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BGH Urteil vom 12.03.2021 - V ZR 33/19 - Fiktive Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz statt der Leistung beim Wohnungskaufvertrag

BGH v. 12.03.2021: Fiktive Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz statt der Leistung beim Wohnungskaufvertrag




Der BGH (Urteil vom 12.03.2021 - V ZR 33/19) hat entschieden:

   Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 und Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53).(Rn.7) Allerdings muss die Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Siehe auch
Abstrakte bzw. sog. fiktive Schadensabrechnung - Abrechnung auf Gutachtenbasis
und
Stichwörter zum Thema Unfallschadenregulierung

Tatbestand:


Die Kläger erwarben von dem Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Februar 2014 eine Eigentumswohnung zum Preis von 79.800 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem Kaufvertrag heißt es in Nr. III.1:

   „(Abs. 4) Der Verkäufer verpflichtet sich, die Fassade zur Gartenseite und die rechte Fassadenseite zum Stellplatz hin bis zum 1. April 2014 auf seine Kosten sach- und fachgerecht zu isolieren und zu verputzen. Für diese Arbeiten übernimmt der Verkäufer die Gewährleistung nach den Regeln des Werkvertragsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches.

(Abs. 5) Dem Verkäufer ist bekannt, dass es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab. Sollte es bis zum 31. Dezember 2015 erneut zu einer Feuchtigkeit im Schlafzimmer kommen, verpflichtet sich der Verkäufer, diese auf seine eigenen Kosten zu beheben.“

Nach Übergabe der Wohnung trat Ende 2014 Feuchtigkeit in dem Schlafzimmer der Kläger auf, zu deren Beseitigung die Kläger den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung aufforderten. Die Wohnungseigentümer ermächtigten die Kläger durch Beschluss auch insoweit zur Behebung der Schäden, als das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Mit der Klage verlangen die Kläger von dem Beklagten die Zahlung der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer in Höhe von 12.312,90 € und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten; ferner wollen sie feststellen lassen, dass der Beklagte weitere Schäden ersetzen muss.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 7.972,68 € nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Ersatzpflicht für weitere Schäden festgestellt; dabei hat es die Forderung, soweit sie Schäden am Gemeinschaftseigentum betrifft, auf den Kostenanteil der Kläger beschränkt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten - soweit von Interesse - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, will der Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt erreichen.




Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht legt die in Nr. III.1 Abs. 5 des notariellen Vertrags vom 27. Februar 2014 getroffene Regelung dahingehend aus, dass der Beklagte im Hinblick auf die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden im Schlafzimmer keine werkvertragliche Herstellungspflicht übernommen hat, sondern nach den Regeln der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung haftet; nach dem Parteiwillen habe der Beklagte das Risiko erneut auftretender Feuchtigkeit als Verkäufer tragen sollen. Die Verpflichtung zur Behebung der Feuchtigkeit umfasse die Behebung der Schadensursache auch insoweit, als diese im Gemeinschaftseigentum liege. Nach fruchtloser Fristsetzung sei der Beklagte aufgrund der festgestellten Feuchtigkeitsmängel verpflichtet, Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB zu leisten. Dieser Anspruch könne - anders als im Werkvertragsrecht - anhand der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten bemessen werden, und er setze nicht voraus, dass die Mängelbeseitigung bereits durchgeführt sei.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet der Beklagte für die Feuchtigkeitsschäden in dem Schlafzimmer nach den Bestimmungen des Kaufrechts. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass die Herstellungsverpflichtung des Beklagten im Hinblick auf die Fassade (III.1 Abs. 4 des Vertrags) ausdrücklich dem Werkvertragsrecht unterstellt worden sei, während eine solche Regelung hinsichtlich der Feuchtigkeit im Schlafzimmer (III.1 Abs. 5 des Vertrags) fehle. Diese tatrichterliche Auslegung, die revisionsrechtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar ist (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Oktober 2009 - V ZR 203/08, NJW 2010, 146 Rn. 10), lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet; dasselbe gilt für die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Haftungsausschluss nicht eingreift.

