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„Im Eilverfahren sind an die Nichtanwendung eines Gesetzes im formellen Sinn durch das Fachgericht wegen Annahme seiner Grundgesetzwidrigkeit mit Blick auf das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts (Art. 100 Abs. 1 GG) und des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes (Art. 54 Nr. 4 Nds. Verf) hohe Anforderungen zu stellen. Bei förmlichen Gesetzen fehlt den Fachgerichten zwar nicht die Prüfungskompetenz, sie haben aber keine Verwerfungskompetenz, sondern sind zur Vorlage jedenfalls im Hauptsacheverfahren verpflichtet. Das Fachgericht darf Folgerungen aus der von ihm angenommenen Verfassungswidrigkeit erst ziehen, wenn diese vom Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG festgestellt ist. In Eilverfahren gerät die entsprechende Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG allerdings in Konflikt mit der Pflicht zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG. Vorläufiger Rechtsschutz kann daher unter Umständen auch ohne die im Hauptsacheverfahren erforderliche Vorlage gewährt werden, wenn dies im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsache dadurch nicht vorweggenommen wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.6.1992 - 1 BvR 1028/91 -, juris LS 2 u. (Kammer-) Beschl. v. 15.12.2011 - 2 BvR 2362/11 -, juris Rn. 5; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 123 Rn. 13 ff.; Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 57; Posser, VwGO, 1. Aufl. 2008, § 123 Rn. 163 ff.; Bader u. a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 95; krit. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt, § 123 Rn. 127 ff.). Die obergerichtliche Rechtsprechung sieht dies aber nur in engen Grenzen als angängig an; die „Selbstermächtigung“ des Gerichts zur Verwerfung und Nichtanwendung einer als verfassungswidrig erkannten Norm im Eilverfahren muss die Ausnahme und auf Fälle evidenter Verfassungsverstöße beschränkt bleiben (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 21.2.2013 - 2 NB 20/13 -, juris; Beschl. v. 21.12.2006 - 2 NB 347/06 -, OVGE 50, 402; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 10.10.2001 - 3 NC 150/00 -, NVwZ-RR 2002, 747).“
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