Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Aachen Urteil vom 03.04.2018 - 2 K 1272/14 - Anfechtung des Verbots der Nutzung einer Straße für Radfahrer

VG Aachen v. 03.04.2018: Anfechtung des Verbots der Nutzung einer Straße für Radfahrer




Das Verwaltungsgericht Aachen (Urteil vom 03.04.2018 - 2 K 1272/14) hat entschieden:

   Die Straßenverkehrsbehörden kann die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken grundsätzlich beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten, wenn eine Gefahrenlage für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs besteht, nach der irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten können.- Voraussetzung für die Anordnung des Verbots für den Fahrradverkehr ist eine Gefahrenlage erforderlich, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erheblich übersteigt.

Siehe auch
Straßensperrungen / Streckensperrungen / Beschränkung des Gemeingebrauchs
und
Verwaltungsrechtliches Radfahrverbot

Tatbestand:


Der Kläger begehrt die Aufhebung der Verkehrszeichen (VZ) 254 (Verbot für Radfahrer) an der Rue de Wattrelos (L 238) in Eschweiler in dem Teilstück zwischen der Kreuzung Wardener Straße/Autobahnauffahrt BAB 4 (dem Knotenpunkt -K- 24) und der Kreuzung Alsdorfer Straße/Auf dem Felde für beide Fahrtrichtungen.

Die Rue de Wattrelos verfügt in diesem gerade verlaufenden Teilstück über einen Fahrstreifen für jede Fahrtrichtung und verbreitert sich in Fahrtrichtung Eschweiler vor dem K 24 auf vier Fahrstreifen (zwei Streifen für Geradeaus mit Rechtsabbieger, einen Linksabbieger sowie den Fahrstreifen Richtung Alsdorf). Ebenfalls verbreitert sich der Straßenverlauf in Richtung Alsdorf vor der Kreuzung Alsdorfer Straße/Auf dem Felde und zwar auf drei Fahrstreifen (Geradeaus mit Rechtsabbieger, Linksabbieger und einen Fahrstreifen Richtung Eschweiler). In diesem Teilstück sind keine Rad- oder Gehwege und keine Straßenbeleuchtungsanlagen vorhanden. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h. Nach den Daten des Landesbetriebs Straßenbau NRW ergab die Verkehrszählung im Jahr 2010 in diesem Bereich eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) von 14.741 Kfz mit einer durchschnittlichen Schwerlastverkehrsstärke von 998 Kfz pro Tag; die Verkehrszählung im Jahr 2015 ergab eine DTV von 14.826 Kfz einschließlich Schwerlastverkehr. Die streitgegenständlichen Verkehrszeichen stehen zum einen in Fahrtrichtung Alsdorf rechtsseitig nach der Einmündung Wardener Straße (K 24) und zum anderen in Fahrtrichtung Eschweiler rechtsseitig nach der Einmündung Auf dem Felde.

Der Knotenpunkt 24 ist der nördliche Teil der Autobahnanschlussstelle (BAB 4) Eschweiler West. Ihm vorgelagert (in Richtung Eschweiler) ist der K 23 als südlicher Teil der BAB 4 Auf-/Abfahrt und der K 1 (Kreuzung Rue de Wattrelos – Aachener Straße/L 223). Der Abstand zwischen den Knotenpunkten beträgt ca. 240 m. Zwischen dem K 1 und K 24 beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 50 km/h. Die DTV im Jahr 2010 betrug 24.185 Kfz mit einer Schwerlastverkehrsstärke von 1.270 Kfz und lag im Jahr 2015 bei 28.335 Kfz (einschließlich Schwerlastverkehr). Die Rue de Wattrelos ist zwischen den Knotenpunkten vierstreifig ausgebaut mit je zwei Fahrspuren in beide Fahrtrichtungen. Sie verfügt in diesem Bereich nur auf ihrer östlichen Seite (in FR Alsdorf rechtsseitig) über einen gemeinsamen Geh- und Radweg (für beide Fahrtrichtungen). An der Kreuzung Aachener Straße (K 1) ist mit VZ 240 eine Radwegebenutzungspflicht mit Pfeil in Richtung K 23 angeordnet und ein weiteres VZ 240 ist einige Meter entfernt noch einmal aufgestellt. An dem K 23 befindet sich kein derartiges VZ. Auf dem Geh-/Radweg sind im weiteren Verlauf zwischen dem K 23 und K 24 einmalig die Piktogramme für die VZ 237 (Radweg) und 239 (Gehweg) in weißer Farbe aufgebracht. Der gemeinsame Geh- und Radweg führt nicht über den K 24, sondern wird an der Einmündung Wardener Straße an dieser Straße weitergeführt, wobei die Wardener Straße nur über diese einseitige Nebenanlage bis zur einer Überführung verfügt. Einige Meter vor der Einmündung ist an der Rue de Wattrelos ein Umleitungszeichen für Radfahrer – VZ 442/Vorwegweiser – nach rechts eingerichtet. An dem K 24 ist keine Querungsmöglichkeit oder Lichtzeichenanlage für Fußgänger oder Radfahrer vorhanden.




Der K 23 wurde auf Grund einer wiederkehrenden Unfallhäufung insbesondere in den Jahren 2006-2008 und nach Feststellung, dass der Knotenpunkt im Jahr 2009 mit 9 Verkehrsunfällen (in den nach der Erlasslage maßgeblichen Kategorien 1-4) auffällig war, der Unfallkommission der Städteregion Aachen als langjährig bestehende Unfallhäufungsstelle (i.S.d. Gemeinsamen Runderlasses des Innenministeriums u. d. Ministeriums f. Bauen und Verkehr NRW v. 11. März 2008 – III B 3 75-05/2 -) gemeldet. Die Unfallkommission erkannte bei ihrer Zusammenkunft im September 2010 die hohe Verkehrsbelastung im Knotenpunkt und den Nachbarknoten als Unfallursache an und beriet erneut Abhilfemaßnahmen. Sie beschloss eine bereits im Jahr 2009 angeregte Überprüfung und Änderung der signaltechnischen Kombination einzelner Fahrspuren, um eine konfliktfreie Führung der Linksabbiegerströme ohne Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Knotenpunkts zu erreichen. Es sei eine grundlegende Überplanung des Knotenpunkts unter Einbeziehung der unmittelbar benachbarten Knotenpunkte erforderlich, da im Hinblick auf den Ausbau der L 238 und weiterer Gewerbeansiedlungen ein Anstieg des Verkehrsaufkommens mit erhöhter Unfallgefahr erwartet werde. Die Unfallkommission beschloss die Einholung einer Mikrosimulation bzw. eine signaltechnische Planung durch ein Planungsbüro über die Beklagte bis Ende 2010.

