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Oberlandesgericht Dresden Beschluss vom 21.08.2018 - OLG 21 Ss 515/18 (B) - Akteneinsicht und Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist

OLG Dresden v. 21.08.2018: Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist wegen Akteneinsicht des Verteidigers


Das Oberlandesgericht Dresden (Beschluss vom 21.08.2018 - OLG 21 Ss 515/18 (B)) hat entschieden:

   Erhält der Verteidiger während der Urteilsabsetzungsfrist Akteneinsicht und gelangt die Akte erst nach Ablauf der Absetzungsfrist wieder zurück an das Gericht, so dass das Urteil nicht innerhalb der regulären Frist abgesetzt werden konnte, stellt dies keinen unvorhersehbaren bzw. unabwendbaren Umstand i.S.d. § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO dar. Vielmehr ist das Gericht gehalten, die Akten von dem Verteidiger rechtzeitig zur Urteilsabsetzung zurückzufordern, da dem Gericht die Überwachung der Fristen obliegt.

Siehe auch
Urteilsanforderungen und Protokoll im Bußgeldverfahren
und
Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren


Gründe:


I.

Das Amtsgericht Zittau hat den Betroffenen mit Urteil vom 13. März 2018 wegen fahrlässiger Überschreitung der innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 € verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat gegen ihn verhängt.

Hiergegen hat der Betroffene durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verletzung formellen sowie materiellen Rechts begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts Zittau vom 13. März 2018 aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Zittau zurückzuverweisen.




II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Denn es ist ein absoluter Rechtsbeschwerdegrund im Sinne von § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 338 Nr. 7 StPO gegeben, welcher zur Aufhebung des Urteils führt.

Die Verfahrensrüge, die den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt und mit welcher der Betroffene die Verletzung des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO beanstandet, ist begründet. Denn das Urteil des Amtsgerichts war spätestens fünf Wochen nach der Verkündung vom 13. März 2018, also mit Ablauf des 17. April 2018, mit den Gründen zu den Akten zu bringen. Tatsächlich ist das vollständig abgefasste Urteil jedoch erst am 25. April 2018 zu den Akten gebracht worden. Ausnahmegründe für eine Fristverlängerung nach § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO lagen zum Zeitpunkt der Fristüberschreitung nicht vor. Zwar hat der Tatrichter ausweislich der Akten vermerkt: "Das Urteil konnte nicht in der Frist des § 275 StPO zu den Akten gebracht werden, da sich die Akte zur Akteneinsicht beim Verteidiger befand und erst am 23.04.2018 wieder beim Amtsgericht in Zittau einging. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 275 StPO bereits eine Woche überschritten.", dies rechtfertigt jedoch die Fristüberschreitung nicht. Denn damit lag kein unvorhersehbarer bzw. unabwendbarer Umstand im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO vor. Zwar hatte der Verteidiger, dem die Akten zur Akteneinsicht auf seinen Antrag hin übersandt worden waren und bei welchem die Akten am 10. April 2018 eingegangen sind, diese nicht vor Ablauf der Frist an das Amtsgericht zurückgesandt, jedoch stellt dies keinen nicht vorhersehbaren sowie unabwendbaren Umstand für das Gericht dar, der die Einhaltung der Frist für die Absetzung der schriftlichen Urteilsgründe verhinderte. Vielmehr wäre das Gericht gehalten gewesen, die Akten von dem Verteidiger rechtzeitig zur Urteilsabsetzung zurückzufordern, da dem Gericht die Überwachung der Fristen oblag (vgl. BGH, StV 1998, 469; Thüringer OLG, Beschluss vom 13. Mai 2004, Az.: 1 Ss 87/04, zitiert nach juris).

Der festgestellte Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

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