer von neun Monaten zu führen sei, und ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Die Verfügung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass mit dem auf dem Namen des Antragstellers zugelassenen Fahrzeug im Oktober 2018 ein grober Verkehrsverstoß begangen worden sei. Obwohl der Landkreis F. die hier angemessenen und zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen getroffen habe, sei die Feststellung des Fahrers nicht möglich gewesen. Dabei habe er - der Antragsteller - als Halterverantwortlichen nicht mitgewirkt. So habe dieser weder den Anhörungsbogen zurückgesandt noch sachdienliche Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer gemacht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass - wie hier - ein Kaufmann im Sinne des Handelsrechts als Halter eines Fahrzeuges im Allgemeinen die Fahrten mit einem Firmenfahrzeug längerfristig dokumentiere. Hiernach habe das Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt werden müssen. Der begangene Verstoß wäre nach dem Bußgeldkatalog mit einer Geldbuße in Höhe von 160,- EUR, einem Monat Fahrverbot und zwei Punkten im Fahreignungsregister zu ahnden gewesen. Deshalb erweise sich der mit dem Fahrzeug begangene Verstoß als ausreichende Grundlage für die angeordnete Fahrtenbuchauflage. Die Anordnung für die Dauer von neun Monaten sei angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere wegen der Schwere der Anlasstat sowie der Mitwirkungsverweigerung, auch nicht unverhältnismäßig. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung verwies der Antragsgegner auf das erhebliche Gefährdungspotential des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes, so dass es im Interesse der Verkehrssicherheit nicht sachgerecht erscheine, dass Fahrtenbuch erst nach Unanfechtbarkeit des Bescheides führen zu müssen. Schließlich setzte der Antragsgegner unter Hinweis auf den für diese Amtshandlung geleisteten Verwaltungsaufwand eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 150 EUR zuzüglich Auslagen in Höhe von 2,63 EUR fest.

Dagegen hat der Antragsteller am 15. März 2019 Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er macht zur Begründung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wesentlichen geltend: Der Antragsgegner habe seine Anordnung der sofortigen Vollziehung nur formelhaft begründet. Dass die gegebene Begründung nicht zutreffend sei, zeige sich darin, dass das Fahrzeug mindestens sechs Monate ohne Fahrtenbuch beanstandungsfrei genutzt worden sei. Zudem sei nicht geklärt, ob mit dem Fahrzeug überhaupt ein Verkehrsverstoß begangen worden sei und die angeführten Feststellungen korrekt seien. So könne nicht festgestellt werden, dass das Messverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Es handele sich hier nicht um ein standardisiertes Messverfahren. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Messgerät ordnungsgemäß geeicht gewesen wäre und alle Eichmarken ordnungsgemäß vorhanden gewesen wären. Jedoch sei nicht ersichtlich, ob das Gerät entsprechend der Bedienungsanleitung eingesetzt worden sei. Das gefertigte Messfoto lasse erkennen, dass das Messgerät nicht ordnungsgemäß aufgestellt worden sei. So sei das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abgebildet und erkennbar. Weiter sei das Messprotokoll nicht verwertbar, weil die Anwendung einer konkret bezeichneten Gebrauchsanweisung und das Vorhandensein aller Sicherungsmarken erforderlich seien. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Die Behauptung, er habe an der Aufklärung nicht mitgewirkt, sei falsch. Er trage nicht die Verantwortung dafür, dass das Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingestellt worden sei. Obwohl die Verwaltungsbehörde erkannt habe, dass er nicht als Fahrzeugführer in Betracht komme, sei gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Die Gründe hierfür erschlösse sich nicht, weil der Betroffene dann von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache. Statt das Ordnungswidrigkeitenverfahren zu beenden, werde es einfach fortgesetzt und ein Zeugenfragebogen solle übersandt worden sein. Unabhängig davon, dass nicht erkennbar sei, ob der Zeugenfragebogen tatsächlich zugegangen sei, könne ein solcher erst dann übersandt werden, wenn das zuvor eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt worden sei. Hier sei das Ordnungswidrigkeitenverfahren offensichtlich erst im Januar 2019 eingestellt worden. Vor Einstellung dieses Verfahrens sei aber niemand verpflichtet, sich zur Sache zu äußern. Ihm könne daher nicht vorgeworfen werden, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit nicht mitgewirkt zu haben. Bis zu diesem Zeitpunkt habe kraft Gesetzes eine ihm obliegende Mitwirkungspflicht nicht bestanden. Daneben sei der Zeugenfragebogen nicht zeitnah versandt worden. Ferner seien die Ermittlungen der Verwaltungsbehörde nicht sachgerecht geführt worden. Es sei nicht zu erkennen, dass sein Büro an den näher bezeichneten Tagen - wie vom Verwaltungsvollstreckungsdienst behauptet - nicht besetzt gewesen sei. Dies sei sehr unwahrscheinlich. Wer ihn erreichen wolle, könne ihn auch erreichen. Bei einem erstmaligen Verstoß eine Fahrtenbuchauflage von neun Monaten zu verhängen, sei weder sachgerecht noch angemessen. Wenn überhaupt, wäre es ggf. sachgerecht gewesen, der A. GmbH die Führung eines Fahrtenbuches aufzuerlegen, weil er die Fahrzeuge an die Gesellschaft zur Nutzung im Transportgewerbe vermietet habe. Im Übrigen verpflichte das Handelsgesetzbuch niemanden, Einsatzpläne von Fahrzeugen zu führen.




