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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil vom 10.07.2019 - W 6 K 19.151 - Gründe für eine Terminsverlegung

VG Würzburg v. 10.07.2019: Darlegung von erheblichen Gründen für eine Terminsverlegung


Das Verwaltungsgericht Würzburg (Urteil vom 10.07.2019 - W 6 K 19.151) hat entschieden:

  1.  Ist über die Entziehung der Fahrerlaubnis in einem Anfechtungsverfahren rechtskräftig entschieden worden, ist eine spätere Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des seinerzeitigen Entzugs unzulässig.

  2.  Ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung kann u. a. darin liegen, dass ein Beteiligter oder sein Prozessbevollmächtigter unerwartet krank ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann. Ob tatsächlich eine Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit besteht, hat das Gericht anhand der vorgetragenen Umstände unter Einbeziehung etwaiger ärztlicher Atteste zu beurteilen.


Siehe auch
Terminsverlegung
und
Stichwörter zum Thema Verwaltungsverfahrensrecht


Tatbestand:


I.

Der 1947 geborene Kläger begehrt die Feststellung, dass die im Jahr 1997 erfolgte Fahrerlaubnisentziehung durch das Landratsamt Haßberge rechtswidrig gewesen ist.

1. Dem Kläger wurde am 6. Oktober 1965 die Fahrerlaubnis der Klasse 1 erteilt und am 26. Januar 1967 auf die Klasse 3 erweitert.

Mit Bescheid vom 5. März 1997 entzog das damals zuständige Landratsamt Haßberge (nachfolgend: Landratsamt) dem Kläger wegen Nichtbeibringung eines angeordneten Eignungsgutachtens die Fahrerlaubnis. Hintergrund war ein sich im Rahmen eines 1996 eingeleiteten Strafverfahrens ergebene Verdacht auf eine psychische Erkrankung, welche Bedenken an seine Fahreignung geweckt hatte. Der Widerspruch gegen die Fahrerlaubnisentziehung wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 22. Januar 1998 zurückgewiesen. Mit Urteil vom 5. August 1998 (Az.: W 10 K 98.138) wurde die Klage durch das Verwaltungsgericht Würzburg als unbegründet abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg (BayVGH, B.v. 1.10.1998, Az.: 11 ZB 98.2653).

Im Jahr 2000 verlegte der Kläger seinen Hauptwohnsitz nach E....

2. Mit Schreiben vom 26. Januar 2019 erhob der Kläger am 28. Januar 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage (Az.: AN 10 K 19.00171) und beantragte sinngemäß,

   es wird festgestellt, dass die Fahrerlaubnisentziehung rechtswidrig gewesen ist.

Aus den Schriftsätzen des Klägers geht hervor, dass er die Feststellung begehrt, dass der Fahrerlaubnisentzug durch das Landratsamt Haßberge im Jahr 1997 rechtswidrig gewesen sei. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass die damals aufgestellte Behauptung, es läge bei ihm eine psychische Erkrankung vor, welche der Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens vorangegangen sei, nicht den Tatsachen entspreche. Ausdrücklich wendet sich der Kläger gegen eine Antragstellung auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis.

Das Landratsamt Haßberge beantragte für den Beklagten,
   die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Fahrerlaubnisentziehung im Jahr 1997 rechtmäßig gewesen sei und der Bescheid Rechtskraft erlangt habe. Auf dem Sachverhalt Vortrag des Klägers ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.

3. Mit Beschluss vom 13. Februar 2019 des Verwaltungsgerichts Ansbach wurde das Klageverfahren nach vorheriger Anhörung der Beteiligten wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Verwaltungsgericht Würzburg verwiesen. Das zeitgleich mit Klage erhobene Eilverfahren wurde mit Beschluss vom 12. März 2019 (Az.: W 6 E 19.152) abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, das Verfahren W 6 E 19.152, die beigezogene Gerichtsakte W 10 K 98.138, sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.


Entscheidungsgründe:


Die Klage kann keinen Erfolg haben, da sie bereits unzulässig ist.

1. Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, da der Kläger und der Beklagte jeweils mit Ladung vom 3. Juni 2019 ordnungsgemäß geladen wurden. Dem Kläger wurde die Ladung ausweislich der Postzustellungsurkunde am 4. Juni 2019 zugestellt, ebenso ausweislich des Empfangsbekenntnisses dem Beklagten. Gemäß § 102 Abs. 2 VwGO wurde in den Ladungsschreiben darauf hingewiesen, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

Der Termin war auch nicht wegen des Schreibens des Klägers vom 9. Juli 2019 (per Fax am selben Tag um 13.02 Uhr bei Gericht eingegangen), wonach er unter Verweis auf das beigelegte ärztliche Attest vom selben Tag nicht zur mündlichen Verhandlung erscheinen könne, zu verlegen.

Nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO kann aus erheblichen Gründen ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Keinen erheblichen Grund stellt das Ausbleiben eines Beteiligten oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, dar, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass der Beteiligte ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im Verlegungsantrag sind die Gründe für die Verhinderung so genau anzugeben, dass sich das Gericht unmittelbar ein Urteil über die Erheblichkeit machen kann. Dies gilt unabhängig von der Verpflichtung des Beteiligten, auf Verlangen des Vorsitzenden die Gründe nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 102 Rn. 7). Ein ausreichender Grund kann u. a. darin liegen, dass ein Beteiligter oder sein Prozessbevollmächtigter unerwartet krank ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (vgl. BFH, B.v. 26.11.2009 – VIII B 162/09 – juris; OVG NRW, B.v.11.3.2011 – 12 A 1436/10 – juris, Rn. 6 ff. m.w.N.). Stellt ein Beteiligter einen Antrag auf Terminsverlegung wegen Erkrankung erst kurz vor der mündlichen Verhandlung, ist er auch ohne Aufforderung des Gerichts verpflichtet, die Gründe für seine Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob der Kläger aufgrund seiner Erkrankung verhandlungsunfähig ist, selbst beantworten kann (BFH in st. Rspr., z.B. B.v. 25.7.2005 – XI B 155/03; B.v. 17.5.2000 – IV B 86/99; B.v. 31.8.1995 – VII B 160/94; B.v. 24.5.1988 – IV B 125/87 – jeweils juris). Dies kann entweder in der Weise geschehen, dass der Beteiligte ein ärztliches Attest vorlegt, das die Unmöglichkeit bescheinigt, an der Verhandlung teilzunehmen, oder dass der Beteiligte seine Erkrankung so genau schildert, dass das Gericht selbst beurteilen kann, ob die Krankheit so schwer ist, dass der Beteiligte nicht zum Termin erscheinen kann (vgl. BFH, B.v. 31.8.1995, a.a.O.). Ob tatsächlich eine Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit besteht, hat das Gericht anhand der vorgetragenen Umstände unter Einbeziehung etwaiger ärztlicher Atteste zu beurteilen.