2. Infolgedessen ist der Beklagte aufgrund der festgestellten Feuchtigkeitsmängel gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB kann - wie es die Kläger verlangen - anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden.




a) Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Bemessung des kaufvertraglichen Schadensersatzes statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach kann der Käufer im Rahmen des kleinen Schadensersatzes entweder Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen, wobei es unerheblich ist, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird. Dies haben der V. und anschließend der VIII. Zivilsenat im Wesentlichen mit dem Gleichlauf zwischen werkvertraglichem und kaufrechtlichem Nacherfüllungsanspruch infolge der Schuldrechtsreform begründet; dabei haben sie sich auf die bisherige Rechtsprechung des VII. Zivilsenats zum Werkvertragsrecht in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung bezogen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31; Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 33; Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn. 21; BGH, Urteil vom 29. April 2015 - VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 12).

b) Für den werkvertraglichen Anspruch auf kleinen Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4, § 280, § 281 Abs. 1 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung hat der VII. Zivilsenat seine langjährige Rechtsprechung, nach der der Schaden anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten bemessen werden konnte, allerdings inzwischen aufgegeben (Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.). Wie das Berufungsgericht zutreffend erkennt, lässt sich dies auf die kaufrechtliche Sachmängelhaftung gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB nicht übertragen. Ein Abgehen von der Kontinuität der Rechtsprechung kann nur ausnahmsweise hingenommen werden, wenn deutlich überwiegende oder sogar schlechthin zwingende Gründe dafür sprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 1982 - GSZ 1/82, BGHZ 85, 64, 66). Diese Voraussetzungen sind für die mittlerweile langjährig anerkannte und praktizierte kaufrechtliche Schadensbemessung zu verneinen.

aa) Dass für das Kaufrecht die weitaus überwiegenden Argumente für die bisherige Lösung sprechen, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13. März 2020 ausführlich begründet (V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 33 ff.), und er hält an diesen Erwägungen uneingeschränkt fest.

(1) Der Schadensersatz kann anhand der Kosten für die (ausgebliebene) Nachlieferung oder Nachbesserung bemessen werden, für die der Käufer nunmehr selbst Sorge tragen muss. Diese Kosten werden durch die Mängelbeseitigungskosten zutreffend abgebildet, ohne dass es darauf ankommt, ob sie tatsächlich aufgewendet werden. Ein Ergebnis, wonach der Käufer einer Sache die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorfinanzieren muss, wäre nicht vertretbar. Hierzu wäre der Käufer nach der klaren gesetzlichen Regelung gezwungen, und er müsste Nachteile und Risiken der Vorfinanzierung tragen, nachdem und weil der Verkäufer die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat. Denn ein Selbstvornahmerecht mit einem Vorschussanspruch, wie er in § 637 Abs. 3 BGB vorgesehen ist, gibt es im Kaufrecht nicht (näher Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 41 ff. mwN).

(2) Das Vorfinanzierungsrisiko wird auch nicht dadurch kompensiert, dass der Käufer vor Durchführung der Mängelbeseitigung den Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts verlangen könnte. Zwar hält es auch der VII. Zivilsenat in geeigneten Fällen nach wie vor für zulässig, den mangelbedingten Minderwert anhand der Mängelbeseitigungskosten zu schätzen (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 81 ff.). Im Kaufrecht ist aber kein Anlass dafür ersichtlich, den Käufer, der vollen Ersatz seines Schadens verlangt, zunächst auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts zu beschränken und erst dann, wenn im Zuge der Mängelbeseitigung höhere Kosten entstehen, eine spätere Änderung der zunächst gewählten Schadensbemessung zuzulassen. Denn der mangelbedingte Minderwert lässt sich - wovon auch der VII. Zivilsenat ausgeht - nur in geeigneten Fällen anhand der Mängelbeseitigungskosten schätzen; ist er geringer, müsste der Käufer ggf. erhebliche Vorleistungen erbringen. Ohnehin ist in der Sache für das Kaufrecht nicht erkennbar, dass die bisherige Rechtsprechung zu unangemessenen Ergebnissen geführt hätte. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen in dem Beschluss vom 13. März 2020 (V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 45 ff.).