Nach Erstellung der signaltechnischen Planung beschloss die Unfallkommission die Änderung des Signalprogramms. Die Beklagte ordnete dementsprechend mit verkehrsrechtlicher Anordnung nach § 45 StVO vom 10. Juli 2013 den Signalzeitenplan incl. Koordinierungsplan des Ingenieurbüros (v. Mai 2013) betr. die K 1, 23, und 24 an. Damit einhergehend erfolgte mit Anordnung vom 9. bzw. 12. Juli 2013 eine Anordnung der VZ 254 und 442.20 (Bl. 36/37 BA II) mit der Begründung: "Durch die Änderung/Anpassung zur Optimierung des Lichtsignalprogramms am Knoten L 238 AS A4 Nord/Wardener Straße wird der Radverkehr anstatt entlang der L 238 nun über die Wardener Straße geführt. Hierdurch wird die Grünphase für den Fahrzeugverkehr optimiert". Die Änderungen wurden im September 2013 umgesetzt.

Die drei Signalanlagen an den K 1, 23, 24 befinden sich in Dauerbetrieb und ihre Signalprogramme sind aufeinander abgestimmt. Es bestehen keine festen Grünzeiten in den jeweiligen Signalphasen, sondern diese werden bedarfsgerecht zugewiesen, wobei der Bedarf über Detektoren ermittelt wird und weitere Detektoren zur Ermittlung von Rückstaus bzw. deren Abbau vorhanden sind. Die Unfallkommission stellte im Juli 2014 fest, dass im Jahr 2013 für den K 23 noch 5 Unfälle der Kategorie 1-4 (davon 3 Abbiegeunfälle) erfasst wurden, wobei sich 1 Unfall nach der Änderung des Signalprogramms ereignete. Im Jahr 2014 wurde bis Ende Mai 2014 kein Unfall erfasst. Für den K 24 wurden für 2013 ebenfalls 5 Unfälle der genannten Kategorie erfasst (4 Abbiegeunfälle) und bis Ende Mai keine Unfälle. Im Zusammenhang mit der Erörterung weiterer Abhilfemaßnahmen für den K 24 stellte die Unfallkommission fest, dass eine separate Signalisierung der Linksabbieger auf Grund der Koordinierung des K 24 mit den Nachbarknoten eine erneute Änderung der Signalisierung der Knoten K1 und K 23 erfordern würde. Als Abhilfemaßnahme wurden daher lediglich weitere Markierungen für die Linksabbieger beschlossen.

Ausweislich der Verkehrsunfallstatistik 2016 des Polizeipräsidiums Aachen wies Eschweiler die höchsten Verkehrsunfallzahlen in der Städteregion Aachen auf, wobei das größte Unfallrisiko im Bereich der Rue de Wattrelos zwischen Aachener Straße und dem Abzweig zur Wardener Straße und darüber hinaus bis zur Zufahrt zur Mülldeponie Alsdorf-Warden bestehe.

Der in Aachen wohnhafte Kläger beantragte im März 2014 die Beseitigung der oben genannten VZ 254, da in dem betroffenen Straßenabschnitt der L 238 keine besondere Gefahrenlage bestehe. Die Höchstgeschwindigkeit sei auf 70 km/h beschränkt, die Straße weise einen geraden Verlauf auf, wodurch Radfahrer gut erkennbar seien und die Straße sei ausreichend breit, um Radfahrer ohne Schwierigkeiten überholen zu können. Da im Bereich der drei Kreuzungen keine Radwegebenutzungspflicht angeordnet sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine erhöhte Gefahrlage vorliege. Es bestehe keine Alternativroute für Radfahrer, um aus Richtung Stolberg zur Alsdorfer Straße zu gelangen. Die Führung der Radfahrer im Bereich des „Bachwegs“ sei nicht für alle Radfahrer geeignet, da es sich um einen grob geschotterten landwirtschaftlichen Weg handele und zudem eine durchgängige Beschilderung der Umleitung fehle. Aus Norden (Helrath) kommend seien gar keine Umleitungsschilder für Radfahrer vorhanden. Auch stelle die Route über die Rue de Wattrelos/Franz-Liszt-Straße keine Alternative dar. Sie sei ebenfalls nicht ausgeschildert und die in der Rue de Wattrelos aufgestellten Betonschachtringe mit den teils verbogenen Baken (VZ 605) seien für Radfahrer eine Gefahrenquelle.

Die Beklagte führte in dem folgenden Schriftverkehr aus, dass die Aufstellung der VZ 254 nicht auf Grund einer akuten Gefahrenlage, sondern wegen der Änderung der Ampelschaltung an dem K 23 und deren Koordinierung mit den K 1 und K 24 erfolgt sei. Da die Ampelschaltung zu den täglichen Spitzenzeiten bereits an ihrer Kapazitätsgrenze gearbeitet habe, habe das Programm noch effizienter gestaltet werden müssen. Dabei hätten die für geradeaus fahrende Radfahrer zu beachtenden längeren Grün- bzw. Zwischenzeiten nicht berücksichtigt werden können, da dies eine Optimierung der Signalanlage verhindert und deren Leistungsfähigkeit erheblich reduziert hätte. Dies habe eine Unterbindung des Radverkehrs zur Folge gehabt, da Radfahrer eine geringere Durchschnittsgeschwindigkeit aufweisen würden. Dadurch sei die Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs mit Blick auf die dortigen Verkehrsmengen im Zusammenhang mit den Autobahnab- und -auffahrten gewährleistet. Ohne diese Beschränkung für Radfahrer könne die Sicherheit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet werden, wie die Vergangenheit gezeigt habe. Das Interesse der Allgemeinheit an einem flüssigen und sicheren Verkehr an diesem Hauptverkehrsknotenpunkt überwiege das Interesse einzelner Radfahrer deutlich.

Darüber hinaus seien für Radfahrer in Richtung Alsdorfer Straße/Dürwiß ausreichende Umfahrungsmöglichkeiten vorhanden. Es bestehe zum einen entsprechend dem Vorwegweiser VZ 442-20 die Möglichkeit, den als Rad- und Wirtschaftsweg ausgebauten sog „Bachweg“ zu nutzen. Der sog. „Bachweg“ sei zwar lediglich eine touristisch festgelegte Route, aber nur eine Alternative in Richtung Norden. Darüber hinaus stünden weitere Umfahrungsmöglichkeiten etwa über die Franz-List-Straße und über das Straßennetz in und um Kinzweiler/Helrath zur Verfügung. Es gebe insbesondere zahlreiche gut ausgebaute Wirtschafts- und Freizeitwege rund um das Naherholungsgebiet Blausteinsee. Die Umleitungsbeschilderung werde als ausreichend angesehen.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 18. Juni 2014 abschließend eine Aufhebung der VZ 254 ab.

