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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss vom 24.08. 998 - 2 Ss (OWi) 289/98 - (OWi) 85/98 III - Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer nicht angepassten Geschwindigkeit iSd StVO § 3 Abs.

OLG Düsseldorf v 24.08. 998: Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer nicht angepassten Geschwindigkeit iSd StVO § 3 Abs.


Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 24.08. 998 - 2 Ss (OWi) 289/98 - (OWi) 85/98 III) hat entschieden:

  1.  Im Einzelfall reichen die Tatsache eines Unfalls, dessen Ablauf und festgestellte erhebliche Unfallschäden als objektive Anhaltspunkte aus, um eine offensichtlich zu hohe Geschwindigkeit anzunehmen. In derartigen Fällen ist nicht erforderlich, dass der Tatrichter weitere Feststellungen dazu trifft, welche Fahrgeschwindigkeit nach den örtlichen Verhältnissen und den persönlichen Fähigkeiten des Fahrers höchstens zulässig war..

  2.  Der Verhängung eines Fahrverbots gemäß BKatV § 2 Abs 2 S. 1 (alt) steht nicht entgegen, dass ein Fahrverbot im Fall eines Verstoßes gegen StVO § 3 Abs nach BKatV § 2 Abs 1 Nr. 1 bis 4 (alt) nicht in Betracht kommt.


Siehe auch
Geschwindigkeitsverstöße im Ordnungswidrigkeitenrecht
und
Stichwörter zum Thema Fahrverbot

Gründe:


I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 250,– DM verhängt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 8. Oktober 997 die A in Richtung K Bei schlechten Sicht- und Wetterverhältnissen geriet er auf regennasser Fahrbahn mit seinem PKW ins Schleudern. Das Fahrzeug schleuderte nach rechts über den erste Fahrstreifen und prallte mit der Fahrzeugfront gegen die Seitenschutzplanke. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der PKW wieder auf den ersten Fahrstreifen zurückgeschleudert und kam quer zur Fahrtrichtung zum Stehen. Das Fahrzeug wurde im Frontbereich und an der gesamten linken Seite stark beschädigt.




II.

Die Rechtsbeschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet.

1. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen nicht angepasster Geschwindigkeit iSd § 3 Abs. 1 StVO.

Zwar ist im Rahmen des § 3 Abs. 1 StVO in der Regel zu verlangen, dass der Tatrichter eine klare Vorstellung darüber gewinnt und der Verurteilung zugrunde legt, welche Fahrgeschwindigkeit an der betreffenden Stelle nach den örtlichen Verhältnissen und den persönlichen Fähigkeiten des Fahrers höchstens zulässig war (vgl. BGH VRS 28, 430, 432; OLG Köln VRS 89, 446, 449; BayObLG VRS 53, 433, 434/435; OLG Koblenz VRS 53, 360, 362; KG VRS 33, 54, 55; OLG Celle NdsRpfl 963, 23). Auf eine ausdrückliche, ziffernmäßig genaue Feststellung der an sich zulässigen Geschwindigkeit kann indessen verzichtet werden, wenn nach den übrigen Umständen feststeht, dass die gefahrene Geschwindigkeit offensichtlich zu hoch war (vgl. BayObLG, aaO; KG, aaO; OLG Celle, aaO; OLG Köln VRS 26, 223, 224; OLG Neustadt VRS 2 , 2 4, 2 5). In diesem Zusammenhang kann insbesondere von Bedeutung sein, dass es zu einem gravierenden Unfall gekommen ist und der Unfallablauf auf eine überhöhte Geschwindigkeit als Ursache hinweist (vgl. OLG Köln VRS 44, 276, 278).

Vorliegend bestehen unter Berücksichtigung der festgestellten schlechten Sicht- und Wetterverhältnisse und des Unfallablaufes keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme des Amtsgerichts, dass allein eine überhöhte und den konkreten Verkehrsverhältnissen nicht angepasste Geschwindigkeit als Ursache für das Schleudern und den Unfall anzusehen ist. Aus dem Hergang und den eingetretenen Schäden hat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei auf eine wesentlich zu hohe Geschwindigkeit geschlossen.