Diesen Anforderungen genügt weder das Vorbringen des Klägers noch das vorgelegte ärztlichen Attest vom 9. Juli 2019, denn es ergibt sich hieraus in keiner Weise, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, da sich beide in dem simplen Aussagesatz und damit lediglich der Behauptung erschöpfen, der Kläger könne aus gesundheitlichen Gründen bzw. Einschränkungen nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen. Dies genügt mitnichten den oben dargelegten Anforderungen, denn es wird in keinster Weise ersichtlich, welche gesundheitlichen Gründe beim Kläger vorliegen, die ihm ein Erscheinen beim Gericht unmöglich machen. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger bereits in seinem Schreiben vom 24. Juni 2019 angekündigt hat, nicht zu erscheinen, da er nach eigenen Angaben „aus gesundheitlichen Gründen die Anreise aus Tschechien nicht antreten“ könne, ergeben sich zudem erhebliche Zweifel an der Aussagekraft des ärztlichen Attests der Allgemeinmedizinischen Praxis S... in E.... So ist es bereits nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger, der nach eigenen Angaben seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien und keinen Wohnsitz in Deutschland habe (Schreiben v. 24.6.219, S. 2) und dem ebenfalls nach seiner Aussage aus gesundheitlichen Gründen die Anreise aus Tschechien nicht möglich sein soll, sich in einer E...er Arztpraxis behandeln lässt. Das auf gerichtliche Aufforderung am 10. Juli 2019 nachgereichte Attest derselben Praxis (ebenfalls vom 9.7.2019 datiert), mit welchem dem Kläger als schwere Erkrankung ein „vorliegender Herzinfarkt“ bescheinigt wird, weshalb er nicht vor dem 15. Juli 2019 „dort“ (gemeint ist vermutlich das Verwaltungsgericht Würzburg) erscheinen könne, lässt ebenso nicht auf das Vorliegen einer Reise- bzw. Verhandlungsunfähigkeit schließen. So ist bereits unklar, was mit einem „vorliegenden Herzinfarkt“ gemeint sein soll. Sollte dies ein akuter Infarkt sein, stellt sich die Frage, weshalb der Kläger nicht in einem Krankenhaus oder zumindest von einem Herzspezialisten behandelt wird und weshalb er nicht dementsprechende Unterlagen vorgelegt hat. Bei den ausstellenden Ärztinnen handelt es sich ausschließlich um Ärztinnen für Allgemeinmedizin, deren Leistungen ausweislich ihrer Homepage hausärztliche Versorgung, Akupunktur, naturheilkundliche Verfahren, Palliativmedizin und Ultraschall umfassen (...; abgerufen am 10.7.2019). Eine Spezialisierung auf Herzerkrankungen ist nicht ersichtlich. Weitere Fragen wirft die Formulierung auf, dass der Kläger nicht vor dem 15. Juli 2019 in der Lage sein werde, vor Gericht zu erscheinen, da schon unklar ist, ob der ausstellenden Ärztin überhaupt bekannt war, wo die mündliche Verhandlung am 10. Juli 2019 stattfindet, da in keinem der Atteste das Verwaltungsgericht Würzburg erwähnt wird. Folglich konnte die Ärztin schon keine Aussage zur Reisefähigkeit des Klägers treffen. Im Übrigen bleibt ebenso unklar und ergibt sich nicht aus dem Attest, wo sich der Kläger zurzeit aufhält und weshalb er gerade nicht vor diesem konkreten Datum zu einer mündlichen Verhandlung kommen kann. Des Weiteren fällt auf, dass beide Atteste, obwohl sie von derselben Praxis und vom selben Tag stammen sollen, sich unterscheiden. Keines der Atteste lag dem Gericht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung im Original vor, sondern nur als Fax-​Kopie. So ist bei dem ersten ärztlichen Attest in der oberen rechten Ecke ein graphisches Design-​Element, das sich auch auf der Homepage der Arztpraxis finden lässt, nicht jedoch auf dem zweiten. Zudem sehen die Unterschriften im ersten und zweiten Attest unterschiedlich aus und der Stempel der Arztpraxis ist auf beiden Attesten vom Layout und Inhalt her ein unterschiedlicher: so fehlen bei dem Stempel auf dem zweiten Attest die Worte „Gemeinschaftspraxis“ und „Allgemeinärztinnen“. Das wirft erhebliche Zweifel an der Authentizität des zweiten Attestes auf. Selbst wenn man das zweite Attest als echt ansieht, ergibt sich aufgrund des oben Gesagten nicht, dass der Kläger tatsächlich reise- und verhandlungsunfähig erkrankt ist. Es ist anzumerken, dass obwohl das Gericht explizit eine Glaubhaftmachung gefordert hat, der Kläger selbst sich – außer der Erwähnung von gesundheitlichen Gründen – nicht näher zu seinem Gesundheitszustand bzw. den Umständen seiner behaupteten Verhinderung eingelassen hat.