Der Kläger hat am 9. Juli 2014 Klage erhoben und ergänzend ausgeführt, dass er erstmalig am 9. März 2014 bei einer Radtour die streitgegenständlichen Verkehrszeichen wahrgenommen habe und dort seitdem mehrfach als Radfahrer (Besuchs-/Trainingsfahrten) an einer Durchfahrt gehindert worden sei. Die Beschilderung sei rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO nicht erfüllt seien. Eine Gefahrenlage auf Grund besonderer örtlichen Verhältnisse bestehe nicht. Die Leistungsfähigkeit einer Lichtzeichenanlage (LZA) bzw. deren Optimierung könne kein Radfahrfahrtverbot rechtfertigen. In der Rechtsprechung sei dies schon für den vergleichbaren Fall der Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht entschieden worden (VG Berlin, Urteil vom 28. September 2000 – 27 A 206/99 -). Ein Radfahrverbot komme nur bei erheblichen Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit, aber nicht zum Zwecke einer geringfügigen Hebung der Leistungsfähigkeit einer LZA in Betracht. Die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder der Leistungsfähigkeit der Kreuzung sei schon deshalb geringfügig, da in diesem Bereich nur wenig Radverkehr stattfinde. An den genannten Verkehrsunfällen seien im Übrigen nur Kraftfahrzeuge und nicht Radfahrer beteiligt gewesen. Darüber hinaus reiche die Gelbphase einer LZA als Sicherheitszone für auf der Kreuzung befindliche Radfahrer aus. Es existiere für den aus Richtung Wardener Straße oder von dem „Seitenast“ der Rue de Wattrelos (Gewerbegebiet) kommenden Radverkehr keine Radwegebenutzungspflicht. In dem betroffenen (gesperrten) Straßenabschnitt der L 238 zwischen den VZ 254 bestehe im Übrigen keine erhöhte Gefahrenlage. Die Straße weise einen geraden Verlauf auf und sei ausreichend breit, so dass Radfahrer gut sichtbar seien und gut überholt werden könnten. Die Höchstgeschwindigkeit sei ferner auf 70 km/h beschränkt. Gegen eine durch langsame Verkehrsteilnehmer begründete besondere Gefahrenlage oder Einschränkung der Leistungsfähigkeit der LZA spreche zudem, dass kein Verbot für landwirtschaftliche Fahrzeugen, Baumaschinen oder z.B. Mofas, Motorroller angeordnet worden sei. Diese Fahrzeuge würden mit einer maximalen Geschwindigkeit von 25 km/h fahren und Radfahrer und E-Bike-Fahrer seien nicht langsamer. Das Radfahrverbot sei im Übrigen unverhältnismäßig, da es nur der Beschleunigung des Kfz-Verkehrs diene und eine Verbesserung des Verkehrsflusses kein zulässiger Grund sei. Zudem stünden keine ausreichenden und hinreichend ausgeschilderten Alternativrouten für Radfahrer zur Verfügung. Die von der Beklagten angegebenen Ausweichstrecken würden einen erheblichen Umweg darstellen und seien in schlechtem Zustand.




Der Kläger beantragt,

   die Verkehrszeichen 254 auf der Rue de Wattrelos in Eschweiler – L 238 – in dem Teilstück zwischen der Kreuzung Wardener Straße/Auffahrt BAB 4, Fahrtrichtung Aachen (Knotenpunkt 24) und der Kreuzung Alsdorfer Straße/Auf dem Felde für beide Fahrtrichtungen aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet, denn die Anordnung der VZ 254 sei nach § 45 Abs. 1 und 9 StVO zwingend gerechtfertigt. Dem hier streitgegenständlichen für Radfahrer gesperrten Teilstück der L 238 seien stark frequentierte Kreuzungsbereiche (K 23, 24) vor- bzw. nachgelagert. Diese seien rund um die Uhr stark befahren und wegen des Aufeinandertreffens von mehreren Fahrstreifen mit Geradeaus- und Abbiegeverkehr sehr komplex und unfallträchtig, weshalb sie bereits mehrfach Gegenstand der Unfallkommission gewesen seien. Die Unfallhäufigkeit habe letztlich eine Änderung der Signalisierung zur Folge gehabt, die wegen der räumlichen Nähe der Knotenpunkte zueinander und wegen ihrer verkehrlichen Verknüpfung miteinander nur gemeinsam für alle Signalanlagen habe erfolgen können, um einen verkehrssicheren sowie leistungsfähigen Verkehrsablauf zu gewährleisten. Da alle Signalanlagen auf einander abgestimmt seien, könne eine Änderung der Signalisierung nur insgesamt erfolgen.

Der Kreuzungsbereich des K 24 sei sehr unübersichtlich, erfordere eine erhöhte Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer und berge ein erhöhtes Gefahrenpotential. Zur Vermeidung von Rückstaus – von und zur BAB 4 – sei zudem eine schnelle Räumung der Kreuzungsbereiche erforderlich, die nicht gewährleistet werden könne, wenn das Queren/Passieren von Radfahrern an dieser Kreuzung zugelassen werde. Denn Radfahrer seien deutlich langsamer als motorisierte Verkehrsteilnehmer. Das Queren bzw. Passieren des Bereiches durch Radfahrer sei mit einer erhöhten Gefahr für Leib und Leben der Radfahrer verbunden. Zudem existiere für Radfahrer in nördlicher Fahrtrichtung (Alsdorf) zwischen den K 23 und 24 sowie am K 24 keine Möglichkeit, von dem Radweg auf die Fahrbahn der L 238 zu fahren, da der Radweg nicht an der L 238 weitergeführt werde und kein Fußgängerübergang vorhanden sei. Für Radfahrer aus nördlicher Gegenrichtung sei keine Querungsmöglichkeit vorhanden, um den Radweg auf der anderen Seite zu erreichen. Würde der Radverkehr in diesen Bereichen auf der Straße zugelassen, würden die Radfahrer einer um ein Vielfaches erhöhten Gefahrenlage bzw. einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt, wie es sich auch der Verkehrsunfallstatistik des Polizeipräsidiums Aachen 2016 entnehmen lasse.

Im Übrigen werde auch den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) Rechnung getragen, wonach konfliktträchtige Situationen wie die Überquerung von mehr als zwei Fahrstreifen zum Linkseinordnen des Radverkehrs zu vermeiden seien. Den Empfehlungen folgend werde der Radverkehr einseitig für beide Fahrtrichtungen auf einer separaten Nebenanlagen geführt. Dies ergebe sich vorliegend aus dem vierstreifigen Straßenraum, der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, dem hohen Lkw-Verkehr und dem Umstand, dass es immer wieder zu Rückstaus komme, die auch die Radfahrer erfassen würden.

Das Gericht hat am 2. März 2017 den Rechtsstreit erörtert. Wegen des Inhalts wird Bezug genommen auf Protokoll des Erörterungstermins.

Im Anschluss an diesem Termin führte die Beklagte ergänzend aus, dass in dem betroffenen Abschnitt der L 238 darüber hinaus keine Straßenbeleuchtung vorhanden sei und der Bereich eine hohe durchschnittliche Verkehrsstärke mit Schwerlastverkehr aufweise. Radfahrer auf der Fahrbahn wären schon auf Grund einer „Sog-Wirkung“ der mit 70 km/h fahrenden Kfz und Lkw einer erheblichen Gefahrenlage ausgesetzt. Nicht relevant sei, dass die derzeitige Beschilderung noch ggfs. durch weitere VZ optimiert werden könne. Es stünden ausreichende Nord-Süd-Verbindungen für den Radverkehr etwa über Nickelstraße/Wardener Straße sowie Franz-List-Straße, die im weiteren Verlauf über einen asphaltierten Wirtschaftsweg führe, zur Verfügung. Eine fehlerfreie Erfassung von Radfahren, die im Mischverkehr geführt würden, mittels Detektoren sei derzeit technisch nicht möglich. Eine eindeutige Identifizierung zwischen den Verkehrsarten sei derzeit nicht möglich.