Der Antragsteller beantragt,

   die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

   den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug und trägt ergänzend vor, dass entgegen der Einlassung des Antragstellers eine ordnungsgemäße Geschwindigkeitsmessung im Rahmen eines standardisierten Messverfahrens erfolgt sei. Insoweit werde auf das Fallprotokoll, das Messprotokoll, den Eichschein und die Schulungsbescheinigung des Messbeamten verwiesen.


II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. März 2019 auszulegen, soweit dieser darin das Führen eines Fahrtenbuches für die Dauer von neun Monaten anordnete. Soweit der Antragsgegner durch den angefochtenen Bescheid ferner Verwaltungskosten in Höhe von 152,63 EUR festsetzte, geht die Kammer davon aus, dass der Antragsteller nicht auch hiergegen vorläufigen Rechtsschutz begehrt, weil er zum einen Einwände gegen die Kostenfestsetzung nicht erhoben hat und zum anderen insoweit die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 80 Abs. 6 VwGO für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorlägen.

Der so verstandene Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist die sofortige Vollziehung von der Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügend angeordnet worden, so entscheidet das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage einer eigenen Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.2014 - 7 VR 5.14 -, juris Rn. 9; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.9.2014 - 8 ME 87/14 -, juris Rn. 2). Im Rahmen der Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine entscheidende Bedeutung. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber grundsätzlich auch ausreichenden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 16.8.2017 - 13 ME 173/17 -, juris Rn. 4, vgl. auch Beschl. v. 24.1.2018 - 7 ME 110/17 -, juris Rn. 28) summarischen Überprüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer Überprüfung demgegenüber als offensichtlich erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse des Adressaten des Verwaltungsaktes, von dessen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs hingegen bei der allein gebotenen summarischen Überprüfung als offen dar, so ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich, bei der in Rechnung zu stellen ist, welche Gründe bei bestehender Unsicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs für und gegen eine Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes sprechen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.5.2010 - 13 ME 181/09 -, juris Rn. 4). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die voraussichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes für sich allein nur das allgemeine Interesse an seiner Vollziehung begründet, nicht aber zugleich auch deren, für die behördliche Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche Dringlichkeit (vgl. grundlegend BVerfG, Beschl. v. 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303; Beschl. v. 18.7.1973, - 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382, 402; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10.9.2014, a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 757 f. m.w.N.).




Nach Maßgabe dessen ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegründet.