Bei der gebotenen Gesamtschau der vom Kläger mit dem Verlegungsantrag dem Gericht unterbreiteten Informationen und des prozessualen Vorverhaltens ist es nicht ersichtlich, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, aktiv an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Nachdem der Kläger in der Vergangenheit wiederholt Anträge auf Aussetzung des Verfahrens und Terminsaufhebung gestellt und bereits im Voraus angekündigt hat, nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen, da ihm eine Anreise aus Tschechien (aus gesundheitlichen Gründen) nicht möglich sei, ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass der Kläger lediglich eine Verfahrensverzögerung beabsichtigt und es sich bei den vorgelegten Attesten – sollten sie echt sein – um bloße Gefälligkeitsatteste handelt. Dies folgert das Gericht insbesondere aus der Äußerung des Klägers in der E-​Mail vom 14. Juni 2019, in welchem er – offenbar als Reaktion auf die zugestellte Ladung zur mündlichen Verhandlung – die Aussetzung des Verfahrens beantragt, da bis zu dem Zeitpunkt ein „Gegengutachten“ nicht vorgelegt werden könne. Nach dem gerichtlichen Hinweis vom 17. Juni 2019, dass die Sache entscheidungsreif sei und die Voraussetzungen einer Terminsverlegung nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO, wiederholte der Kläger (Schreiben v. 24.6.2019), dass das Gegengutachten bis dahin nicht vorgelegt werden könne, er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Tschechien und keinen Wohnsitz in Deutschland habe. Damit kann er jedoch nicht durchdringen, da der Prozesspartei zumutbare Anstrengungen abverlangt werden, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Terminsverlegung entbehrlich machen, da es den Parteien verwehrt ist, über das Vorliegen eines erheblichen Grundes zu disponieren (BeckOK ZPO/Jaspersen, 32. Ed. 1.3.2019, ZPO § 227 Rn. 6).

Dem Gericht ist bewusst, dass die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verlegungsgrundes nicht überspannt werden dürfen. Nach der Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Klägers im Prozess wäre jedoch im vorliegenden Fall klägerseits eine substantiierte Darlegung und Glaubhaftmachung erforderlich gewesen. Dies hat der Kläger trotz gerichtlicher Aufforderung nach dem oben Gesagten nicht getan, sodass das Gericht nicht von einer unverschuldeten Verhinderung des Klägers ausgeht und eine Terminsverlegung nicht angezeigt war. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, was der Kläger bei seiner persönlichen Anwesenheit zusätzlich hätte vortragen können. Die zahlreichen Schreiben des Klägers im gerichtlichen Verfahren sind im Wesentlichen inhaltsgleich.

2. Über die Klage war im Urteilswege zu entscheiden (§ 107 VwGO), da der Kläger die Klage nicht wirksam zurückgenommen hatte. Die Klagerücknahme muss eindeutig und zweifelsfrei erfolgen; sie braucht aber nicht ausdrücklich erklärt zu werden; ggf. ist durch Auslegung zu ermitteln, was gewollt ist (Schoch/Schneider/Bier/Clausing, 36. EL Februar 2019, VwGO § 92 Rn. 21). Zwar enthält der Schriftsatz des Klägers vom 6. Juli 2019 Ausführungen, die Klage werde „wegen nicht zeitnaher Aufklärung bis auf weiteres zurückgenommen […] (Vorläufige Klagerücknahme)“. Jedoch sind diese Formulierungen widersprüchlich und lassen nicht zweifelsfrei den Willen des Klägers an einer endgültigen Beendigung des Klageverfahrens erkennen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil im selben Schreiben im Anschluss weitere Ausführungen zu Sache bzw. weiterer Tatsachenvortrag folgen. Da die Klagerücknahme als Prozesshandlung unwiderruflich, bedingungsfeindlich und unanfechtbar ist (BeckOK VwGO/Wolff, 49. Ed. 1.1.2019, VwGO § 92 Rn. 7), kann sie gerade nicht „bis auf weiteres“ oder „vorläufig“ erklärt werden. Darauf wurde der Kläger vom Gericht auch hingewiesen. Eine entsprechende Äußerung erfolgte nicht, im Gegenteil, der Kläger trug mit weiterem Schreiben vom 9. und 10. Juli 2019 wiederholt zur Sache vor.

3. Die Klage ist wegen fehlender Statthaftigkeit (3.1.) sowie entgegenstehender Rechtskraft (3.2.) unzulässig.

In Auslegung des Begehrens des Klägers gemäß § 88 VwGO geht es ihm um die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fahrerlaubnisentziehung durch das Landratsamt Haßberge mit Bescheid vom 5. März 1997, sodass eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO vorliegt. Dem Kläger wurde vor über 20 Jahren bestandskräftig die Fahrerlaubnis entzogen. Da eine Neuerteilung vom Kläger ausdrücklich abgelehnt wird, kann sich sein Begehren auch nicht (sinngemäß) darauf richten, sodass eine entsprechende Auslegung nach § 88 VwGO von vornherein ausscheidet.