Die Beklagte legte eine weitere Stellungnahme der Unfallkommission von 9. März 2017 vor, die sich anlassbezogen mit der Befahrbarkeit der L 238 in diesem Teilstück befasst. Danach sei der Radverkehr verboten worden, da der Übergang zwischen dem Geh-/Radweg und der Fahrbahn eine erhebliche Gefährdung für Radfahrer bedeute. Die Regelungen sollten unbedingt beibehalten werden, solange nicht durch bauliche Maßnahmen die besondere Gefahrenlage für Radfahrer beseitigt werden könne. Für den Radverkehr stehe die Verbindung über die Wardener Straße, die über eine durchgehende Nebenanlage verfüge und eine wesentlich geringere Verkehrsbelastung aufweise, zur Verfügung. Die Entfernung zur Ortslage Alsdorf-Warden verlängere sich lediglich von ca. 4,2 km auf ca. 4,5 km.

Der Kläger ergänzte, dass in dem Umfeld der Knotenpunkte keine eindeutige Verkehrsführung für Radfahrer bestehe. Für Radfahrer von der Wardener Straße (K 23) oder von dem „Seitenast“ der Rue der Wattrelos (Gewerbegebiet, K 24) bestehe keine Radwegebenutzungspflicht, so dass gemäß § 2 StVO die Straße zu nutzen sei. Die Radewegebenutzungspflicht werde an dem Fußgängerüberweg an der K 23 nicht fortgesetzt. Die dortige Signalanlage weise entgegen der vorherigen Signalanlagen keine Streuscheibe mit einem kombinierten Fußgänger-/Radfahrersymbol auf, sondern nur eine für Fußgänger. Dies bestätige die Vermutung, dass die Radwegebenutzungspflicht nicht zwischen K 23 und K 24 fortgesetzt werde. Er habe die Örtlichkeiten noch einmal in Augenschein genommen (zuletzt im Juni 2017) und dabei festgestellt, dass sich seit Klageerhebung und auch nach dem Erörterungstermin nichts geändert habe, insbesondere sei eine Änderung/Anpassung der Beschilderung zur Beseitigung für die von der Beklagten behaupteten Gefahrenlagen nicht erfolgt. Obwohl die Kreuzungsbereiche wohl verstärkt von Radfahrern genutzt würden (wie sich einer von Radfahren genutzten App entnehmen lasse), habe es keine Unfälle mit Radfahrern gegeben. Die angegebene Umleitungsstrecke (Bachweg) sei weiterhin in einem schlechten Zustand, die Alternativstrecke in Richtung Franz-List-Straße sei wegen der Elefantenfüße und der in die Fahrbahn ragenden Baken für Radfahrer gefährlich. Es werde bestritten, dass die in der Fahrbahn befindlichen Detektoren Radfahrer nicht erfassen könnten. Ferner könne nicht einer besonderen „Sog-Wirkung“ könne ausgegangen werden, da Radfahrer auch sonst an Straßen mit Geschwindigkeiten von 70 km/h fahren dürften.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach? und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen.




Entscheidungsgründe:


Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Klage hat Erfolg.

Zunächst ist die gegen die Anordnung des Verbots für den Radverkehr mit dem Verkehrszeichen 254 gerichtete Anfechtungsklage zulässig. Verkehrsrechtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen sind nach ständiger höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung,

   vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46/78 -, BVerwGE 59 S. 221; vom 27. Januar 1993 - 11 C 35/92 -, BVerwGE 92 S. 32; vom 21. August 2003 - 3 C 15/03 -, NJW 2004 S. 698 und vom 18. November 2010 – 3C 42/09 -, juris Rz. 14; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 12. Februar 1997 - 25 B 2562/96 -, NJW 1998 S. 329; Sauthoff, Straße und Anlieger, 2. Aufl. 2010, § 20 Rz. 632, 640; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2011, § 41 Rz. 247 ff, jeweils m.w.Nw.,

regelmäßig Dauerverwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), wenn sie - wie vorliegend das Verkehrszeichen 254 (Verbot für den Radverkehr) - Gebote oder Verbote nach § 41 der Straßenverkehrsordnung (StVO) aussprechen. Das Verkehrszeichen 254 untersagt den Radverkehr und verbietet damit den Radfahrern, den betroffenen Straßenabschnitt zu befahren.

Der Kläger ist als Rad fahrender Verkehrsteilnehmer auch klagebefugt i.S. von § 42 Abs. 2 der VwGO, da er durch das Befahren der Rue de Wattrelos zum Adressaten des VZ 254 und damit eines ihn belastenden Verwaltungsakts geworden ist. Als Verkehrsteilnehmer kann er dabei als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen, die rechtsatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 StVO seien nicht gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, kann er allerdings nur verlangen, dass seine eigenen Interessen ohne Rechtsfehler mit den Interessen der Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung der Verkehrsbeschränkung sprechen, abgewogen werden. Die Klagebefugnis eines Verkehrsteilnehmers gegen Verkehrszeichen, mit dem er bereits konfrontiert worden ist, setzt im Übrigen nicht voraus, dass dieser von dem Verkehrszeichen nach seinen persönlichen Lebensumständen in einer gewissen Regelmäßigkeit oder Nachhaltigkeit betroffen wird,

   vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1993 – 11 C 35/92 -, a.a.O; vom 3. Juni 1982 – 7 C 9/80 -, juris und zur Radwegebenutzungspflicht: vom 21. August 2003 – 3 C 15/03 -, a.a.O.; Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 641 f.; König in Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 41 StVO Rz. 247, jeweils m.w.Nw..

Schließlich ist die Anfechtungsklage auch nicht wegen Ablaufs der Klagefrist unzulässig. Diese beträgt bei Verkehrszeichen mangels einer Rechtsmittelbelehrung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr und beginnt für einen Verkehrsteilnehmer mit dem Zeitpunkt, in dem er zum ersten Mal auf das Verkehrszeichen trifft,

   vgl. so klarstellend: BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37/09 -, juris Rz. 15ff; dazu auch: Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 645.

Dieser Zeitpunkt war nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers im März 2014.

Die Klage ist auch begründet.

Die verkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten betreffend das Verbot für den Radverkehr mit den VZ 254 an der Rue de Wattrelos (L 238) in dem Teilstück zwischen der Kreuzung Wardener Straße/Autobahnauffahrt BAB 4 (K 24) und der Kreuzung Alsdorfer Straße/Auf dem Felde auf Grund der verkehrsrechtlichen Anordnung der Beklagten vom 10. bzw. 9./12. Juli 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Maßgebend für die rechtliche Beurteilung dieser Anordnung sind nach der höchtsrichterlichen Rechtsprechung die Verhältnisse im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. vorliegend dem Zeitpunkt der Entscheidung, da es sich bei der streitgegenständlichen Anordnung um einen verkehrsregelnden Dauerverwaltungsakt handelt,

   vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 - 2 C 35/92 -, a.a.O. und vom 18. November 2010 – 3 C 42/09 -, a.a.O. und Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 650.

