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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss vom 22.07.2019 - 5 U 696/19 - NutzungsausfallGleichwertigkeit des Ersatzfahrzeugs udn Nutzungsausfall

OLG Nürnberg v. 22.07.2019: Nutzungsausfall und Gleichwertigkeit des Ersatzfahrzeugs


Das Oberlandesgericht Nürnberg (Beschluss vom 22.07.2019 - 5 U 696/19) hat entschieden:

  1.  Kauft der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall in Abkehr vom Wirtschaftlichkeitsgebot einen höherwertigen Neuwagen, obwohl er nach den Grundsätzen des Schadensrechts nur Anspruch auf die Reparatur oder die Kosten eines Gebrauchtwagens hat, so kann er Nutzungsausfall nur bis zu dem Zeitpunkt beanspruchen, der für eine Unfallreparatur oder die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens angefallen wäre.

  2.  Wird Schadenersatz für ein unfallbeschädigtes, privat genutztes Kraftfahrzeug durch Anschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens geleistet, muss dieser regelmäßig nicht nahezu identische Ausstattungsmerkmale wie das Unfallfahrzeug aufweisen, um als gleichwertig zu gelten.


Siehe auch
Zum Anspruch auf Nutzungsausfall bei fiktiver bzw. abstrakter Schadensabrechnung

und
Stichwörter zum Thema Ausfallentschädigung - Nutzungsausfall und Mietwagenkosten


Gründe:


I.

Das Fahrzeug des Klägers, ein Mercedes-​Benz GLE 350 d, wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten steht außer Streit. Das vorgerichtlich vom Kläger eingeholte Gutachten schätzte die Reparaturkosten auf 33.357,44 €, den Restwert auf 38.510 € und den Wiederbeschaffungswert auf 63.000 € (je brutto). Der Kläger rechnete gegenüber der Beklagten unter Zugrundelegung des Gutachtens den Wiederbeschaffungsaufwand ab und beschaffte sich ein Neufahrzeug (Mercedes-​Benz GLE 350 d 4MATIC).

Mit der Klage machte der Kläger den Nutzungsausfall für weitere 252 Tage (273 Tage abzüglich regulierte 21 Tage) bis zur Auslieferung des von ihm nach dem Unfall für 64.268,69 € bestellten Neufahrzeugs geltend, insgesamt 29.988 €.

Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen und des Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil und die dort in Bezug genommenen Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht Ansbach hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Nutzungsersatz zwar grundsätzlich zugesprochen werden könne. Rechne der Kläger jedoch auf der Basis des Gutachtens ab, habe er Anspruch auf Nutzungsersatz lediglich für den Zeitraum, der objektiv der geschätzten Reparaturdauer entspreche. Der Kläger hingegen wolle die konkrete mit der fiktiven Schadensabrechnung kombinieren. Das sei unzulässig. Zu den Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil verwiesen.




Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter verfolgt.

Er hat beantragt zu erkennen:

   Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ansbach vom 13. Februar 2019 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 29.988 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. März 2017 sowie weitere 479,57 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,
   die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat am 3. Juni 2019 einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO gegeben. Hierzu hat der Kläger im Schriftsatz vom 11. Juli 2019 Stellung genommen. Auf beides wird verwiesen.


II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 13. Februar 2019, Az. 2 O 829/18, war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Entgegen der Auffassung des Klägers steht ihm kein weitergehender Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu.




1. Bleibt nach der Beschädigung eines Kfz die Summe aus Reparaturkosten und verbleibendem Minderwert hinter den Kosten der Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs zurück, ist das Fahrzeug also reparaturwürdig, so bieten sich dem Geschädigten, der die Behebung des Schadens in die eigene Hand nimmt, regelmäßig zwei Wege: Er kann sein Fahrzeug reparieren lassen oder er kann sich ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug anschaffen. Es handelt sich hierbei um zwei verschiedene Formen der Naturalrestitution (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90 -, juris Rn. 9; Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 9/17 -, juris Rn. 7, st.Rspr.). Das Ziel der Restitution besteht darin, den Zustand herzustellen, der, wirtschaftlich gesehen, der ohne das Schadensereignis bestehenden Lage entspricht.