bb) Allerdings muss die Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dies hat der VII. Zivilsenat für das Werkvertragsrecht in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB bereits im Jahr 2010 entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 Rn. 12 ff.). Der V. Zivilsenat hat diese Sichtweise für das Kaufrecht übernommen (Senat, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn. 26; Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 29). Da die Umsatzsteuer einen durchlaufenden und abgrenzbaren Posten darstellt, ist in diesem Punkt der Rechtsgedanke des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB übertragbar, und die Erwägungen, die den Gesetzgeber zu der Einfügung dieser Norm bewogen haben (BT-Drucks. 14/7752 S. 13 f.), können herangezogen werden; auf diese Weise wird insoweit ein Gleichlauf mit dem deliktischen Rechtsschutz hergestellt.

3. Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ist weder wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 GVG) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG) erforderlich, nachdem der VII. Zivilsenat die Begründung der Rechtsprechungsänderung in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) im Hinblick auf die Verankerung im Werk- und Architektenvertragsrecht vertieft und ergänzt hat.

a) Der V. Zivilsenat kann an der bisherigen kaufrechtlichen Rechtsprechung festhalten, ohne im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG von der mit Beschluss vom 8. Oktober 2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) präzisierten Rechtsprechung des VII. Zivilsenats abzuweichen.

aa) Zu seinem Anfragebeschluss vom 13. März 2020 hat sich der V. Zivilsenat in erster Linie wegen der Begründung, die der VII. Zivilsenat zunächst für seine Rechtsprechungsänderung gegeben hatte, veranlasst gesehen (V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 10, 23). Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass Regelungen des besonderen Schuldrechts Unterschiede in der Schadensbemessung rechtfertigen könnten, weil die §§ 437, 634 BGB jeweils nur unter dem Vorbehalt, dass „nicht ein anderes bestimmt ist“, auf die §§ 280, 281 BGB verweisen (V ZR 33/19, aaO Rn. 26).

bb) In seinem Beschluss vom 8. Oktober 2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) hat der VII. Zivilsenat nunmehr vertiefend erläutert, dass und warum er die Änderung seiner Rechtsprechung maßgeblich auf die Neugestaltung der werkvertraglichen Mängelrechte durch die Schuldrechtsmodernisierung und insbesondere auf die Ausgestaltung des Vorschussanspruchs stützt.

(1) Danach beschränkt sich der werkvertragliche Vorschussanspruch gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB nicht auf das Erfüllungsstadium. Er stehe dem Besteller auch dann zu, wenn dieser bereits Schadensersatz statt der Leistung verlangt habe und ein Anspruch auf die Leistung infolgedessen gemäß § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen sei (Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 54 ff.). Aus dem letzten Halbsatz des § 637 Abs. 1 BGB lasse sich nichts Anderes herleiten (so bereits Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 50 f.). Diese zentrale Prämisse des VII. Zivilsenats ist spezifisch werkvertraglicher Natur und fällt in dessen alleinigen Zuständigkeitsbereich.

(2) Darüber hinaus hat der VII. Zivilsenat klargestellt, dass er im Hinblick auf die Haftung des Architekten (bzw. des Ingenieurs) - für die er ebenfalls allein zuständig ist - einen Vorschussanspruch zwar auf den Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB stützt, dies aber wegen der besonders engen Verknüpfung von Werk- und Architektenvertrag allein aus dem Rechtsgedanken des (nicht direkt anwendbaren) § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB ableitet, um auf diese Weise der gesamtschuldnerischen Haftung von Architekt und Unternehmer Rechnung zu tragen (Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 77). Eine allgemeine schadensersatzrechtliche Aussage, die folgerichtig auf andere Vertragstypen und insbesondere auf das Kaufrecht zu übertragen wäre, soll damit ausdrücklich nicht verbunden sein (Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 78).

