Der Polizei oder sonstigen mit der Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen befassten Stellen stellt der Markt heutzutage ein Fülle von verschiedenen Geräten und Methoden bereit. Die Spannbreite reichte dabei vom simplen Nachfahren mit einem Fahrzeug mit ungeeichtem Tacho bis zu hochkomplizierten Geräten, die vor ihrem Einsatz umfangreiche Zulassungstests durchlaufen müssen.
Sind die Geräte für ihren Zweck von der Technisch-Physikalischen Bundesanstalt in Braunschweig zugelassen und werden sie entsprechend den Herstellervorgaben von dafür geschulten Beamten eingesetzt, dann spricht man von einem sog. standardisierten Messverfahren.
Etwaige nicht völlig auszuschließende Betriebs- und Messfehler werden durch Toleranzabzüge von den gewonnenen Messergebnissen ausgeglichen.
OLG Karlsruhe v. 16.10.2006:
Da die Zuverlässigkeit der verschiedenen in der Praxis verwendeten Messmethoden und ihr vom Tatrichter zu beurteilender Beweiswert naturgemäß voneinander abweichen, muss der Tatrichter, um dem Beschwerdegericht die Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen, neben dem angewendeten Messverfahren jeweils auch den berücksichtigten Toleranzwert angeben. Da es aber mehrere Videonachfahrsysteme gibt, ist die Bezeichnung des bei der Messung verwendeten Verfahrens erforderlich.
OLG Hamm Beschl. v. 18.10.2007:
Der Tatrichter muss dem Rechtsbeschwerdegericht in seinem Urteil die Nachprüfung der Zuverlässigkeit der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung ermöglichen. Hierzu gehört, dass er in den Urteilsgründen zumindest die zur Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit angewandte Messmethode mitteilt und darüber hinaus darlegt, dass mögliche Fehlerquellen ausreichend berücksichtigt worden sind. Nimmt der Tatrichter zwar einen Toleranzabzug vor, teilt er jedoch nicht konkret mit, mit welcher Messmethode die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung ermittelt worden ist, so genügt das diesen Anforderungen nicht.
OLG Brandenburg v. 18.02.2008:
Der Tatrichter hat bei unter Einsatz von Messgeräten festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen das angewandte Messverfahren, der Messstrecke, die gemessene Geschwindigkeit sowie die zur Anwendung gekommenen Messtoleranzen in den Urteilsgründen mitzuteilen, um dem Rechtsmittelgericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung fehlerfrei festgestellt worden ist.
OLG Brandenburg v. 18.02.2008:
Der Tatrichter hat bei unter Einsatz von Messgeräten festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitungen das angewandte Messverfahren, der Messstrecke, die gemessene Geschwindigkeit sowie die zur Anwendung gekommenen Messtoleranzen in den Urteilsgründen mitzuteilen, um dem Rechtsmittelgericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Geschwindigkeitsüberschreitung fehlerfrei festgestellt worden ist.
OLG Hamm v. 09.12.2009:
Zur den Anforderungen an die Beweiswürdigung im Bußgeldurteil bei Geschwindigkeitsmessung mit dem Provida 2000-System.
OLG Hamm v. 28.03.2010:
Ein Messgerät ist nur dann gemäß § 14a Abs. 1 Eichordnung eichfähig, wenn seine Bauart durch die PTB zur Eichung zugelassen ist. Bei einer materiell fehlerhaften Eichung sind die Grundsätze, die bei Messungen mit ungeeichten Geräten gelten, entsprechend anzuwenden. Ein Beweisantrag darüber, dass eine Messung mit einem mit CAN-Bus ausgerüsteten Fahrzeug erfolgt sei, darf vom Tatrichter nicht zurückgewiesen werden, wenn davon abhängt, dass ein Toleranzabzug von 20% von der gemessenen Geschwindigkeit vorgenommen werden muss.
OLG Stuttgart v. 12.04.2010:
Die bloße Behauptung, ein/e Zeuge/in (hier der eine Geschwindigkeitsmessung durchführende Polizeibeamte) sei dem Gericht als besonders zuverlässig bekannt, lässt - zumindest in dieser pauschalen Form - keinen Rückschluss auf die Zuverlässigkeit der Angaben oder der Vorgehensweise des Zeugen im betreffenden Fall zu.
OLG Köln v. 06.03.2013:
Die mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes, das eine Bauartzulassung von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt erhalten hat, begründet keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses.