Die den Unfall aufnehmende Polizeibeamtin hat nach dem angefochtenen Urteil darüberhinaus bekundet, dass konkrete Anhaltspunkte für eine andere Ursächlichkeit, insbesondere eine Ölspur nicht festgestellt worden seien. Aus der Zeugenaussage ist zu entnehmen, dass es jedenfalls nicht unmittelbar infolge einer schlechten Fahrbahnbeschaffenheit zu dem Schleudern und dem daraus resultierenden Unfall gekommen ist. Spurrillen durch starke Fahrbahnabnutzungen treten erfahrungsgemäß überwiegend auf der rechten Fahrspur auf. Indessen hat der Betroffene nach den Feststellungen des Amtsgerichts die linke Fahrspur benutzt, als der Schleudervorgang begann. Abgesehen davon muss sich ein sorgfältiger Kraftfahrer von vornherein darauf einstellen, dass sich Spurrillen bei starken Regenfällen mit Wasser auffüllen und deshalb die Gefahr eines Aquaplanings besteht. In solchen Fällen ist die Geschwindigkeit erheblich, im Einzelfall bis auf 50 km/h, herabzusetzen (vgl. OLG Köln VRS 44, 276, 278 mwN). Dass der Betroffene dies getan hätte, ist nicht festgestellt.

Andere Ursachen als überhöhte Geschwindigkeit sind bei lebensnaher Betrachtung auch nicht naheliegend. Der Betroffene hat auch etwa plötzlich aufgetretene technische Mängel der Brems- oder Lenkanlage des Fahrzeugs nicht konkret behauptet. Von daher gesehen ist gegen die Argumentation des Tatrichters, daß andere das Schleudern auslösende Umstände eher theoretisch und spekulativ seien, nichts einzuwenden. Der Unfallablauf und die festgestellten erheblichen Unfallschäden reichen als objektive Anhaltspunkte aus, um eine offensichtlich zu hohe Geschwindigkeit und damit einen Verstoß gegen § 3 Abs. StVO anzunehmen.


2. Die getroffenen Feststellungen und die Begründung zur Verhängung eines Fahrverbots tragen dessen Anordnung.

Gemäß § 2 Abs. 2 Satz BKatV liegen die Voraussetzungen für die Anordnung eines Regelfahrverbots wegen beharrlicher Pflichtverletzung vor. Das Amtsgericht hat das Fahrverbot auch ersichtlich darauf gestützt und nicht auf § 2 Abs. Nrn. bis 4 BKatV.

Die Erfüllung des § 2 Abs. 2 Satz BKatV offenbart ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr, so daß es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf. Der Verordnungsgeber hat durch die Konkretisierung der Anwendungsvoraussetzungen für ein Fahrverbot diese Rechtsfolge für die Teilnahme am Straßenverkehr vorhersehbar und berechenbar gemacht und damit dem Grundrechtsgebot normativer Bestimmtheit in einer Weise Rechnung getragen, die auch mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht.

Der Betroffene ist ausweislich der getroffenen Feststellungen seit 995 insgesamt viermal wegen erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen in Erscheinung getreten. Zuletzt sind gegen ihn durch das seit dem 5. Februar 997 rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Minden vom . Oktober 996 eine Geldbuße von 200,– und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden. Gleichwohl ist der Betroffene am 8. Oktober 997 erneut durch eine überhöhte Geschwindigkeit aufgefallen. Angesichts dessen ist wegen der evidenten Beharrlichkeit zwingend die erneute Anordnung eines Fahrverbots geboten.



Die in der BKatV vorgesehenen Regelsätze gehen von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus (§ Abs. 2 Satz BKatV). Ein Regelfall liegt vor, wenn die Tatausführung allgemein üblicher Begehungsweise entspricht und weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht irgendwelche Besonderheiten aufweist. Von der Verhängung eines Regelfahrverbots kann daher nur in Fällen abgesehen werden, in denen der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen so erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalls gerechtfertigt ist, wie dies etwa in Fällen mit denkbar geringer Bedeutung und minimalem Handlungsunwert und bei möglichen Ausnahmeumständen persönlicher Art sein kann (vgl. BayObLG NZV 995, 499 mwN). Im Einzelfall reichen möglicherweise zwar bereits erhebliche Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher und durchschnittlicher Umstände aus, um eine Ausnahme vom Regelfahrverbot zu begründen. Dies bedarf einer umfassenden Abwägung, um den vermeintlich besonderen Umständen des Einzelfalls gerecht zu werden (vgl. Senatsbeschluss vom 5. 2. 995 = BA 996, 226 f = NStZ-RR 996, 2 5 f = VD 996, 3 f = VRS 9 , 49 f). Derartige Besonderheiten sind in dem angefochtenen Urteil nicht festgestellt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.

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