Zunächst genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen. Erforderlich für das Vorliegen einer hinreichenden schriftlichen Begründung im Sinne dieser Vorschrift ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt verschont zu werden. Dem Begründungserfordernis ist nicht erst dann Genüge getan, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung tatsächlich vorliegt; ausreichend ist vielmehr – wie bei der Begründung eines Verwaltungsaktes nach § 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG –, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilt, die sie im konkreten Einzelfall zu der Annahme des Vorliegens eines besonderen Vollzugsinteresses und damit zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Da sich diese Begründung auf das besondere öffentliche Interesse an der Vollziehung zu beziehen hat, ist eine gesonderte Darstellung der diesem Interesse entgegenstehenden Interessen des von der sofortigen Vollziehung nachteilig Betroffenen keine Voraussetzung der formalen Ordnungsmäßigkeit der Begründung. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, ob bereits die von dem Antragsgegner getroffene Entscheidung über den die sofortige Vollziehung auf einer auch inhaltlich tragfähigen, materiell ausreichenden Abwägung beruhte (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 7.3.2017 - 12 ME 12/17 -, n.v., Beschl. v. 14.1.2019 - 12 ME 170/8 -, juris Rn. 11). Die Begründung des Antragsgegners für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt diesen Anforderungen. Der Antragsgegner begründete seine Anordnung der sofortigen Vollziehung noch hinreichend, indem er auf das Gefährdungspotential des zugrunde liegenden Verstoßes verwies und (offensichtlich mit Blick auf die präventive Wirkung einer effektiven Verfolgung von Verkehrszuwiderhandlungen) es im Interesse der Verkehrssicherheit nicht sachgerecht sei, das Fahrtenbuch erst nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu führen.

Die Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung der Fahrtenbuchauflage bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers gegen die Fahrtenbuchanordnung voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil diese Verfügung rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlage für die gegenüber dem Antragsteller als Halter des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen C. verfügte Fahrtenbuchauflage ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Feststellung des Fahrzeugführers nach der Geschwindigkeitsüberschreitung vom 9. Oktober 2018 war nicht möglich.

(1) Nach der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen aber auch ausreichenden Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen entgegen dem Vorbringen des Antragstellers keine Bedenken, dass mit dem genannten Fahrzeug eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften begangen wurde.


Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung fehlerhaft waren, sind weder ersichtlich noch vom Antragsteller substantiiert dargelegt worden. Ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Unterlagen wurde die Geschwindigkeitsmessung mit einem bis zum Ende des Jahres 2018 geeichten Infrarot-​Messgerät vom Typ LEIVTEC XV3 der Firma Leivtec und von einem an diesem Gerät besonders ausgebildeten Bediensteten durchgeführt. Messergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisierten Verfahren gewonnen werden, können, wenn möglichen Fehlerquellen durch den Abzug von Messtoleranzen - wie hier - Rechnung getragen wurden, von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne Weiteres zugrunde gelegt werden. Die Eichbescheinigung einer Geschwindigkeitsmesseinrichtung sowie das bei der durchgeführten Messung erstellte Messprotokoll sind öffentliche Urkunden im Sinne des § 98 VwGO in Verbindung mit § 418 Abs. 1 ZPO, die den vollen Beweis über die Funktionsfähigkeit des Messgeräts und die Ordnungsmäßigkeit der Messung und Auswertung erbringen (vgl. hierzu: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 29.11.1999 - 12 L 4605/99 -, juris Rn. 1 m.w.N.; VG Braunschweig, Urt. v. 1.9.2005 - 6 A 98/05 -, juris Rn. 16). Dem ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr wird in dem Protokoll ausdrücklich bestätigt, dass die Aufstellung und die Anwendung des bezeichneten Gerätes der aktuellen Gebrauchsanweisung des Herstellers entsprechen, die eichamtlichen Stempel und Sicherungsmarken vor Beginn der Messung kontrolliert wurden und festgestellt wurde, dass diese unversehrt waren. Diese Feststellungen erachtet die Kammer als ausreichend. Weitere Angaben oder Feststellungen - wie nähere Angaben zur Gebrauchsanweisung des Gerätes oder die Anzahl der Sicherungsmarken am Gerät - sind nicht erforderlich. Ferner bestätigt der Eichschein, dass das Messgerät den Anforderungen des § 37 Abs. 4 des Mess- und Eichgesetzes entspricht. Es ist nicht davon auszugehen, dass das im Eichschein festgesetzte Ende der Eichfrist am 31. Dezember 2018 nach Absatz 2 der vorgenannten Vorschrift vorzeitig endete. Insoweit kann der Antragsteller nicht damit durchdringen, in dem Messprotokoll sei - neben der Feststellung, dass die am Gerät befindlichen Sicherungsmarken unverletzt waren - nicht zudem festgestellt worden, dass alle (vom Eichamt gesetzten) Sicherungsmarken noch vorhanden waren. Dass eine solche Feststellung in dem Messprotokoll nicht getroffen wurde, rechtfertigt für sich nicht den Schluss des Gegenteils. Außerdem ist für die Kammer weder ersichtlich noch vom Antragsteller ansatzweise substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass mindestens eine vom Eichamt gesetzte Sicherungsmarke im Zeitpunkt der Messung fehlte.

