Ohne Vorliegen konkreter dagegensprechender Anhaltspunkte muss davon ausgegangen werden, dass einem Fahrzeugführer das Unterschreiten des Sicherheitsabstandes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 StVO) jedenfalls dann bewusst gewesen ist und er dies zumindest billigend in Kauf genommen hat, wenn er über einen Zeitraum, in dem er den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug bei gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen, mittels der in der Fahrschülerausbildung üblicherweise gelehrten Methoden (2-Sekunden-Test für Außerortsverkehr, Anzahl der Fahrzeuglängen oder Anzahl der zwischen den Fahrzeugen befindlichen Leitpfosten) überprüfen und korrigieren konnte, bei nicht abnehmender Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeugs lediglich einen Abstand von weniger als ein Viertel des Tachowertes einhält, so dass ein Schätzfehler fernliegt und die Begründung von Fahrlässigkeit gleichsam rechtsfehlerfrei nicht mehr möglich wäre. |
„Die in zulässiger Weise erhobene Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung es nicht bedarf (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG), ist unbegründet. Die Überprüfung des Urteils auf die – zwar nicht ausdrücklich so bezeichnete, aber aus der Gesamtheit der Ausführungen zu entnehmende – Sachrüge lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen. Die ohne Verstoß gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze widerspruchsfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen eine Vorschrift über den Abstand nach § 4 StVO. Soweit der Betroffene rügt, dass eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Abstandsvorschrift zu Unrecht erfolgt sei, weil das Gericht auf Seite 3 unter Punkt II. von einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit spreche, weisen die Urteilsgründe unter Ziffer II., 1. und 3. Abschnitt, in der Tat folgende Formulierungen auf:
Diese Formulierungen stehen im Widerspruch zur im Tenor ausgesprochenen Verurteilung wegen vorsätzlichen Verstoßes. Widersprüche zwischen Tenor und Gründen sind – wie geschehen – mit der Sachrüge angreifbar (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 267, Rn. 39 a). Indes lässt sich aus der Gesamtschau des Urteils ableiten, dass die Formulierungen auf einem Schreibversehen beruhen, im Wortsinne nur formelhaft verwendet wurden und somit ein nur scheinbarer Widerspruch gegeben ist. Denn in den weiteren Urteilsgründen legt das Gericht – hier nicht nur formelhaft, sondern unter Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt – dar, dass es von einer vorsätzlichen Begehungsweise überzeugt ist (UA, S. 6-7, 4. Abschnitt). Die Annahme einer vorsätzlichen Begehungsweise wiederholt das Gericht sodann jeweils zweifach unter Ziffer IV. und V. des Urteils (UA, S. 7). Bei einem solchen Scheinwiderspruch kann das Urteil Bestand haben (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO und § 354, Rn. 33). Die Identifizierung des Betroffenen als Fahrzeugführer lässt sich den Urteilsgründen ebenso nachvollziehbar entnehmen. Soweit die Rechtsbeschwerde die Identifizierung des Betroffenen als fehlerhaft und damit auch hier die Beweiswürdigung rügt, tragen die Urteilsgründe die Feststellung der Fahrereigenschaft des Betroffenen. Das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen deutlich und zweifelsfrei auf die bei den Akten befindlichen Lichtbilder des Geschwindigkeitsmessgeräts Bezug genommen (UA, S. 4) und diese damit gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG zum Bestandteil seiner Urteilsgründe gemacht. Das Gericht hat – entsprechend den Anforderungen in der Rechtsprechung an Lichtbilder, die nach Inhalt oder Qualität zur Identifizierung eines Betroffenen nur eingeschränkt geeignet sind (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.1995 – 4 StR 170/95, zitiert nach juris Rn. 25) – im Einzelnen dezidiert erörtert, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint (UA, S. 4-5). Es benennt und beschreibt mehrere – auf den Lichtbildern erkennbare – Identifizierungsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenarten, die für die richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren. Es hat das mündlich erstattete Identitätsgutachten des Sachverständigen Humanbiologen Dr. Schott differenziert gewürdigt und insbesondere dargelegt, warum es eine einwandfreie Identifizierung ermöglichte. Anhand der Würdigung der gutachterlichen Ausführungen, dass mit 18 Übereinstimmungsmerkmalen mehr als die erforderliche Anzahl an Merkmalen festgestellt werden konnten und dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Person als der Betroffene der auf den Lichtbildern abgebildete Fahrer sei, bei weniger als 1 % liege, hat das Gericht rechtsfehlerfrei dargelegt, warum es davon überzeugt ist, keinerlei Zweifel an der Fahrereigenschaft des Betroffenen zu haben. Auch gegen die Feststellung der Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands ist rechtsbeschwerderechtlich nichts zu erinnern. Die Abstandsmessung erfolgte ausweislich der Urteilsfeststellungen mit dem Messsystem VKS der Firma Vidit. Dieses ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung als sog. standardisiertes Messverfahren anerkannt, weil die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 03.11.2017 – 3 Rb 6 Ss 681/17, zitiert nach juris Rn. 7). In diesem Fall kann sich der Tatrichter im Urteil grundsätzlich darauf beschränken, das angewendete Messverfahren und das Messergebnis – also die gemessene Geschwindigkeit nebst Toleranzwert sowie den ermittelten vorwerfbaren Abstandswert – mitzuteilen (vgl. OLG Karlsruhe, aaO). Diesen Anforderungen wird das Urteil gerecht. Allein auf dieser Basis kann sich das Gericht grundsätzlich die Überzeugung von der Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands verschaffen. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts unterlag auch diesbezüglich keinen Rechtsfehlern und ist nachvollziehbar. |