(3) Insgesamt stützt sich der VII. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2020 maßgeblich auf den normativen Schadensbegriff; es sei stets eine schadensrechtliche Wertung erforderlich, die neben den allgemeinen Grundsätzen auch die Besonderheiten des jeweiligen Vertragstyps in den Blick zu nehmen habe (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 25). Sein Konzept, wonach der Schadensersatzanspruch nur bereits aufgewandte Mängelbeseitigungskosten umfasst, leitet der VII. Zivilsenat aus der Ausgestaltung der werkvertraglichen Mängelrechte, insbesondere des Selbstvornahmerechts (§ 637 BGB), und nicht mehr (auch) aus verallgemeinerungsfähigen schadensrechtlichen Überlegungen wie dem Zeitpunkt der Schadensentstehung (vgl. Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 32) oder dem Herausforderungsgedanken (vgl. Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, aaO Rn. 46) her.

cc) Ausgehend von den genannten - durch den V. Zivilsenat hinzunehmenden - werkvertraglichen Prämissen bestehen Unterschiede, die im Kaufrecht eine andere Schadensbemessung erfordern. Ein mit einem Vorschussanspruch flankiertes Selbstvornahmerecht gibt es - wie oben ausgeführt (Rn. 11) - im Kaufrecht nicht. Aus grundsätzlichen Erwägungen lässt sich ein zweckgebundener und abzurechnender Vorfinanzierungsanspruch auch nicht aus dem allgemeinen Schadensersatzrecht herleiten. Dies stünde nämlich nicht nur im Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts, namentlich der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, sondern verwischte auch die dogmatischen Unterschiede zwischen Vorschuss- und Schadensersatzansprüchen (näher Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 44 mwN). Eine Ausnahme im Bereich der Architektenhaftung lässt sich nur werkvertraglich in dem Rechtsgedanken des § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB verankern; dass der Vorschussanspruch gegen den Architekten in diesen Normen wurzelt, hat der VII. Zivilsenat nunmehr klargestellt. Auf andere Vertragstypen und insbesondere auf das Kaufrecht sind diese Erwägungen nicht übertragbar und sollen es auch nach Ansicht des VII. Zivilsenats nicht sein. Dieser hat für das Werkvertragsrecht ausdrücklich klargestellt, dass der Besteller, soweit er Schadensersatz verlangen könne, in der Verwendung des von dem Unternehmer geschuldeten Betrags frei sei (Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 33 a.E.). Anders sieht es der VII. Zivilsenat bei dem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten nur deshalb, weil dieser wie ein werkvertraglicher Vorschussanspruch behandelt werden soll. Damit bleiben die grundsätzlichen dogmatischen Unterschiede zwischen Vorschuss- und Schadensersatzansprüchen gewahrt.

b) Ebenso wenig bedarf es einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG).