Rechtsgrundlage für die Anordnung des streitgegenständlichen Verbots für den Radverkehr ist § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 3 StVO.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Die Vorschrift setzt eine Gefahrenlage für die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs voraus, nach der irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten können. Eines Nachweises, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist, bedarf es dafür nicht. Ob eine derartige Gefahrensituation besteht, beurteilt sich danach, ob die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder Strecke einer Straße die Befürchtung nahelegt, dass - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - die zu bekämpfende Gefahrenlage eintritt. Nicht relevant ist, dass zu bestimmten Zeiten der Eintritt eines Schadens unwahrscheinlich ist,

   vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1996 - 11 B 11/96 - , NJW 1996, 333 m.w.Nw. zur Rspr. des BVerwG; Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 587 f., § 21 Rz. 66 ff.; König in Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 45 StVO Rz. 28; jeweils m.w.Nw..

Darüber hinaus ist § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO zu berücksichtigen, wonach insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden dürfen, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Diese Vorschrift ist vorliegend anwendbar, da es sich bei dem streitgegenständlichen Verbot um eine Beschränkung des fließenden Verkehrs handelt, da mit den VZ 254 der Radverkehr ausgeschlossen wird. Die Vorschrift des § 49 Abs. 9 Satz 3 StVO ersetzt nicht den § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, sondern modifiziert und konkretisiert dessen Eingriffsvoraussetzungen. Sie betrifft insbesondere nicht die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO weiterhin erforderliche Ermessensausübung, sondern stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erhöhte Anforderungen an dessen Tatbestandsvoraussetzungen,

   vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 5. April 2001 - 3 C 23/00 -, NJW 2001, 3139 und vom 23. September 2010 – 3 C 37/09 - , juris; Sauthoff, a.a.O., § 20 Rz. 591 f. und König in Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 45 StVO Rz. 28, 28 a.

Voraussetzung für die hier zu beurteilende Anordnung des Verbots für den Radverkehr ist mithin eine Gefahrenlage, die – erstens – auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und – zweitens – das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der hier nur in Betracht kommenden Rechtsgüter des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO (Sicherheit und Ordnung des Verkehrs) erheblich übersteigt. Unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit des Verkehrs fallen sowohl Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer sowie der Schutz des öffentlichen und privaten Eigentums. Zum Schutzgut der Ordnung des Verkehrs gehört u.a. dessen Leichtigkeit und Flüssigkeit.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage - § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 3 StVO - sind vorliegend gegeben.

Zunächst hat der Kläger allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass eine qualifizierte Gefahrenlage vorliegend für den - für den Radverkehr - gesperrten Straßenabschnitt der Rue de Wattrelos nicht anzunehmen ist.

Besondere örtliche Verhältnisse i.S.v. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO können nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (entschieden im Zusammenhang mit Lkw-Überholverboten und Geschwindigkeitsbeschränkungen) insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (etwa Nebel, Schnee-/Eisglätte), der Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein,

   vgl. BVerwG, Urteile vom 5. April 2001 – 3 C 23/00 – und vom 23. September 2010 – 3 C 37/09 – sowie Beschluss vom 4. Juli 2007 – 3 B 79/06 -, jeweils juris und für die Radwegebenutzungspflicht: Urteil vom 18. November 2010 – 3 C 42/09 -, a.a.O..

Die Anordnung des Verkehrszeichens 254 dient der Abwendung von Gefahren für die Verkehrsteilnehmer und zwar zum einen für die Radfahrer selbst, d.h. das Verbot dient dem Schutz der Radfahrer vor Gefährdungen durch andere Verkehrsteilnehmer, und andererseits aber auch von Gefahren, die von den Radfahrern für Dritte ausgehen.

Weder aus dem Streckenverlauf noch aus dem Ausbauzustand der Straße ergibt sich vorliegend eine qualifizierte Gefahrenlage. Die Rue de Wattrelos verläuft in diesem Teilstück gradlinig, ohne Verschwenkungen und ist insgesamt übersichtlich. Zwar sind in diesem Teilstück keine Radwege, keine Seitenstreifen und keine Straßenbeleuchtung vorhanden und beträgt die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke einschließlich des Schwerlastverkehrs ca. 14.800 Fahrzeuge. Besondere örtliche Verhältnisse, die abweichend von denjenigen örtlichen Verhältnissen sind, die im weiteren Verlauf der Rue de Wattrelos bzw. L 238 – etwa ab der Kreuzung Alsdorfer Straße/Auf dem Felde – bestehen, und demgegenüber eine gesteigerte Gefahrenlage begründen könnten, sind jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr ist abweichend von der grundsätzlich außerhalb von geschlossenen Ortschaften geltenden Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h (§ 3 Abs. 3 StVO) die Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt. Die Verkehrssituation bzw. Gefahrenlage entspricht derjenigen, den Radfahrer an stärker befahrenen Landstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften ohne Radwege und Seitenstreifen häufig begegnen.

Von einer qualifizierten Gefahrenlage i.S.d. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO, die für einen Radverkehr als Mischverkehr auf der Fahrbahn das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO – sowohl für Radfahrer als auch Fahrzeugführer - erheblich übersteigt, ist indes in dem Bereich zwischen bzw. an den K 23 und 24 auszugehen. Die dortige Gefahrenlage erfasst auf Grund der örtlichen Verhältnisse darüber hinausgehend auch das von dem streitgegenständlichen Verbot betroffene Teilstück der L 238.

Auch den Ausführungen der Beklagten im Verwaltungs- und Klageverfahren lässt sich entnehmen, dass nicht die örtlichen Verhältnisse in dem gesperrten Straßenabschnitt für die Anordnung des Verbots maßgebend waren, sondern vielmehr Ausgangspunkt die besonderen örtlichen Verhältnisse und die Gefahrenlage in dem Knotenpunkt 24 bzw. zwischen den K1, K 23 und K 24 waren. Diese waren ausschlaggebend für die Änderung der Signalisierung an den Knotenpunkten und in deren Folge bei der Anpassung des Signalprogramms am K 24 auch für die Anordnung der VZ 254, wie sich der Begründung dieser Anordnung entnehmen lässt.




Die genannten Kreuzungsbereiche sind geprägt durch die Autobahnanschlussstelle der BAB 4 und ein an den K 23/24 zu bewältigendes hohes Verkehrsaufkommen. Dies wird durch die in den Jahren 2010 und 2015 gemessenen durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärken (DTV) von 24.185 Kfz/d bzw. 28.335 Kfz/d und einer hohen Schwerlastverkehrsstärke – etwa im Jahr 2010 von 1.270 pro Tag – belegt. Anhaltspunkte für ein rückläufiges Verkehrsaufkommen sind - auch mit Blick auf geplante Gewerbegebiete - nicht ersichtlich. Auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens und des an den Knotenpunkten in verschiedene Richtungen (Links- und Rechtsabbieger sowie Geradesausverkehr) zu bewältigenden Verkehrs sowie der sich immer wieder bildenden Rückstaus von und zur Autobahn war dieser Bereich – insbesondere vor der Änderung des Signalprogramms - durch eine jahrelang wiederkehrende Häufung von schweren Unfällen gekennzeichnet. Dies lässt sich der Meldung als langjährige Unfallhäufungsstelle und den Protokollen über die Sitzungen der Unfallkommission der Städteregion Aachen etwa vom 28. September 2010 und auch noch vom 1. Juli 2014 entnehmen. In der Verkehrsunfallstatistik 2016 des Polizeipräsidiums Aachen wurde gerade für den Bereich zwischen den K 1 – K 23 – K 24 das größte Unfallrisiko im Gebiet von Eschweiler festgestellt.