Ebenso wenig dringt der Antragsteller mit seinem Vortrag durch, dass das Messfoto erkennen lasse, dass das Messgerät tatsächlich nicht ordnungsgemäß aufgestellt worden sei, weil das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abgebildet und erkennbar sei. In dem Fallprotokoll (Bl. 2 der Beiakte) sind zwei Lichtbildaufnahmen im zeitlichen Abstand von der Front des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen C. deutlich erkennbar. Aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht „ordnungsgemäß“ abgebildet sein soll, führt der Antragsteller nicht näher aus und der behauptete Umstand erschließt sich der Kammer auch nicht anderweitig.

(2) Die Feststellung eines Fahrzeugführers nach der festgestellten Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften war unmöglich im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Nach dieser Vorschrift ist eine solche Feststellung unmöglich, wenn die zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Mithin hat die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu veranlassen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde können sich an dem Verhalten und den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters daran, den Fahrzeugführer zu bezeichnen, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder keine weiteren Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer macht. Darin liegt die konkludente Erklärung, sich nicht zur Sache äußern zu wollen. Der Behörde werden in diesen Fällen weitere Ermittlungsversuche, die über die Anhörung des Fahrzeughalters hinausgehen, grundsätzlich nicht abverlangt (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, juris Rn. 5, Urt. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, juris Rn. 7, Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019 - 12 ME 170/18 -, juris Rn. 16 f.; Beschl. v. 1.2.2013 - 12 LA 122/12 -, juris Rn. 7, Beschl. v. 7.6.2010 - 12 ME 44/10 -, juris Rn. 5).

Nach Maßgabe dessen war es der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO möglich, den Fahrzeugführer zu ermitteln, da sie alle nach den Umständen des Einzelfalles angemessenen und zumutbaren Maßnahmen traf, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Weitere Maßnahmen drängten sich hier nicht auf, zumal der Antragsteller als Halter des Tatfahrzeugs nicht hinreichend an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitwirkte. So hat er weder auf den Anhörungsbogen vom 15. Oktober 2018 noch auf den Zeugenfragenbogen vom 15. November 2018 Angaben zur Sache gemacht, so dass sich weitere Ermittlungsansätze hieraus nicht ergeben konnten. Der Einwand des Antragstellers, er habe deshalb auf den Zeugenfragenbogen nicht reagiert, weil das gegen ihn gerichtete Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht eingestellt worden sei, greift nicht. Denn in dem Begleitschreiben zum Zeugenfragebogen wird ausdrücklich festgestellt, dass der Antragsteller für den zugrunde liegenden Verstoß als verantwortlicher Fahrzeugführer nicht in Betracht komme und er daher als Zeuge gehört und gebeten werde, den Fahrzeugführer zu benennen.

In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, dass der Zeugenfragebogen am 15. November 2018 und damit mehr als 1 Monat nach Begehen der Ordnungswidrigkeit übersandt wurde. Zwar gehört zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend, im Regelfall innerhalb von zwei Wochen, von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris Rn. 2, Urt. v 13.10.1978 - VII C 77.74 -, juris, Rn. 18). Hier übersandte der Landkreis F. dem Antragsteller bereits unter dem 15. Oktober 2018 einen Anhörungsbogen, so dass er - der Antragsteller - rechtzeitig vom Vorfall benachrichtigt wurde.