Für die Überbrückung der durch Reparatur oder Wiederbeschaffung entstehenden Ausfallzeit kann der ohne das Schadensereignis bestehende Zustand wirtschaftlich am ehesten dadurch hergestellt werden, dass entweder der Schädiger dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stellt oder dass der Geschädigte - was der Regel entspricht - für die Reparaturzeit ein gleichwertiges Fahrzeug anmietet. Im letzteren Fall gehören die Mietwagenkosten zu dem Herstellungsaufwand für das beschädigte Unfallfahrzeug, den der Schädiger zu ersetzen hat. Mietet der Geschädigte kein Fahrzeug an, kann er - unter den weiteren Voraussetzungen, die die Rechtsprechung aufgestellt hat - den Nutzungsausfall ersetzt verlangen. In jedem Fall werden aber die Kosten, die der Geschädigte zur Herstellung des ohne das Schadensereignis bestehenden Zustands aufwendet, gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB durch das Merkmal der Erforderlichkeit begrenzt. Das gilt nicht nur für die eigentlichen Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten, sondern gleichermaßen auch für die vom Schädiger zu übernehmenden Mietwagen- und Nutzungsausfallkosten (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 - VI ZR 62/07 -, juris Rn. 6).

2. Beide Arten der Naturalrestitution standen auch dem Kläger offen.

a) Nimmt er keine Ersatzbeschaffung vor, kann der Geschädigte auf der Grundlage seiner Dispositionsbefugnis entscheiden, wie er die Abrechnung des Sachschadens durchführt. Es steht ihm grundsätzlich frei, ob er die erforderlichen Mittel anhand der tatsächlich angefallenen Wiederherstellungskosten, mithin durch Vorlage der Werkstattrechnung oder eines sonstigen Ausweises des tatsächlich entstandenen Aufwands, konkret abrechnet, oder ob er die Erforderlichkeit der Wiederherstellungskosten im Wege einer Prognose - etwa durch Sachverständigengutachten oder Kostenvoranschlag - bestimmen lässt und sie auf dieser Grundlage fiktiv - zuweilen wird auch synonym der Begriff „abstrakt“ verwendet - abrechnet (BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 - VI ZR 146/16 -, juris Rn. 6 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 249 Rn. 14).

Vorliegend hat sich der Kläger (zunächst) für eine fiktive Abrechnung entschieden, indem er bezogen auf den Fahrzeugschaden den sich aus dem Gutachten des von ihm außergerichtlich beauftragten Sachverständigen ergebenden Wiederbeschaffungsaufwand von der Beklagten verlangt hat und diese ihm den Wiederbeschaffungsaufwand ausgeglichen hat.

b) Bei gegebener Sachlage hatte der Kläger schadensrechtlich jedoch nicht die Möglichkeit, den von ihm schlussendlich gewählten Weg der Schadensbehebung durch die Beschaffung eines Neufahrzeugs geltend zu machen. Denn die rechtlichen Voraussetzungen für diese Abrechnungsvariante (dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 249 Rn. 18 m.w.N.) lagen nicht vor: Das Unfallfahrzeug war im Unfallzeitpunkt sechseinhalb Monate alt und hatte 6.732 km zurückgelegt; allgemein werden insoweit lediglich ein Monat und 1.000 km für zulässig gehalten. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Gründe, warum es ihm nicht zumutbar gewesen sein solle, im konkreten Fall anstatt des Neufahrzeugs einen Gebrauchtwagen zu erwerben, betreffen im Kern sein Affektionsinteresse (es sei für ihn „ein Unding“ bzw. „nicht vorstellbar“ gewesen, das verunfallte Fahrzeug als repariertes zu nutzen), das an dieser Stelle keine Berücksichtigung finden kann.

3. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung ist auf den Zeitraum begrenzt, der laut Gutachten für die Reparatur oder die Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens anzusetzen war.

a) Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht für die Dauer einer notwendigen Reparatur oder Wiederbeschaffung zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und ggf. einer angemessenen Überlegungszeit (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11 -, juris Rn. 22). Rechnet der Geschädigte seinen Schaden - wie hier - fiktiv ab, kommt es dabei maßgeblich auf die objektiv erforderliche Dauer der im Gutachten zugrunde gelegten Reparatur oder Ersatzbeschaffung an (BGH, Urteil vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 -, juris Rn. 15; Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 -, juris Rn. 9; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24. Juli 2008 - 5 W 154/08 - 58 -, juris Rn. 18 f.; OLG München, Urteil vom 13. September 2013 - 10 U 859/13 -, juris Rn. 7; OLG Hamburg, Urteil vom 27. Oktober 2004 - 14 U 112/03 -, juris Rn. 7; OLG Brandenburg, Urteil vom 15. Januar 2019 - 2 U 49/17 -, juris Rn. 32; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 249 Rn. 41 mit 37). Konkret eingetretene Verzögerungen bleiben demgegenüber außer Betracht.

b) Der von der Beklagten hinsichtlich des Nutzungsausfalls unstreitig gestellte und abgerechnete Zeitraum von 21 Tagen war objektiv ausreichend.

Das vom Kläger zur Grundlage seiner Abrechnung gemachte Gutachten weist eine objektiv erforderliche Reparatur- und Wiederbeschaffungsdauer von je 12 bis 14 Kalendertagen aus. Den notwendigen Zeitaufwand für Schadensfeststellung und Überlegung schätzt der Senat hier auf nicht länger als eine Woche (§ 287 ZPO). Die Erteilung des Gutachtenauftrags und die Durchführung der Besichtigung nehmen in der Regel nicht mehr als zwei Tage in Anspruch; sodann kann die Schadenskalkulation nach den Erfahrungen des Senats in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig längstens innerhalb von zwei weiteren Tagen erstellt werden (wie auch hier tatsächlich geschehen: Das Gutachten wurde am 21. März 2016 erstellt). Drei weitere Tage zur Überlegung, wie mit der Schadensabwicklung weiter verfahren werden soll, sind im Anschluss regelmäßig - so auch hier - ausreichend.

c) Der Kläger kann bei der gewählten fiktiven Abrechnung den konkret entstandenen (weiteren) Nutzungsausfall nicht geltend machen.

Entscheidet sich der Geschädigte für die fiktive Schadensabrechnung, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Schadensabwicklung angefallenen Schadensposten neben den vom Sachverständigen als erforderlich geschätzten nicht (zusätzlich) ersatzfähig. Der Geschädigte muss sich vielmehr an der gewählten Art der Schadensabrechnung festhalten lassen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 - VI ZR 146/16 -, juris Rn. 7; Urteil vom 13. September 2016 - VI ZR 654/15 -, juris Rn. 17, beide m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 249 Rn. 14). Das gilt auch für die Geltendmachung des konkreten Nutzungsausfalls im Rahmen einer fiktiven Abrechnung. Denn die Abrechnung auf Gutachtenbasis eröffnet dem Geschädigten grundsätzlich verschiedene Handlungsoptionen, so die Anschaffung eines Neuwagens anstelle eines Gebrauchtwagens, die Auswahl eines anderen Fahrzeugmodells und überdies die Abrechnung eines den Kaufpreis der Ersatzbeschaffung übersteigenden Wiederbeschaffungswertes. Diese Vorzüge der fiktiven Abrechnung kann er nicht mit einer höheren Nutzungsausfallentschädigung wegen tatsächlich eingetretener Verzögerungen (hier durch die Lieferzeit für das Neufahrzeug) kombinieren.