Bereits vor diesem Hintergrund ist jedenfalls in dem Bereich zwischen K 23 und K 24 von einer qualifizierten Gefahrenlage für Radfahrer im Mischverkehr auf der Fahrbahn auszugehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass den vorliegenden Unterlagen und dem bisherigen Vorbringen der Beteiligten kein Unfallgeschehen mit Radfahrern entnommen werden kann (obwohl nach den Angaben des Klägers auch Radfahrer die Fahrbahn nutzen würden) und in dem Bereich die Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h beschränkt ist. Denn angesichts des hohen Verkehrsaufkommens – auch gerade mit Schwerlastverkehr -, der in diesem Bereich anzutreffenden komplexen Verkehrsführung mit mehreren Fahrstreifen für den unterschiedlichen Abbiege-/Geradeausverkehr und der sich je nach Verkehrsaufkommen bildenden Rückstaus und damit bereits einhergehenden Unfallgefahr ist trotz der Geschwindigkeitsbeschränkung eine erhebliche Gefahrenlage für einen Radverkehr auf der Fahrbahn hinreichend wahrscheinlich. Eine solche Gefahrenlage besteht nach Auffassung des Gerichts insbesondere bei den – im Hinblick auf das hohe Verkehrsaufkommen - zu erwartenden zahlreichen Überholvorgängen von auf der Fahrbahn fahrenden Radfahrern in den bzw. zwischen den Kreuzungsbereichen K 23 und K 24 und den damit verbundenen weiteren möglichen Rückstaus infolge der Anpassung der Geschwindigkeit auf der rechten Fahrspur bzw. der eingeleiteten Wechsel der Fahrspur durch die Fahrzeugführer. Mit Blick auf die dargelegte Verkehrssituation und komplexe Verkehrsführung ist zudem eine erhebliche Gefährdung von auf der Fahrbahn fahrenden Radfahrern durch riskante – gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 2 und 4 StVO verstoßende – Überholmanöver ungeduldiger Autofahrer nicht auszuschließen.

Auch wenn für den Kraftfahrzeugverkehr mit der im Jahr 2013 vorgenommenen Änderung des Signalprogramms an allen drei Knotenpunkten wohl langfristig eine Reduzierung bzw. Stagnierung der Verkehrsunfälle im Kraftfahrzeugverkehr erreicht wurde (so lässt sich etwa der Verkehrsunfallstatistik 2017 des Polizeipräsidiums Aachen (www.polizei.nrw.de/aachen) entnehmen, dass „der Negativtrend des Vorjahres in Eschweiler gestoppt werden konnte: In sämtlichen Bereichen sind hier die Unfallzahlen rückläufig bzw. konstant geblieben“.) wird damit nicht zugleich eine Reduzierung der Gefahrenlage für den Radverkehr erreicht. Denn zum einen bestehen die übrigen besonderen örtlichen Verhältnissen (wie etwa das hohe Verkehrsaufkommen und die komplexe Verkehrsführung mit der weiterhin bestehende Unfallgefahr) fort und zum anderen konnten – nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten - mit der Optimierung der Signalprogramme an den Knotenpunkten die für Radfahrer bei einer mit dem Kfz-Verkehr gemeinsamen Signalisierung zu beachtenden längeren Zwischenzeiten unter Berücksichtigung der Räumgeschwindigkeit von Radfahrern (vgl. dazu etwa Richtlinien für Lichtsignalanlagen – RiLSA – für den Straßenverkehr /Ausgabe 2015 unter Ziff. 2.3.1.6 –Radverkehr-, 2.5, 2.5.1, 2.5.2) nicht mehr berücksichtigt werden.

Diese qualifizierte Gefahrenlage rechtfertigt zum einen die Trennung des Rad- und Kfz-Verkehrs durch einen gemeinsamen Geh- und Radweg mit einer – hier nicht streitgegenständliche – Radwegebenutzungspflicht, die nach den Angaben der Beklagten bereits in der Vergangenheit für den einseitig vorhandenen Geh- und Radweg zwischen dem K1 und dem K 23 angeordnet wurde und die an dem K1 mit Pfeil in Richtung K 23 durch das vorhandene Verkehrszeichen 240 ausgewiesen ist und zu der zwischen dem K 23 und K 24 noch ein Piktogramm des Verkehrszeichens 237 auf der Nebenanlage aufgetragen wurde. (Entsprechende Anhaltspunkte gegen einen Mischverkehr der Verkehrsarten auf der Fahrbahn lassen sich angesichts der oben dargestellten Verkehrsbelastung der vierstreifigen Straße in dem genannten Bereich auch dem Regelwerk "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (Ausgabe 2010 – ERA 2010 -) entnehmen, etwa unter Ziffern 2.3.2/ 2.3.3 für Stadtstraßen bzw. 9.1.3 für Landstraße/EKL 3.)

Zum anderen tragen bereits diese durch die Autobahnanschlussstelle geprägten besonderen örtlichen Verhältnisse und die Gefahrenlage an den K 23/24 auch die streitgegenständliche Anordnung des Verkehrszeichens 254. Denn für Radfahrer, die in den K 24 einfahren bzw. diesen überqueren wollen, erhöht sich diese Gefahrenlage nochmals auf Grund der vorhandenen Infrastruktur im Bereich des Knotenpunkts. So ist in diesem Bereich lediglich eine Nebenanlage vorhanden, die nicht mehr über den Kreuzungsbereich des K 24 weitergeführt wird. Ferner ist eine Querungsmöglichkeit für Fußgänger oder Radfahrer an der Einmündung Wardener Straße nicht vorhanden. Radfahrer, die diese Nebenanlage in Richtung Alsdorf befahren und weiter geradeaus fahren wollen, müssten von der Nebenanlage auf die Fahrbahn wechseln und sich in den fließenden Verkehr einordnen. Allein dieser Umstand würde die bereits bestehende besondere Gefahrenlage in diesem Kreuzungsbereich noch einmal deutlich erhöhen.

