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Oberlandesgericht Hamm Urteil vom 21.01.2022 - 9 W 5/22 - Verkehrsunfall und Selbständiges Beweisverfahren - Beweissicherungsverfahren

OLG Hamm v. 21.01.2022: Verkehrsunfall und Selbständiges Beweisverfahren - Beweissicherungsverfahren


Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 21.01.2022 - 9 W 5/22) hat entschieden:

  1.  Ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO kann durchaus auch Verkehrsunfälle zum Gegenstand haben.

  2.  Dies gilt jedoch nicht, wenn von vornherein zu erwarten ist, dass das Unfallgeschehen und damit auch die Verantwortlichkeit für die dabei entstandenen Schäden nur durch die Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Parteien - als Grundlage des beantragten Sachverständigengutachtens - hinreichend geklärt werden kann.


Siehe auch
Selbständiges Beweisverfahren - Beweissicherungsverfahren
und
Stichwörter zum Thema Beweisführung

Gründe:


Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO im vorliegenden Fall zu Recht verneint.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 23.12.2021 Bezug genommen, denen der Senat folgt.

Auch aus Sicht des Senats liegen die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO für die Anordnung einer schriftlichen unfallanalytischen Begutachtung in einem selbständigen Beweisverfahren hier nicht vor.



Zwar kann ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO durchaus auch Verkehrsunfälle zum Gegenstand haben. Dies gilt jedoch nicht, wenn von vornherein zu erwarten ist, dass das Unfallgeschehen und damit auch die Verantwortlichkeit für die dabei entstandenen Schäden nur durch die Vernehmung von Zeugen und Anhörung der Parteien - als Grundlage des beantragten Sachverständigengutachtens - hinreichend geklärt werden kann. So liegt der Fall hier. Objektive Anknüpfungstatsachen (insbesondere Spuren auf der Fahrbahn), welche auf den Kollisionsort und damit darauf, wer - worüber im vorliegenden Fall gestritten wird - seine Fahrspur verlassen hat, schließen lassen könnten, sind ausweislich der polizeilichen Unfallanzeige nicht festgestellt und dokumentiert worden. Parteien und Zeugen können in einem selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht angehört bzw. vernommen werden. Dies muss hier (auch angesichts der Einlassungen der Antragsgegner) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren, zumindest ergänzenden Begutachtung gemäß § 412 ZPO in einem Hauptverfahren - mit Partei- und Zeugenbefragung, und zwar zweckmäßiger Weise in Gegenwart des Sachverständigen - führen, so dass das vom Antragsteller angestrebte selbständige Beweisverfahren weder zu einer Verfahrensbeschleunigung, noch zu einer Kostenreduzierung führen würde. Ein sonstiges nachvollziehbares Interesse des Antragstellers daran, in einem Beweissicherungsverfahren vorab ein isoliertes unfallanalytisches Sachverständigengutachten einzuholen, ist vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage war der Beweissicherungsantrag nach § 485 Abs. 2 ZPO auch nach Auffassung des Senats als unzulässig anzusehen und dementsprechend zurückzuweisen (vgl. zum Ganzen allgemein nur OLG Hamm, Beschluss vom 29.12.2014 - I-11 W 110/14, Rn. 5 ff. bei juris; OLG Hamm, Beschluss vom 16.10.2000 - 13 W 42/00, Rn. 6 bei juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.04.2008 - I-1 U 212/07, Rn. 21 bei juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzung dafür gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.

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