aa) Allerdings steht einer Vorlage wegen Grundsatzbedeutung nicht von vornherein entgegen, dass die Rechtsfrage einerseits das Kaufrecht, andererseits das Werkvertragsrecht und damit unterschiedliche Normen betrifft. Denn die gleiche Rechtsfrage kann auch dann zur Entscheidung stehen, wenn der gleiche Rechtsgrundsatz, mag er auch in mehreren Gesetzesbestimmungen seinen Niederschlag gefunden haben, von zwei Senaten unterschiedlich aufgefasst und gehandhabt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 1953 - GSZ 1-3/53, BGHZ 9, 179, 181; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1/72, BGHZ 60, 392, 394; BVerfG, wistra 2009, 307, 309). Aus diesem Grund setzt die Zulässigkeit einer Vorlage gemäß § 132 Abs. 4 GVG (im Unterschied zu einer Divergenzvorlage gemäß § 132 Abs. 2 GVG) richtigerweise auch nicht die Ergebnisrelevanz im konkreten Einzelfall voraus (eingehend Groß/Pamp, ZZP 113 [2000], 467, 473 ff. mwN). Eine Grundsatzbedeutung kam schon deshalb ernsthaft in Betracht, weil die zunächst gegebene Begründung des VII. Zivilsenats für die Rechtsprechungsänderung eine breite Diskussion in Rechtsprechung und Literatur zu deren Übertragbarkeit auf andere Vertragstypen des besonderen Schuldrechts angestoßen hat (näher Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 28 mwN; aus jüngster Zeit LG Nürnberg-Fürth, NJW 2020, 251, 252; Riehm, NJW 2021, 27 f.). Zudem war ein stärkerer Gleichlauf von Kauf- und Werkvertragsrecht erklärtes Ziel der Schuldrechtsreform (näher Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, aaO Rn. 25 mwN).

bb) Diese Aspekte führen im Ergebnis nicht dazu, dass den maßgeblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zukommt.


(1) Die von dem VII. Zivilsenat vorgenommene Bemessung des kleinen Schadensersatzes statt der Leistung ist angesichts der präzisierten und klarer konturierten werkvertraglichen Verankerung nicht auf andere Vertragstypen des besonderen Schuldrechts übertragbar. Insbesondere ist für die Rechtspraxis nunmehr eindeutig geklärt, dass die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats dogmatisch nicht im allgemeinen Leistungsstörungsrecht (§§ 280, 281 BGB), sondern im besonderen Schuldrecht zu verorten ist; das besondere Schuldrecht ist den für den jeweiligen Vertragstyp zuständigen Senaten des Bundesgerichtshofs in alleiniger Verantwortung zugewiesen.

(2) Ebenso wenig begründet der fehlende Gleichlauf zwischen Werk- und Kaufvertragsrecht die Grundsatzbedeutung. Allerdings kann eine unterschiedliche Schadensbemessung gerade in Grenzbereichen zwischen Werk- und Kaufvertragsrecht, etwa bei dem Erwerb relativ neuer Immobilien oder bei Werklieferungsverträgen (§ 650 BGB), zu misslichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 27). Eine unterschiedliche Behandlung von Kauf- und Werkvertragsrecht erfordert daher zumindest triftige Gründe. Solche Gründe liegen vor. Denn der VII. Zivilsenat hat sein zentrales Argument, wonach die Schadensbemessung anhand noch nicht aufgewandter Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht zu einer erheblichen und mit dem Bereicherungsverbot unvereinbaren Überkompensation führen könne, näher begründet und nachvollziehbar erläutert, und seine Erwägungen sind auf das Kaufrecht nicht übertragbar. Die durch den V. Zivilsenat insoweit erhobenen Bedenken (Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, aaO Rn. 27) sind damit ausgeräumt.

(a) Der VII. Zivilsenat hat herausgearbeitet, dass individuelle Leistungsbeschreibungen für das Werkvertragsrecht weitaus größere Bedeutung haben als für das Kaufrecht. Infolgedessen komme es bei Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit häufig zu Sachmängeln, mit denen der Besteller „leben“ könne. Dadurch entstehe ein (Fehl-)Anreiz, die ggf. hohen Mängelbeseitigungskosten zu vereinnahmen und von der Beseitigung abzusehen (eingehend BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 41 bis 53). Gesteigert werde diese Problematik durch die Reichweite des Nacherfüllungsanspruchs. Da die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werde, treffe den Unternehmer eine nahezu unbegrenzte Nacherfüllungspflicht (näher BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 64 bis 66; zu diesem Aspekt bereits BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 71).