3.1. Die Feststellungsklage ist schon nicht statthaft, § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Mit der Feststellungsklage kann wegen der Spezialität der Anfechtungsklage nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines noch wirksamen Verwaltungsakts begehrt werden (Schoch/Schneider/Bier/Pietzcker, 36. EL Februar 2019, VwGO § 43 Rn. 46). Die Spezialität der Anfechtungsklage aber tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet (Schoch/Schneider/Bier/Pietzcker, 36. EL Februar 2019, VwGO § 43 Rn. 47). Genauso liegt der Fall hier, denn der Kläger begehrt ausdrücklich nicht die Feststellung der Nichtigkeit der Fahrerlaubnisentziehung, sondern dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist.

3.2. Im Übrigen ist die Klage wegen entgegenstehender Rechtskraft nicht zulässig, § 121 VwGO. Über den vorliegenden Streitgegenstand – nämlich die Frage, ob die Fahrerlaubnisentziehung vor über 20 Jahren rechtswidrig gewesen ist – wurde bereits rechtskräftig entschieden. Die jetzige Einkleidung in eine Feststellungsklage vermag an der Identität des Streitgegenstandes nichts zu ändern, denn in beiden Verfahren geht es um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns. Die materielle Rechtskraft stellt ein von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis dar (BVerwG, U.v. 27.1.1995 – 8 C 8/93 – juris).

Gemäß § 121 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten. Ziel gerichtlicher Verfahren ist die verbindliche Bejahung oder Verneinung der vom Kläger begehrten Rechtsfolge. Diese Verbindlichkeit wird mit der materiellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung erzeugt. Damit soll eine widersprechende Entscheidung in einem neuen Verfahren vermieden werden. § 121 VwGO verhindert, dass ein Streitgegenstand, über den rechtskräftig entschieden wurde, in einem weiteren gerichtlichen Verfahren zwischen denselben Beteiligten einer erneuten Sachprüfung zugeführt werden kann. Die materielle Rechtskraft schließt somit eine Neuverhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand aus (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 121 Rn. 10). Voraussetzungen für den Eintritt der Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft sind die formelle Rechtskraft sowie die materielle Rechtskraftfähigkeit der jeweiligen Entscheidung.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 5. August 1998 (Az.: W 10 K 98.138), in dem die damalige Anfechtungsklage des Klägers gegen den Bescheid des Landratsamtes Haßberge vom 5. März 1997 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 22. Januar 1998 abgewiesen wurde, weil sich die Fahrerlaubnisentziehung als rechtmäßig erwiesen hatte, ist formell rechtskräftig (BayVGH, B.v. 1.10.1998 – 11 ZB 98.2653, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Der materiellen Rechtskraft fähig sind formell rechtskräftige klageabweisende oder stattgebende Endurteile und schließen den Rechtsstreit vollumfänglich ab (Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 121 Rn. 31). Materielle Rechtskraft bedeutet, dass künftig ohne Rücksicht auf die Frage, ob das Gericht „richtig“ entschieden hat, die Beteiligten an formell rechtskräftige Entscheidungen gebunden sind, soweit über den Streitgegenstand entscheiden wurde (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 121 Rn. 2). Nachdem der zu überprüfende Verwaltungsakt – die Fahrerlaubnisentziehung – bereits Bestandskraft erlangt hat, da der hiergegen vom Kläger beschrittene Rechtsweg ausgeschöpft worden ist, kann die Frage der Rechtswidrigkeit der Fahrerlaubnisentziehung durch das Landratsamt Haßberge nicht mehr bzw. erneut überprüft werden. Einer erneuten Befassung des Gerichts mit dieser Frage steht die Rechtskraft entgegen.

4. Die Klage konnte keinen Erfolg haben und war mit der Folge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

  Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Festsetzung des Streitwerts resultiert aus § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Bei der Höhe des Streitwerts greift das Gericht auf den Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR zurück.

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