OLG Karlsruhe v. 17.07.2015:
Verwirft das Gericht eine Geschwindigkeitsmessung, die mit einem von der PTB zugelassenen Messgerätetyp (hier: PoliScan Speed) vorgenommen wurde, ohne dass ein nicht von der PTB überprüftes Messszenario vorlag oder aber fassbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine Fehlmessung im konkreten Fall bestehen, entfernt sich die Beweiswürdigung so sehr von einer tatsächlichen Grundlage, dass es sich nurmehr um eine Vermutung handelt.
OVG Lüneburg v. 23.09.2020:
Die Feststellung eines Geschwindigkeitsverstoßes i. S. d. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist weiterhin aufgrund der Messung mit einem geeichten Gerät möglich, das seine Rohmessdaten nicht speichert.
OLG Karlsruhe v. 17.02.2010:
Hat der Tatrichter sich nicht auf die Wiedergabe des Messverfahrens und den von ihm in Abzug gebrachten Toleranzwert beschränkt, sondern unter Einvernahme des die Messung durchführenden Beamten sowie Anhörung eines technischen Sachverständigen sich von der Verlässlichkeit und Korrektheit der Messung im konkreten Einzelfall versichert und zudem seine Überzeugung auch für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbar in den Urteilsgründen verständlich und widerspruchsfrei dargelegt, dann ist eine Verurteilung wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes auch dann rechtsfehlerfrei, wenn es sich um ein noch nicht standardisiertes Messverfahren - hier: PoliScan Speed - handelt.
KG Berlin v. 23.03.2011:
Wird eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Messgerät vom Typ Laveg VL 101 in Bezug auf ein Motorrad vorgenommen, so liegt bei einer Messung aus einer Distanz von 199 Metern keine standardisierte Messmethode vor, da ein Motorrad kein reflektierendes vorderes Kennzeichen hat und bei einer Ausrichtung des Messstrahls auf Karosserieteile die Bedienungsanleitung dieses Messgeräts den Messbereich auf 30 bis 150 Meter einschränkt.
OLG Düsseldorf v. 22.07.2015:
Weder aus § 147 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG noch aus dem Gebot des fairen Verfahrens ergibt sich gegenüber dem Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung ein Recht des Betroffenen auf Einsicht in die bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Daten der Geschwindigkeitsmessungen des Tattages, die lediglich andere Verkehrsteilnehmer betreffen, und auf Überlassung der Daten zur eigenen Auswertung.
OLG Hamm v. 15.04.2016:
Hat der Betroffene unter Zitierung des insoweit relevanten Wortlautes des Hauptverhandlungsprotokolls dargelegt, dass Messprotokoll und Dienstanweisung nicht durch Verlesung gemäß § 256 Abs. 1 StPO oder durch Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts gemäß § 78 Abs. 1 OWiG in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind und vorgetragen, dass auch eine prozessordnungsgemäße Einführung in anderer Weise nicht erfolgt ist, verletzt das Urteil die §§ 77 Abs. 1, 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO.
AG Lübben v. 16.03.2010:
Das Messgerät ES 3.0 löst nach einem festgestellten Geschwindigkeitsverstoß die Fotodokumentation erst mit Verzögerung aus. Die Fotolinie, welche sich ca. 3 m hinter der Messlinie befindet, und auf die die Kamera auszurichten ist, soll daher sicherstellen, dass das gemessene Fahrzeug hinreichend deutlich fotografisch dokumentiert wird. Dies ermöglicht eine klare Zuordnung der Messung zu einem Fahrzeug, wenn mehrere Fahrzeuge in kurzem Abstand die Messlinie passieren. Das gemessene Fahrzeug befindet sich dann in der sogenannten „logischen Fotoposition". Diese ergibt sich aus der Fotolinie, der Position des abgebildeten Fahrzeuges und der gemessenen Geschwindigkeit. Fehlt die vom Hersteller in seiner Bedienungsanleitung geforderte „nachvollziehbare" gekennzeichnete Fotolinie, ist der Betroffene freizusprechen.
OLG Brandenburg v. 03.06.2010:
Bevor der Tatrichter einen Betroffenen vom Vorwurf eines Geschwindigkeitsverstoßes freispricht, weil er Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses wegen Fehlens einer Fotolinie hat, muss er versuchen, seine Zweifel mit den Mitteln der weiteren Sachaufklärung zu beheben.