Ohne Belang ist dabei, ob den Antragsteller ein Verschulden an der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers trifft. Dies folgt aus dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit über das Fahrtenbuch alsbald ermittelt werden kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019, a.a.O. Rn. 16 f., Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn 16 m.w.N.). Dementsprechend hängt die Beantwortung der Frage, ob die Mitwirkung eines Fahrzeughalters ausreichend war, nicht entscheidend davon ab, ob er im Bußgeldverfahren durchsetzbare Rechtspflichten, wie etwa die dort grundsätzlich bestehende Zeugnispflicht (vgl. § 46 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 161a Abs. 1 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 5 OWiG) verletzt (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019, a.a.O. Rn. 17; Beschl. v. 13.11.2017 - 12 LA 98/17 - und v. 14.7.2016 - 12 ME 109/16 ) oder ihm dies sogar „vorzuwerfen“ ist. Das kann schon daraus gefolgert werden, dass es kein „doppeltes Recht“ des Fahrzeughalters gibt, nach einem mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß zur Täterschaft (unter Berufung auf ein ihm zustehendes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht) keine Angaben zu machen, aber gleichwohl eine Fahrtenbuchanordnung abzuwehren. Vielmehr darf auch ein vollständig rechtmäßiges Verhalten des Fahrzeughalters im Bußgeldverfahren in dem diesem Verfahren nachfolgenden Verwaltungsverfahren zur Anordnung einer Fahrtenbuchführung - unter rein gefahrenabwehrrechtlichem Blickwinkel - als Obliegenheitsverletzung gewürdigt werden, welche den Umfang der Ermittlungen reduziert, die von der Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren unternommen worden sein müssen, damit im Rahmen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO davon ausgegangen werden darf, die Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen. Mithin ist eine Fahrtenbuchauflage nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Halter des Fahrzeuges, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, im Ordnungswidrigkeitenverfahren - ausdrücklich oder konkludent - von seinem Aussage- und/oder Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht (BVerwG, Beschl. v. 22.6.1995 - 11 B 7.95 -, juris Rn. 3 f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 31.10.2006 - 12 LA 463/05 -, juris Rn. 6). Mit der Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, bleibt das Recht des Betroffenen gewahrt, sich selbst oder Angehörige nicht bezichtigen zu müssen. Aus der für sich gesehen rechtmäßigen Handlungsweise des Betroffenen darf jedoch in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden, dass er auch bei künftigen Verstößen - seien sie von ihm, seien sie von anderen begangen - von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen wird. Das damit verbundene Risiko, dass derartige zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung nicht hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren, namentlich für die anderen Verkehrsteilnehmer, im allgemeinen Interesse vorzubeugen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8.6.2018 - 12 LA 74/17 -, n.v.).

(3) Der Antragsgegner erließ die angefochtene Verfügung gegen den richtigen Adressaten, weil der Antragsteller Halter des Fahrzeuges ist, mit dem der zugrunde liegende Verstoß begangen worden war. Für den Halterbegriff des § 31a StVZO gelten die zu § 7 StVG entwickelten Grundsätze. Halter des Fahrzeugs ist danach - grundsätzlich unabhängig von der Eigentümerstellung - derjenige, der das Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat (d.h. die Nutzungen aus der Verwendung zieht und die Kosten für die Unterhaltung und den laufenden Betrieb trägt) und die tatsächliche Verfügungsgewalt innehat, die ein solcher Gebrauch voraussetzt, d.h. Anlass, Zeit, Dauer und Ziel der Fahrten selbst bestimmen kann. Es kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass derjenige, auf den das Fahrzeug (als Halter) zugelassen ist, auch tatsächlich der Halter ist. Die aus der Eintragung als Halter im Fahrzeugregister folgende Indizwirkung kann nur durch plausibles und substantiiertes Vorbringen dazu, die Verfügungsbefugnis über das Kraftfahrzeug stehe tatsächlich einer anderen Person zu, entkräftet werden. Denn nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FZV ist im Zulassungsverfahren der Name des Halters bei der Zulassung anzugeben und bei einer Änderung der Angaben zum Halter ist diese unverzüglich der Zulassungsstelle mitzuteilen, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FZV (zum Ganzen: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 30.5.2016 - 12 LA 103/15 -, juris Rn. 10 m.w.N.). An einem solchen Vorbringen des Antragstellers mangelt es hier. Allein die Behauptung, das Fahrzeug sei vermietet worden, genügt diesen Anforderungen nicht.