Dem steht auch nicht der Hinweis des Klägers entgegen, dass Radfahrer in dem Teilstück zwischen K 23 und K 24 entsprechend § 2 Abs. 4 StVO gehalten seien, auf der Fahrbahn zu fahren, weil eine Radwegebenutzungspflicht für den Bereich zwischen K 23 und K 24 nicht bestehe bzw. dort nicht angeordnet sei. Zwar teilt das Gericht die Auffassung des Klägers, dass eine Radwegebenutzungspflicht im Bereich des K 23 nicht mehr – erneut – ausgewiesen bzw. ordnungsgemäß angeordnet ist und für Radfahrer, die von dem Seitenarm der Rue de Wattrelos in den K 23 fahren und nach rechts auf die Rue de Wattrelos (L 238) einbiegen, eine Benutzungspflicht nicht erkennbar ist. Für Radfahrer jedoch, die von dem K 1 über den K 23 in Richtung K 24 fahren, führt offensichtlich der gemeinsame Rad-/Gehweg über den K 23 weiter und setzt sich damit die Radwegebenutzungspflicht über den K 23 fort, denn eine Beendigung der Benutzungspflicht ist nicht ausgewiesen und letztlich findet sich noch ein Piktogramm zu VZ 237 auf der Nebenanlage zwischen K 23 und K 24. Ein derartiges Piktogramm auf dem Geh-/Radweg dient dem Hinweis auf ein angebrachtes Verkehrszeichen, vgl. § 39 Abs. S. 8 StVO. Hinzukommt, dass im Falle des Vorhandenseins von Radwegen – wie vorliegend – davon ausgegangen werden kann, dass ein Großteil der Radfahrer die Radwege – unabhängig von der Benutzungspflicht – nutzt und nicht auf der Fahrbahn fährt. Nach einer älteren Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen,

   vgl. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft V 184, Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern, Juni 2009, S. 107 ff,

ist die Akzeptanz von vorhandenen Radverkehrsanlagen recht hoch. Ca. 90 % der rechtsfahrende Radfahrer nutzen unabhängig von der Art der Radverkehrsführung die vorhandenen Anlagen. Im Fall von nichtbenutzungspflichtigen Radwegen beträgt der Anteil der Fahrbahnnutzer etwa 4%.




Auch für den Radverkehr aus der anderen Richtung – d.h. in Richtung Eschweiler - ist eine besondere Gefahrenlage anzunehmen, da dieser mangels vorhandener Nebenanlage entweder auf der Straße im Mischverkehr über die Knotenpunkte unmittelbar an den Auf- bzw. Abfahrten der BAB 4 vorbei oder über den K 24 auf die andere Seite zur vorhandenen Nebenanlage geführt werden müsste. Für beide Konstellationen ist eine qualifizierte Gefahrenlage bzw. eine weitere Steigerung der bereits vorhandenen Gefahrenlage gegeben, wie sich den obigen Ausführungen entnehmen lässt.

Die besonderen örtlichen Verhältnisse und die daraus resultierende besondere Gefahrenlage tragen nach Auffassung des Gerichts auch das streitgegenständliche Verbot für den Radverkehr, da damit vor allem ein Einfahren von Radfahrern in den Kreuzungsbereich K 24 insbesondere von der Nebenanlage aus oder eine Querung des K 24 und damit eine weitere besondere Gefahrenlage unterbunden wird. Dabei ist das weitere Teilstück der L 238 auf Grund der vorhandenen örtlichen Gegebenheiten an dem K 24 zwangsläufig in das Verbot einzubeziehen. Denn dieses Teilstück der L 238 kann auf Grund der baulichen Ausgestaltung an dem K 24 nicht losgelöst bzw. isoliert von dem durch die Autobahnanschlussstelle geprägten Teilstück der L 238 zwischen den K 23 und 24 betrachtet werden, da es diesem unmittelbar vor- bzw. nachgelagert ist. Ob eine – weitere - besondere Gefährdung auch infolge der Änderung des Signalprogramms und die dadurch nicht mehr berücksichtigten längeren Zwischenzeiten für den Radverkehr entstanden ist, kann offen bleiben. Zwar war erst die mit der Änderung des Signalprogramms im Jahr 2013 einhergehende – bereits oben angesprochene - Verkürzung der Zwischenzeiten bzw. nicht mehr berücksichtigen längeren Räumzeiten für Radfahrer Anlass für die Anordnung des streitgegenständlichen Verbots, wie sich auch der Begründung zur Anordnung der VZ 254 entnehmen lässt. Die bereits oben dargestellte besondere bzw. qualifizierte Gefahrenlage war jedoch ebenfalls Grund für die Änderung des Signalprogramms an den drei Knotenpunkten und rechtfertigt zudem – wie bereits ausgeführt – unabhängig davon auch das streitgegenständliche Verbot. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger angeführten Entscheidung des VG Berlin,

   vgl. Urteil vom 28. September 2000 – 27 A 206/99 -, juris.

Soweit die in diesem Verfahren streitgegenständliche Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht zum Zwecke der Verkürzung einer Grünphase und Förderung des fließenden Fahrzeugverkehrs auf der zum Radweg parallel verlaufenden Fahrbahn als nicht vereinbar mit § 45 Abs. 9 StVO angesehen wurde, ist dies nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar bzw. damit vergleichbar. Zwar wird in der Begründung zur Anordnung der VZ 254 angegeben, dass „dadurch die Grünphase für den Fahrzeugverkehr optimiert werde“. Die streitgegenständliche Anordnung ist jedoch Teil eines „Maßnahmepakets“, um der oben dargestellten Gefahrenlage zu begegnen. Die hier gegenständlichen Kreuzungsbereiche der K 23 und K 24 sind - anders als sonstige Kreuzungen an Hauptverkehrsstraßen - bereits in besonderer Weise durch die Autobahnanschlussstelle und ein hohes Verkehrsaufkommen geprägt. Anders als in der genannten Entscheidung bestehen die oben dargestellten besonderen örtlichen Verhältnisse und die daraus folgende besondere Gefahrenlage zwischen bzw. in den Kreuzungsbereichen selbst. Die hier mit der Änderung der Signalprogramme beabsichtigte Steigerung der Leistungsfähigkeit der Signalanlage diente vielmehr der Reduzierung der mit den Rückstaus von und zur Autobahn einhergehenden hohen Unfallgefahr und erfolgte auf Grund einer außergewöhnlichen Gefahrenlage.


Die Anordnung des Verkehrszeichens 254 erweist sich jedoch als ermessensfehlerhaft.

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 3 i.V.m. Absatz 1 StVO vor, steht die Entscheidung, ob und wie eine Gefährdungslage bewältigt wird, im Ermessen der Behörde. Diese Ermessensentscheidung ist durch das Gericht nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, § 114 Satz 1 VwGO.

Insoweit ist zu überprüfen, ob die angeordnete Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet ist, kein milderes gleichgeeignetes Mittel zur Verfügung steht und ob die Beklagte die betroffenen bzw. widerstreitenden Interessen der verschiedenen Arten von Verkehrsteilnehmern unter Berücksichtigung der relevanten örtlichen Gegebenheiten gegeneinander abgewogen und die Konfliktlage für die betroffenen Verkehrsteilnehmer zumutbar aufgelöst hat.