Daher folgt nichts anderes daraus, dass der Kläger sich letztlich zum Kauf eines Neuwagens entschlossen hat. Kauft der Geschädigte in frei gewählter Abkehr vom Wirtschaftlichkeitsgebot einen höherwertigen Neuwagen, obwohl er nach den Grundsätzen des Schadensrechts nur Anspruch auf die Reparatur oder die Kosten eines Gebrauchtwagens hat, so kann er Nutzungsausfall nur bis zu dem Zeitpunkt beanspruchen, der für eine Unfallreparatur oder die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens angefallen wäre (OLG Hamm, Urteil vom 1. Oktober 1992 - 6 U 113/92 -, VersR 1993, 766 f.; Urteil vom 2. April 1962 - 9 U 289/61 -, VersR 1962, 1017, 1018; Freymann/Rüßmann in jurisPK-​StraßenverkehrsR, § 249 BGB Rn. 183; Zwickel in Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 25 Rn. 30). Der Bundesgerichtshof hat lediglich für den - nicht gegebenen - Fall eine Ausnahme hiervon anerkannt, dass der Geschädigte bereits vor dem Unfall ein Neufahrzeug bestellt hatte und das verunfallte Fahrzeug bis zur Lieferung des Neufahrzeugs nutzen wollte (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 - VI ZR 62/07 -, juris Rn. 6 f.).

d) Der vom Kläger angebotene Beweis dazu, dass - entgegen seinem vorgerichtlich eingeholten Privatgutachten - ein dem Unfallfahrzeug entsprechendes Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt nicht verfügbar war, war nicht zu erheben, weil es hierauf nicht ankam.


aa) Die Dauer des zu gewährenden Nutzungsersatzes bemisst sich nach der geschätzten Dauer für die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11 -, juris Rn. 11) Fahrzeugs. Das Kriterium der Gleichwertigkeit (nicht: Gleichheit) bedingt schon begrifflich, dass eine gewisse Variationsbreite in der Ausstattung der Fahrzeuge hinzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hat dies dahin präzisiert, dass es allein auf eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Ersatzbeschaffung unter objektiven Gesichtspunkten ankommt. Entscheidend ist nicht, wie gerade der Geschädigte den Wert seines alten und den Wert eines Ersatzfahrzeugs ansetzt, sondern ob eine Schätzung unter objektiven Wertmaßstäben zur Feststellung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit führt. Auf bestimmte Ausstattungsmerkmale und Sonderfunktionen kann es daher grundsätzlich nur ankommen, soweit sie auf dem Markt objektiv werterhöhend wirken. Auf der anderen Seite ist gerade eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur gegeben, wenn das Ersatzfahrzeug das beschädigte Fahrzeug in seiner konkreten, ihm vom Geschädigten in objektiv nachvollziehbarer Weise zugedachten und wirtschaftlich relevanten Funktion ersetzen kann (BGH, Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 9/17 -, juris Rn. 8).

Gegenstand des zitierten Urteils waren Sonderausstattungen bei einem verunfallten Taxi, die nach öffentlich-​rechtlichen Regelungen für den Betrieb eines Fahrzeugs als Taxi erforderlich waren. Der Bundesgerichtshof grenzte die relevanten Faktoren gegenüber bloßen individuellen Ausstattungsmerkmalen ohne objektivierbaren wirtschaftlichen Wert ab (BGH, Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 9/17 -, juris Rn. 11). Das Urteil wird demnach dahin verstanden, dass Ausstattungen, die schadensrechtlich relevant sein sollen, solche sind, die für bestimmte Verwendungen des Fahrzeugs erforderlich sind, um sie etwa als Abschlepp- oder Handwerkerfahrzeug, Leichen- oder Wohnwagen zu nutzen (Almeroth, NZV 2017, 482, 483). Sonderausstattungen von privat genutzten Fahrzeugen, die nicht für den grundsätzlichen Einsatz des Fahrzeugs benötigt werden, sollen hingegen nicht erfasst sein (so Heß/Burmann, NJW-​Spezial 2017, 425, 426).

bb) Im Gegensatz dazu hat der Kläger ein sehr enges Verständnis dessen, was unter einem gleichwertigen Ersatzfahrzeug zu verstehen ist. Aus dem Zusammenhang seiner Darlegungen ist ersichtlich, dass er unter einem vergleichbaren oder entsprechenden Gebrauchtwagen ein mit dem Unfallfahrzeug (nahezu) identisches Kfz verstanden wissen will.