(4) Die Fahrtenbuchanordnung lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Ein solcher läge vor, wenn die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).

Der Antragsgegner beachtete bei seiner Anordnung die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens. Die Anordnung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bereits eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 20 km/h stellt eine so erhebliche Verkehrsübertretung dar, dass eine Androhung einer Fahrtenbuchauflage nicht ausreicht, sondern deren Anordnung geboten ist. Dies gilt selbst dann, wenn durch die Geschwindigkeitsübertretung, die eine der hauptsächlichen Unfallursachen ist, eine konkrete Gefährdung nicht eingetreten ist (vgl. VGH Baden-​Württemberg., Beschl. v. 10.8.2015 - 10 S 278/15 -, juris Rn. 14; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 26). Bei der Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist insbesondere das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann in die zu treffende Ermessensentscheidung einfließen, ob das mit einem Fahrzeug des Fahrzeughalters erstmals ein Verkehrsverstoß ohne Fahrerfeststellung begangen worden ist oder es sich um einen Wiederholungsfall gehandelt hat. Auch das Verhalten des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes sowie etwaige Maßnahmen, die für die Zukunft weitere Verstöße verhindern sollen, kann die Behörde unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr würdigen (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn. 19). Stellt die Behörde im Regelfall hinsichtlich der Dauer auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes ab, so darf sie die Dauer der Fahrtenbuchauflage anhand dieses Kriteriums staffeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.2015 - 3 C 13.14 -, juris Rn. 20; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 28, Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn. 19). Das Interesse der Allgemeinheit, einer Gefahr entgegenzuwirken, bei weiteren Zuwiderhandlungen vergleichbarer Schwere den Fahrer nicht ermitteln zu können, wächst je schwerer der Verstoß wiegt. Bei einem schweren Verstoß kann es deshalb gerechtfertigt sein, dem Halter eine längere Überwachung der Nutzung seines Fahrzeuges abzuverlangen. Dabei darf sich die Behörde bei der Bemessung des Gewichtes einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an dem Punktsystem nach der Anlage 13 der Fahrerlaubnisverordnung orientieren (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 28).



Ist ein Verstoß - wie hier - als schwerwiegend einzuschätzen, unterliegt die Dauer einer Fahrtenbuchauflage von neun Monaten keinen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit; sie bedarf insoweit auch keiner näheren Begründung (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 30.4.2015 - 12 LA 156/14 -, juris Rn. 7). Hier ist der zugrunde liegende Verstoß als schwerwiegend einzuordnen, weil eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 37 km/h innerhalb der geschlossenen Ortschaft mit einer Geldbuße in Höhe von 160,- EUR, zwei Punkten im Fahreignungsregister und einem Monat Fahrverbot zu ahnden gewesen wäre.

Schließlich ist ein besonderes Vollzugsinteresse gegeben. Es ist in dem vorrangigen öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs zu sehen. Denn eine Fahrtenbuchauflage ermöglicht nicht nur die nachträgliche Feststellung des Fahrzeugführers bei Verkehrsverstößen, sondern beugt solchen auch vor, weil jeder Fahrer des betreffenden Kraftfahrzeugs damit rechnen muss, im Falle einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an Hand des Fahrtenbuchs identifiziert zu werden (vgl. VGH Baden-​Württemberg, Beschl. v. 15.4.2009 - 10 S 584/09 -, juris Rn. 7).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 46.11 und Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

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