Zunächst wird bereits der - nach den obigen Ausführungen und den Darlegungen der Beklagten - angestrebte Zweck des streitgegenständlichen Verbots für Radfahrer, nämlich ein Mitbenutzen der Fahrbahn durch Radfahrer in dem K 24 bzw. zwischen den K 24 und 23 zu unterbinden, nur sehr unzureichend erreicht. Zum einen ergibt sich dies – wie bereits im Erörterungstermin angesprochen - für diejenigen Radfahrer, die von der Wardener Straße kommend in den K 24 einfahren. Zwar wird die bereits angesprochene Nebenanlage (Geh- und Radweg) der Rue de Wattrelos an der Wardener Straße weitergeführt. Diese Nebenanlage endet jedoch in der Wardener Straße nach der Überführung/Brücke über die Rue de Wattrelos/L 238 und geht in einen Seitenstreifen über, der im Folgenden in einen Teil mit Parkmöglichkeiten (P+R) sowie rechts davon als Gehweg aufgeteilt ist (teilweise abgegrenzt durch eine Leitplanke), welcher wiederum allein mit dem Piktogramm für das VZ 239 (Gehweg-Gebot und Verbot für andere Verkehrsarten) ausgewiesen ist. Aus dem bisherigen Vorbringen der Beteiligten, dem vorliegenden Karten- und Bildmaterial besteht für den auf der Wardener Straße aus Richtung Helrath bzw. Röhe kommenden Radverkehr keine Radwegebenutzungspflicht für die (einseitig) vorhandene Nebenanlage. Zudem ist für den Radverkehr auf der Wardener Straße eine Querungsmöglichkeit– vor bzw. ab der der oben genannten Überführung/Brücke - nicht vorhanden. Radfahrer auf der Wardener Straße in Richtung K 24 nutzen gemäß § 2 Abs. 1 StVO die Fahrbahn und kreuzen zwangsläufig den K 24 und nachfolgend auch den K 23.

Eine ähnliche Situation besteht für Radfahrer, die von dem Seitenarm der Rue de Wattrelos an dem K 23 kommen und nach rechts in die Rue de Wattrelos in Richtung Alsdorf einfahren. Das Gericht teilt insoweit die Auffassung des Klägers, dass für diese Radfahrer eine Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht nicht besteht bzw. nicht erkennbar ist. Denn an dem K 23 ist für den gemeinsamen Geh- und Radweg eine Radwegebenutzungspflicht nicht gesondert ausgewiesen. Allein das auf der Nebenanlage – zwischen K 23 und K 24 - vorhandene Piktogramm für das Verkehrszeichen 237 ist insoweit nicht ausreichend, da es lediglich auf entsprechendes VZ hinweist, § 39 Abs. 5 S. 8 StVO. Es ist zudem erst weiter entfernt aufgebracht und nur schwer erkennbar. Diese Radfahrer können daher ebenfalls der Regelung des § 2 Abs. 1 StVO entsprechend von einer Verpflichtung zur Nutzung der Fahrbahn zwischen dem K 23 und K 24 ausgehen.



Schließlich hat die Beklagte die Interessen der Radverkehrs – und insoweit auch des Klägers als Radfahrer – nur unzureichend in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt. Maßgebend ist nach Auffassung des Gerichts dabei vor allem, dass mit dem VZ 254 der Radverkehr in dem betroffenen Straßenabschnitt vollständig ausgeschlossen wird. Die Beklagte kann es insoweit nicht allein bei einer Entscheidung über die Anordnung der VZ 254 belassen, sondern hat in ihrer Ermessensentscheidung auch die Folgen für den ausgeschlossenen Verkehr zu berücksichtigen. Die zu treffende Ermessenentscheidung erfordert insoweit eine umfassende Entscheidung hinsichtlich des Verbleibs des ausgeschlossenen Verkehrs, d.h. hier zur Verkehrsführung des in dem betroffenen Teilstück ausgeschlossenen Radverkehrs. Insbesondere ortsunkundige Radfahrer sind dabei auf eine weiterleitende Verkehrsführung angewiesen. Die zu treffende Ermessensentscheidung enthält demgemäß planerische Elemente im Hinblick auf den abgedrängten Radverkehr. Für die danach im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende weitere Planung für den abgedrängten Verkehr bedarf es u.a. einer Einbeziehung der vorhandenen örtlichen und baulichen Gegebenheiten, einer Abstimmung mit bzw. Überprüfung von vorhandenen Radwegbenutzungspflichten, einer Einbeziehung eines ggfs. bereits vorhandenen Radwegenetzes, etc.. Soweit die Beklagte diesbezüglich auf eine Umleitung des Radverkehrs über den sog „Bachweg“ und zwar in Richtung Alsdorf über die Nebenanlage entlang der Wardener Straße und von Alsdorf kommend in Höhe Helrath über die Straße „Auf dem Felde“ unter Vorlage der Karte zur Radfahrerführung (Anlage 8 der BA III) verweist, ist dies nicht ausreichend. Denn ungeachtet des Umstands, dass es sich dabei teilweise um einen unbefestigten Weg handelt und der insoweit von dem Kläger aufgeworfenen Frage der Verhältnismäßigkeit dieser Umleitung, ist diese Umleitung tatsächlich nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers und den eigenen Erkenntnissen des Gerichts gar nicht ausgewiesen worden. Lediglich ein gelbes Umleitungsschild für Radfahrer – ein sog. Vorwegweiser/VZ 442 – ist an der Nebenanlage zur Rue de Wattrelos vorhanden. Weder ist für den Radverkehr auf der Nebenanlage an der Wardener Straße in Richtung Röhe der Abzweig vor der Unterführung als Fortführung der Umleitung ausgewiesen noch deren weiterer Verlauf. Es ist auch sonst nicht erkennbar, dass dort etwa ein Radweg oder Teil eines Radwegenetzes beginnt. Für den in Höhe Helrath - an der Kreuzung „Auf dem Felde /Alsdorfer Straße“ - ausgeschlossenen Radverkehr in Richtung Eschweiler ist gar kein Hinweis auf eine Umleitung vorhanden. Eine ausreichende weiter- bzw. umleitende Verkehrsführung für den ausgeschlossenen Radverkehr ist nicht vorhanden. Diese ist jedoch nach Auffassung des Gerichts für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung erforderlich, wobei auch deren Umsetzung zeitgleich mit dem streitgegenständlichen Verbot zu erfolgen hat. Nicht ausreichend ist insoweit auch der Hinweis der Beklagten auf das Vorhandensein anderer Nord-Süd-Verbindung für den Radverkehr, die als weitere Alternativen zur Verfügung stünden, da auch diese für die – ausgeschlossenen - Radfahrer nicht entsprechend ausgewiesen sind.

Insgesamt lassen die bereits oben dargestellten Unklarheiten bzgl. einer Radwegbenutzungspflicht und die fehlende Verkehrsführung für den Radverkehr erkennen, dass die Beklagte die Konfliktlage zwischen den verschiedenen Verkehrsarten in den Kreuzungsbereichen/ Autobahnanschlussstelle für die betroffenen Radfahrer nicht zumutbar gelöst bzw. deren Interessenlage – und damit auch die Interessen des Klägers als Radfahrer – nicht angemessen in ihrer Entscheidung berücksichtigt und auch nicht im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt bzw. ergänzt hat.

Zugunsten der Beklagten kann schließlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Ermessen auf das streitgegenständliche Verbot für Radfahrer als einzig richtige Entscheidung reduziert hat, mithin von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen ist. Eine derartige Ermessensschrumpfung auf die hier streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung folgt auch nicht aus der oben dargelegten Gefahrenlage. Diese mag zwar ein Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde nahe legen. Mit welchen Maßnahmen bzw. Verkehrsführungen sie jedoch eine Gefahrenlage bekämpft, hat sie unter Berücksichtigung der Geeignetheit, der Verhältnismäßigkeit und unter Abwägung der jeweils betroffenen Belange zu entscheiden.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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