So sollte z.B. nach seinem Vortrag das Ersatzfahrzeug hinsichtlich Motor, Ausstattung und Kilometerstand dem Unfallwagen entsprechen (Klageschrift, S. 5/6). Es sei ihm „nicht zumutbar, dass...auf einen Teil der Ausstattung verzichtet wird“ (Klageschrift, S. 6). Bei seinen eigenen Recherchen habe er kein Fahrzeug gefunden „das dem klägerischen Fahrzeug absolut bzw. nahezu entspricht“ (Klägerschriftsatz vom 4. Februar 2019, S. 4).

Als relevante Ausstattungsmerkmale des Unfallwagens - die er von einem Ersatzfahrzeug auch erwartete - nannte der Kläger (Klageschrift, S. 3): elektrisch klappbarer Außenspiegel, Gurt mit Warnanzeige, Gepäckabdeckung, Tank mit 93 l Fassungsvermögen, Kompressor, Beschlagsensor, CD-​Spieler, Außenspiegel mit Umfeldeinstellung, Eco Start/Stopp Automatik, Euro-​Abgasnorm 6, Halogenscheinwerfer, Fußgängerschutz, Reifendruckkontrolle, Notrad, Kollisionswarnsystem, Knieairbag, Klimathermatikanlage, abblendbare Spiegel, Audiosystem, Innenauskleidung mit Pappelholz. Besonders hob der Kläger hervor (Klageschrift, S. 3, 6): Totwinkelassistent, Spur-​Paket, 9-​Gang-​Automatikgetriebe, Parktronic-​System, Sitzheizung und eine Anhängerkupplung.

cc) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Absage an die Berücksichtigung individueller Ausstattungsmerkmale in dem zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs so weit verstanden werden kann, wie es die oben (II.3.d.aa) angeführten Literaturstimmen tun. Er ist aber davon überzeugt, dass sich jedenfalls bei Privatfahrzeugen, die für keine Sonderverwendungen vorgesehen sind, eine kleinteilige Betrachtung verbietet, die die Gleichwertigkeit eines Ersatzfahrzeugs an die (nahezu volle) Identität der Ausstattungsmerkmale im Vergleich mit dem Unfallfahrzeug knüpft. Sähe man es anders, wäre es angesichts der heute zahllosen Ausstattungsvarianten von Fahrzeugen das Ende der Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens als Form der Naturalrestitution (die die Literatur ohnehin ablehnt, vgl. Oetker in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 251 Rn. 11; Zwickel in Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 24 Rn. 9, je m.w.N.). Dass der Bundesgerichtshof mit dem zitierten Urteil aber seine ständige Rechtsprechung zur Naturalrestitution durch Ersatzbeschaffung bei Gebrauchtfahrzeugen faktisch aufgeben wollte, ist ausgeschlossen (klar insoweit BGH, Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 9/17 -, juris Rn. 7).



Das Beweisangebot des Klägers, das auf das Nichtvorhandensein eines Ersatzfahrzeugs mit (nahezu) identischen Ausstattungsmerkmalen am Gebrauchtwagenmarkt abhob, war vor diesem rechtlichen Hintergrund verfehlt. Ihm war, da es nicht darauf ankam, nicht nachzugehen.

dd) Aus welchen Gründen die Beklagte dem Kläger die Mehrwertsteuer für die Ersatzbeschaffung erstattet hat, erschließt sich dem Senat nicht. Hieraus kann der Kläger für seine Sache jedenfalls nichts herleiten.

4. Mangels Erfolges in der Hauptsache waren auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu ersetzen.


III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Der Streitwert war gemäß § 3 ZPO entsprechend dem in der Berufung weiter geltend gemachten Betrag zu schätzen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

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