(b) Die Ausgangslage im Kaufrecht ist grundlegend anders. Namentlich beim Kauf gebrauchter Immobilien, der eine besondere Nähe zum Baurecht aufweist, stellen diejenigen Mängel, mit denen der Käufer „leben kann“, jedenfalls nicht die Regel dar. Da ein mit einem Bestandsgebäude bebautes Grundstück regelmäßig in dem vorhandenen Zustand verkauft wird, spielen individuelle Leistungsbeschreibungen eine weitaus geringere Rolle als bei einem zu errichtenden Gebäude. Selbst objektiv nachteilige Eigenschaften einer gebrauchten Immobilie begründen nicht ohne weiteres einen Sachmangel, sofern sie bauzeittypisch sind (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2019 - V ZR 4/19, NJW-RR 2020, 121 Rn. 14; näher Krüger, ZNotP 2010, 42 ff.). Zudem haftet der Verkäufer wegen des in der Praxis üblichen Haftungsausschlusses vornehmlich dann, wenn er einen Sachmangel arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB). Aus diesen Gründen kommt praktische Bedeutung nach der Erfahrung des V. Zivilsenats vor allem solchen Sachmängeln zu, die die Eignung der Kaufsache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung in Frage stellen (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB), wie etwa Feuchtigkeit, Schadstoffbelastung, Schädlingsbefall oder auch eine fehlende Baugenehmigung. Das sind regelmäßig Mängel, mit denen der Immobilienkäufer nicht oder jedenfalls deutlich schlechter „leben“ kann als mit der mangelfreien Immobilie, und die durch die Mängelbeseitigungskosten meist angemessen abgebildet werden. Gerade insoweit sind die Unterschiede zum Baurecht deshalb gering, weil der VII. Zivilsenat, wie er ausdrücklich klargestellt hat, in Fallgestaltungen dieser Art die Schätzung des mangelbedingten Minderwerts anhand der Mängelbeseitigungskosten weiterhin für zulässig hält (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 81; Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 27 und 30 und dazu Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 53). Infolgedessen müssen in solchen Fällen - jedenfalls im Ergebnis - die noch nicht angefallenen Mängelbeseitigungskosten unabhängig von der Rechtsnatur des Vertrags ersetzt werden.



(c) Daneben gibt es aber auch beim Kauf beweglicher oder unbeweglicher Sachen nicht selten Fallgestaltungen, in denen die Mängelbeseitigungskosten den mangelbedingten Minderwert nicht zutreffend abbilden, sondern diesen erheblich überschreiten. Vornehmlich in solchen Fällen wirkt sich die Einordnung des Vertrags in das Kauf- oder in das Werkvertragsrecht künftig auf die Ersatzfähigkeit noch nicht angefallener Mängelbeseitigungskosten aus. Dafür gibt es aber triftige Gründe. Der Käufer kann den Ersatz der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten, wie bereits ausgeführt, schon deshalb verlangen, weil ihm die Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung nicht zuzumuten wäre (vgl. Rn. 11). Darüber hinaus wird einer unangemessenen Überkompensation im Kaufrecht durch die Begrenzung des Nacherfüllungsanspruchs entgegengewirkt. Aus der Reichweite des jeweiligen Nacherfüllungsanspruchs in § 439 BGB und in § 635 BGB ergeben sich - wie der VII. Zivilsenat zutreffend darlegt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 63 ff.) - entscheidende Unterschiede zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht, die einem Gleichlauf beider Rechtsgebiete gerade bei einem Auseinanderfallen von Mängelbeseitigungskosten und mangelbedingtem Minderwert ohnehin entgegenstehen.

