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Amtsgericht Rüsselsheim Urteil vom 19.07.2021 - 3 C 039/20 (41) - Ersatz privater Abschleppkosten auch nach 11 Tage andauernder Besitzstörung

AG Rüsselsheim v. 19.07.2021: Ersatz privater Abschleppkosten auch nach 11 Tage andauernder Besitzstörung




Das Amtsgericht Rüsselsheim (Urteil vom 19.07.2021 - 3 C 1039/20 (41)) hat entschieden:

   Der Vermieter eines Parkplatzes hat gegen den widerrechtlich parkenden Besitzstörer einen Anspruch auf Ersatz der Abschleppkosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Dabei kommt es auf das Tatbestandsmerkmal „sofort“ nicht an (hier: unberechtigte Parkdauer: 11 Tage).

Siehe auch
Private Abschleppkosten - privates Falschparken
und
Abschleppkosten allgemein

Tatbestand:


Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen,

Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig aber nicht begründet

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB,, da ihre Leistung mit Rechtsgrund erfolgt ist.. Der Beklagte hatte gegen die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB.

Die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683 BGB liegen vor. Die Umsetzung des Fahrzeugs der Klägerin stellt ein Handeln in fremdem Rechtskreis und damit eine Fremdgeschäftsführung im Sinne des § 677 BGB dar. Die Klägerin war nach §§ 858 ff. BGB verpflichtet, ihr Fahrzeug von dem Parkplatz des Beklagten zu entfernen. Das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück begründet eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB, für die nicht nur der Fahrer, sondern ebenfalls der Halter des Fahrzeugs verantwortlich ist. Dass der Beklagte bei der Beauftragung der Parknotruf GmbH auch im eigenen Interesse tätig geworden ist, schließt seinen Willen, ein fremdes Geschäft der Klägerin zu führen, nicht aus.




Die Übernahme des Geschäfts entspricht dem objektiven Interesse der Klägerin. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gilt die Tilgung einer einredefreien Schuld grundsätzlich als vorteilhaft und damit als interessegemäß. Entsprechendes gilt, wenn ein Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst beseitigt. Der Störer wird von der ihm gem. § 1004 I 1 BGB obliegenden Pflicht frei, so dass die Übernahme des Geschäfts auch in seinem objektiven interesse liegt und er - wenn die weiteren Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen - verpflichtet ist, dem Eigentümer gem. § 683 BGB die zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen zu erstatten (BGH, Urteil vom 11.3.2016 - V ZR 102/15, NJW 2016, 2407). Dies war hier der Fall. Das Abschleppen des Fahrzeugs stellt sich hier bei objektiver Betrachtung als für die Klägerin vorteilhaft dar. Die Klägerin ist von ihrer Verpflichtung zur Entfernung des Fahrzeugs von dem Parkplatz nach § 861 BGB frei geworden. Hierbei kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darauf an. ob die Entfernung des Fahrzeugs „sofort“ im Sinne des § 859 Abs. 3 BGB geschehen ist. Denn der Anspruch auf Beseitigung der verbotenen Eigenmacht nach S$ 861 ff. BGB besteht unabhängig von dieser zeitlichen Begrenzung.



Die Entfernung des Fahrzeugs entsprach auch dem mutmaßlichen Willen der Klägerin. Da die Klägerin davon ausging, sie dürfe auf dem streitgegenständlichen Parkplatz parken, hatte sie keinen Willen dazu gebildet, ob ihr Fahrzeug von dem Berechtigten abgeschleppt werden solle. Es kommt daher auf den mutmaßlichen Willen der Klägerin an. Da die Entfernung des Fahrzeugs im objektiven Interesse der Klägerin lag, war auch ihr mutmaßlicher Wille hierauf gerichtet Sie wurde durch die Geschäftsführung von ihrer Verpflichtung zur sofortigen Störungsbeseitigung befreit, die nur durch ein Umsetzen des Fahrzeugs bewirkt werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 11.3.2016 - V ZR 102/15, NJW 2016, 2407).

Nach §§ 670, 677 683 S. 1 BGB kann der Beklagte von der Klägerin diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Der Beklagte durfte die hier geltend gemachten Kosten für erforderlich halten. Die Höhe der Kosten wurde von der Klägerin nicht beanstandet und gilt damit als zugestanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO ersichtlich nicht gegeben sind.-

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