(aa) Für das Kaufrecht hat der V. Zivilsenat den Nacherfüllungsanspruch begrenzt, indem er aus § 439 Abs. 4 Satz 2 BGB Vorgaben für die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung abgeleitet hat (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 41 ff.). Diese Begrenzung wirkt sich unmittelbar auf die Höhe des nachfolgenden Schadensersatzanspruchs aus und verhindert eine Überkompensation des Käufers. Kann nämlich der Verkäufer die Nacherfüllung verweigern, weil sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, beschränkt sich der Schadensersatzanspruch des Käufers auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, aaO Rn. 34 ff.). Als erster Anhaltspunkt kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten der Mängelbeseitigung unverhältnismäßig sind, wenn sie den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200 % des mangelbedingten Minderwerts übersteigen (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, aaO Rn. 41 ff.).

Infolgedessen weicht die Schadensbemessung im Kaufrecht jedenfalls nicht signifikant von derjenigen nach altem Schuldrecht ab. Beispielsweise spricht viel dafür, dass der Sachverhalt, der dem von dem VII. Zivilsenat mehrfach herangezogenen Urteil des V. Zivilsenats vom 16. November 2007 (V ZR 45/07, NJW 2008, 436) zugrunde lag, nach neuem Kaufrecht nicht anders zu beurteilen wäre. Damals hatte der Senat die nach altem Schuldrecht allein zulässige vereinfachte Berechnung des Minderwerts anhand der Mängelbeseitigungskosten deshalb versagt, weil die mangelbedingte Wertminderung des verkauften Grundstücks (46.016,27 €) deutlich hinter den Kosten für die Herstellung der fehlenden, aber zugesicherten Dachgeschosswohnungen (217.099,78 €) zurückblieb (Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 45/07, aaO Rn. 11 f.). Auch nach heutiger Rechtslage könnte der Käufer nicht ohne weiteres den Ersatz der Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz verlangen. Da die Mängelbeseitigungskosten den mangelbedingten Minderwert um mehr als 400 % überstiegen, läge nämlich ein erster Anhaltspunkt für die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung vor, so dass - vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls - heute wie damals nur der Ersatz des mangelbedingten Minderwerts geschuldet wäre.

(bb) Im Werkvertragsrecht hat eine solche Begrenzung der Nacherfüllung - und damit zugleich des nachfolgenden Schadensersatzanspruchs - keine Entsprechung (näher BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 43, 66). Wird, wie es der VII. Zivilsenat aufgrund des Erfolgsversprechens des Unternehmers nachvollziehbar für richtig hält, der Nacherfüllungsanspruch hochgehalten, indem der Unternehmer die Nacherfüllung nur in seltenen Ausnahmefällen wegen unverhältnismäßiger Kosten (§ 635 Abs. 3 BGB) verweigern darf, ergibt sich ein dem Kaufrecht fremdes Dilemma. Denn je strenger die Anforderungen an die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung ausgestaltet werden, desto höher können die Mängelbeseitigungskosten ausfallen und desto größer wird das Problem der schadensersatzrechtlichen Überkompensation durch eine von der Durchführung der Mängelbeseitigung losgelöste Ersatzfähigkeit der Mängelbeseitigungskosten. Das gilt insbesondere bei solchen Sachmängeln, mit denen der Besteller „leben“ kann und die er daher - zumal, wenn die Beseitigung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk unter Einschluss anderer Gewerke erfordert - nicht ohne weiteres beseitigen wird.

(d) Schließlich stellen sich auch die Probleme der Leistungskette, deren praktische Relevanz im Werkvertragsrecht der VII. Zivilsenat eingehend dargelegt hat (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 48 ff.), im Kaufrecht nicht in gleicher Weise.

4. Die angefochtene Entscheidung hält auch im Übrigen der rechtlichen Überprüfung stand. Im Hinblick auf die Anspruchshöhe, die Nebenforderungen sowie die Zuerkennung des Feststellungsantrags erhebt auch die Revision keine Einwendungen. Soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, ist die Verurteilung des Beklagten in den Vorinstanzen auf den Ersatz der nach dem Miteigentumsanteil bestimmten anteiligen Kosten beschränkt worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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